Kennzahlensystem für die Qualiätsbeurteilung in der industriellen Produktion



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Edgar Dietrich, Alfred Schulze, Stefan Weber Kennzahlensystem für die Qualiätsbeurteilung in der industriellen Produktion ISBN-10: 3-446-41053-8 ISBN-13: 978-3-446-41053-4 Inhaltsverzeichnis Weitere Informationen oder Bestellungen unter http://www.hanser.de/978-3-446-41053-4 sowie im Buchhandel

vii Inhaltsverzeichnis Vorwort...v Inhaltsverzeichnis... vii 1 Einleitung...1 1.1 Abgrenzung zu anderen Kennzahlenbüchern...1 1.2 Anforderungen aus Normen und Richtlinien...4 1.3 Allgemeiner Aufbau eines Kennzahlensystems...6 2 Begriffe und Definitionen...8 2.1 Unterschiedliche Definitionen...8 2.2 Im Buch verwendete Definitionen...11 3 Anforderungen an Kennzahlen und -systeme...14 3.1 Priorisierung der Anforderungen...14 3.2 Von der Datenbasis zur Kennzahl...16 3.2.1 Stichprobenprüfung...16 3.2.2 100%-Prüfung...16 3.2.3 Allgemeine Kennzahlenberechnung...17 3.3 Korrektheit einer Kennzahl...18 3.4 Kennzahlen im Realtime- und Offline-Regelkreis...21 4 Kommunikation von Kennzahlen...27 4.1 Berichtspyramide...27 4.2 Typische Fragestellungen...31 4.3 Kennzahlen-Cockpit...33 5 Aufbau der Datenbasis...35 5.1 Merkmalsarten...36 5.2 Prüfprozesseignung...36 5.2.1 Eignungsnachweis von Messprozessen...37 5.2.2 Messprozesse überwachen...40 5.2.3 Subjektive Prüfprozesse...42 5.3 Erfassungsarten...43 5.4 Strukturierte Datenhaltung...46 5.5 Datenvolumen und Archivierung...51 5.6 Erhöhung der Datenqualität...54 5.6.1 Datenqualität bei der Erfassung von Messwerten...55 5.6.2 Automatische Überprüfung des Datenbestandes...62 5.6.3 Datenbanktools...66 6 Qualitätskennzahlen...67 6.1 Beurteilung von Großserien...67

viii Kennzahlensystem 6.2 Beurteilung von Kleinserien...68 6.3 Messwert als einfachste Kenngröße...69 6.4 Bewertung von Prozessen anhand variabler Merkmale...72 6.4.1 Prozessleistung und -fähigkeit...73 6.4.2 Bestimmung der Prozessstreubreite...79 6.4.3 Bezugsgrößen...82 6.4.4 Prozessleistungs- und Prozessfähigkeitsindizes...83 6.5 Grenzwerte zur Bewertung von Kennzahlen...86 6.6 Bewertung von Prozessen anhand diskreter Merkmale...90 6.6.1 Fehlersammelkarten...92 6.6.2 DPU und DPO als Kennzahl für diskrete Merkmale...94 6.6.3 Fähigkeitskennzahlen für diskrete Merkmale...96 6.6.4 Datenerfassung bei qualitativen Merkmalen...99 7 Grafische Visualisierung von Kennzahlen...101 7.1 Tabellarisch mit grafischer Unterstützung...101 7.2 Box-Plot...102 7.3 Fähigkeitskennwerte...103 7.4 Verlauf der Fähigkeitskennzahlen...103 7.5 Benchmark Fähigkeitskennzahlen...104 7.6 Lage und Streuung pro Merkmal...105 7.7 Beurteilung von Teiletypen durch Noten...106 7.8 Toleranz-Überschreitungen...107 8 Schematisierter Aufbau eines Kennzahlensystems...109 8.1 Festlegung der Kennzahlen...110 8.2 Messen und Erfassen der Daten...111 8.3 Kennzahlen berechnen und verifizieren...113 8.4 Ergebnisse kommunizieren und bewerten...114 8.5 Validierung des Gesamtsystems...115 8.6 Review des Gesamtsystems...116 9 Realisierung eines Kennzahlensystems...118 10 Projekt-Leitfaden Q-DAS CAMERA Konzept...123 10.1 Ziel und Zweck...123 10.2 Projektspezifikation...124 10.2.1 Aufgabenstellung...124 10.2.2 Projektorganisation/Zuständigkeiten...125 10.2.3 Erfassung der Ist-Situation...125 10.2.4 Gewünschte Auswertungen, Selektionen und Berichte...126 10.2.5 Definition des Datenformats...127 10.2.6 Abschätzung des Datenvolumens...130

