Ein erster Schritt zur Veränderung



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Transkript:

Fachhochschule Oberösterreich Standort Linz Studiengang Sozialmanagement Ein erster Schritt zur Veränderung Organisationsentwicklung am Beispiel der Alten- und Pflegeheime der Stadt Wels Diplomarbeit zur Erlangung des akademischen Grades Mag. (FH) für wirtschaftswissenschaftliche Berufe Erstgutachter: Prof. (FH) Mag. Dr. Paul Brandl Zweitgutachterin: HR in Dr. in Margit Scholta Eingereicht von Sigrid Reiter Aubachberg 5 4941 Mehrnbach sigrid.reiter@utanet.at 03/1/0068/024 Mehrnbach, April 2007

Eidesstattliche Erklärung Ich erkläre an Eides statt, dass ich die vorliegende Diplomarbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasst, andere als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel nicht benutzt und die den benutzten Quellen wörtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe. Weiters wurde diese Arbeit bisher nicht im In- oder Ausland in irgendeiner Form als Prüfungsarbeit vorgelegt. Mehrnbach, 27. April 2007

Meinem Mann Andreas und unseren Söhnen Lukas und Fabian

Kurzfassung Wenngleich sich auch das Pflegeverständnis in der Altenpflege in den letzten Jahren im Wandel befindet, so fehlt in den meisten Organisationen dennoch das Selbstverständnis und oft auch die Eigenständigkeit, Veränderungen zu lenken und aktiv mitzugestalten. Vorliegende Diplomarbeit befasst sich mit dem Projekt Gemeinsam professionell Pflege gestalten, welches in den Alten- und Pflegeheimen der Stadt Wels durchgeführt wurde. Dieses Projekt zeigt einen möglichen Weg der Organisationsentwicklung im Bereich der stationären Altenpflege auf. Dabei spielen Aspekte des Change Managements, des Projektmanagements und der Prozessoptimierung eine wichtige Rolle. Einleitend wird das durch die MitarbeiterInnen- und Führungskräftebefragung erstellte Stimmungsbild vorgestellt. Parallel dazu werden auf einer Prozesslandkarte Kern-, Support- und Lenkungsprozesse zugeordnet. Als gemeinsames Ergebnis werden Handlungsfelder definiert und die operativen Schwerpunkte des Projektes, welche im Sinne des Kontinuierlichen Verbesserungsprozesses bearbeitet und in Pilotbereichen zu Best-practice Modellen verfeinert werden, beschrieben. Sich daraus ergebende Konsequenzen, Veränderungen und Chancen werden dabei im Detail vorgestellt. Im Sinne eines langfristig greifenden Veränderungsgedankens stellt in weiterer Folge ein auf diesen Ergebnissen aufbauendes strategisches Struktur- und Betreuungskonzept zielgruppenorientierte Betreuung und Pflege, Qualitätssicherung und Kostenreduktion sicher. Abschließend stellt die Autorin einige weiterführende Überlegungen an und zeigt konkrete Handlungsempfehlungen auf. I

Abstract Even though, over the past few years, the appreciation of healthcare for the elderly is in flux, many organisations have a lack of self-conception and also often a lack of autonomy to lead and to redesign changes. This study deals with the project Gemeinsam professionell Pflege gestalten, conducted in the homes for the Elderly of the city of Wels. This project shows how organisational development in the area of stationary old people s care can be implemented. In doing so, aspects of change management, project management and process optimisation play a very important role. Preliminary to this, the prevailing mood, which was made available through the questioning of employees and managers, is presented. Parallel, core-, support- and managing processes are defined within the process map. As a common result, the different fields of operation are defined and the operating priorities of the project, which are worked on to correspond to the continuous improvement process and which are improved to best-practice examples in pilot areas, are described. Arising consequences, changes and chances are specified. Built up on these results, within the meaning of a long-lasting change in thinking a strategic structure- and care concept ensures target orientated care and nursing, quality and a reduction of costs. Furthermore, the author provides some continuative considerations and points out concrete recommendations. II

