FALL 25 LÖSUNG DER PRÄSENTKORB



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Transkript:

PROPÄDEUTISCHE ÜBUNGEN ZUM GRUNDKURS ZIVILRECHT I WINTERSEMESTER 2014/15 JURISTISCHE FAKULTÄT LEHRSTUHL FÜR BÜRGERLICHES RECHT, INTERNATIONALES PRIVATRECHT UND RECHTSVERGLEICHUNG PROF. DR. STEPHAN LORENZ DER PRÄSENTKORB Zu den im Fall besprochenen Problemen vgl. Medicus/Lorenz, Schuldrecht I Allgemeiner Teil, 20. Aufl. 2012, Rn. 172, 203 ff. (zur Konkretisierung) und Rn. 513 ff (zum Annahmeverzug). A. Anspruch entstanden: Kaufvertrag, 433 BGB... 2 B. Erlöschen des Anspruchs gem. 326 Abs. 1 S. 1 BGB... 2 I. Anwendungsbereich von 326 Abs. 1 S. 1 BGB... 2 II. Unmöglichkeit... 2 1. Ursprüngliche Vorratsschuld... 3 2. Keine Unmöglichkeit durch Untergang des Vorrats... 3 3. Umwandlung in eine Stückschuld durch Konkretisierung, 243 Abs. 2 BGB... 3 4. Übergang der Leistungsgefahr nach 300 Abs. 2 BGB... 4 a) Annahmeverzug... 4 aa) Erfüllbarer Anspruch des Gläubigers... 4 bb) Ordnungsgemäßes Angebot... 5 cc) Leistungsvermögen des Schuldners... 5 dd) Nichtannahme durch den Gläubiger... 5 ee) Zwischenergebnis... 5 b) Aussonderung... 5 c) Zwischenergebnis... 6 5. Zwischenergebnis... 6 III. Übergang der Preisgefahr nach 326 Abs. 2 BGB... 6 1. Kein Vertretenmüssen der Unmöglichkeit durch den Schuldner B. 6 2. Annahmeverzug des Gläubigers A... 7 3. Zwischenergebnis... 7 IV. Kein Rücktritt... 7 C. Ergebnis... 7 SUSANNE ZWIRLEIN

AG ZUM GRUNDKURS ZIVILRECHT I (PROF. DR. STEPHAN LORENZ) WINTERSEMESTER 2014/15 SEITE 2 VON 7 B könnte gegen A einen Anspruch auf Zahlung der 50, für den Präsentkorb aus Kaufvertrag gem. 433 Abs. 2 BGB haben. A. Anspruch entstanden: Kaufvertrag, 433 BGB Voraussetzung für die Entstehung eines Anspruchs des B gegen A aus 433 Abs. 2 BGB ist, dass A und B einen wirksamen Kaufvertrag geschlossen haben. Dieser kommt durch zwei übereinstimmende Willenserklärungen in Form von Angebot und Annahme zustande, 145, 147 BGB. Bei seinem Zeitungsinserat wollte B sich nicht verbindlich dazu verpflichten, jedem potentiellen Leser einen Korb zu verkaufen, da er kein Interesse daran hatte, Leistungsversprechen abzugeben, die seine Kapazität übersteigen. B hatte daher bezüglich des Zeitungsinserats keinen objektiven Rechtsbindungswillen und hat damit kein Angebot, sondern eine bloße invitatio ad offerendum abgegeben. Im Gespräch haben sich A und B aber über den Kauf eines der angebotenen Präsentkörbe zum Preis vom 50, geeinigt und einen wirksamen Kaufvertrag geschlossen, 145, 147 BGB. Der Anspruch des Verkäufers B auf den Kaufpreis ist damit entstanden. B. Erlöschen des Anspruchs gem. 326 Abs. 1 S. 1 BGB Der Kaufpreisanspruch des B könnte gem. 326 Abs. 1 S. 1, 1. Hs BGB erloschen sein, wenn B die Erfüllung seiner vertraglichen Pflichten unmöglich geworden ist und die Preisgefahr nicht nach 326 Abs. 2 S. 1 BGB auf den Käufer übergegangen ist. Denn 326 Abs. 2 BGB geht als speziellere Vorschrift dem 326 Abs. 1 BGB vor. I. Anwendungsbereich von 326 Abs. 1 S. 1 BGB Bei einem Kaufvertrag handelt es sich um einen gegenseitigen Vertrag. Der Anwendungsbereich des 326 BGB ist damit eröffnet. Nota bene: 326 BGB trägt der Verknüpfung von Leistungspflichten im Synallagma Rechnung und findet daher nur auf gegenseitige Verträge Anwendung. Die Vorschrift betrifft dabei nicht jede Pflicht aus einem gegenseitigen Vertrag, sondern nur die vertraglichen Hauptleistungspflichten, die im Gegenseitigkeitsverhältnis stehen. Hauptleistungspflichten