Inhaltsverzeichnis ix 10.2.7 Messgeräte...130 10.2.8 Prozessdatenfluss...131 10.2.9 Einzusetzende Q-DAS Produkte...131 10.2.10 Anwenderschulung...141 10.3 Projektplan...142 10.4 Projektdokumentation...143 11 Fallstudien...144 11.1 Einführung eines Prozessdatennetzwerks...146 11.2 Qualitäts-Informations-Management...154 11.3 procella Prüfplätze in der Kugelkäfigfertigung...162 11.4 Verbesserung der Produktqualität durch SPC...168 12 Anhang...176 12.1 Qualitätsdatenaustauschformat der Automobilindustrie...176 12.2 Beispielberichte...194 13 Glossar...196 14 Literatur...204 15 Verzeichnisse...208 15.1 Abbildungsverzeichnis...208 15.2 Tabellenverzeichnis...211 16 Index...212

Edgar Dietrich, Alfred Schulze, Stefan Weber Kennzahlensystem für die Qualiätsbeurteilung in der industriellen Produktion ISBN-10: 3-446-41053-8 ISBN-13: 978-3-446-41053-4 Leseprobe Weitere Informationen oder Bestellungen unter http://www.hanser.de/978-3-446-41053-4 sowie im Buchhandel

14 3 Anforderungen an Kennzahlen und -systeme Für die nutzbringende Anwendung eines Kennzahlensystems müssen mehrere Anforderungen erfüllt sein. Dabei ist das oberste Gebot die Korrektheit und Aussagefähigkeit einer Kennzahl. Es ist wichtig, dass die Kennzahlen stetig aktualisiert werden und damit immer auf dem neuesten Stand sind. Um eine langfristige Vergleichbarkeit der Ergebnisse sicher zu stellen, muss die Ermittlung der Kennzahlen standardisiert sein, d.h. die Methode der Ermittlung muss immer die gleiche bleiben, um zurückliegende Ergebnisse mit neuen vergleichen zu können. Die Definition einer Kennzahl muss für den jeweiligen Leser klar und deutlich verständlich sein, um Fehlinterpretationen auszuschließen. Der Aufwand für die Erstellung und Pflege eines Kennzahlensystems ist nicht zu unterschätzen. Dies liegt insbesondere in den Aufwendungen für die Erfassung und Verwaltung der Datenbasis. Daher sind auch wirtschaftliche Aspekte zu beachten. Unter Umständen können die Aufwendungen für die Ermittlung einer Kennzahl deren Nutzen leicht übersteigen. Diese Fragestellungen sind im konkreten Fall jeweils einzeln zu betrachten. Große Bedeutung kommt einer aufgaben- und anwendergerechten Visualisierung zu. Nur leicht verständlich und lesbare Darstellungen werden vom Anwender akzeptiert und für die Steuerung bzw. Lenkung seiner Prozesse nutzbringend eingesetzt. Je nach Aufgabenstellung sind unterschiedliche Blickrichtungen auf die Daten und deren Analyse sinnvoll. Dementsprechend umfangreich kann das Kennzahlensystem ausfallen. 3.1 Priorisierung der Anforderungen Gemäß der VDI-Studie Produktionscontrolling mit Kennzahlen [31] können die Anforderungen an eine Kennzahl bezüglich deren Bedeutung wie folgt priorisiert werden: 1. Kennzahlen müssen aussagefähig sein D.h. Kennzahlen müssen die realen Sachverhalte ausreichend genau und verständlich beschreiben. Eine Kennzahl, die einen Sachverhalt falsch widerspiegelt, ist unbrauchbar! Um korrekte Kennzahlen ermitteln zu können, muss die Datenbasis repräsentativ sein, die Datenqualität den Anforderungen entsprechen und die Berechnungsmethode sowie der gesamte Ablauf validiert sein. 2. Eine Kennzahl muss aktuell und schnell verfügbar sein Dabei bedeutet aktuell, dass die Kennzahl jederzeit den konkret vorliegenden Vorgang beschreibt. Möchte man gezielt aufgrund einer ad hoc Analyse eine Kennzahl oder mehrere Kennzahlen ermitteln, so muss diese schnell verfügbar sein. Benötigt man mehrere Stunden oder sogar Tage, bis Ergebnisse bereit gestellt werden, sind diese oft schon wieder überholt. Insbesondere, wenn Daten manuell von verschiedenen Quellen zusammengeführt und daraus Kennzahlen gebildet werden, sind diese in der Regel in Frage zu stellen, da aufgrund der hohen Fehleranfälligkeit die Korrektheit nicht immer gegeben ist.

