Standardisierung aus Sicht des Juristen Sicherung der erforderlichen Qualität



Ähnliche Dokumente
Rechtliche Aspekte des Einsatzes der verschiedenen Berufsgruppen in der ZNA

Arbeitsablauforganisation Pflege am Klinikum rechts der Isar

A. S T E W I G - N I T S C H K E M B A / B B A / RBP

Pflegeschule OE Beurteilung des praktischen Einsatzes*

Gesundheits- und Krankenpfleger/in

Achtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII) - Kinder- und Jugendhilfe. 1 Recht auf Erziehung, Elternverantwortung, Jugendhilfe

Das Pflegeberatungsgespräch vor Chemotherapie

Umstrukturierungsmaßnahmen interner Abläufe und Auswirkungen auf die Zufriedenheit von Mitarbeiter und Patienten. Elisabeth Jäger Fulda am

Vertrag zur Durchführung der ärztlichen Bestandteile der Komplexleistung für die Interdisziplinäre Frühförder- und Beratungsstelle

Richtlinie. des Gemeinsamen Bundesausschusses

Medizinische Fachangestellte und Rettungsassistenten in der Notaufnahme, geht das?

Arbeitsfeld Dialyse. Aus-, fort- und weiterbildungsspezifische Zuordnung der Tätigkeiten für Arzthelferinnen und Pflegekräfte

Merk blatt. Tätigkeit als medizinische/r Fußpfleger/in (Podologe/in)

Haftung des Vorstandes

Unser Pflegeleitbild. Ev. Diakoniewerk Friederikenstift Hannover

Ausbildung Gesundheits- und Krankenpfleger/In

Forum des Sozialen. Ausbau kommunaler Pflegeinfrastruktur

Klinik am Park. AHB- und Rehabilitationsklinik. Pflege-Konzept der Klinik am Park Unsere soziale Dienstleistung von Menschen für Menschen

(2) Gemäß 75 Abs. 3 SGB XI werden folgende Personalrichtwerte für Pflege und Betreuung in Form folgender Bandbreiten vereinbart:

Ambulanter Pflegedienst Peter Tauber Station: Atzbacher Str Lahnau - Tel.: 06441/66198 Fax: Mobiltel.

QS Dekubitusprophylaxe: Schikane oder Chance? Wolf-Rüdiger Klare Stuttgart, 25. November 2015

Neue Aspekte des Gesetzes über die Berufe in der Krankenpflege (Krankenpflegegesetz KrPflG) vom 16. Juli 2003

Das Krankenhaus Märkisch Oderland sagt Guten Tag. Präsentation von A. Burkhardt, C. Raether

Vereinfachte Pflegedokumentation aus rechtlicher Sicht. Prof. Dr. jur. Thomas Weiß. 16. Pflege-Recht-Tag Berlin weiss-rechtsanwaelte.

1 Der Fonds im Gesetzentwurf

Inhaltliche Aspekte ( welche Qualität wird erbracht) Methodische Aspekte ( wie wird Qualität entwickelt, gesichert und kontinuierlich verbessert)

Strukturqualität für Ärzte nach 4

Für Pflegefachkräfte (Examensjahr 1995 oder danach): die Pflegeplanung war ein wesentlicher Bestandteil ihrer Ausbildung Ein Arbeitsplatz zur Erstellu

1. Definition Netzwerkorganisation. 2. Verständnis von Zusammenarbeit. 3. Handlungsansatz. 4. Kooperationsnetzwerk. 5.

AWO-Norm Schwangerschaftsberatungsstellen Stand: Lfd. Nummer AWO-Qualitätskriterien Träger QM-Handbuch. Standes und vorliegender Standards

Die können das! Substitution ärztlicher Leistungen

Orientierungsplan: Die pädagogische Qualität managen

Haftungsrecht im Spannungsfeld der Professionen

Translationale Zentren

E-Learning. als Methode zur Qualitätssicherung. im Bereich Hygiene und Infektionsprävention. im Krankenhausbehandlungsbereich

Pflegequalität. Sicherung durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen nach 112 bis 120 SGB XI Hartmut Vöhringer

Kranken Pflege Schule

Forum Neue Wege für die Pflege Alternative in der Messung von Ergebnisqualität. Rechtlicher Rahmen der Qualitätssicherung

AHLBACH KRANKEN- UND ALTENPFLEGE

KLINIK SCHLOSS MAMMERN Dr. A. O. Fleisch-Strasse CH-8265 Mammern Telefon +41 (0) Fax +41 (0)

Stellenbeschreibung KP/ KS

Patientenrechte. von Gregor Bornes. gesundheitsladen köln e.v.