sind die den Vertrag kennzeichnenden Pflichten wie etwa die Übereignung der Kaufsache und die Kaufpreiszahlung beim Kaufvertrag. Darüber hinaus können die Parteien durch Vereinbarung auch weitere Pflichten zu Hauptleistungspflichten des Vertrages machen. II. Unmöglichkeit Voraussetzung für 326 BGB ist weiterhin, dass der Schuldner von seiner Leistungspflicht gemäß 275 Abs. 1 bis 3 BGB befreit ist, also ein Fall der Unmöglichkeit vorliegt, und dass die unmöglich gewordene Leistungspflicht im Gegenseitigkeitsverhältnis zu dem Gegenleistungsanspruch steht, dessen Erlöschen geprüft wird. Der Anspruch auf Übergabe und Übereignung des Geschenkkorbs aus 433 Abs. 1 S. 1 BGB stellt die Gegenleistung zum Anspruch auf den Kaufpreis aus 433 Abs. 2 BGB dar.

AG ZUM GRUNDKURS ZIVILRECHT I (PROF. DR. STEPHAN LORENZ) WINTERSEMESTER 2014/15 SEITE 3 VON 7 Fraglich ist, ob B von der Pflicht zur Übergabe und Übereignung des Geschenkkorbs wegen Unmöglichkeit, 275 Abs. 1 BGB, befreit ist. Das könnte der Fall sein, weil der Präsentkorb bei dem Unfall zerstört wurde. Ob dadurch Unmöglichkeit eingetreten ist, hängt von Art (Stück- oder Gattungsschuld) und Inhalt (Bring-, Hol- oder Schickschuld) der geschuldeten Leistung ab. 1. 2. 3. Ursprüngliche Vorratsschuld Fraglich ist, welchen Inhalt die kaufvertragliche Pflicht des B hatte. Die Verpflichtung zur Lieferung des Präsentkorbs ist keine Stückschuld, sondern eine nur der Gattung nach bestimmte Schuld, da B mehrere dieser Präsentkörbe hatte, und A keinen speziellen Korb ausgesucht hat. Es wurde also eine Gattungsschuld ( 243 Abs. 1 BGB) vereinbart. Die Schuld war auf den Vorrat des B beschränkt, weil B darauf hingewiesen hat, dass er (nur) 50 Präsentkörbe habe. B hat dadurch sein Beschaffungsrisiko auf die Präsentkörbe aus seinem Vorrat beschränkt. Das bedeutet, dass B solange zur Lieferung von Präsentkörben verpflichtet bleibt, wie eine Lieferung solcher Körbe möglich ist. Daher handelte es sich bei der Pflicht des B um eine auf seinen Vorrat beschränkte Gattungsschuld. Keine Unmöglichkeit durch Untergang des Vorrats Die Lieferung des Präsentkorbs als Vorratsschuld könnte nur durch den Untergang des ganzen Vorrats unmöglich geworden sein. Vorliegend ist nicht ersichtlich, dass B alle Präsentkörbe aus seinem Vorrat veräußert hat oder der Vorrat anderweitig untergegangen wäre. Aufgrund der kurzen Zeitspanne kann dies auch nicht im Wege lebensnaher Auslegung unterstellt werden. Es ist deshalb anzunehmen, dass dem B die Lieferung eines Präsentkorbes aus seinem Vorrat derselben nach wie vor möglich ist. Umwandlung in eine Stückschuld durch Konkretisierung, 243 Abs. 2 BGB Dem B könnte aber die Erbringung seiner Schuld unmöglich geworden, wenn sich seine Vorratsschuld zur Stückschuld konkretisiert hat. Dann würde bei Untergang dieses Stückes der Schuldner nach 275 Abs. 1 BGB von der Pflicht zur Leistung frei. Voraussetzung dafür ist, dass B gem. 243 Abs. 2 BGB das seinerseits Erforderliche zur Erbringung der Leistung getan hat. Was erforderlich ist, bestimmt sich danach, ob eine Hol-, Schick- oder Bringschuld vereinbart wurde. A und B haben vertraglich vereinbart, das B den Präsentkorb unmittelbar an die Schwiegermutter des A liefern sollte. Folglich haben sie eine Bringschuld vereinbart. Zur Erfüllung einer Bringschuld genügte es für B nicht, den Präsentkorb von den anderen auszusondern, B musste den Korb auch bei der Schwiegermutter des A vorbeibringen. Dies hat B nicht getan.