3. Eine Kennzahl muss vergleichbar sein Anforderungen an Kennzahlen und -systeme 15 Insbesondere die zeitliche Veränderung von Kennzahlen hat eine hohe Aussagekraft. Oftmals ist es nicht erforderlich, einen wie auch immer definierten Idealzustand zu erreichen. In der Praxis ist es teilweise viel wichtiger, erreichte Zustände, mit denen man zufrieden ist, kontinuierlich fortzuführen. Daher ist es unabdingbar, dass Kennzahlen in ihrer Definition und Berechnungsmethode nicht verändert werden. Ein Vergleich zwischen Äpfeln und Birnen führt zu keinem Ergebnis. Solche Kennzahlen sind unbrauchbar. Ist eine neue Kennzahl erforderlich, so kann diese jederzeit eingeführt werden. Diese darf zum Vergleich jedoch erst für künftige Kennzahlen mit der gleichen Berechnungsmethode herangezogen werden. 4. Kennzahlen müssen übersichtlich dargestellt werden In der Regel hat man zur Beurteilung von Prozessen und Abläufen nicht nur eine, sondern viele Kennzahlen. Reine Zahlenkolonnen in Form von Tabellen sind in der Regel unbrauchbar, da aufgrund der Vielzahl der Zahlen meist nur geringe Erkenntnisse gewonnen werden können (Stichwort: Zahlenfriedhof). Daher müssen Kennzahlen grafisch visualisiert werden. Insbesondere sollten die Möglichkeiten genutzt werden, Kennzahlen nach bestimmten Kriterien zu sortieren oder farblich hervorzuheben (z.b. schlechte Werte nach oben, gute Werte nach unten bzw. umgekehrt). Dadurch kann sehr schnell die Spreu vom Weizen getrennt werden, um sich auf die wesentlichen Dinge konzentrieren zu können. Durch die Art und Weise der Darstellung verschwindet Unwesentliches quasi im Hintergrund und steht nicht dominierend im Vordergrund. 5. Kennzahlen müssen allgemein verständlich sein Typischerweise unterscheidet man zwischen Kennzahlen für die Werkerebene, für die Planungsebene und für das obere Management. Je nach Aufgabenstellung, Funktion und Hierarchie sind dem Leserkreis unterschiedliche Kennzahlen aufzubereiten und entsprechend zu kommunizieren. Nur wenn der Leser seinem Aufgabenbereich entsprechende Kennzahlen erhält und diese interpretieren kann, werden Kennzahlen nutzbringend sein. 6. Die Datenbasis muss leicht ermittelbar sein Kennzahlen werden, wie oben beschrieben, aus Qualitätsinformationen berechnet. Die Grundlagen stellen sowohl qualitative als auch quantitative Merkmalswerte dar. Eine Kennzahl kann um so kostengünstiger ermittelt werden, je effektiver der Messprozess für die Kennzahl ist. Allerdings darf das Kriterium Kosten nicht ausschließlich im Mittelpunkt stehen. Viel wichtiger ist die Erkenntnis, ob die daraus ermittelte Kennzahl brauchbar ist oder nicht. Dadurch können unter Umständen mehr Kosten eingespart werden, als für Messprozesse ggf. investiert werden muss. 7. Ein Kennzahlensystem muss vollständig sein Es macht keinen Sinn, wenn, aus welchen Gründen auch immer, bestimmte Kennzahlen nicht ermittelt bzw. kommuniziert werden. Wie bei einem Puzzle ergeben die einzelnen Kennzahlen (Puzzleteile) ein Gesamtbild. Dies ist nur dann vollständig interpretierbar, wenn kein Puzzleteil fehlt, oder zumindest nur sehr wenige Teile fehlen.

