Electronic. Commerce. im Handel



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E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce Electronic E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce Commerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce im Handel E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce Fakten E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce Fallstudien E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce Empfehlungen E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce E-Comerce 1

Inhaltsverzeichnis Vorwort 3 1 Einführung 5 1.1 Internet-Trends 5 1.2 Begriffsbestimmung E-Commerce 9 1.3 E-Commerce in deutschen Firmen 14 1.4 Zusammenfassung 17 2 Zehn Fallstudien 18 2.1 Metro / EDI Light 19 2.2 Wal-Mart 25 2.3 ElectronicPartner 33 2.4 Nordwest 39 2.5 EuroHandelsinstitut 45 2.6 Fruchtnetz 51 2.7 PBSnet 58 2.8 MODA 65 2.9 Computer2000 70 2.10 Furninet / Nolte Küchen 74 3 Zusammenfassung 77 3.1 Das E-Commerce-Haus 79 3.2 Information Sharing 80 3.3 Technikentwicklung 83 3.4 Personalentwicklung 84 3.5 Organisationsentwicklung 85 3.6 Innovative Geschäftsmodelle 87 2

Vorwort Das Thema Electronic Commerce ist das Schlüsselthema der Strategieentwicklung in Handelsunternehmen. Das Internet als einfach nutzbare, kostengünstig einsetzbare und jederzeit verfügbare Technologie für den Austausch von Informationen, ist die sehr dynamische Grundlage des elektronischen Geschäftsverkehrs ganz allgemein. Die nahezu vollkommene Grenzenlosigkeit des World Wide Web und die hohe Verbreitung des PC-Standards als Kommunikationsrechner in den Unternehmen sowie in fast der Hälfte aller Privathaushalte ermöglichen neue Wertschöpfungsstrategien, eröffnen neue Märkte, ebnen den Weg für neue kundenorientierte Dienstleistungen und bieten qualifizierte Arbeitsplätze. In einer globalen Wirtschaft, die durch die Informations- und Kommunikationstechnik ständig enger zusammenwächst, gibt es keine nationalen und regionalen Schutzräume vor dem Wettbewerb. Auch die deutschen Handelshäuser müssen sich verstärkt mit internationalen Mitbewerbern auseinandersetzen. Kunden-Lieferantenbeziehungen in allen Stufen der Wertschöpfung und auf allen Handelsstufen können über Grenzen hinweg ohne Medienbrüche schneller, effizienter und transparenter gestaltet werden. Die Nutzung des Internets für electronische Malls oder Shops, wie auch für die Abwicklung administrativer Aufgaben und zum Austausch von Warenwirtschaftsdaten reduziert die Kosten erheblich. Electronic-Commerce bietet daher besonders für kleine und mittlere Handelsunternehmen eine Fülle von handfesten Innovationspotentialen. Leider bleiben diese bis heute oft ungenutzt, weil es an Umsetzungsperspektiven und Know-how fehlt. Diese RKW-Studie hat sich zum Ziel gesetzt, mit der Darstellung ausgewählter Electronic-Commerce-Anwendungen im Handel praxisrelevantes Wissen in den Unternehmen zu verbreiten. Neben diesem Printprodukt wird das RKW in Kooperation mit dem ecc-handel, der für den Handel neu geschaffenen Informationsstelle in Köln, via Internet weiteres Praxismaterial veröffentlichen. Die dargestellten Fälle der E-Commerce-Anwendungen erfassen sowohl horizontale, wie vertikale Kooperationen. Im Mittelpunkt steht immer die effiziente Gestaltung der Kunden-Lieferanten-Beziehung Im Auftrag des RKW hat das EuroHandelsinstitut (EHI) einerseits umfassende Informationen zum Status quo und zur Entwicklung von E-Commerce zusammengestellt. Innerhalb der Einführung wird das Phänomen Internet, E-Commerce und die Haltung deutscher Firmen zum E-Commerce betrachtet. Im weiteren hat das EHI und das Institut für Handelsforschung an der Universität, Köln, in Abstimmung mit dem RKW 3

zehn beispielgebende Fallstudien ausgewählt, die auf Basis von dokumentierten Daten und Fakten sowie durch vertiefende Interviews mit den verantwortlichen Entscheidungsträgern umfassend analysiert worden sind. Die Fallstudien werden jeweils in Ausgangssituation, Zielsetzung und Organisation vorgestellt und durch Handlungsempfehlungen zusammengefaßt. Diese Arbeit stellt einen Zwischenstand vor. So wie E-Commerce die Wirtschaft insgesamt beständig weiterentwickelt und innoviert, so werden unsere Empfehlungen auf der Basis dieser aktuellen Erkenntnisse nur einen Anstoß zum Handeln geben können. Wir wollen keine Zweifel aufkommen lassen: Das Thema Electronic- Commerce darf nicht mehr vertagt werden. Eschborn im Februar 2000 Michael Gaßner 4

Einführung 1 Einführung Im Rahmen dieser Einführung werden jene Umweltfaktoren vorgestellt, die den Hintergrund bilden, vor dem sich deutsche Unternehmen bewegen, wenn sie sich mit dem Phänomen E-Commerce auseinandersetzen. Dazu werden in Punkt 1.1 wichtige Internet-Größen wie Anzahl der Nutzer, die Anzahl der Arbeitsplätze mit Internet-Zugang und Marktprognosen angeführt. Unter Punkt 1.2 wird der Bereich E-Commerce definitorisch behandelt und systematisiert. Es werden die Begriffe des Extra- und Intranets in ihrem Potential vorgestellt. In Punkt 1.3 schließlich geht es um das Verhältnis deutscher Firmen zum Internet bzw. um die Kompetenz und Verantwortungszuordnung im Rahmen der strategischen Entwicklung dieses Mediums. Im letzten Abschnitt werden die Erkenntnisse aus den vorherigen Abschnitten zusammengefaßt und die Notwendigkeit, eine E-Commerce-Strategie zu entwikkeln, nochmalig motiviert. 1.1 Internet-Trends Das Wachstum des Internets ist spektakulär. Zum Stand September 1999 sind knapp 1 Million deutsche Domains registriert. (989.901 insgesamt, die sich aufteilen auf 638.635 Nameserver, 348.743 MX-Einträge und 2.523 reservierte Namen.) Bild 1: Wachstum.de Domains 5