Aktuelle Strategien der Krankenkassen im Qualitätsmanagement der Rehabilitation

PATIENTENVERFÜGUNG (Formulierungsvorschlag / nicht Zutreffendes streichen)

Weiterbildung. Fachgesundheitspfleger für den Operationsdienst. Alfried Krupp Krankenhaus

Leitlinien und Begutachtung aus Sicht der gesetzlichen Unfallversicherung. Prof. Dr. Stephan Brandenburg BGW, Hauptgeschäftsführer

Qualität des ambulanten Pflegedienstes

Interdisziplinäre Notaufnahmen in Deutschland

Workshop 4: Medizin trifft Recht Sozialrechtliche Verankerung der DNQP-Expertenstandards

Fachoberschule Gesundheit und Soziales - Schwerpunkt Sozialpädagogik - Praktikumsvertrag. zwischen. (Praktikumseinrichtung, Stempel)

2. Arbeitstreffen Stellungnahmen der wissenschaftlichen Fachgesellschaften Zwischenbilanz und weitere Schritte

Leistungsangebot. Präambel. Leben ohne Behinderung für Menschen mit Behinderung

Schwarzbauer_

1 35 % (206) 2 59 %(342) nb 1 % (6) 1 57 %(334) 2 28 %(163) nb 2 %(13) 1 30 % (175) 2 68 %(396) nb 1 % (3)

Patientenbegleitung der Bosch BKK

Von der (Pflege)Wissenschaft zum (Pflege) Handeln - Wissenstransfer als betriebliche Aufgabe -

Umsetzung nationaler Expertenstandards, ein Thema für die Intensivpflege?

Innovationsfonds aus Sicht des G-BA Josef Hecken Unparteiischer Vorsitzender im Gemeinsamen Bundesausschuss

PFLEGEVISITE. 12. Siegener Fachtagung. stationäre Einrichtungen / ambulante Pflege. "Dauerbeatmete Kinder und Jugendliche" Heike von Bodelschwingh

MDS??? Patientensicherheit. in der häuslichen Versorgung. Beratung für GKV-Spitzenverband. Koordination der MDK. Fachlich unabhängig

Muster. eines Kooperationsvertrages zwischen Interdisziplinären Frühförderund Beratungsstellen (IFFB) und. zugelassenen Therapeuten in freien Praxen

Einrichtungsinternes Qualitätsmanagement Was bedeutet das für die Medizinische Dokumentation?

Information für Angehörige und Besucher Ihr Besuch auf der Intensivstation

Pflege. Pflegeweiterentwicklungsgesetz. Auswirkungen auf die Ausbildung und die Tätigkeit in der Notaufnahme

Die neue Ausbildung: Auszubildende und Studierende in der Praxis anleiten

Referentenentwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten (Patientenrechtegesetz) München, 29.3.

Die Psychotherapeutische Sprechstunde und weitere Folgen des GKV-VSG für die Psychotherapie-Praxis

Pflegesachleistungen und Zuschüsse für Pflegehilfsmittel

Pflegeausbildung im Wandel - Der neue Beruf Pflegefachfrau/mann ab 2020

Versorgung von Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen ein weiterer Vorschlag

Position der DVfR zur geriatriespezifischen Versorgung Positionspapiere 2012 / Berlin

Audit. Qualität und Gras wachsen hören. Hartmut Vöhringer

des Bundesverbandes öffentlich bestellter und vereidigter sowie qualifizierter Sachverständiger e.v. (BVS)

1. Wie lässt sich das, was man heutzutage unter dem Begriff Qualitätsmanagement versteht, am treffendsten beschreiben?

Leistungen der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung im Fall einer schweren Krankheit. Thomas Brüttinger

Fachkräftemangel und Fachkräftesicherung im Gesundheitswesen im ländlichen Raum

Pflegesatzvereinbarung für die vollstationäre Pflege/Kurzzeitpflege nach 85 SGB XI

Basics des Qualitätsmanagements im Gesundheitswesen

Teilnahme- und Einwilligungserklärung für Versicherte der AOK Nordost Berliner Projekt Die Pflege mit dem Plus

angebote für arbeitssuchende Altenpfleger / Altenpflegerin. Staatlich anerkannt

Klinische Kennzahlen

Ausbildungsrahmenplan für die innerbetriebliche Ausbildung zur Medizinischen Fachangestellten

