Bedeutung des Delir im Krankenhaus

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Bedeutung des Delir im Krankenhaus M. Gogol Klinik für Geriatrie Coppenbrügge

Delir - Definition Akutes Verwirrtheitssyndrom Delirare aus der Spur geraten de : ab, neben lira : Spur, Rille, Furche Viele Synonyme: Akutes hirnorgan. Psychosyndrom HOPS Akute organische Psychose etc.

Demenz - Definition dementia = Verrücktheit ICD 10 : Chronische, fortschreitende Krankheit des Gehirnes Mind. 6 Monate bestehend Störung einer Vielzahl höherer kognitiver Funktionen Gedächtnis, Denken, Orientierung, Auffassung, Rechnen, Lernfähigkeit, Sprache, Urteilsvermögen, Sozialverhalten, Motivation Sensorium und Wahrnehmung primär nicht getrübt Keine Bewusstseinstrübung (primär)

Delir - Realität Prävalenz bei Aufnahme 14 24 % Inzidenz im Allgemein-KH 6 56 % Inzidenz postoperativ 15 53 % Inzidenz Intensivmedizin 70 87 % Nursing home and post-acute care settings 60 % End of life 83 % Prävalenz > 85 Jahre 14 % ER admission 10 30 % im höheren LA Mortalität im KH 22 76 % 1-Jahres-Mortalität 35 40 % Inouye SK. Delirium in older persons. NEJM 2006;354(11):1157-65

Delir Ursachen I Alter 65 a Männl. Geschlecht Demenz (M)CI Delirium in der Anamnese Depression Funktionelle Einschränkungen Immobilität Aktivitätsgrad Stürze Visuelle Einschränkung Höreinschränkung Exsikkose Mangelernährung

Delir Ursachen II Behandlung mit mehreren psychoaktiven Substanzen Multipharmakotherapie Alkoholabusus Erkrankungsschwere Multiple Komorbiditäten Chronische Niereninsuffizienz Leberinsuffizienz Schlaganfall in der Anamnese Neurologische Erkrankungen Metabol. Erkrankungen Fraktur od. Trauma Terminalstadium HIV

InEK 2005 Kategorie Kategoriename Fallzahl mittlere Vwd. Stdabw. Vwd. F00 Demenz bei Alzheimer-Krankheit 0,00 0,00 F01 Vaskuläre Demenz 7.835,00 12,00 F02 Demenz bei anderenorts klassifizierten Krankheiten 0,00 0,00 F03 Nicht näher bezeichnete Demenz 7.614,00 9,99 7,93 F04 Organisches amnestisches Syndrom, nicht durch Alkohol oder andere psychotrope Substanzen bedingt 163,00 14,42 15,68 F05 Delir, nicht durch Alkohol oder andere psychotrope Substanzen bedingt 9.819,00 10,54 8,69

InEK 2005 (F 01, F 03, F 05) 3.000,00 2.500,00 2.000,00 1.500,00 1.000,00 500,00 0,00 45 bis u.50j 50 bis u.55j 55 bis u.60j 60 bis u.65j 65 bis u.70j 70 bis u.75j 75 bis u.80j 80 bis u.85j 85 bis u.90j 90 J. u.ält.

Demographische Veränderung Die Gruppe der über 80jährigen ist die Gruppe mit dem größten Wachstum in allen Industrieländern

Lebenserwartung Männer USA Age 70 75 80 85 90 95 Healthy 18,0 14,2 10,8 7,9 5,8 4,3 Average 12,4 9,3 6,7 4,7 3,2 2,3 Frail 6,7 4,9 3,3 2,2 1,5 1,0 M. Gogol 28.11.2007 JAMA 2001;285:2750-6

Lebenserwartung Frauen USA Age 70 75 80 85 90 95 Healthy 21,3 17,0 13,0 9,6 6,8 4,8 Average 15,7 11,9 8,6 5,9 3,9 2,7 Frail 9,5 6,8 4,6 2,9 1,8 1,7 M. Gogol 28.11.2007 JAMA 2001;285:2750-6