Einführung Dabei weist der Graph die bekannte exponentielle Form vieler im Zusammenhang mit dem Internet zu sehenden Kurven (Umsätze, Aktienkurse) auf. Eine Verringerung des Wachstums ist daher nicht zu erkennen, vielmehr kann eine noch höhere prozentuale Wachstumsrate erwartet werden. Dieser auch als Internet-Kurve bezeichnete Zusammenhang führt zu erheblichen Vorteilen für early-adopters, also Unternehmen, die frühzeitig auf Internet-Technologie setzen: Während ihre Konkurrenz das lange Tal der Tränen zu Beginn der Entwicklung durchläuft, haben sie dieses schon hinter sich und enteilen in Siebenmeilenstiefeln auf unabsehbare Zeit. Auf dies ist z. B. der große Erfolg von amazon.com, Yahoo oder ebay im amerikanischen Endverbrauchermarkt zurückzuführen. Im europäischen Vergleich erkennt man die deutlich schwächere Entwicklung des deutschen Internets gegenüber der Gesamtentwicklung. Die Zurückhaltung Deutschlands bei der Nutzung des Internets ist nicht nur an der Anzahl der angeschlossenen Computer, sondern auch an den Nutzerzahlen zu erkennen. USA Japan GB Deutschland Kanada Australien Frankreich Taiwan Schweden Niederlande 13 9,2 9 7,5 5 3,5 3 3 3 Island Internet-Nutzer in Mio Finnland Norwegen Schweden USA Australien Kanada Niederlande Dänemark Singapur Nutzer pro tausend Einwohner 234,1 211,5 190,1 178,6 140 88 320,3 305,4 304,1 299,8 283 0 50 100 150 200 250 300 350 0 20 40 60 80 100 Bild 2: Internationale Nutzung des Internets Nutzer in Millionen In absoluten Nutzerzahlen befindet sich Deutschland immerhin praktisch gleichauf mit Großbritannien in der Spitzengruppe. Umgerechnet auf Nutzer pro 1000 Einwohner taucht Deutschland jedoch nicht in den Top ten auf. Skandinavien hat hier vor den USA eine Führung übernommen, die wohl auf die geographische Besonderheit der weitläufigen skandinavischen Länder zurückzuführen ist. 6

Einführung Im Medienvergleich mit dem Radio, dem Fernsehen und Kabelfernsehen beweist das Internet nicht nur die schnellste Wachstumsgeschwindigkeit, sondern wird voraussichtlich auch eine weitaus größere Reichweite erlangen. Anzahl Nutzer Kein anderes Medium hat in so kurzer Zeit weltweit eine so große Reichweite erreicht, wie das internetbasierte WWW! Internet/ Web Radio Fernsehen Kabel 1922 1950 1980 1995 Quelle: IBM Bild 3 : Reichweite im Zeitablauf Dieser Reichweiteneffekt mag zunächst verblüffen, ist aber insbesondere auf asiatische Bestrebungen zurückzuführen, die Versorgung der Bevölkerung mit einem Netzzugang als politisch gewolltes, weil wirtschaftlich notwendiges Unterfangen zur Entwicklung einer wettbewerbsfähigen Volkswirtschaft zu betrachten, im Gegensatz zum Fernsehen, das als Luxus entweder indifferent oder gar abwertend beurteilt wird. Bedenkt man die Konsequenzen, die Radio und Fernsehen für die Meinungsbildung, das Freizeitverhalten und schließlich für die Wirtschaft entwickelt haben, ist die Bedeutung des Internets, das neben dem Haushalt ja auch den Arbeitsplatz erreicht, noch gar nicht abschätzbar. In Deutschlands Industrie gibt es laut Marktforscher TechConsult rund 704.000 Arbeitsplätze mit Internet-Anschluß. 26,1 Prozent davon werden bis Ende 1999 mit Marktführer T-Online ans Internet angeschlossen sein, 18,8 mit CompuServe. 7

Einführung 250 - in Tausend - 200 150 1999 2000 100 50 0 T-Online Compu-Serve AOL Eiqener Webserver WM Global Network Sonstige Bild 4: Industrie DV-Plätze mit Internetanschluß Einen eigenen Webserver nutzt lediglich ein Prozent der deutschen Industrieunternehmen, die Tendenz ist jedoch steigend. Während T-Online seinen Marktanteil dank der vielen kleinen und mittelständischen Industriebetriebe noch ausbauen wird, geht der von CompuServe langsam zurück. Denn Hauptgeschäft der neuen AOL-Kunden sind in dem Segment vor allem die großen Industriekunden, deren Bedarf an neuen PC-Plätzen mit Internetanschluß mehr und mehr gedeckt sein dürfte. Versuche, die Marktentwicklungen im E-Commerce zu prognostizieren, müssen schwerfallen, da weder historisches Vergleichsmaterial noch die technologischen Möglichkeiten der Zukunft klar vor uns liegen. Schätzungen von Jupiter Communications in den USA führen vor Augen, daß neben dem vielfach beachteten Wachstum im Bereich des Handels mit dem Konsumenten Business-to-Customer (b-to-c), insbesondere im Business-to-Business (b-to-b) Bereich, also im Handel von Unternehmen untereinander, ein ungeheures Marktpotential liegt. Nicht ganz unschuldig an der Electronic Commerce Hype ist sicherlich auch Forrester Research. Auch Meldungen aus diesem Cambridge-Institut vom 5. November 99 sprechen erneut davon, daß Electronic Commerce... kurz vor einer breiten, globalen Akzeptanz steht. Obwohl nie so genau klar wird, was nun eigentlich dahintersteckt, prophezeit Forrester für das Jahr 2003 exakt Umsätze in Höhe von 3,2 Billionen US$, also etwa 5 Prozent aller weltweiten Verkäufe in der Überschrift. Wenn man etwas näher in den Text einsteigt, wird relativierend eine Bandbreite von 1,4 bis 3,2 Billionen ins Feld geführt. In einem nicht näher bezeichneten Forum gaben 8

Einführung 46 Prozent der befragten Unternehmen an, im nächsten Jahr, laut Geschäftsplan, für über eine Million US$ Waren und Dienstleistungen über das Internet zu verkaufen. 10 Prozent sprachen sogar von über 10 Millionen US$. 3000 2500 b-to-b b-to-c 2000 1500 1000 500 0 1998 2000 2002 2004 Quelle: Jupiter Communications Bild 5: Marktprognosen des E-Commerce Unabhängig von der genauen Quantifizierung des Potentials sind sich die Forscher einig, dass ein enormes Wachstum mit einer Verlagerung bisheriger Marktaktivitäten in den elektronischen Handel zu verzeichnen sein wird. 1.2 Begriffsbestimmung E-Commerce Für eine Einschätzung der oben genannten Prognosen ist es unumgänglich, die Definition des Electronic Commerce einmal genauer zu betrachten. Obwohl das Wort E-Commerce vielerorts und häufig genutzt wird, stellt sich erst bei genauer Betrachtung die Vielschichtigkeit und der Facettenreichtum dieses Begriffes heraus. Die Vergleichbarkeit der Aussagen hinsichtlich des E-Commerce leidet dementsprechend. Die im folgenden formulierte und verwendete Definition des E-Commerce ist breit angelegt. Sie lautet: Electronic Commerce bezeichnet die ökonomische Nutzung von Neuen Medien zum Zwecke des Handels mit Gütern und Dienstleistungen, wobei die zur Abwicklung von 9

