UE3: Aufgaben Konjunkturpolitik 1) Erläutern Sie das Modell des aggregierten Angebots und der aggregierten Nachfrage (NF) zur Konjunkturerklärung (ganz allgemein, ohne auf Konjunkturschwankungen einzugehen). Gehen Sie dabei auf folgende Punkte ein: Welche volkswirtschaftlichen Größen erklärt das Modell? Wodurch sind gesamtwirtschaftl. Angebot und NF sowie das Produktionspotenzial bestimmt? Nennen Sie Gründe für den fallenden Verlauf der agg. NF und für den steigenden Verlauf des kufri Angebots. 2) Erklären Sie a) Rezession und b) Stagflation anhand des (in Aufgabe 1 behandelten) aggr. Angebots- und NF-Modells. Was könnten Ursachen für Rezession und Stagflation sein? (Nennen Sie je ein Beispiel.) Was geschieht kurz- bzw. langfristig (kufri/lafri)? Wo liegt das langfristige Gleichgewicht (lafri GG) ohne bzw. mit staatl. NF-Politik (Bsp. Stagflation)? 1
UE3: Aufgaben Konjunkturpolitik 3) Fiskalpolitik als angebots- oder nachfrageorientierte Konjunkturpolitik: a) Was ist Fiskalpolitik, welche Ziele werden mit ihr verfolgt? b) Welches sind die volkswirtschaftlichen Größen, an denen Fiskalpolitik direkt ansetzen kann? c) Beschreiben Sie die Auswirkungen fiskalpolitischer Maßnahmen über Multiplikatoreffekte. Was besagt das Haavelmo-Theorem? d) Wie sieht eine angebotsorientierte Fiskalpolitik aus? Was sind ihre Ziele und Mittel? 4) a) Erläutern Sie kurz die Idee der antizyklischen Fiskalpolitik. b) Welche Probleme gibt es mit antizyklischer Fiskal- und Konjunkturpolitik? c) Welche generellen Probleme gibt es im Zusammenhang mit konjunkturpolitischen Eingriffen? 5) Welche unerwünschten Nebeneffekte und Probleme gibt es im Zusammenhang mit Staatsverschuldung? 2
UE3: Aufgaben Konjunkturpolitik 6) Geldpolitik und Fiskalpolitik: a) Welche Vorteile kann eine Koordination von Fiskal- und Geldpolitik bringen? b) Wie kann Geldpolitik fiskalpolitische Maßnahmen zur NF-Steuerung unterstützen? Welche Gefahr ist damit jeweils verbunden? c) Welche (Ausnahme-)Situationen gibt es, die solche geldpolitischen Maßnahmen unwirksam machen? 3
UE3: Aufgabe 1 Gesamtwirtschftl. Angebots- und Nachfragemodell Konjunkturerklärung im Modell des aggregierten Angebots und der aggregierten Nachfrage Erklärt werden Veränderungen von Preisniveau P und realem Sozialprodukt Y bei gegebenem Produktionspotenzial Y 0. Die ges.-wi. Nachfrage (NF) Y D enthält privaten Konsum C, private Investitionen I, Staatsverbrauch B und Nettoexporte NX: Y D = C + I + B + NX Das ges.-wi. Angebot Y S entspricht langfristig dem Produktionspotenzial Y 0, kurzfristig kann es auch davon abweichen. Pearson Studium 2006 4
UE3: Aufgabe 1 Gesamtwirtschftl. Angebots- und Nachfragemodell Determinanten des Produktionspotenzials ( natürliches Produktionsniveau): - Niveau des ges.-wi. Kapitalstocks - Niveau des Humankapitals und des technischen Wissens - Ausmaß der natürlichen Arbeitslosigkeit Gründe für den fallenden Verlauf der aggr. NF: - Bei sinkendem P steigt der Realwert des Vermögens und damit die private Konsumnachfrage C -> Pigou-Vermögenseffekt - Bei sinkendem P erhöht sich der Wert der realen Kassenhaltung und damit die reale Geldmenge; bei gegebenem (nomin.) Geldangebot sinkt damit der Zins und die privaten Investitionen I steigen -> Keynes-Zinseffekt 5