AG ZUM GRUNDKURS ZIVILRECHT I (PROF. DR. STEPHAN LORENZ) WINTERSEMESTER 2014/15 SEITE 4 VON 7 Die Schuld des B hat sich daher nicht nach 243 Abs. 2 BGB konkretisiert, so dass dem B durch den Untergang des einzelnen Stückes die Erbringung seiner Schuld nicht unmöglich wurde. Nota bene: Ein interessantes Problem der Konkretisierung ist die Frage, ob der Schuldner eine Konkretisierung rückgängig machen kann (z.b. durch Zurückbringen der bereits ausgewählten Ware ins Lager): Eine Literaturmeinung geht vom Zweck der Konkretisierung aus, die den Schuldner schützen soll und vertritt daher, dass dieser auf seinen eigenen Schutz auch verzichten können müsse, indem er die Konkretisierung rückgängig mache. 1 Nach der Gegenauffassung ist die Konkretisierung dagegen bindend, um dem Gläubiger in die Lage zu versetzen, über die ihm angebotene Ware bereits vor endgültiger Lieferung zu disponieren. 2 Nach einer vermittelnden Meinung soll eine Rückgängigmachung der Konkretisierung nach Treu und Glauben dann zulässig sein, wenn der Gläubiger kein schützenswertes Interesse an gerade demjenigen Gegenstand hat, auf den sich die Schuld konkretisiert hat, etwa wenn er die angebotene Leistung unberechtigterweise zurückgewiesen hat. 3 4. Übergang der Leistungsgefahr nach 300 Abs. 2 BGB Da A die Annahme des Korbes verweigert hat, könnte gem. 300 Abs. 2 BGB wegen Gläubigerverzugs des A die Leistungsgefahr von B auf A übergegangen sein. Nota bene: 300 Abs. 2 BGB regelt die Leistungsgefahr, d.h. die Frage, ob der Schuldner zur Leistung verpflichtet ist. Geht die Gefahr auf den Gläubiger über, so ist der Schuldner von der Pflicht zur Leistung befreit, wenn der Gegenstand der Leistung untergeht. Der Gefahrübergang nach 300 Abs. 2 BGB bewirkt eine Art "Quasikonkretisierung", d.h. die Schuld des B gegenüber A würde sich auf den untergegangenen Korb beschränken und ein Fall der Unmöglichkeit läge vor. a) Annahmeverzug A müsste sich im Zeitpunkt des Untergangs des Präsentkorbes in Annahmeverzug nach 293 BGB befunden haben. Dies setzt voraus, dass dem A gegen B ein erfüllbarer Anspruch zustand, der B dem A die Leistung auf diesen Anspruch ordnungsgemäß angeboten hat, der B zu diesem Zeitpunkt leistungsbereit war und A die ihm angebotene Leistung nicht angenommen hat. aa) Erfüllbarer Anspruch des Gläubigers Die erste Voraussetzung ist, dass die Schuld des B erfüllbar war, also der Anspruch auf die Leistung noch nicht erloschen war und B auch an den A leisten durfte. Gemäß 271 Abs. 1, 2 BGB war der Anspruch erfüllbar, da B den Korb noch am selben Tag gegen 17 Uhr ausliefern sollte und B sich erst zu dieser Zeit auf den Weg gemacht hat. Der Anspruch auf Erbringung der Vorratsschuld war auch nicht gem. 275 BGB erloschen, s.o. 1 Medicus/Petersen, Bürgerliches Recht, 24. Aufl. 2013, Rn. 262. 2 Vgl. z.b. Palandt/Heinrichs, 74. Aufl. 2015, 243 BGB Rn. 7. 3 MünchKomm/Emmerich, 6. Aufl. 2012, 243 BGB Rn. 34 f.