Einführung Geschäftsprozessen notwendigen Informationsprozesse aller Art durch Neue Medien unterstützt oder ersetzt werden. Dabei geht es sowohl um Prozesse innerhalb und zwischen Unternehmen als auch um Prozesse mit dem Endverbraucher. Die Neuen Medien lassen sich wiederum in Online- und Offline-Medien unterteilen. Bei den Online-Medien unterscheidet man weiter die Dienste des Internet (insbesondere das WWW) und die kommerziellen Online-Dienste wie T-Online, AOL oder CompuServe. Bei den Offline-Medien ist seit vielen Jahren die CD-Rom bekannt, die CD-Interactive hatte nur ein kurzes Intermezzo, und zukünftig wird sich die DVD zunehmend als Datenträger für Multimedia-Daten und interaktive Anwendungen durchsetzen. Diese Definition verdeutlicht zum einen, daß von Electronic Commerce nicht nur der Handel mit Waren, also der Handel im engeren Sinne, betroffen ist, sondern auch viele Bereiche des Dienstleistungssektors. Handel, Banken, Versicherungen, Reiseveranstalter und Flugunternehmen das Gesicht dieser Branchen zumindest wird sich nachhaltig verändern. Das ganze Ausmaß der Veränderung ist für die einzelnen Sektoren noch kaum abzuschätzen. Es ist schwer zu quantifizieren, in welchem Umfang eine Branche vom Electronic Commerce heute tangiert wird oder morgen beeinflußt werden wird. Aus der Breite der Anwendungen resultieren die Unterbegriffe zum Electronic Commerce wie Electronic Banking, Electronic Travelling, Electronic Retailing oder Electronic Insuring. Selbstverständlich ist eine Ausdehnung dieser Begriffssystematik auch auf weitere Branchen denkbar. Für alle Branchen gilt, daß der Wettbewerbsdruck den Unternehmen gar keine andere Wahl lassen wird, als bei der Gestaltung von Informationsprozessen die effizientesten Wege zu gehen. Wenn Du ein Atom verleihst, ist es weg. Wenn Du ein Bit verleihst, hast du immer noch eins übrig mit dieser Aussage beschreibt Negroponte treffend den Kostenaspekt in bezug auf die Multiplikation von Informationen. Außerdem werden durch den Transport von Bits gänzlich neue Arbeitsprozesse möglich. Es dürfte wohl keine überraschende Feststellung sein, dass in Bereichen, in denen Prozesse durch Investitionen in Technik rationalisierbar oder eliminierbar sind, sukzessive eine Substitution von menschlicher Arbeit zugunsten von Sachinvestitionen kommen wird. Sukzessive deshalb, weil häufig die Unkenntnis von Vorständen oder der Einfluß der Gewerkschaften die Entwicklungen behindern können. Mittelfristig werden jedoch ökonomische Gesetzmäßigkeiten ihren Tribut fordern. Insbesondere im Handel hat in den vergangenen Jahren die Kommunikation des Handels mit dem Kunden zu Hause ( Outstore-Kommunikation ) für Furore gesorgt. Online-Shopping wurde in der Presse und in der Praxis häufig mit Electronic Commerce gleichgesetzt und führte zu völlig überzogenen Erwartungen. Wäre man in Deutschland bei Termini wie Versandhandel, Distanzkauf oder auch Fernabsatz geblieben, hätte manche Einschätzung sicherlich etwas realistischer ausfallen können. 10

Einführung E L E C T R O N I C C O M M E R C E Electronic Banking Electronic Travelling Electronic Retailing Electronic Insuring Electronic... b-to-b b-to-c b-to-b b-to-c b-to-b b-to-c b-to-b b-to-c b-to-b b-to-c Handel/ Industrie Handel/ Handel Instore Outstore Extranet Intranet MM-Kioske Internet-Cafes IWS CD-ROM Online-Dienste Internet (WWW) Info-Management Kundendaten Produktinformation Transfer Scanner-Daten Unternehmenswissen... Inhalte Produktinfos Werbung Unternehmensinfos Store-Locator Communities Online-Shoppping... Ziele des Handels Verkaufsunterstützung Direkter Verkauf Verkaufsförderung Kundenbindung Gewinnung von Neukunden... Quelle:First Online-Shopping Bild 6: Systematik des E-Commerce Eine besondere Rolle spielte Mitte der 90er Jahre das WWW als multimedialer Teil des Internet. In der Anfangszeit als Medium in seiner Bedeutung für das Online-Shopping maßlos überschätzt, wurde es in der Zwischenzeit häufig zur Investitionsruine erklärt. Daraus resultierte, daß es heute teilweise wiederum unterschätzt wird. Ein wichtiger Grund hierfür liegt also darin, daß die bisher unkritisch gepriesenen Vorteile wie Interaktivität, Aktualität, grenzenlose Verfügbarkeit der Information und bessere Möglichkeiten der Warenpräsentation mit direkter Bestelloption im heute sogenannten Business-to-Customer-Bereich noch nicht zu den vor einigen Jahren prophezeiten umwälzenden Erfolgen, gemessen an Umsatzzahlen, in allen Sortimentsbereichen geführt haben. Kommunikation mit dem Kunden über Neue Medien findet aber nicht nur zu Hause, sondern auch in den Filialen (Instore) statt. Hier dienen sogenannte POI- oder POS- Terminals (häufig auch Multimedia-Kioske oder Kiosk-Systeme genannt) heute in erster Linie dazu, dem Kunden zusätzliche Informationen zu liefern, sie werden auch häufig elektronische Verkaufshilfen genannt. Als Vorreiter auf diesem Gebiet galt Karstadt mit seinem Projekt Music-Master. In den vergangenen zwei Jahren hat sich jedoch der Kaufhof als führend im Einsatz von Neuen Medien im Geschäft gezeigt. Es herrschte lange Zeit Unklarheit darüber, welcher Art die Kiosk-Systeme sein sollten. Die Palette reicht heute von Kundenleitsystemen über virtuelle Hochzeitstische (Geschenkservice), Styling-Beratungssy- 11

Einführung steme mit virtueller Anprobe bis hin zu Bestellservices für Bücher und CDs. Insgesamt sind in der Kaufhof Warenhaus AG bis 1999 28 verschiedene Systeme im Einsatz. Sofern Internettechnologie im Datenaustausch zwischen Unternehmen (Business-to- Business) genutzt wird, kommen die Begriffe des Intranets und des Extranets eine wichtige Bedeutung, denn Sie beschreiben die Möglichkeit, von internen und externen Nutzern auf Daten und Funktionen der beteiligten Unternehmen zuzugreifen. unternehmenseigener Teilnehmer/Nutzer unternehmensfremder, autorisierter Teilnehmer/Nutzer unternehmensfremder, unbekannter Teilnehmer/Nutzer Extranet Internet Intranet Bild 7: Abgrenzung Intra-/Extranet Bild 7 verdeutlicht die enge Beziehung innerhalb der Begriffsgruppe Intra-/Extra-/ Internet. Gemeinsam ist diesen Netzen, daß sie auf einer technologischen Plattform um das TCP/IP Protokoll herum betrieben werden. Ihre Unterschiede liegen in der Nutzergruppe. Es gilt: Intranet: ein auf Internet-Technologie basiertes Netzwerk, das auf eine innerbetriebliche Nutzergruppe beschränkt ist. Extranet: ein auf Internet-Technologie basiertes Netzwerk, das auf eine zwischenbetriebliche Nutzergruppe beschränkt ist. Internet: ein auf Internet-Technologie (Protokollfamilie TCP/IP) basiertes Netzwerk, das in seiner Benutzergruppe grundsätzlich unbeschränkt ist. 12