16 Kennzahlensystem 3.2 Von der Datenbasis zur Kennzahl Die Ermittlung von Kennzahlen zur Qualitätsbeurteilung der industriellen Produktion basiert auf einer Datenbasis, die entweder qualitative oder quantitative Merkmalswerte enthält. Sicherlich ist den quantitativen Merkmalswerten, die mit geeigneten Messprozessen ermittelt werden, der Vorzug zu geben. Allerdings liegen auch häufig qualitative Ergebnisse vor, die durch Lehren oder Sichtprüfung zustanden kommen. Um die Prüfergebnisse einem konkreten Sachverhalt eindeutig zuordnen zu können, sind zusätzlich beschreibende Daten erforderlich. Typische beschreibende Informationen sind: Teilenummer Teilebezeichnung Zeichnungsnummer Zeichnungsänderungsindex Merkmalsnummer Merkmalsbezeichnung Merkmalsklasse Einheit Spezifikationsgrenzen Zeit/Datum ggf. Seriennummer bei einer 100% Prüfung Charge Maschine/Fertigungslinie Prüfer/Prüfmittel Ereignisse/Ursachen/Maßnahmen Prozessparameter usw. 3.2.1 Stichprobenprüfung Je nach Bedeutung des Merkmals bzw. gesetzlicher Anforderungen an dieses kann es sich einerseits bei den Prüfergebnissen um eine 100%-Prüfung, bei der alle Teile beurteilt und die daraus abgeleiteten Daten in das System erfasst werden oder um eine sogenannte Stichprobenprüfung handeln. Insbesondere sprechen wirtschaftliche Gründe für eine Stichprobenprüfung. Eine möglichst niedrige Stichprobenfrequenz (z.b. 2 Messungen pro Tag) und ein geringer Stichprobenumfang (z.b. n=2) minimieren den Prüfaufwand und senken die Kosten. Allerdings sind dies unter dem Aspekt der Korrektheit bzw. Unsicherheit einer Kennzahl sich widersprechende Forderungen, die in Abhängigkeit der Stabilität eines Prozesses individuell zu beurteilen sind. Von dieser Bewertung abhängig können diese beiden Parameter festgelegt werden. Weitere Details sind in dem Buch Statistische Verfahren zur Maschinen- und Prozessqualifikation [6] enthalten. Zusätzlich geht bei Stichprobenprüfungen die eindeutige Verbindung zwischen den produzierten Teilen und den Prüfergebnissen verloren, wie sie bei einer 100%-Prüfung z.b. durch die Seriennummer gegeben ist. Damit wird bei einer Stichprobenprüfung ein Sachverhalt nur noch ganzheitlich beurteilt, ohne auf genau ein Teil zurückschließen zu können. Eine eventuell geforderte Rückverfolgbarkeit ist damit nicht möglich. 3.2.2 100%-Prüfung Bei allen sicherheitsrelevanten Merkmalen müssen zur Erfüllung der Nachweispflicht alle Prüfergebnisse der produzierten Teile bzw. Produkte dokumentiert und archiviert