UE3: Aufgabe 1 Gesamtwirtschftl. Angebots- und Nachfragemodell Gründe für den steigenden Verlauf der kurzfristigen aggr. Angebotskurve (kufri Angebot) sind fehlerhafte Einschätzungen der Preisniveauentwicklung aufgrund von: - Informationsfehlern: Die Anbieter verwechseln einen Anstieg von P mit einem Anstieg relativer Preise und dehnen ihr Angebot aus. - Lohnrigiditäten: Bei starren Nominallöhnen W senkt ein Anstieg von P den Reallohn (W/P), damit steigt die Arbeitsnachfrage und das Güterangebot. - Preisrigiditäten: Angesichts von Menükosten können nicht alle Preise an einen Anstieg von P angepasst werden; die relativ billigen Anbieter werden somit ihr Angebot ausdehnen. 6
UE3: Aufgabe 2 Erklärung von Rezession und Stagflation a) Erklärung einer Rezession durch Nachfrageausfall Mögliche Ursache für NF-Ausfall: negative Zukunftserwartungen der Unternehmen => weniger priv. Inv. I Nachfrageausfall => kufri Rückgang von Preisniveau P und Produktion Y S (Punkt B) Verschiebg. kufri Ang. dch. Anpassung der Preiserwartungen => weitere Senkung d. Löhne und Preise lafri wird schließlich wieder das Potenzial Y 0 erreicht (Punkt C) Pearson Studium 2006 7
UE3: Aufgabe 2 Erklärung von Rezession und Stagflation b) Erklärung einer Stagflation durch Angebotsschock Der Angebotsschock (z. B. Ölkrise) führt zum Rückgang von Y S und zum Anstieg von P (Punkt D) ohne staatl. Eingriff: Druck auf Löhne und Preise => sinkende Preis/-erwartungen => Rückkehr zu Punkt A durch Deflation staatl. Konj.-Pol.: Vermeidg. d. Deflation dch. Ausweitung der NF => langfristiges Gleichgewicht (lafri GG) im Punkt E. Pearson Studium 2006 8
UE3: Aufgabe 3 Fiskalpolitik a) Fiskalpolitik bezeichnet Maßnahmen der staatl. Haushaltspolitik, die eine Beeinflussung des ges.-wi. Angebots, der ges.-wi. NF od. ihrer einzelnen Komponenten aus Gründen der Konjunktursteuerung zum Ziel haben. Zentrale konjunkturpolitische Ziele sind die Stabilisierung von Beschäftigung und Preisniveau. b) Ansatzpunkte für die Fiskalpolitik: D = B T Defizit = Staatsausgaben (Budget )./. Steuereinnahmen Steuereinnahmen T -> Einnahmenpolitik Staatsnachfrage B -> Ausgabenpolitik öffentl. Kreditaufnahme D -> Schuldenpolitik 9
UE3: Aufgabe 3 Fiskalpolitik c) Auswirkungen der Fiskalpolitik über Multiplikatoreffekte: Staatsausgabenmultiplikator: B => Y D => verfügb. Volkseinkommen Y V => priv. Konsum C => Y D mit ΔY D ΔB Steuermultiplikator / Einnahmenpolitik : - Unternehmen: T => interner Zinsfuß i => I => Y D - Haushalte (HHe): T => Y V => C => Y D Haavelmo-Theorem: auch wenn ΔB = ΔT D = 0 folgt Y D, da Staatsausg. + (pos.) Staatsausg.-Multipl. > (neg.) Steuermultipl. direkter + indirekter Effekt > indirekter Effekt 10
UE3: Aufgabe 3 Fiskalpolitik d) Angebotsorientierte Fiskalpolitik ( supply side economics ): Ziele: ursachenadäquate Bekämpfung einer Stagflation, die durch angebotsseitige Störungen ausgelöst wurde Vermeidung von Inflation, wie sie durch expansive Fiskalpolitik bei Stagflation verursacht wird Mittel: Förderung privater Investitionen (I ) Steuersenkungen (T ) Verringerung öffentlicher Ausgaben (B ) (v. a. konsumtiver Ausgaben) Verringerung öffentlicher Verschuldung (D ) 11
UE3: Aufgabe 4 Antizyklische Fiskal- und Konjunkturpolitik a) Idee: Konjunkturstabilisierung durch expansive Fiskalpolitik in der Rezession: höhere Staatsausgaben, Steuersenkungen, (temporäres) Defizit restriktive Fiskalpolitik in Boom-Phasen: niedrigere Staatsausgaben, Steuererhöhungen, Schuldenabbau b) Probleme antizyklischer Maßnahmen: Erkenntnisverzögerung Handlungsverzögerung Wirkungsverzögerung Gefahr der prozyklischen Wirkung -> Timing und Dosierung! verstärkt Volatilität konjunktureller Schwankungen 12