Einführung Betrachtet man Extranet und Intranetsysteme so lassen sich eine Reihe Anwendungsfelder identifizieren. Das Potential eines Extranets liegt in der einfachen Verbreitung von Informationen. Die häufigste Verwendung von Web-Auftritten ist als Public Relations- oder Marketingaktivität anzusehen. Neben einem Logo und einigen stabilen Informationen zu Unternehmen und Produkt sind bestenfalls noch Gewinnspiele als Inhalte festzustellen. Darüber hinaus kann das Internet aber viele weitere unternehmerische Bereiche abdecken. Ein häufig genannter Zweck des Internets ist der Handel zwischen Geschäftspartnern über multimediale Online-Kataloge. Aber auch Kundenservice ist über das Internet zu leisten, insbesondere eignet es sich dazu, auch Teleworking zu unterstützen, also Mitarbeiter in die Lage zu versetzen, von außerhalb des Unternehmens Kundenanfragen zu bearbeiten. Neben dem Teleworking als neue Chance für die Personalwirtschaft ist auch das Telelearning wie auch die Personalakquise über das Internet zu nennen, wobei sowohl Job-Börsen als auch Angebote auf der Web-Site Erfolg versprechen. Public Relations Imagepflege Öffentlichkeitsarbeit Pressemitteilungen Marketing Werbung Marktforschung/ -beobachtung Verkauf multimedialer Online-Katalog Online-Bestellung Unterstützung des Außendienstes Kundenservice Pre- und After-Sales Service Teleworking Support-Hotline Potential Personal Personalbeschaffung Telearbeit Weiterbildung Interne Kommunikation WebSite als Info-System Projektkoordination Austausch von Expertenwissen Beschaffung/Produktion Infoaustausch mit Lieferanten Suche nach Kooperationspartner Ausschreibungen Entwicklung Wissensbasis Medium für Wissenstransfer in internationaler F&E Bild 8: Möglichkeiten des Extranets Die Nutzung des Internets innerhalb des Unternehmens als Intranet und/oder als Extranet, im Rahmen der Produktion und Distribution mit anderen Unternehmen, nimmt in dieser Studie einen großen Raum ein. Es werden die verschiedenen Optionen vorgestellt, die ein Unternehmen hat und Empfehlungen aus den Fallstudien entwickelt. 13

Einführung 1.3 E-Commerce in deutschen Firmen Die technischen Grundlagen sind gelegt, das Internet hat ein bemerkenswertes Wachstum in den letzten Jahren erfahren. Doch wie sieht es um die Nutzung der durch Intra- und Extranet erschließbaren Potentiale aus? Prozent der befragten Unternehmen 40 40 35 30 25 22 25 20 17 15 10 5 0 Deutschland Niederlande Frankreich Großbritannien Quelle: CMG, Internet Magazin 10/99 und Internet Professionell 10/99 Bild 9 : Wie viele Firmen befassen sich mit E-Commerce? Der Internet-Einsatz - im Sinne einer eigenen Web-Site - gilt zur Zeit noch nicht als Wegbereiter des E-Commerce. Immerhin 35 Prozent der, im Rahmen einer von TechConsult durchgeführten Erhebung, Befragten haben bereits eine eigene Web- Site, sehen jedoch noch nicht den Schritt zum E-Commerce-Business. Mit steigender Mitarbeiteranzahl ist über alle Segmente hinweg ein deutlich höherer Anteil des Elektronischen Geschäfts festzustellen. Sind in der Größenklasse 10 49 Mitarbeiter gerade 9 Prozent der Befragten im Bereich E-Business aktiv, so betreibt bereits ein Fünftel der größeren Mittelstandsunternehmen (100 bis 499 MA) das Elektronische Geschäft. Weitere Ergebnisse finden sich heute unter http:// www.techconsult.de/deutsch_index/it-trends/it-trends.html. Aufschreckende Ergebnisse für Online-Marketingstrategen hat eine Studie von CMG Deutschland ergeben: Nicht weniger als 61 Prozent der deutschen Unternehmen besitzen immer noch keine Strategie, und 42 Prozent erwarten in den nächsten 12 Monaten auch keine 14

Einführung wesentlichen Umsätze beim E-Commerce. 62 Prozent gehen davon aus, in den kommenden fünf Jahren nicht mehr als ein Viertel ihres Umsatzes auf elektronischem Wege zu erzielen, und 35 Prozent, daß sie das nie schaffen werden. Außerdem befassen sich in Deutschland derzeit nur 17 Prozent der Unternehmen überhaupt mit elektronischem Handel. In den Niederlanden sind es dagegen 22, in Frankreich 25 und in Großbritannien sogar 40 Prozent. Deutschland hinkt also wieder mal hinterher. Wenig Begeisterung haben die meisten Firmen in Europa für das Web übrig. Der eigene Auftritt wird oft schlecht gepflegt, elektronischer Handel scheint beinahe unerwünscht. Ganze 37 Prozent der befragten Manager bezeichneten das Web als wichtig oder sehr wichtig für die Unternehmensstrategie, in den USA waren es 58 Prozent. Mehr als zwei Drittel der Europäer sagten, das Internet sei kaum oder garnicht relevant für ihr Geschäft. 35 Einschätzung von befragten Managern in % 30 25 20 15 10 5 0 Sehr wichtig Überhaupt nicht Quelle: The Yankee Group, Computerwoche 38/99 Bild 10: Wichtigkeit des Web für die Strategie Wohlgemerkt: Alle hatten bereits Erfahrungen mit einer Online-Präsenz. Ein Drittel verfügt seit mehr als zwei Jahren über eine eigene Website, 30 Prozent immerhin seit ein bis zwei Jahren. Die meisten Unternehmen nutzen das Internet in erster Linie als Marketing-Instrument, zur Markenbildung oder um Informationen über Kunden zu sammeln. Kostensenkungen oder eine Ausweitung des Kerngeschäfts landeten abgeschlagen auf den hinteren Plätzen der Bewertungsskala. 15

Einführung Analysiert man, wie die organisatorische Verankerung von Web-Projekten in den Firmen gestaltet ist, entdeckt man eine starke Betonung von a) Marketing oder Vertrieb, b) Informationstechnik oder Abteilung Neue Medien und c) Geschäftsentwicklung Die hohe Nennung von Marketing ist darauf zurückzuführen, daß zunächst und in vielen Fällen immer noch das Internet als ein weiterer Werbekanal verstanden wurde und dementsprechend im Unternehmen verankert wurde. Dies belegt auch die wichtige Rolle, die Werbeagenturen als externe Unterstützung für Unternehmen bei der Entwicklung des Internet-Auftritts spielen. Die gute Plazierung von Informationstechnik-lastigen Abteilungen ist wiederum auf das Verständnis des Internets als eine technologische Entwicklung zu verstehen. Hier besteht natürlich die Problematik des Verständnisses von Informationstechnikern hinsichtlich der Etablierung erfolgreicher Geschäftsmodelle. Marketing Geschäftsentwicklung Informationstechnik Vertrieb Abt. Neue Medien Customer Support F&E Personalabt Finanzen Einkauf 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 Quelle: The Yankee Group, Computerwoche 38/99 Bild 11: Wer bestimmt die Internetstrategie? Ein solches Verständnis ist sicher eher von einer Abteilung Geschäftsentwicklung zu verstehen. Jene Firmen, die eine solche Verankerung der Verantwortung für den Netzauftritt wählten, waren sicher gut beraten. Hier besteht dennoch eine substantielle Gefahr. Aufgrund der Zielsetzung, neues Geschäft zu generieren, kann es zu internen Spannungen kommen, wenn ein Abwandern bestehender Geschäfte zum Internet festgestellt wird. 16