Anforderungen an Kennzahlen und -systeme 17 werden. In der Luftfahrtindustrie ist diese Dokumentationspflicht schon sehr lange durch entsprechende Gesetzte geregelt. In anderen Branchen, insbesondere in der Automobilindustrie, hat sich die Dokumentationspflicht durch die Produkthaftung immer mehr verschärft. Typische Beispiele sind Komponenten des Bremssystems oder der Lenkung. Häufig werden alle Komponenten auch dann geprüft, wenn diese in verbautem Zustand nur noch schwer bzw. unter großem Aufwand wieder ausgetauscht werden können. Typische Beispiele sind Pleuel oder Kurbelwelle. Handelt es sich um instabile oder nicht fähige Prozesse oder Prozesse mit einer zu niedrigen Prozessfähigkeit (z.b. C pk 1,33), sind ebenfalls 100%-Prüfungen durchzuführen. 3.2.3 Allgemeine Kennzahlenberechnung Basierend auf den Prüfergebnissen aus einer Datenbasis können Kenngrößen und Kennzahlen ermittelt werden. Kennzahlen werden entweder aus zwei oder mehreren Kenngrößen berechnet (siehe Abbildung 3-1). Alternativ können sie durch die Verrechnung von einer bzw. mehreren Kenngrößen mit einer Bezugsgröße zustande kommen. Mittels Gewichtungen können bestimmte Sachverhalte stärker oder geringer in die Kennzahl einfließen. Datenbasis Kenngröße Kennzahl qualitativ quantitativ 100%-Prüfung Stichprobenprüfung beschreibende Information Berechnung der Kenngröße Gewichtung Bezugsgrößen ➌ ➊ ➋ Berechnung aus zwei oder mehreren Kenngrößen Verrechnung einer bzw. mehrerer Kenngrößen mit einer Bezugsgröße Grenzwert Bewertung Entscheidung Beispiel: ➊ Berechnung einer Kennzahl aus den Kenngrößen Umsatz 2006 Eigenkapital 2006 Eigenkapitalquote Beispiel: Beispiel: ➋ ➌ Verrechnung von Kenngrößen mit einer Bezugsgröße Prozessstreuung - eines Zeitraums - einer Charge - einer Maschine -... Toleranz Prozessfähigkeit Die Bedeutung einer Kenngröße kann im Vergleich zu einer anderen Kenngröße unterschiedlich sein. Um diesem Sachverhalt Rechnung zu tragen, werden Gewichtungen ausgeführt. Ein typisches Beispiel sind Merkmalsklassen. Abbildung 3-1: Wie kommt eine Kennzahl zustande?

18 Kennzahlensystem Gerade der Gewichtung von Kenngrößen und -zahlen kommt eine große Bedeutung zu. So haben Merkmale eines Produktes unterschiedliche Relevanz. Manche sind äußerst kritisch und müssen daher genau beobachtet werden, weil sie bei zu großen Abweichungen zu einem Fehlverhalten des Produktes führen und damit hohen Schaden verursachen können. Andere haben nur geringe Bedeutung. Daher müssen die Grenzwerte der Bedeutung eines Merkmals angepasst werden. Würden alle Merkmale in gleichem Maße bewertet werden, kann dies dazu führen, dass weniger wichtige Merkmale in den Vordergrund rücken, während die bedeutungsvolleren Merkmale unter Umständen in der Vielfalt der Ergebnisse untergehen. In der Praxis hat sich bisher die Einteilung von Merkmalen in drei Klassen bewährt. Wie die einzelnen Klassen bezeichnet werden, ist vom jeweiligen Unternehmen abhängig und in deren Richtlinien (siehe z.b. Richtlinie für Qualitätsabnahme von Fertigungseinrichtungen General Motors PowerTrain [20]) festgelegt. 3.3 Korrektheit einer Kennzahl Eine Kennzahl muss nicht nur in der Lage sein, einen gewünschten Sachverhalt prinzipiell zu beschreiben, sondern muss diesen vor allem korrekt wiedergeben. Mehrere Faktoren beeinflussen die Genauigkeit einer Kennzahl. In Abbildung 3-2 sind wesentliche Einflüsse aufgeführt, die zu Unsicherheiten bei der Berechnung von Kennzahlen führen. Um die Unsicherheit zu minimieren und klein zu halten, müssen die Parameter und die Auswirkung auf die Kennzahl bewertet werden. Weiter sind Maßnahmen zu ergreifen, um eventuelle Veränderungen der Einflüsse rechtzeitig zu erkennen. Daher muss das Gesamtsystem vor der Kommunikation der Ergebnisse validiert und kontinuierlich überwacht werden. Messunsicherheit des Messprozesses zu groß Fehlmessungen in einer Datenreihe unbemerkte Übertragungsfehler falsche Zuordnung eines Merkmals Stichprobe nicht repräsentativ zu geringe Datenbasis (Vertrauensbereich) falsche Berechnung der Kenngrößen falsche Zuordnung von Messwerten zu einem Sachverhalt nicht zutreffende Bezugsgröße falsche Berechnung der Kennzahlen Gewichtung falsch Unsicherheit einer Kennzahl x Abbildung 3-2: Unsicherheit einer Kennzahl am Beispiel von Messergebnissen Insbesondere die Datenbasis zur Bestimmung von Qualitätskennzahlen ist mit erheblichen Unsicherheiten behaftet. Dies beginnt bereits bei der Erfassung der Merkmalswerte. Ist die Messunsicherheit eines Messgerätes zu groß, wirkt sie sich direkt auf die Un-