Prävalenz (Häufigkeit) in der Bevölkerung Altersgruppe Mittlere Prävalenzrate (%) Schätzung der Krankenzahl in Deutschland 65-69 1,2 48.000 70-74 2,8 99.000 75-79 6 171.000 80-84 13,3 173.000 85-89 23,9 272.000 90 und älter 34,6 172.000 65 und älter 7,2 935.000

Inzidenz (Neuerkrankung pro Jahr) Altersgruppe Mittlere Inzidenzrate pro Jahr (%) Schätzung der jährlichen Neuerkrankungen in Deutschland für das Jahr 1999 65-69 0,43 17.000 70-74 0,88 30.000 75-79 1,88 50.000 80-84 4,09 46.000 85-89 6,47 56.000 90 und älter 10,11 32.000 65 und älter 1,9 231.000

Häufigkeit von Verhaltensstörungen bei AD 80 70 60 50 40 30 20 10 0 Prozentsatz der Patienten, die Verhaltensstörungen aufweisen Reizbarkeit Apathie Enthemmung Euphorie Angstzustände Agitiertheit Dysphorie Motorische Verhaltensstörungen Wahnvorstellungen Halluzinationen M. Gogol 28.11.2007

Häufigkeiten von Verhaltensstörungen im progredienten Verlauf der AD 100 Häufigkeit (% Patienten) 80 60 40 20 Stimmungsschwankungen Suizidgedanken Depression Sozialer Rückzug Paranoia Agitiertheit Tag-/Nachtrhythmus Reizbarkeit Herumirren Angst Anklagend Monate vor/nach der Diagnose Sozial untragbar Aggression Halluzinationen Wahnvorstellungen Sexuell unangemessenes Vh. 0 40 30 20 10 0 10 20 30

Delirium im Krankenhaus I McCusker J et al. The course of delirium in older medical inpatients. A prospective study. J Gen Intern Med 2003;18(9):696-704 M. Gogol 28.11.2007

Delirium im Krankenhaus II McCusker J et al. The course of delirium in older medical inpatients. A prospective study. J Gen Intern Med 2003;18(9):696-704 M. Gogol 28.11.2007

Delirium im Krankenhaus V McCusker J et al. The course of delirium in older medical inpatients. A prospective study. J Gen Intern Med 2003;18(9):696-704 M. Gogol 28.11.2007

Intensivstation und Delir I Pisani MA et al. Characteristics associated with delirium in older patients in a medical intensive care unit. Arch Intern Med 2007;167(15):1629-34

Intensivstation und Delir II Pisani MA et al. Characteristics associated with delirium in older patients in a medical intensive care unit. Arch Intern Med 2007;167(15):1629-34

Intensivstation und Delir III Pisani MA et al. Characteristics associated with delirium in older patients in a medical intensive care unit. Arch Intern Med 2007;167(15):1629-34

Demenz nach Delir Lundström M et al. Dementia after delirium in patients with femoral neck fractures. J Am Geriatr Soc 2003;51(7):1002-6

Lundström M et al. Dementia after delirium in patients with femoral neck fractures. J Am Geriatr Soc 2003;51(7):1002-6 M. Gogol 28.11.2007

Zusammenfassung I Delir ist häufig erhöht die Morbidität verschlechtert Prognose erhöht die nachfolgende Demenzrate erhöht die Mortalität verlängert stationäre Behandlung erhöht die Behandlungskosten ist ein medizinischer Notfall

Delir Zusammenfassung II Risiko steigt mit zunehmenden Lebensalter an kognitiv eingeschränkte Patienten sind besonders gefährdet auch kognitiv gesunde Menschen haben post-delirium ein erhöhtes Morbiditäts- und Mortalitätsrisiko einschl. Demenzentstehung Delir-Management sollte ein Qualitätsindikator für stationäre Behandlung werden