Einführung 1.4 Zusammenfassung Das Internet als Medium weist eine bis dato unbekannt hohe Durchdringungsgeschwindigkeit auf. Dies ist in hohem Maße auf das exponentielle Wachstum (die sogenannten Internet-Kurven) bei der Anzahl angeschlossener Computer und Nutzer zurückzuführen. Das Wachstum des Internets wird durch neue Zugangsformen wie Web-TV und tragbare Informationsgeräte (z. B. Handy und Palmtop) weiterhin hoch sein. Gerade Bemühungen im asiatischen Wirtschaftsraum, das Internet wirtschaftlich zu nutzen, sind aus zweierlei Blickwinkel zu berücksichtigen: Zum einen bieten sich hier gute Möglichkeiten für deutsche Unternehmen zu Kooperationen, die über das Netz koordiniert werden, zum anderen erwächst hier aber auch eine Konkurrenz auf dem Weltmarkt, die ihre Leistungen via Internet weltweit vermarktet. E-Commerce als Handel mit Unterstützung Neuer Medien - allen voran das Internet - wird in Form von Intra- und Extranet-Lösungen erheblichen Einfluß auf die Ausgestaltung von Prozessen innerhalb der Supply-Chain haben. Das Thema der Supply- Chain ist in den letzten Jahren vielfach unter der Überschrift Efficient Consumer Response (ECR) geführt worden. Während es damals jedoch vielfach nur für Großunternehmen ein Thema war, erlaubt das Internet aufgrund geringer Einstiegsbarrieren nunmehr auch KMU analoge Lösungen. Deutschlands Wirtschaft weist einen Nachholbedarf auf, der eigentlich nicht dem technologischen Anspruch Deutschlands entspricht und der angesichts der beobachteten Internet-Kurven ein erheblicher Wettbewerbsnachteil sein kann. Sowohl strukturell bedingte Ursachen (ein erst spät deregulierter Telekommunikationsmarkt) als auch kulturelle Gründe (Sicherheitsbedenken) können hier genannt werden. Noch sind die Web-Projekte marketing-, vertriebs- oder technologieorientiert und in ihrem Charakter wenig strategisch ausgerichtet. Die Tragweite des Mediums Internet und die Auswirkungen auf das gesamte Unternehmen, die Branche und die Volkswirtschaft werden nur wenig berücksichtigt. 17

Zehn Fallstudien 2 Zehn Fallstudien In diesem Hauptteil der Studie werden zehn Fallstudien vorgestellt. Die in diesen Fallstudien behandelten Lösungen basieren jeweils auf Internet-Technologie. Sie nutzen diese Technologie, um die Informationslogistik zu verbessern, entweder indem sie die bestehenden Informationsflüsse beschleunigen oder kostengünstiger gestalten, oder indem sie neue Informationsflüsse initiieren. Es wurden folgende Fallbeispiele ausgewählt: Nr. Name Kurzbeschreibung 1 EDI Light/Metro eine auf Großunternehmen ausgerichtete technologische Lösung wird durch Internet-Technologie auf für KMU erschlossen 2 Wal-Mart Einzelhändler erlaubt Lieferanten Zugriff auf eigenes Data Warehouse, um Warenstrom und Marketing zu optimieren 3 ElectronicPartner Mitglieder einer Verbundgruppe erhalten durch multimedial gestützte Informationssysteme stark verbesserte Produktinformationen 4 Nordwest Großhändler stellt Datenbank und Shopsystem seinen Kunden zur Verfügung, damit diese ihren Internet- Auftritt gestalten können 5 EuroHandelsinstitut Institut aktualisiert und beschleunigt den Informationsfluß bei gleichzeitiger Reduktion der Kosten 6 Fruchtnetz Newcomer, der durch ein offenes System den Spotmarkt im Obst- & Gemüsebereich transparenter und damit effizienter regeln will. 7 PBSNet Horizontale Kooperation von Lieferanten, um Fachhandel ein Produktinformations- und Ordersystem für Papier, Büro- und Schreibwarensortimente anzubieten 8 MODA Kooperation von Handel und Herstellern, um ein Ordersystem zu etablieren, das den Einkauf modischer Textilen effizienter gestaltet 9 Computer2000 ursprünglich als Ordersystem entwickelte Lösung für Computerfachhändler, die zunehmend warenwirtschaftliche Funktionen übernimmt 10 Nolte/Furninet Produktinformationssystem der Möbelindustrie, das Fachhändlern das Angebot maßgeschneiderte Lösungen für Endkunden gestattet 18

Zehn Fallstudien Metro/EDI Light Die folgenden Beschreibungen der Fallbeispiele basieren auf zur Verfügung gestellten Informationen der betreffenden Unternehmen und Interviews mit den jeweils angegebenen Gesprächspartnern. Inhaltlich werden in den Fallstudien folgende Komplexe bearbeitet: Kooperationsprofil Entstehungsgeschichte und Initiatoren Ziele und Inhalte Organisation Umsetzung und Ergebnisse Fazit und Beurteilungen Handlungsempfehlungen Die jeweiligen Handlungsempfehlungen werden in Teil 3 dieser Studie zusammengefaßt und eine Ableitung allgemeiner Handlungsempfehlungen wird im Strukturmuster E- Commerce Haus vorgestellt. 2.1 Metro/EDI Light Die im folgenden vorgestellte Fallstudie stellt einen Ansatz vor, der durch den Einsatz von Internet-Technologie kleine und mittelständische Unternehmen in die Lage versetzt, auf elektronische Art mit einem Großunternehmen zu kommunizieren. Damit werden kleine und mittlere Unternehmen aus der Sicht des großen Partners interessant, da dieser dieselben Rationalisierungseffekte realisieren kann, die er vormals nur in der Kommunikation mit anderen großen Unternehmen vorfand. Das Potential des Internets, das hier als Gleichmacher wirkt, bietet KMU eine große Chance. METRO-EDI Center ist eine Internet-basierte Anwendung der Metro-Gruppe, mit deren Hilfe der elektronische Datenaustausch vorangetrieben werden soll. Unter elektronischem Datenaustausch wird allgemein der standardisierte Austausch von Geschäftsnachrichten, wie bspw. Bestellungen (ORDERS), Lieferavis (DESADV), Rechnungen (INVOIC) etc., im international gültigen EANCOM-Format verstanden. Auf diese Weise wird auf beiden Handelspartnerseiten der Geschäftsprozeß beschleunigt, effizienter gestaltet und um potentielle Fehlerquellen bereinigt. METRO-EDI ist als Werkzeug zu verstehen, das auch kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) den Einstieg in den elektronischen Datenaustausch mit der Metro-Gruppe vereinfacht. Für die Teilnehmer an METRO-EDI bedeutet das, daß sie 19

