Einführung ins das Steuerrecht Wintersemester 2011/2012 Juristische Fakultät Lehrstuhl für Steuerrecht und Wirtschaftsrecht
Wiederholung Verbindliche Auskunft Ermittlungsverfahren Pflichten des Steuerpflichtigen Anzeige-, Buchführungs-, Mitwirkungspflichten Festsetzung Endgültige Unter dem Vorbehalt der Nachprüfung Vorläufige
Besondere Verfahren der Sachaufklärung Besondere Verfahren Außenprüfung 193-207 AO Steuerfahndung 208 AO Steueraufsicht 209-217 AO
Außenprüfung Besondere Form der Sachaufklärung bei Betrieben ( Betriebsprüfung ) Außenprüfung: Sachverhaltsermittlung außerhalb des FA Zweck: Erfüllung der Aufgaben des 85 AO Ermittlung der rechtlich und tatsächlich relevanten Verhältnisse der Besteuerung, 194, 199 AO
Außenprüfung Zulässigkeitsvoraussetzungen 1. Zuständigkeit der prüfenden Finanzbehörde 2. Relevanz für Besteuerung z.b. nicht, wenn Festsetzungsverjährung eingetreten ist 3. Geprüfte Gruppe 193 Abs. 1 AO: bei Gewerbetreibenden, Land -und Forstwirten, Freiberuflern sowie 147a AO keine weiteren Zulässigkeitsvoraussetzungen 193 Abs. 2 AO: bei anderen Steuerpflichtigen müssen die Voraussetzungen des Abs. 2 vorliegen Außenprüfung ergeht gegenüber Person, Rspr. sieht keine Begrenzung auf berufliche Sphäre
Außenprüfung Bei Vorliegen der Voraussetzungen des 193 AO liegt Außenprüfung im Ermessen der zuständigen Behörde Entschließungsermessen und Auswahlermessen Kein Anspruch auf Außenprüfung Selbstbindung der Verwaltung durch Betriebsprüfungsordnung (BpO) - Größenklassen von Betrieben (Groß-, Mittel-, Kleinund Kleinstbetriebe) - deutliche Unterschiede in Prüfungshäufigkeit
Prüfungsanordnung 196 AO Prüfungsbeginn 198 AO Prüfung 199 AO
Außenprüfung Steuerpflichtige muss bei Außenprüfung mitwirken, 200 AO Auskunftserteilung Vorlage von Unterlagen Betreten von Betriebs- und Geschäftsräumen während der üblichen Geschäfts- oder Arbeitszeit gestatten Zurverfügungstellung geeigneter Räume Besonderheiten gelten bei der so genannten digitalen Außenprüfung
Außenprüfung Nach 199 Abs. 2 AO ist der Steuerpflichtige laufend über festgestellte Sachverhalte und mögliche steuerliche Auswirkungen zu informieren 201 AO Schlussbesprechung Grund: Gewährung von rechtlichem Gehör Gegenstand: Erörterung der Ergebnisse der Außenprüfung sowie steuerlich strittiger Sachverhalte Ausnahme Keine Änderung der Besteuerungsgrundlage Steuerpflichtiger verzichtet
Außenprüfung 202 AO Schriftlicher Prüfungsbericht Dokumentationsfunktion Kein VA (BFH, BStBl. 1986, 21), daher keine Bindungswirkung Aber: 204 ff. AO verbindliche Zusage auf Antrag des Steuerpflichtigen kann Behörde verbindlich zusagen, wie ein für die Vergangenheit geprüfter Sachverhalt in Zukunft steuerrechtlich beurteilt werden wird deckt sich der später verwirkliche Sachverhalt mit dem der Zusage zugrundegelegten Sachverhalt, ist die Finanzbehörde an Zusage gebunden, 206 AO - Ausnahme: - keine Bindungswirkung zuungunsten des Betroffenen - 207 AO