Inhaltsverzeichnis 1 Zugang zum Thema...1 2 Pflege...6 2.1 Pflegewissenschaft... 7 2.2 Anforderungen an die Pflege... 9 3 Change Management...11 3.1 Change Management - Wandel ist gestaltbar...12 3.1.1 Formen und Ausmaß...14 3.1.2 Ebenen und Geschwindigkeiten...15 3.1.3 Phasen und Verhaltensmuster...16 3.1.4 Widerstand...17 3.1.5 Chancen und Risken, Erfolgs- und Misserfolgsfaktoren...20 3.2 Arten von Change Prozessen...22 3.2.1 Reengineering und Strategisches Redesign...23 3.2.2 Organisationsentwicklung...24 3.2.3 Total Quality Management...28 3.2.4 Kaizen - Kontinuierlicher Verbesserungsprozess...29 3.2.5 Lean Management...33 3.2.6 Lernende Organisation...34 3.3 Trigon-Organisationsmodell...35 3.3.1 Wesenselemente...37 3.3.2 Charakteristik der Organisationstypen...39 3.3.3 Entwicklungsphasen einer Organisation...40 3.3.4 Basisprozesse der Organisationsentwicklung...44 3.3.5 Veränderungsansätze...48 3.4 Wandel als Chance in den Alten- und Pflegeheimen der Stadt Wels...49 III

4 Prozessmanagement...51 4.1 Prozessdefinition und Prozessarchitektur...51 4.2 Prozessmanagement...53 4.3 Vorgehensweise bei der Ein- und Durchführung...57 4.4 Annäherung im Alltag...63 5 Projektmanagement...64 5.1 Projekt - Charakterisierung und Klassifizierung...64 5.2 Projektmanagement...65 5.3 Integratives Projektmanagement...67 5.3.1 Konzepte...68 5.3.2 Funktionen...69 5.3.3 Ablauf...73 5.3.4 Werkzeuge...78 5.4 Praxisrelevanz...80 6 Ausgangssituation...81 6.1 Rahmenbedingungen...81 6.2 Der alte Mensch im Fokus...85 6.3 Eckdaten zum Projekt...86 7 Maßnahmen und Ergebnisse...88 7.1 Organisationsdiagnose...88 7.2 Arbeitsschwerpunkte...92 7.2.1 Umsetzung von KVP-Vorschlägen...92 7.2.2 Aus- und Weiterbildung...93 7.2.3 Prozessanalysen...98 7.2.4 EDV unterstützte Pflegedokumentation und IT-Angelegenheiten...108 7.2.5 Dienstanweisung Einheitliche Rahmenbedingungen Dienstzeit...109 7.3 Strategisches Struktur- und Betreuungskonzept...110 7.4 Synergieeffekt...111 7.5 Folgeprojekt...112 IV

8 Anregungen zur Weiterarbeit...113 8.1 Strategische Positionierung und operative Prozesssteuerung...114 8.2 Entwicklung eines eigenen Pflegeleitbildes...115 8.3 Aufbau eines Fehlermeldesystems...116 8.4 Beschwerdemanagement...117 8.5 Konzept einer sicheren Minimalvariante...118 8.6 Personal-Pool...119 8.7 Wohn- und Lebensform Heim...120 8.8 Weiterarbeit am Kontinuierlichen Verbesserungsprozess...121 8.9 Kompetenzen-Pool...121 8.10 Fachliteratur...122 Rückblick und Vorschau...123 Literaturverzeichnis...125 Anhang...135 V

Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Konzeptioneller Aufbau der Arbeit/Mind-map... 5 Abbildung 2: Die wesentlichen Konzepttrends... 22 Abbildung 3: Ebenen des Lernens...35 Abbildung 4: Ganzheitliches System-Modell einer Organisation... 36 Abbildung 5: Wechselseitige Beziehungen der Wesenselemente...38 Abbildung 6: Entwicklungsphasen eines Unternehmens... 40 Abbildung 7: Vier-Phasen Modell zur Einführung von Prozessmanagement... 57 Abbildung 8: Modell des Integrativen Projektmanagements...68 Abbildung 9: Verwaltungsgliederungsplan des Magistrates Wels... 83 Abbildung 10: Organigramm der Alten- und Pflegeheime der Stadt Wels...84 Abbildung 11: Prozesslandkarte... 98 Abbildung 12: Ishikawa-Diagramm ad Unzufriedenheit mit Visitenreglung... 99 Abbildung 13: Soll-Prozess Visitenregelung... 101 Abbildung 14: Soll-Prozess Anordnung von Medikamenten... 102 Abbildung 15: Soll-Prozess Neue/r MitarbeiterIn... 105 Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Die drei Segmente des KVP...30 Tabelle 2: Organisationsinterne Elemente... 37 Tabelle 3: Einsatz von Methoden und Techniken im Problemlösungsprozess... 79 VI

1 Zugang zum Thema Ein erster Schritt zur Veränderung Organisationsentwicklung am Beispiel der Alten- und Pflegeheime der Stadt Wels Die Betreuung und Pflege in Alten- und Pflegeheimen vereint soziale, pflegerische und medizinische Dienste, welche auf die Bedürfnisse älterer Menschen ausgerichtet sind. Diese Dienste, welche sich aufgrund der demografischen Gegebenheiten zunehmend zu gefragten Dienstleistungen entwickeln, erleben in den letzten Jahren einen enormen Wandel. Aber nicht nur die Nachfrage an Pflegediensten, sondern auch deren Angebot steigt. Dadurch nimmt der Wettbewerb zu, die Anforderungen steigen und Qualitätssicherung gewinnt einen höheren Stellenwert. Diese Entwicklung der institutionalisierten Altenpflege zur gefragten Dienstleistung erfordert einen professionellen Umgang, der soziale und wirtschaftliche Fragestellungen in Einklang zu bringen versteht. Es bedarf dabei eines Managements, welches über das nötige Know-how und die erforderlichen Kompetenzen verfügt, Rahmenbedingungen für eine gelingende Gestaltung des Betreuungs- und Pflegealltags zu schaffen. Besondere Bedeutung kommt aber auch den einzelnen MitarbeiterInnen zu, welche in unmittelbarem Kontakt zu den BewohnerInnen stehen, und deren Handeln demnach entscheidend für das Gelingen eines Ablaufs oder einer Begegnung ist. Beispiele für eine aktive, bewusste Auseinandersetzung mit der Entwicklung der Organisation und ihrer MitarbeiterInnen sind im Sozialbereich, ganz gegensätzlich zum Produktionsbereich, erst in Ansätzen zu finden. Umso mehr gilt es daher, alle Beteiligten quer durch die Hierarchieebenen hinsichtlich dieser Thematik zu sensibilisieren, um gemeinsam den Weg in die Zukunft zu gestalten. Die im Rahmen des Berufspraktikums aktive Beteiligung am Organisationsentwicklungsprozess der Alten- und Pflegeheime der Stadt Wels weckte bei der Autorin das Interesse an einer theoretischen Auseinandersetzung mit der Thematik. Vorliegende Diplomarbeit zeigt einen möglichen Weg der Organisationsentwicklung auf, indem sie sich mit jenen Ausgangsüberlegungen, Voraussetzungen, Änderungen und Maßnahmen auseinandersetzt, derer es bedarf um einen ersten Schritt zur Veränderung setzen zu können. 1