Metro/EDI Light Zehn Fallstudien zunächst weder in ein eigenes EDI-System (Geld und Know-how) investieren müssen noch einen EDI-Provider oder Software-Dienstleister einbinden müssen. Diese Fallstudie ist insbesondere aufgrund der vorgestellten Anbindung von KMU an Großunternehmen und der Verlagerung von Service-Leistungen ins Internet interessant. EDI als standardisierter Austausch strukturierter Daten hat eine mittlerweile 25jährige Geschichte, die in Deutschland mit dem Standard SEDAS zum Austausch von Rechnungsdaten begann. Besonders durch die seit Beginn der 90er Jahre geführte Diskussion im Rahmen der Efficient-Consumer-Response-Bewegung gelang es vielfach recht erfolgreich, EDI in der Versorgungskette zwischen Großunternehmen einzuführen. Eine nur geringe Durchdringungstiefe erreichte der elektronische Datenaustausch, wenn kleine und mittelständische Unternehmen im Spiel waren. Notwendige Investitionen rechneten sich nicht bei geringen Datenvolumina, und mangelnde Know-how-Defizite taten ihr übriges, EDI aus Sicht der Kleinunternehmen nicht zu unterstützen. Weil jedoch die Anzahl der Internet-Anschlüsse auch im Geschäftsbereich relativ hoch, das Internet über Standard-Software und zahlreiche Internet-Anbieter einfach zugänglich und ein kostengünstiges Transportmedium ist, schien es als Lösung der EDI-Problematik geeignet. Durch die Nutzung des Internets als offenes, preisgünstiges Medium sollte also KMU die Möglichkeit gegeben werden, EDI zu betreiben, damit beteiligte Großunternehmen die Vorteile aus dem bruchlosen Informationsfluß ziehen konnten. Die Idee, KMU die Daten über Web-Browser oder einfache ASCII Dateien über das Internet einspielen zu lassen, war geboren. In METRO-EDI sind bereits heute die Geschäftsnachrichten Bestellung (ORDERS) und Rechnung (INVOIC) implementiert. Sukzessive soll der Geschäftsprozeß aber vervollständigt werden. So ist in der zweiten Phase der Nachrichtentyp Lieferavis (DESADV) geplant. Weitere Nachrichtentypen, wie bspw. die Artikel-/Preisdaten (PRICAT), werden folgen. Um die EDI-Aktivitäten innerhalb der Metro-Gruppe zu forcieren, bietet die METRO AG den Einstieg in die EDI-Abwicklung in angepaßter Vorgehensweise den Lieferanten an: als Klassisches EDI, also gegenüber Lieferanten, die über ein eigenes EDI- System verfügen oder mit einem EDI-Dienstleister zusammenarbeiten oder als Internet-EDI, was für den Lieferanten bedeutet, dass er Belege manuell erfaßt bzw. über eine vordefinierte ASCII-Schnittstelle an die METRO liefert Die Übertragung einer Rechnung im klassischen EDI-Prozess wird über zwei Converter realisiert. Eine in der Datenbank des Lieferanten gespeicherte Rechnung hat gewöhnlich eine auf den Lieferanten maßgeschneiderte Form, was sich auch in der Datenstruktur und der genutzten Datenbank niederschlägt. Aufgabe eines Konverters ist nun die Überführung dieses speziellen Inhouse-Formates in eine neutrale, eben standardisierte EDI-Nachricht. 20

Zehn Fallstudien Metro/EDI Light Diese Nachricht wird dann zumeist über einen VAN (Value added Network)-Dienst übermittelt. Im Normalfall erhebt dieser VAN-Dienst eine monatliche Grundgebühr und nutzungsabhängige Entgelte. Auch auf Empfängerseite ist ein Converter notwendig, der die EDI-Nachricht nunmehr wieder in das spezielle Inhouse-Format des Warenwirtschaftssystems des Händlers überführt. Dieser Prozeß ist, insbesondere durch die Notwendigkeit der Installation zweier Converter und der Nutzung von eigenen Telekommunikationssystemen, von kleinen und mittelständischen Unternehmen selten eingeführt worden. DV-System des Lieferanten Daten im Inhouse-System des Lieferanten Converter Datenübermittlung Daten im Inhouse-System des Händlers Converter DV-System des Händlers Bild 12: Klassischer EDI-Prozeß Der nunmehr als EDI-Light bezeichnete Prozeß wird von der METRO in zwei alternativen Ausprägungen unterstützt: Alternative A: KMU mit DV-System, das Geschäftsnachrichten erzeugen und verarbeiten kann METRO-EDI bietet in diesem Falle die Möglichkeit, die von den Metro-Vertriebslinien bereitgestellten Bestelldaten als ASCII-Datei in einem bestimmten Format in das System des Lieferanten zu importieren. Die für METRO bestimmten Nachrichten wie bspw. Rechnungen können von Lieferanten an METRO-EDI exportiert werden. Die Nachrichten müssen zuvor in einer einheitlichen Form aufbereitet werden. Eine detaillierte Schnittstellenbeschreibung zu den einzelnen Nachrichten wird von der METRO gestellt. Nachdem auf diese Weise die Daten in METRO-EDI exportiert wurden, können die in METRO-EDI bereitgestellten Rechnungen angesehen und über die Rechnungsmaske auf etwaige Unstimmigkeiten überprüft werden. Sind die 21

Metro/EDI Light Zehn Fallstudien übertragenen Daten für korrekt befunden, müssen sie für die automatische Aufbereitung als EANCOM-Nachricht freigegeben und versendet werden. Die für die MGR erforderliche Sammelabrechnung wird von METRO-EDI automatisch erzeugt. Sie muss ausgedruckt und zur MGR gefaxt werden. DV-System des Lieferanten Daten im Inhouse-System des Lieferanten Internet- Übermittlung einer ASCII-Datei Internet-Dienst Converter Daten im Inhouse-System des Lieferanten Bild 13: Prozess mit EDI-Light - Alternative A DV-System des Händlers In den nächsten Phasen werden über METRO-EDI weitere Belegarten, wie bspw. Lieferavise, angeboten werden. Auch für diese Nachrichten ist ein Datentransfer zwischen dem METRO-EDI-Server und dem Rechner des Lieferanten vorgesehen. Alternative B: KMU ohne große DV-Struktur METRO-EDI bietet dem Lieferanten die Möglichkeit, die bereitgestellten Bestellungen anzusehen und auszudrucken. Rechnungen können in Rechnungsmasken direkt über das Internet in der METRO-EDI-Umgebung benutzergeführt erfaßt oder aus Bestellungen generiert werden. Dabei unterstützen Feldbeschreibungen und Plausibilitätsprüfungen durch METRO-EDI die manuelle Eingabe. Nachdem die Rechnungen vollständig erfaßt sind, müssen sie für die automatische Aufbereitung als EANCOM-Nachricht (INVOIC) freigegeben und versendet werden. Dabei wird auch die für die MGR erforderliche Sammelabrechnung von METRO-EDI erzeugt. Diese muß für die MGR ausgedruckt und gefaxt werden. Die Vorteile dieses Systems sind die Ausschöpfung von Rationalisierungspotentialen durch die Vermeidung von Medienbrüchen, die Reduzierung administrativer Aufwände und die Vermeidung der allgegenwärtigen Papierflut. Ferner werden Geschäftsprozesse beschleunigt, weil Postlaufzeiten vermieden und Zweiterfassungen umgangen werden. 22