Außenprüfung Grundsätzlich werden Erkenntnisse der Außenprüfung als Grundlage bei Besteuerung des geprüften Steuerpflichtigen genommen Im Hinblick auf Verwendung rechtswidrige erlangter Kenntnisse gilt: BFH verneint generelles Verwertungsverbot (vgl. zuletzt BFH, BStBl. II 2007, 227) Unterscheide zw. materiell-rechtlichen und formellem Verwertungsverbot Materiell: wenn verfassungsrechtlich geschützter Bereich des Steuerpflichtigen verletzt Tatsachen unverwertbar; Heilung unmöglich Formelle Verstöße begründen grundsätzlich kein Verwertungsverbot Steuerpflichtige die jeweilige Maßnahme erfolgreich mit Rechtsmitteln anficht und dadurch Verwertung verhindert Außenprüfung kann Anlass für Kontrollmitteilungen sein, die Dritte betreffen, 194 Abs. 3 AO
Steuerfahndung Steuerfahndung hat Doppelfunktion Erforschung von Steuerstraftaten ( 369-376 AO) und Steuerordnungswidrigkeiten ( 377-384 AO) Ermittlung von Besteuerungsgrundlagen und unbekannten Steuerfällen Steuerfahndung hat Befugnisse, die auch Polizeibehörden nach der StPO haben, 404 AO, sowie die Ermittlungsbefugnisse der Finanzbehörden Beamte der Steuerfahndung sind insofern Ermittlungspersonen der StA bestimmte Einschränkungen gelten nicht, z.b. 93 Abs. 1 S. 3 AO
Steueraufsicht Dient der gegenwartsbezogenen laufenden Überprüfung von Betrieben, die verbrauchsteuerliche Tatbestände erfüllen Wichtig: Nachschau, 210 AO 27b UStG: Umsatzsteuernachschau Finanzbehörden können ohne vorherige Ankündigung außerhalb einer Außenprüfung Grundstücke und Räume von Unternehmern i.s.d. 2 Abs. 1 UStG während der Geschäftszeiten betreten, um steuerlich erhebliche Sachverhalte festzustellen
Prof. Dr. Thomas Fetzer, LL.M. Korrektur von Verwaltungsakten Steuerbescheid ist als VA unabhängig von seiner Rechtmäßigkeit wirksam Ausnahme: Nichtige VA Steuerbescheid wird nach 124 AO nach Ablauf der Rechtsbehelfsfristen bestandskräftig Aufhebung / Änderung danach nur noch nach den Vorschriften der 129 ff. bzw. 172 ff. AO möglich
Steueranspruch Steueranspruch entsteht, sobald der Tatbestand eines Steuergesetzes erfüllt ist, 38 AO ohne Einfluss ob/wann Steuer festgesetzt oder fällig wird Steuerbescheid deklaratorisch Entstehungszeitpunkt: jeweilige Einzelgesetze z.b. Einkommensteuer: 36 Abs. 1 EStG mit Ablauf eines Veranlagungszeitraums (vgl. 25 EStG) Prof. Dr. Fetzer, LL.M.
Steueranspruch Fälligkeit: - Regelung im Einzelsteuergesetz, 220 Abs. 1 AO - fehlt Regelung, so wird Anspruch mit Entstehung fällig - es sei denn, dass eine Zahlungsfrist eingeräumt worden ist, 220 Abs. 2 AO (bei Nichtzahlung trotz Fälligkeit: Säumniszuschlag gem. 240 AO) - Fälligkeit hinausgeschoben bei Stundung ( 222 AO), Aussetzung der Vollziehung eines Steuerbescheids ( 361 AO) Prof. Dr. Fetzer, LL.M.
Erlöschen des Steueranspruchs 1. Zahlung gem. 224 Regelfall 2. Aufrechnung gem. 226 AO Aufrechnung mit unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Gegenansprüchen BGB analog ( 387 ff. BGB). 3. Erlass dauernder Verzicht des Staates auf einen ihm zustehenden Steueranspruch 163 AO (im Festsetzungsverfahren) und 227 AO (im Erhebungsverfahren) zulässig, wenn die Einziehung des Steuerbetrages nach der Lage des Falles unbillig wäre Besteuerung wiederspricht Wertung des Gesetzgebers (sachlich unbillig) oder die Steuererhebung könnte wirtschaftliche Existenz oder notwendigen Lebensunterhalt des Steuerpflichtigen ernstlich gefährden (persönlich unbillig) Ermessen, 5 AO anders: Niederschlagung ( 261 AO), bringt Steuerschuld nicht zum Erlöschen; wenn Beitreibung aussichtslos oder wenn Beitreibungskosten im Missverhältnis zum beitreibbaren Betrag Prof. Dr. Fetzer, LL.M.