Qualität aus Sicht der Ärztekammer

Pflegesatzvereinbarung über Leistungen der vollstationären Pflege

PFLEGE / BETREUUNGS - VERTRAG

Leitlinien / Leitfäden und Klinische Behandlungspfade

Fachtag Hilfeplankonferenz Herford, 10./ Wozu brauchen wir die HPK? Ulrich Krüger, Aktion Psychisch Kranke

Münster, 20. Oktober 2014 Köln, 24. November 2014

Expertenstandards in der ambulanten Pflege

Pflegewissenschaft und Qualitätsmanagement 1

Schulungseinheit Nr. 6: Qualitätsprüfung durch den MDK

Bewertung der Prüfung nach 8 Einrichtungenqualitätsgesetz (EQG M-V) für Einrichtungen nach SGB XII

Die künftige Finanzierung von Medizintechnik und Innovationen im Gesundheitswesen: Was geht?

- Assistentenrichtlinie -

TÜV SÜD AG. Die Tops und Flops des Veränderungsmanagements aus Sicht eines ISO-Auditors KVP Schikane oder Chance?

Kasper & Kollegen Rechtsanwälte Kassel

04./ Erkner

Organisatorische Aspekte der IT-Forensik - Aktuelle Herausforderungen -

Gesundheits- und Krankenpfleger/in. Ausbildung mit Perspektive. Ausbildung zum/zur. in den Henneberg-Kliniken Hildburghausen

Transkript:

Standardisierung aus Sicht des Juristen Sicherung der erforderlichen Qualität 1

135 a SGB V Die Leistungserbringer sind zur Sicherung und Weiterentwicklung der Qualität der von ihnen erbrachten Leistungen verpflichtet. Die Leistungen müssen dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entsprechen und in der fachlich gebotenen Qualität erbracht werden. Zugelassene Krankenhäuser... sind verpflichtet, einrichtungsintern ein Qualitätsmanagement einzuführen und weiterzuentwickeln. 2

3 Abs. 2 Krankenpflegegesetz (2) Die Ausbildung für die Pflege nach Absatz 1 soll insbesondere dazu befähigen, 1. die folgenden Aufgaben eigenverantwortlich auszuführen: a) Erhebung und Feststellung des Pflegebedarfs, Planung, Organisation, Durchführung und Dokumentation der Pflege, b) Evaluation der Pflege, Sicherung und Entwicklung der Qualität der Pflege, c) Beratung, Anleitung und Unterstützung von zu pflegenden Menschen und ihrer Bezugspersonen in der individuellen Auseinandersetzung mit Gesundheit und Krankheit, d) Einleitung lebenserhaltender Sofortmaßnahmen bis zum Eintreffen der Ärztin oder des Arztes, 3

3 Abs. 2 Krankenpflegegesetz (2) Die Ausbildung für die Pflege nach Absatz 1 soll insbesondere dazu befähigen, 1.... 2. die folgenden Aufgaben im Rahmen der Mitwirkung auszuführen: a) eigenständige Durchführung ärztlich veranlasster Maßnahmen, b) Maßnahmen der medizinischen Diagnostik, Therapie oder Rehabilitation, c) Maßnahmen in Krisen- und Katastrophensituationen, 3. interdisziplinär mit anderen Berufsgruppen zusammenzuarbeiten und dabei multidisziplinäre und berufsübergreifende Lösungen von Gesundheitsproblemen zu entwickeln. 4

Organisationsverantwortung des Einrichtungsträgers Schaffung klarer Strukturen Qualität des Personals ( u.a. durch Einarbeitung ) Ausreichende Personalbesetzung Strukturierung der Arbeitsabläufe Nutzung einer geeigneten Dokumentation Standards und Richtlinien Schaffung angemessener baulicher Zustände Regelungen zur Kooperation zwischen den Diensten 5

Der rechtliche Rahmen der Berufstätigkeit Übergeordnetes Recht ( EU-Richtlinien und Grundgesetz) Nationale Gesetze wie Bürgerliches Gesetzbuch, Strafgesetzbuch, Krankenpflegegesetz, Gesetze aus dem Arbeitsrecht Rechtsverordnungen wie Ausbildungs- und Prüfungsverordnung Urteile der obersten Gerichte Trägerveranlasster normativer Bereich Sonstige verbindliche Regeln 6