Zehn Fallstudien Metro/EDI Light Schließlich bietet sich ein kostengünstiger Einstieg in die EDI-Welt mit reduzierten Einstiegskosten, keiner Notwendigkeit zum Aufbau speziellen Know-hows. Abschließend ist das Internet als bedienungsfreundliches Transportmedium einer manchmal kryptisch anmutenden EDI-Welt vorzuziehen. Die technischen Voraussetzungen auf seiten des Lieferanten sind dabei auf Software-Seite Betriebssystem: Windows 3.1 oder höher Standardinternetbrowser: ab Netscape 3.x und MS Explorer 4.x Internet-Zugang: über Aol, T-Online Adobe Acrobat 3.0 oder höher und auf der Hardware-Seite Standard PC ab Intel 486 DX 33 Mhz Hauptspeicher: 12 MB Festplattenspeicher: 25-74 MB Bildschirmauflösung: 800 x 600 Pixel, 256 Farben ISDN-Karte (empfohlen) oder 33.6 K-Modem Um den Einsatz selbst dieser technisch einfachen Lösung zu unterstützen und voranzubringen, wurde eine entsprechende Support-Abteilung innerhalb der METRO Gruppe geformt, die aktiv auf potentielle EDI-Light-Partner zugeht. Dazu werden vielfältige didaktische Mittel eingesetzt wie Handbücher, Videos und natürlich eine eigene Web-Präsenz. Dieses Fallbeispiel dokumentiert eindrucksvoll, wie das Internet eine technische Entwicklung darstellt, die eigentlich recht neue, aber an Großrechnersystemen orientierte Geschäftsprozesse vereinfachen und so für eine größere Anzahl von Firmen wirtschaftlich nutzbar machen kann. Dabei spielt auch die Bereitschaft des größeren Partners eine Rolle, sich mit den Problemen des kleineren auseinander zu setzen und die Technik so intelligent einzusetzen, daß für beide Seiten Vorteile entstehen. Die Verlagerung von Diensten ins Netz, also die Auslösung aus der betrieblichen DV-Umgebung, die hier anhand der automatischen Rechnungsgenerierung oder der Konvertierung in EDI-Nachrichten vorgestellt wurde, ist ein weiterer spannender Ansatz. Durch derart netzzentrierte Dienste können verschiedene Teilnehmer ein System nutzen, wobei nur einmal eine Entwicklung bzw. Installation und Pflege mit den damit verbundenen Kosten anfällt. Hinsichtlich dieser Nutzen hat die METRO jedoch erkannt, daß ein Vorpreschen in dieser Frage, ohne Berücksichtigung anderer Händler, nachteilig wirken könnte. Entwickelte nämlich jeder große Lebensmittelhändler seine eigene Lösung, ständen 23

Metro/EDI Light Zehn Fallstudien dem Lieferanten nunmehr parallele Systeme gegenüber, die er alle bedienen müßte. Diesen Aufwand durch nicht abgestimmte Systeme gilt es zu vermeiden und zumindest zu einer Branchenlösung zu kommen. Aus diesem Projekt lassen sich Handlungsempfehlungen ableiten, die den Einsatz des Internets in der zwischenbetrieblichen Kommunikation betreffen. Bei prinzipiell formalisierbaren Inhalten empfiehlt sich eine genaue Prüfung der Möglichkeit der Elektronisierung der Kommunikation. Dabei kann der Geschäftspartner, der von einer Elektronisierung besonders profitieren würde, eine Internet- Präsenz schaffen, die durch eine als Formular gestaltete Eingabemaske den Nutzer zur Eingabe der Informationen auffordert. Eine technische Lösung wird jedoch erst dann akzeptiert werden, wenn a) die Geschäftspartner an die neuen Möglichkeiten aktiv herangeführt werden und b) ein interaktiver Charakter des Internet-Angebotes dem Nutzer in Realzeit durch Antworten auf die Eingaben ein Feedback gibt. Auch in horizontaler Ausprägung sind kooperative Strukturen zu entwickeln, die zu Standardisierungsvorteilen innerhalb des Gesamtsystems führen. 24

Zehn Fallstudien Wal-Mart 2.2 Wal-Mart In dieser Fallstudie wird ein Ansatz vorgestellt, in dem ein Händler seinen Lieferanten den Zugriff auf interne Datenbanken gestattet. Dies unterscheidet sich insofern, von etwaigen EDI-Ansätzen wie z.b. EDI Light der METRO, als daß Daten nicht übertragen und an zwei Orten vorgehalten werden, sondern es bei einer zentralen Datenhaltung beim Händler bleibt. Die Firma Wal-Mart ist zur Zeit das erfolgreichste Handelsunternehmen weltweit und zählt, was die Verwendung von modernen Technologien betrifft, zu den progressivsten Vertretern seiner Branche. Mit dem Begriff Retail Link bezeichnet Wal-Mart ein Projekt, bei dem für Lieferanten des Unternehmens die Möglichkeit besteht, Daten verschiedenster Art, die von Wal- Mart in den eigenen Filialen erfaßt wurden, per Internet vom Data Warehouse bei Wal-Mart abzurufen. Die Zusammenarbeit in bezug auf Retail Link ist nicht auf bestimmte Lieferanten beschränkt. Der Zugriff auf die Daten wird jedem interessierten Zulieferer kostenlos angeboten. Zur Zeit greifen weltweit mehr als 7.000 Lieferanten auf das Data Warehouse zu. In Deutschland ist dieses System gerade im Aufbau begriffen, da Wal-Mart erst seit kurzer Zeit in Deutschland aktiv ist. Alle Märkte von Wal-Mart sind in Deutschland mittlerweile an Retail Link angeschlossen und 36 Lieferanten haben zum Stand September 99 einen Nutzungsvertrag unterschrieben. Procter & Gamble wird aufgrund positiver Erfahrungen in den USA als erster Lieferant ab Januar 2000 mit Retail Link starten. 1978 EDI-Anfangsphase 1987 Standardversion EDI 1988 Retail-Link-Konzept 1991 Decision Support 1995 SAM'S Decision Support Retail Link Kanada Retail Link Mexiko 1996 Retail Link Argentinien Retail Link Brasilien Retail Link China 1997 Retail Link Internet 1998 Neue Retail Link Website 1999 Retail Link Deutschland Bild 14: Retail Link - Entstehungsgeschichte 25