Zielsetzung Ziel dieser Diplomarbeit ist es, die Multikonzeptionalität der Entwicklung einer Organisation aufzuzeigen und Antwort darauf zu geben, wie Veränderungen im Bereich der stationären Betreuung und Pflege älterer Menschen gestaltet werden können. Die Arbeit ist als Analyse zu sehen, in deren Interesse es steht, theoretische Grundlagen aus den Bereichen Change Management, Prozessmanagement und Projektmanagement aufzuzeigen, auf denen Gestaltung, Verlauf und Maßnahmen des Projektes Gemeinsam professionell Pflege gestalten aufbauen und welche die Ergebnisse interpretierbar machen. Dabei wird der für eine langfristige Veränderung zum Guten relevante ganzheitliche Ansatz stets hervorgehoben. Neben einer grundsätzlichen Sensibilisierung für die Thematik Veränderung und Organisationsentwicklung wird auf den Einsatz und die Anwendung von ausgewählten Konzepten, Methoden und Instrumenten in der Praxis zur Erzielung von langfristigen Erfolgen eingegangen, Möglichkeiten und Grenzen werden aufgezeigt. Auf theoretischem Wissen aufgebaute, weiterführende Überlegungen und Handlungsempfehlungen für den weiteren Verlauf der Organisationsentwicklung in den Alten- und Pflegeheimen der Stadt Wels haben allgemein gültigen Charakter und verstehen sich somit auch als Anregung und Motivation für andere Organisationen oder Einrichtungen. 2

Methodik Während der gesamten Dauer des Projektes Gemeinsam professionell Pflege gestalten, welche sich über den Zeitraum von einem Jahr erstreckte, wurde von der Autorin das tatsächliche Vorgehen in der Praxis der Organisationsentwicklung bereits immer wieder mit theoretischen Inputs verbunden und die einzelnen Maßnahmen und Prozesse dementsprechend hinterlegt und dokumentiert. Aufbauend auf den vom erhobenen Stimmungsbild abgeleiteten Handlungsfelder wurden in den verschiedenen Bereichen Handlungsschwerpunkte gesetzt. Demzufolge können die empirische Erhebung und Auswertung sowie die Analyse und Beschreibung als Wege der Hypothesenbildung betrachtet werden. Doch da die vorerst angedachte Wiederholung der MitarbeiterInnenbefragung zu Projektende nicht durchgeführt wurde, ist eine fundierte Falsifikation von Hypothesen kaum möglich. In der Folge wurde von der Autorin auf eine Hypothesenbildung verzichtet. Um für die vorliegende Arbeit eine systematische, lückenlose Dokumentation sicher zu stellen, wurden zu den Handlungsfeldern, aber auch zu allgemeinen, konzeptionellen Grundlagen Leitfragen erstellt und auf einer Mind-map festgehalten. Komplexe Zusammenhänge wurden so übersichtlich veranschaulicht, Lücken konnten erkannt und der Schwerpunkt der Arbeit stets im Auge behalten werden. Parallel dazu erfolgte gegen Ende der Projektzeit eine ausführliche Literaturrecherche. 3