Trägerveranlasster normativer Bereich Wissenschaftlich bzw. fachlich gesicherte Standards/Richtlinie in - Pflege, - Betreuung,, - Lagerung, - Sturz, - Ersteinschätzung u.a. Andere Allgemeine Dienstanweisungen des Arbeitgebers Stellenbeschreibungen Dienstpläne, Urlaubspläne Hygienepläne 7

276 BGB Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten... Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer acht lässt. Entscheidungslage einer Pflegekraft Die konkrete Arbeitssituation erfordert bei Bedarf stets eine Situationsanalyse am Patienten und eine darauf basierende richtige Entscheidung bei Erkennen einer Gefährdungssituation. Bei präventiv durchzuführenden Maßnahmen ist angemessen, notwendig und geeignet zu reagieren und ein Mittelweg zwischen Übervorsorge und Nachlässigkeit zu wählen. 8

Aufgabe der Einrichtung Sicherstellen, dass alle mit dieser Patientensituation befassten Mitarbeiter Mindestanforderungen bei der Situationsanalyse berücksichtigen können, aber auch müssen - aber kein stereotypes gleich behandeln aller Patienten Ermöglichen, dass falsche Entscheidungen weitestgehend ausgeschlossen werden Gewährleisten, dass unabhängig von der beruflichen Grundqualifikation die anfallende Arbeit sorgfältig verrichtet werden kann Verhindern, dass erlangte Informationen über die Patientensituation verloren gehen Garantieren, dass der Nachweis der Erbringung der Mindestanforderungen durch den Mitarbeiter dauerhaft erfolgen kann 9

Pflegestandards legen durch messbare Kriterien ein bestimmtes Qualitätsniveau der Pflege in der Einrichtung fest (i.d.r. zwischen angemessen und ausreichend i.s.v. sicher) unter Berücksichtigung der sachlichen und personellen Vorgaben sollen innovative und intelligente Inhalte transportieren, um dem Anspruch eines wirksamen Instruments zur Qualitätsentwicklung gerecht zu werden. definieren einen konkret bestimmten Leistungsumfang der professionellen pflegerischen Versorgung innerhalb einer Einrichtung (einheitliche Mindestanforderungen und nicht Zielvorgaben) beschreiben einzelne pflegerische Maßnahmen, Handlungen einer/- es professionell Pflegenden an einer zu versorgenden Person 10

Pflegestandards werden durch die Einrichtung, entwickelt durch PDL, von ihr beauftragte Einzelpersonen wie Pflegeexperte oder Qualitätsbeauftragten oder Teams, festgelegt und verbindlich gemacht haben den Charakter und die Verbindlichkeit einer Dienstanweisung dienen der Qualitätssicherung und der Qualitätskontrolle können an der Schnittstelle Pflege Arzt die Tätigkeit beider Berufsgruppen aufeinander abstimmen ermöglichen eine fachgerechte Heranführung neuer Mitarbeiter an die in diesem Unternehmensteil anfallenden Arbeiten erfordern eine auf den Standard abgestimmte Dokumentation (Voraussetzung für einen Standardeinsatz) 11

Pflegestandards sind in der rechtlichen Verbindlichkeit umstritten, da sie den in einem Einzellfall entscheidenden Richter nicht binden das beruht darauf, dass die Individualität jedes einzelnen Patienten es gebieten kann, aufgrund von Besonderheiten den Standard gerade nicht anzuwenden werden vom Richter aber als Ausgangspunkt und Richtschnur für seine zur Entscheidung führenden Überlegungen herangezogen - Abweichungen lassen die Vermutung aufkommen, dass gegen berufliche Sorgfaltsanforderungen verstoßen wurde bieten dem Pflegenden ein Höchstmaß an Sicherheit, da sie den gesicherten Stand der Wissenschaft entsprechen, in der Praxis i.d.r. einrichtungsübergreifend anerkannt sind und beständig fortentwickelt werden - aber Überprüfung auf ihre konkrete Anwendbarkeit 12

Vorteile von Pflegestandards Alle Mitarbeiter arbeiten auf gleich hohem Niveau (Gewährleistung des Vertrauensgrundsatzes) Träger steht für die inhaltliche Richtigkeit ein (Fehler des Standards sind Organisationsfehler) Einhaltung des Standards ist haftungsrechtlicher Selbstschutz für die Pflegekräfte Sicherung von Ärzten und Pflegekräften bei der Delegation ärztlicher Tätigkeiten bzw. bei aufwändiger krankheitsbezogener Assistenz (z. B. bei der ärztlichen Diagnostik und Therapie) 13