AG ZUM GRUNDKURS ZIVILRECHT I (PROF. DR. STEPHAN LORENZ) WINTERSEMESTER 2014/15 SEITE 5 VON 7 bb) Ordnungsgemäßes Angebot Weiter muss B dem A die Leistung ordnungsgemäß angeboten haben, 293 BGB. Die Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Angebot regeln die 294 ff. BGB. Grundsätzlich ist ein tatsächliches Angebot des B i.s.d. 294 BGB notwendig. Ein tatsächliches Angebot erfordert, dass der Schuldner alles tut, was auf seiner Seite zur Bewirkung der Leistung erforderlich ist, also bei einer Bringschuld die Ware an ihren Bestimmungsort bringt. B hat die Ware zum Zeitpunkt des Telefongesprächs (noch) nicht an die Schwiegermutter des A geliefert. Damit liegt kein tatsächliches Angebot i.s.d. 294 BGB vor. B könnte dem A jedoch ein wörtliches Angebot gem. 295 S. 1 BGB gemacht haben. Dies würde ausreichen, wenn A zuvor erklärt, dass er die Leistung nicht annehmen werde. Vorliegend hat A am Telefon erklärt, dass er die Leistung nicht annehmen werde. Daraufhin hat B dem A die Lieferung angeboten. 4 Die Voraussetzungen des 295 BGB sind mithin erfüllt; ein ordnungsgemäßes Angebot des B liegt vor. 5 cc) Leistungsvermögen des Schuldners Nach 297 BGB muss B leistungsbereit gewesen sein, d.h. B muss den Willen und die Möglichkeit zur Leistung gehabt haben. Diese Voraussetzung ist vorliegend erfüllt, da B den Präsentkorb weiterhin liefern wollte und dazu auch in der Lage war. dd) Nichtannahme durch den Gläubiger A hat die Leistung nicht angenommen, vgl. 293, 298 BGB. ee) Zwischenergebnis Da A die Annahme der Leistung am Telefon abgelehnt hat, war er mit dem wörtlichen Angebot des B also noch bevor B mit dem Korb losgefahren ist im Annahmeverzug. b) Aussonderung Dem Wortlaut nach sind alle Voraussetzungen des 300 Abs. 2 BGB erfüllt. Damit ist aber noch nicht klargestellt, an welchem Stück bzw. an welcher Teilmenge die Gefahr übergehen sollte. Deshalb wird in 300 Abs. 2 BGB für den Gefahrübergang bei 4 Das Angebot ist eine rechtsgeschäftsähnliche Handlung, auf die die Regelungen über die Willenserklärung analog Anwendung finden. 5 Strittig ist, ob auch für die Vornahme eines wörtlichen Angebots bei Gattungsschulden (Vorratsschulden) eine Aussonderung notwendig ist. Dafür RGZ 57, 404; dagegen Staudinger/Feldmann, Bearb. 2014, 295 BGB Rn. 18. Hier kann das Problem dahinstehen, da nach h.l. für die Wirkung des 300 Abs. 2 BGB ohnehin die Aussonderung zu prüfen ist.

AG ZUM GRUNDKURS ZIVILRECHT I (PROF. DR. STEPHAN LORENZ) WINTERSEMESTER 2014/15 SEITE 6 VON 7 Gattungsschulden folgendes zusätzliches (ungeschriebenes) Merkmal hineingelesen: Der Schuldner muss die Sache aussondern. Dies hat B spätestens dann getan, als er den Präsentkorb in seinen Wagen einlud und damit zu A fahren wollte. c) Zwischenergebnis Damit ist gem. 300 Abs. 2 BGB die Gefahr auf A übergegangen. 5. Zwischenergebnis Wegen der vorliegenden "Quasikonkretisierung" ist B nach der Zerstörung des ausgewählten Präsentkorbs nicht mehr dazu verpflichtet, an A einen (anderen) Präsentkorb zu leisten. Der Untergang des Korbes nach Übergang der Leistungsgefahr hat vielmehr objektive Unmöglichkeit zur Folge. Diese trat nachträglich ein, da der Korb erst nach Vertragsschluss zerstört wurde. B wurde damit nach 275 Abs. 1 BGB von seiner Leistungsverpflichtung frei. III. Übergang der Preisgefahr nach 326 Abs. 2 BGB Nach 326 Abs. 2 S. 1 BGB entfällt damit der Anspruch auf die Gegenleistung, es sei denn die Preisgefahr geht nach 326 Abs. 2 S. 1 BGB auf den Gläubiger der Leistung (hier den Käufer) über. Nota bene: 326 Abs. 1 BGB regelt die Preisgefahr, d.h. die