Anforderungen an Kennzahlen und -systeme 19 sicherheit der Kennzahl aus. Daher ist entweder die Messunsicherheit des Prüfprozesses gemäß GUM [10] (Leitfaden zur Angabe der Unsicherheit beim Messen / Guide to the expression of uncertainty in measurement) zu ermitteln und zu überprüfen, ob diese ausreichend klein ist. Oder es kann gemäß MSA [2] die Eignung des Prüfprozesses nachgewiesen werden. Sind diese Anforderungen nicht erfüllt, ist es nicht sinnvoll, solche Prüfprozesse als Informationsquellen heranzuziehen. Werden diese trotzdem verwendet, sind die Auswirkungen auf die Kennzahl zu beachten und das Risiko abzuschätzen, wieweit die Kennzahlen auf dieser Datenbasis überhaupt verwendbar sind. Häufig werden aus Kostengründen Teile oder Komponenten nur stichprobenartig geprüft und diese Ergebnisse zur Berechnung einer Kennzahl herangezogen. Um Unsicherheiten zu vermeiden, ist sicherzustellen, dass die Stichproben den Sachverhalt repräsentativ beschreiben. Oft ist dabei die Datenbasis sehr gering. Typischerweise ist das bei Maschinenanläufen oder bei der vorläufigen Prozessbeurteilung der Fall. Andere Gründe können Kleinserien sein. Diesem Umstand kann durch die Angabe eines Vertrauensbereiches für die Kennzahl Rechnung getragen werden. Er signalisiert dem Leser der Kennzahl, inwieweit bzw. in welchem Bereich diese vertrauensvoll ist. Nicht selten gelangen aufgrund von Fehlmessungen auch falsche Prüfergebnisse in den Datenbestand. Gründe können eine zu früh ausgelöste Messung sein, war eine zu starke Verschmutzung der zu prüfenden Teile oder es kommt, aus welchen Gründen auch immer, zu Mehrfachmessungen, bei denen alle Messergebnisse ohne besondere Kennzeichnung in den zentralen Datenbestand gespeichert werden. Konsequenterweise sind die aufgrund einer solchen Datenreihe bestimmten Kenngrößen alle falsch. Darüber hinaus können sich auch unbemerkt Übertragungsfehler oder eine falsche Zuordnung eines Prüfergebnisses zu einem Sachverhalt einschleichen. Dies passiert immer dann, wenn nicht zwangsweise sicher gestellt wird, dass alle beschreibenden Informationen auch bei der Erfassung dem Messwert direkt zugeordnet werden. Der Prüfer braucht hierfür entsprechende Hilfestellungen, ansonsten geraten solche Informationen schnell in Vergessenheit und können im Nachhinein, wenn überhaupt, nur mit großem Aufwand, korrigiert werden. Großen Einfluss auf die Kennzahl hat die Berechnung der Kenngröße bzw. der Kennzahl selbst. Der in der Einleitung bereits zitierte Ausspruch Traue keiner Statistik, die Du nicht selbst gefälscht hast ist in erster Linie darin begründet. Das ist insbesondere dann zutreffend, wenn zur Bestimmung der Kennzahl Bezugsgrößen bzw. Gewichtungsfaktoren herangezogen werden, die zwar von der Sache her korrekt sein können, aber den jeweiligen Anwendungsfall nicht ausreichend genau beschreiben. Andere Gründe können unterschiedliche Berechnungsformeln für Schätzwerte von z.b. Prozesslage oder -streuung sein. Ob diese allerdings angewandt werden kann, muss im Einzelfall entschieden werden. Ein Beispiel: Die Prozesslage kann sowohl mit dem Mittelwert als auch mit dem Medianwert beschrieben werden. Im Falle einer Normalverteilung sind beide Werte nahezu gleich. Bei einer schiefen Verteilung unterscheiden sich beide Werte wesentlich. Die Prozessstreuung kann über verschiedene Berechnungsmethoden ermittelt werden: Rd n, sa n, s ges, σ ˆ n, op up usw. Auch hier gilt, dass im Falle einer