Risikoabschätzung bei Kindeswohlgefährdung anhand des Falls von Kevin K. unter Berücksichtigung von 8a und 42 SGB VIII



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Transkript:

Geisteswissenschaft Tatjana Tomic Risikoabschätzung bei Kindeswohlgefährdung anhand des Falls von Kevin K. unter Berücksichtigung von 8a und 42 SGB VIII Studienarbeit

Inhaltsverzeichnis: Einleitung:...3 1 Fall Kevin K.:...4 2 Was bedeutet Kindeswohlgefährdung?...7 2.1 Der Begriff Kindeswohlgefährdung...7 3 8a SGB VIII und 42 SGB VIII...8 3.1 Aufbau und Entwicklung des 8a VIII...8 3.2 Funktionen des 42 SGB VIII...11 3.3 Der Unterschied zwischen dem 8a SGB VIII und dem 42 SGB VIII...12 4 Statistische Angaben...14 4.1 Statistische Angaben zur Anzahl der Inobhutnahmen in NRW 14 4.2 Statistische Angaben zu Misshandlungs- und Tötungsdelikten von Kindern...14 4.3 Ausmaß von Kindesmisshandlung und Kindesvernachlässigung in Deutschland...15 5 Das Jugendamt...16 5.1 Organisation und Aufgaben des Jugendamtes( 70 SGB VIII) 16 5.2 Das Personal ( 72 SGB VIII)...19 5.3 Der Allgemeine Soziale Dienst (ASD)...19 5.4 Garantenpflicht, staatliches Wächteramt, Amtsvormundschaft...20 5.4.1 staatliches Wächteramt (Artikel 6 Abs. 2 GG)...20 5.4.2 Garantenpflicht...20 5.4.3 Amtsvormundschaft...20 6 Implementierung des 8a SGB VIII in der Arbeit des Jugendamtes...21 6.1 Gewichtige Anhaltspunkte...21 6.2 Mehrere Fachkräfte, erfahrene Fachkräfte...23 6.2.1 Kompetenzen der Fachkraft(e)...24 6.3 Handlungsschritte...24 6.4 Hinweise zur Abschätzung des Gefährdungsrisikos...25 6.5 Weitere Vorgehensweise...26 6.6 Beschaffung von Informationen und Regelungen zum Hausbesuch...27 1

6.7 Miteinbeziehung der Personenberechtigten und des Kindes/Jugendlichen...27 6.8 Einleitung des Hilfeplanverfahrens...28 6.9 Anrufung des Familiengerichtes...28 6.10 Inobhutnahme...28 6.11 Dokumentation...29 6.12 Datenschutz...29 6.13 Qualitätssicherung...29 (Regelmäßige Unterrichtung und Auswertung)...29 7 Kooperation zwischen Jugendamt und Familiengericht...30 7.1 Unterstützung bei allen Maßnahmen, die die Sorge für die Person von Kindern und Jugendlichen betreffen ( 50 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII)...30 7.2 Mitwirkung des Jugendamtes im Verfahren vor dem Vormundschafts- und Familiengericht ( 50 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII) 31 7.3 Eigenständige Anrufung des Gerichtes, wenn das tätig werden des Familiengerichtes für erforderlich gehalten wird ( 8a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII)...31 7.4 Kritische Anmerkung...32 8 Schlussfolgerung zum Fall Kevin...33 8.1 Resümee...35 9 Quellenverzeichnis...36 9.1 Literatur:...36 9.2 Quellenangaben:...36 9.3 Seminarunterlagen:...36 9.4 Internet:...37 2

Einleitung: Seit geraumer Zeit wird die Öffentlichkeit mit dem Thema Kindeswohlgefährdung bzw. Kindestötung durch die Medien konfrontiert. Schicksale wie das von Kevin K. gelangten so zur trauriger Berühmtheit. Der Gesetzgeber sah einen Anlass zur Novellierung der Kinder- und Jugendhilfe zum einen, um einen effektiveren Schutz des Kindeswohls zu gewährleisten zum anderen, weil es wiederholte Strafverfahren wegen Verletzung der Garantenpflicht, gegen Mitarbeiter/innen der Jugendhilfe gab bzw. gibt. Dies führte wiederum zu einer Verunsicherung und damit verbundener fachinterner Diskussion über das persönliche strafrechtliche Risiko unter den Sozialarbeitern sowie den Jugendämtern. Bislang ging der Gesetzgeber davon aus, dass in 50 Abs. 3 SGB VIII (Mitwirkung in Verfahren vor dem Vormundschafts- und den Familiengerichten) das Anrufen des Gerichtes, wenn es dessen Tätigkeit für erforderlich hält, geregelt wäre. An keiner Stelle wurde aber explizit geregelt, was das Jugendamt zunächst zu tun hat, um eine mögliche Gefährdung des Kindeswohls festzustellen. Um eine genaue Risikoeinschätzung vornehmen zu können muss das Jugendamt nicht nur bestimmte Befugnisse haben, sondern eine Mitwirkung bei der Risikoeinschätzung muss auf Seiten der Eltern sowie der Kinder bzw. Jugendlichen verpflichtend gemacht werden. Klare Regelungen im Bezug auf die Befugnisse im Zusammenhang mit der Informationsgewinnung und dem Verfahren der Risikoeinschätzung waren zwingend erforderlich. Durch den Beschuss der Jugendämter durch die Medien hat das Ansehen und das gesetzte Vertrauen in die Jugendämter sehr gelitten. Der Gesetzgeber erhofft sich durch die Novellierung eine klare Handlungsleitlinie für die Jugendhilfe. 3