Frage, ob der Gläubiger der Leistung zur Erbringung der Gegenleistung verpflichtet ist, obwohl der Schuldner nach 275 Abs. 1 3 BGB nicht zu leisten braucht. Gemäß 326 Abs. 2 S. 1 Alt. 2 BGB behält der Schuldner der Leistung den Anspruch auf die Gegenleistung, wenn sich der Gläubiger der Leistung zu dem Zeitpunkt, wo die Unmöglichkeit eingetreten ist, im Annahmeverzug befindet und der Schuldner die Unmöglichkeit nicht zu vertreten hat (deklaratorisch insofern, 446 S. 3 BGB). Der Übergang der Preisgefahr auf A gem. 326 Abs. 2 S. 1 BGB setzt voraus, dass B entweder für die Unmöglichkeit überwiegend verantwortlich ist oder dass die Unmöglichkeit während des Annahmeverzugs des A eingetreten ist. 1. Kein Vertretenmüssen der Unmöglichkeit durch den Schuldner B B könnte die Unmöglichkeit zu vertreten haben. Gem. 276 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB hat der Schuldner auch leichte Fahrlässigkeit zu vertreten, so dass nach diesem Maßstab Verschulden zu bejahen wäre, da der Unfall auf einen leichten Fahrfehler des B zurückzuführen ist. Indes wird die Regel des 276 Abs. 1 BGB aber durch die Ausnahmevorschrift des 300 Abs. 1 BGB durchbrochen, weshalb B vorliegend nur wegen Vorsatzes und grober Fahrlässigkeit haftet. B hat den Untergang damit da der Fahrfehler nur leicht war und mithin keine grobe Fahrlässigkeit vorliegt nicht i.s.d. 326 Abs. 2 S. 1 BGB zu vertreten.

AG ZUM GRUNDKURS ZIVILRECHT I (PROF. DR. STEPHAN LORENZ) WINTERSEMESTER 2014/15 SEITE 7 VON 7 2. 3. Annahmeverzug des Gläubigers A Wie bereits oben festgestellt, 6 befand sich A zum Zeitpunkt des Eintritts der Unmöglichkeit im Gläubigerverzug, während die Unmöglichkeit eingetreten ist. Zwischenergebnis Der Kaufpreisanspruch des B ist nicht untergegangen, sondern besteht nach 326 Abs. 2 S. 1 BGB weiter. IV. Kein Rücktritt A könnte weiter vom Vertrag zurückgetreten sein; auch dann würde der Anspruch auf den Kaufpreis entfallen, wie sich aus 346 Abs. 1 BGB und der damit verbundenen Umwandlung des Kaufvertrags in ein Rückgewährschuldverhältnis schließen lässt. Dies setzt voraus, dass A eine wirksame Rücktrittserklärung abgegeben hat, ihm dabei ein Rücktrittsgrund zustand und das Rücktrittsrecht nicht ausgeschlossen ist. A hat am Telefon eine Rücktrittserklärung i.s.d. 349 BGB gegenüber B abgegeben. Für einen wirksamen Rücktritt müsste A aber ein Rücktrittsrecht zugestanden haben. Der Sachverhalt enthält jedoch keine Hinweise auf ein gesetzliches oder vertragliches Rücktrittsrecht des A. Der Umstand, dass A ein besseres Geschenk für seine Schwiegermutter gefunden hat, berechtigt A jedenfalls nicht zum Rücktritt. Nota bene: Auch später ist kein Rücktrittsrecht entstanden: Der Untergang des Präsentkorbes scheidet als tauglicher Rücktrittsgrund gem. 323 Abs. 6 Fall 2 BGB aus (Eintritt des vom Schuldner nach 300 Abs. 1 BGB nicht zu vertretenden Umstandes während des Annahmeverzugs). Ein Fall des 323 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 BGB ist nicht gegeben: Zum einen liegt nach dem Übergang der Leistungsgefahr nach 300 Abs. 2 BGB und dem Untergang des Präsentkorbes kein Anspruch des A mehr vor, den B nicht erfüllt hätte. Zudem lässt sich zwar gut vertreten, dass ein relatives Fixgeschäft vorliegt, doch hätte B die Leistung auch unabhängig vom Untergang der Sache im Sinne des 323 Abs. 2 Nr. 2 BGB dadurch bewirkt, dass er den A durch das wörtliche Angebot in Annahmeverzug gesetzt hat. C. Ergebnis Folglich hat B gegen A einen Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises i.h.v. 50,. 6 S.o. A.II.4.a)ee).