Verjährung Festsetzungsverjährung: Kann Steuer noch festgesetzt werden? Steuerfestsetzung nicht mehr zulässig, wenn Festsetzungsfrist abgelaufen Frist: 169 Abs. 2 AO (Bsp.: 1 Jahr für Verbrauchsteuern) Beginn: 170 AO Zahlungsverjährung: Kann Steueranspruch noch durchgesetzt werden? Frist: 228 AO fünf Jahre Beginn: mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem Anspruch erstmals fällig geworden ist, 229 Abs. 1 AO Prof. Dr. Fetzer, LL.M.
Haftungsanspruch Steuerpflichtiger ist nach 33 AO nicht nur derjenige, der eine Steuer schuldet, sondern auch wer für eine Steuer haftet Haftung = Einstehenmüssen für eine fremde Steuerschuld Steuerschuldner und Haftender sind Gesamtschuldner, 44 AO Grund: Erweiterung der Zugriffsmöglichkeiten des Staates, Sicherstellung der Erfüllung steuerlicher Pflichten Haftung setzt voraus, dass Haftungstatbestand erfüllt wird Gesetzliche Haftung, 191 AO AO: 69 ff. AO Einzelsteuergesetze Gesetzliche Haftung aufgrund zivilrechtlicher Vorschriften Vertragliche Haftung, 192 AO Prof. Dr. Fetzer, LL.M.
Der Haftungsanspruch Haftungsvorschriften der AO Haftung der Vertreter, 69 AO Haftung des Vertretenen, 70 AO Haftung des Steuerhinterziehers und des Steuerhehlers, 71 AO Haftung des Erwerbers, 75 AO AO verweist in 77, 191 Abs. 1 auf Haftungsvorschriften anderer Gesetze ( etwa 25 HGB) Prof. Dr. Fetzer, LL.M.
Der Haftungsanspruch Haftung setzt voraus, dass Steuerschuld besteht, für die gehaftet wird (Akzessorietät der Haftung) Steuerschuldner und Haftender sind Gesamtschuldner i.s.d. 44 Abs. 1 AO - Erfüllung und Aufrechnung durch einen wirkt für beide, 44 Abs. 2 S. 2 AO - andere Tatsachen wirken nur für und gegen denjenigen, in dessen Person sie eintreten, 44 Abs. 2 S. 3 AO - Erlass, 227 AO - Bestandskraft eines Steuerbescheids - beachte 191 Abs. 5 AO - sofern die Steuerschuld wegen Verjährung oder Erlass erlischt, darf kein (neuer) Haftungsbescheid mehr ergehen Prof. Dr. Fetzer, LL.M.
Der Haftungsanspruch Inanspruchnahme des Haftungsschuldners aufgrund gesetzlicher Haftung setzt Erlass eines Haftungsbescheids voraus, 191 AO Erlass eines Haftungsbescheids steht im Ermessen der Behörde Haftungsbescheid setzt nicht voraus, dass zuvor Steuerbescheid erlassen wurde, 191 Abs. 3 S. 4 AO Prof. Dr. Fetzer, LL.M.
Der Haftungsanspruch 191 AO regelt Voraussetzungen für den Erlass eines Haftungsbescheids 219 AO regelt die Inanspruchnahme aufgrund eines Haftungsbescheids Inanspruchnahme des Haftungsschuldners ist grundsätzlich subsidiär, 219 S. 1 AO Ausnahme: 219 S. 2 AO Haftung beruht auf Steuerhinterziehung oder Steuerhehlerei Haftung aufgrund Einbehaltungs-bzw. Abführungspflicht z.b. 42d, 38 Abs. 3, 41a Abs. 1 AO Prof. Dr. Fetzer, LL.M.
Der Haftungsanspruch Steuerschuld Haftungstatbestand Haftungsbescheid Inanspruchnahme Prof. Dr. Fetzer, LL.M.