Wal-Mart Zehn Fallstudien 1988 entwickelte Wal-Mart die Idee, die Partnerschaft mit seinen Lieferanten auszubauen. Diese sollte aus Sicht des Unternehmens auf gegenseitigem Vertrauen, Informationsaustausch und dem gemeinsamen Ziel basieren, dem Endverbraucher die bestmögliche Dienstleistung anzubieten. Dies war der Ausgangspunkt von Retail Link. Das System hat seit seiner Erfindung und Einführung zahlreiche Entwicklungsphasen durchlaufen: Seit 1987 hatte Wal-Mart parallel dazu mit dem Aufbau eines zentralen Informationssystems (Data Warehouse) begonnen, um möglichst umfassende Daten und Informationen ständig bereithalten zu können. Die Investitionen in die Technologie sollen nach Expertenschätzungen seitdem ca. vier Milliarden US-Dollar betragen haben. Beim Data Warehouse von Wal-Mart soll es sich Gerüchten zufolge um den zweitgrößten Datenspeicher der Welt handeln (der größte steht im Pentagon). Am 18.08.99 gab die Firma NCR, auf deren Teradata Datenbank das System basiert, bekannt, daß Wal-Mart alleine im Jahr 1998 sein Data Warehouse von 44 auf 101 Terabytes mehr als verdoppelt hat. Ein Terabyte entspricht dabei der Informationsmenge von 250 Millionen Textseiten. Wal-Marts Philosophie lautet, seinen Kunden die gewünschte Ware zu der Qualität und dem (möglichst niedrigen) Preis zu bieten, den sie erwarten. Um dies zu erreichen, müssen die Lieferanten von Wal-Mart nicht nur ihre Produkte genau kennen, sondern sollten auch über grundlegende Kenntnisse darüber verfügen, wie sich diese Produkte am besten verkaufen lassen. Retail Link gewährt ihnen den direkten Zugriff auf die Informationen im Data Warehouse über einen gesicherten Internet-Website-Zugang. Mit Retail Link können die Lieferanten genaue Vorhersagen treffen, Verkaufsdaten der Vergangenheit analysieren, Produktionspläne erstellen, den Absatz bzw. Umsatz neuer Produkte verfolgen, Bestände verringern und schließlich aktiver mitentscheiden, wie sich ihre Produkte in jeder Filiale von Wal-Mart am besten verkaufen lassen. Retail Link gewährt Wal-Mart und seinen Lieferanten Zugang zu den gleichen Daten, damit geschäftliche Entscheidungen auf der Basis besserer Informationen getroffen werden können. Die Informationen können auf einer hohen Verdichtungsstufe oder auf Artikel- und Filialbasis zur detaillierten Analyse bereitgestellt werden. Nach Informationen von Wal-Mart umfaßt Retail Link folgende Anwendungen: 1) Als System für Entscheidungshilfen hinsichtlich Umsatz Spanne ROI Preissenkungen Lagerbestand 26

Zehn Fallstudien Wal-Mart Bestandslücken Prognosen Rentabilität Effizienz des eingesetzten Kapitals Lieferantenbewertung 2) Zur Erstellung und Pflege von Artikeldaten Pflege von bestehenden Artikeldaten Aufnahme von Daten neuer Artikel 3) Als Quelle für Informationen zu Verkaufsstellen Neueröffnete Märkte Vergleichbare, standortveränderte und umgestaltete Märkte Auflistung aller Märkte Aus der Möglichkeit zur Nutzung der Daten aus Retail Link erwartet Wal-Mart folgende Vorteile (eigene Vorstellungen), die in der Verantwortung der jeweiligen Lieferanten gesehen werden: 1) Retail Link dient zur Umsatzverbesserung Wal-Mart bekommt neue Ware immer als Erster und hat sie immer vorrätig Feinsteuerung mit Hilfe von Retail Link Marketing mit einem kreativen auf Wal-Mart zugeschnittenen Absatzplan Werbeunterstützung durch Preisreduzierungen, Aktionen und Sondereinkäufe Regaloptimierung mit dem ertragsstärksten Sortiment 2) Retail Link unterstützt Maßnahmen des Lieferanten Feinsteuerung, um den optimalen Regalumschlag zu erreichen Sicherstellung eines aktuellen und rentablen Bestandes durch Preissenkungen, Werbeunterstützung, Rücknahmen und Rollbacks 27

Wal-Mart Zehn Fallstudien 100%ige Bereitstellung der Ware aus dem Lieferantenbestand zum Zwecke der Präsenzsicherung; Einhaltung der Lieferbedingungen und Verkaufsprognosen von Wal-Mart Garantierte Warenversorgung für Kernsortiment, Just-in-Time- und Saisonwaren 3) Retail Link unterstützt die Sicherung der Rentabilität Einhaltung der mit dem Einkäufer geplanten Spanne Verkauf von Saisonwaren, Regal- und Sonderartikeln Unterstützung durch Auslistungsplanung mit garantierten Rücknahmen und Preisreduzierungen Ausgewogene Sortimentsauswahl mit Eigenmarken, Großpackungen, Direktimporten und Wal-Mart-Exklusiv-Artikeln Günstigste Einkaufspreise durch optimierte Betriebsabläufe Schwundminimierung durch geeignete Verpackung und Regalsysteme Gesicherter Warenfluß beim Kernsortiment und bei Saisonware Herausragendes Konditionenpaket Als Wal-Mart mit dem Aufbau des Data Warehouse begann, ging es zunächst darum, den Warenbestand möglichst genau zu erfassen. Als nächstes wurde im eigenen Hause ein System entwickelt, bei dem die Eigenschaften jedes einzelnen Produktes im Wal-Mart-Sortiment genaustens registriert werden. Sämtliche Charakteristika werden festgehalten - beispielsweise ob es sich um Frischware, Kosmetik oder Nonfood handelt oder ob es zu den Basisartikeln zählt oder eher zur Saisonware. Die gleiche Vorgehensweise wird parallel dazu auch bei den Läden angewandt. Die Eigenschaften jeder Filiale sind zentral gespeichert und werden stets aktualisiert. Das Data Warehouse hält genaue Informationen über die Ladenfläche, die Parkplatzsituation, den Standort, das Wettbewerbsumfeld, die Kundschaft usw. bereit. Damit der Computer diese Informationen automatisch auswerten kann, sind sie nach dem Boolschen System aufgebaut (trifft zu / trifft nicht zu). Über eine mathematische Rechnung werden die beiden Datenbanken miteinander verknüpft. Um Lieferanten den Einstieg in Retail Link zu erleichtern, beschreibt Wal-Mart eine Vorgehensweise in sechs Schritten, die in einer Info-Broschüre dokumentiert ist: 1. Schritt: Überzeugung des eigenen Managements 28

Zehn Fallstudien Wal-Mart Vorstellung von Retail Link in den Abteilungen, die von den Informationen profitieren können, insbesondere Vertrieb Produktionsplanung Controlling Kundendienst Buchhaltung DV-Abteilung Marketing Dabei sollten auch die im 4. Schritt aufgeführten Systemvoraussetzungen angesprochen werden. 2. Schritt: Unterzeichnung der Retail-Link-Vereinbarung mit Wal-Mart Für die Vereinbarung hat Wal-Mart ein spezielles Formular entwickelt, das von einem Bevollmächtigten des Lieferanten vollständig ausgefüllt werden muß. Die Vereinbarung ist ein rechtskräftiges Dokument. Wünsche nach inhaltlichen Veränderungen werden von Wal-Mart mit der Begründung abgelehnt, daß die Anwendung von Retail Link für die Lieferanten kostenlos sei. 3. Schritt: Benennung eines Retail Link Site Administrators Der Retail Link Site Administrator ist der erste Ansprechpartner beim Lieferanten für alle Retail-Link-Anwender. Wal-Mart empfiehlt, diese Position mit einem Mitarbeiter zu besetzen, der Internet-Erfahrung besitzt und Retail Link aktiv nutzt. Das Aufgabenfeld des Administrators wird wie folgt beschrieben: Erster Ansprechpartner für alle Retail-Link-Anwender im Unternehmen Unterstützung der Mitarbeiter bei der Anwendung und Integration von Retail Link im Firmenalltag Anforderung zusätzlicher Retail-Link-Benutzerzugriffe und Zugriffsberechtigungen für die eigene Firma Zurücksetzen von Retail Link-Paßwörtern für die Firmennutzer Löschen von Retail-Link-Anwendern, falls erforderlich Sicherstellung, daß alle Retail-Link-Anwender ihre eigene Retail-Link-Benutzeridentifikation haben 29