UE3: Aufgabe 4 Antizyklische Fiskal- und Konjunkturpolitik c) Generelle Probleme konjunkturpolitischer Eingriffe: Destabilisierung von Erwartungen (v.a. bei diskretionären wi.-pol. Eingriffen) Antizipieren der Eingriffe (v.a. bei Regelbindung aber auch infolge von Erfahrungen) ökonomisch nicht sinnvoll (ineffizient, teuer) missbrauchsanfällig ( politische Konjunkturzyklen dch. opportunistisches Verhalten, angepasst an Wahlperioden) rechtlich nicht durchführbar (fehlende Rechtsgrundlage) politisch schwer durchsetzbar 13
UE3: Aufgabe 5 Nebeneffekte und Probleme der Staatsverschuldung Ausweitung der staatlichen Kreditaufnahme und zunehmende Staatsverschuldung Crowding-Out-Effekte: erhöhtes Wertpapierangebot führt zu: - Zinsanstieg => Zins-Crowding-Out - Kurssenkungen => Zins- und Vermögens- Crowding-Out => Staatliche Nachfrage verdrängt private Investitions- und Konsumnachfrage Ricardianische Äquivalenz: Schulden von heute als Steuern von morgen wahrgenommen => restriktives Konsumverhalten => Crowding Out -> Ann.: unendlicher Zeithorizont -> realistisch?! Zinszahlungen => Gefahr der Schuldenspirale 14
UE3: Aufgabe 6 Geldpolitik und Fiskalpolitik a) Koordination von Fiskal- und Geldpolitik kann deren jeweilige Wirksamkeit verbessern: Verhinderung von Crowding Out bei der Bekämpfung einer Rezession Geldpolitik kann angebotsorientierte Fiskalpolitik ( supply side economics ) durch Inflationsbekämpfung unterstützen, denn ein stabiles Preisniveau - verbessert die Rahmenbedingungen für Investitionen, - verhindert Lohn-Preis-Spiralen am Arbeitsmarkt und erhöht das Beschäftigungsniveau. 15
UE3: Aufgabe 6 Geldpolitik und Fiskalpolitik b) Eine entscheidende Rolle für die längerfristige Wirksamkeit geldpolit. Instrumente spielen die Zinseffekte, da sie die Investitions-NF beeinflussen: Eine Dämpfung der ges.-wi. NF durch Verringerung staatl. Ausgaben kann durch die Stilllegung von HH-Überschüssen bei der Notenbank ergänzt werden: Das verringerte Geldangebot (M ) erhöht den Marktzins (r ) und senkt damit die Investitions-NF (I ). -> Deflationsgefahr! Die Finanzierung zusätzlicher Staatsausgaben durch eine Kreditgewährung der Notenbank kann den direkten Nachfrageeffekt verstärken: Das höhere Geldangebot (M ) senkt den Marktzins (r ) und erhöht damit die Investitions-NF (I ). -> Inflationsgefahr! 16
UE3: Aufgabe 6 Geldpolitik und Fiskalpolitik c) Ausnahmen: wenn im Ausgangsgleichgewicht nicht mit - einem weiteren Absinken des Zinses - einem weiterem Anstieg der Wertpapierkurse zu rechnen ist, dann - führt M nicht zu r - führt M nicht zu zusätzlicher Wertpapier-NF sondern zu vermehrter Kassenhaltung => Liquiditätsfalle 17
UE3: Aufgabe 6 Geldpolitik und Fiskalpolitik c) Ausnahmen: wenn - in Zeiten einer Depression die bereits vorhandenen Kapazitäten noch nicht ausgelastet sind, dann investieren Unternehmen auch dann nicht, wenn die Zinsen sehr niedrig sind. - die erwarteten Renditen von (Real-)Investitionen niedriger bzw. mit größeren Risiken behaftet sind, als eine Anlage in relativ sichere Wertpapiere dann investieren Unternehmen auch dann nicht, wenn die Zinsen sehr niedrig sind. => Investitionsfalle 18