Aufbau und Gliederung Diese Arbeit setzt sich neben Einleitung und Schlussbetrachtung aus insgesamt acht Kapiteln zusammen. Während die Kapitel zwei bis fünf vorwiegend den theoretischen Input bilden, schildern Kapitel sechs bzw. sieben hauptsächlich die praktischen Erfahrungen und gibt Kapitel acht Anregungen zur Weiterarbeit. Eine exakte Trennung von Theorie und Praxis erschien der Autorin nicht angebracht, vielmehr stand das Bemühen im Vordergrund eine harmonische Verbindung und einen fließenden Übergang beider Komponenten zu erreichen. Vor diesem Hintergrund wird zum Schluss der Kapitel drei, vier und fünf jeweils die Relevanz für das Projekt Gemeinsam professionell Pflege gestalten kurz herausgehoben, während Kapitel sechs, sieben und acht immer wieder durch theoretische Grundlagen untermauert werden, so dass erklärend und unterstreichend der wechselseitige Bezug hergestellt wird. Das erste Kapitel widmet sich dem Zugang zum Thema. Das zweite Kapitel zeigt die sich rasant wandelnden Anforderungen der stationären Betreuung und Pflege älterer Menschen auf und stellt Pflege als Disziplin und Wissenschaft vor. Das dritte Kapitel beschäftigt sich mit Change Management, dem Management der Veränderung. Gängige Arten von Change Konzepten, im Speziellen aber der Kontinuierliche Verbesserungsprozess und die Organisationsentwicklung, werden vorgestellt. Abgerundet wird dieses Kapitel im letzten Abschnitt durch die Darstellung des Trigon-Organisationsmodelles. Prozessmanagement findet Ausdruck im vierten Kapitel, wo Begriffe definiert, Aufgaben, Ziele und Methoden sowie einzelne Schritte bei der Ein- und Durchführung einer Veränderung näher beleuchtet werden. Den Abschluss der theoretischen Aufbereitung bildet das fünfte Kapitel, welches Projektmanagement als Führungsaufgabe, als Grundlage für ein erfolgreiches Veränderungsvorhaben, versteht. Im Sinne einer ganzheitlichen Sichtweise wird dabei als Vorgehensmodell das Integrative Projektmanagement detailliert vorgestellt. 4

Im Anschluss daran legt Kapitel sechs als Einstieg in den praktischen Teil die Rahmenbedingungen der Alten- und Pflegeheime dar, hebt den altgewordenen Menschen hervor und beschreibt die Ausgangssituation des Projektes Gemeinsam professionell Pflege gestalten. Darauf aufbauend erläutert das siebte und vorletzte Kapitel Maßnahmen und Ergebnisse des Projektes. Das Kapitel Anregungen zur Weiterarbeit stellt weiterführende Überlegungen und Handlungsempfehlungen an, bevor Rückblick und Vorschau die Arbeit schließen. Nachfolgende Mind-map visualisiert den konzeptionellen Aufbau dieser Arbeit: Abbildung 1: Konzeptioneller Aufbau der Arbeit, Mind-map Change Management Change Management - Wandel ist gestaltbar Arten von Change Prozessen Trigon-Organisationsmodell Wandel als Chance in den Alten- und Pflegeheimen Pflege Pflegewissenschaft Anforderungen an die Pflege In Theorie... Ausgangssituation Rahmenbedingungen Der alte Mensch im Fokus Eckdaten zum Projekt Maßnahmen und Ergebnisse Ein erster Schritt zur Veränderung Organisationsdiagnose Arbeitschwerpunkte Strategisches Struktur- und Betreuungskonzept Synergieeffekt Folgeprojekt Prozessmanagement Prozessdefinition und Prozessarchitektur Prozessmanagement Vorgehensweise bei der Ein- und Durchführung Annäherung im Alltag Projektmanagement Projekt Projektmanagement Integratives Projektmanagement Praxisrelevanz... und Praxis Anregungen zur Weiterarbeit Strategische Positionierung und operative Prozesssteuerung Entwicklung eines eigenen Pflegeleitbildes Aufbau eines Fehlermeldesystems Beschwerdemanagement Konzept einer sicheren Minimalvariante Personal-Pool Wohn- und Lebensform Heim Weiterarbeit am Kontinuierlichen Verbesserungsprozess Kompetenzen-Pool Fachliteratur Eigene Darstellung, 2006 5

2 Pflege (Alten-) Pflege ist ein viel gebrauchter, häufig strapazierter Begriff, der von Person zu Person wahrscheinlich unterschiedlich betroffen macht und verschiedene Gedanken und Empfindungen, Erinnerungen und Gefühle hervorruft. Im Sinne einer theoretischen Auseinandersetzung mit der Pflege werden in diesem Abschnitt grundsätzliche Überlegungen zur Altenpflege als selbstständige Profession angestellt. Weiters wird die Begrifflichkeit der Pflegewissenschaft grob umrissen, einzelne Elemente der Pflegeforschung werden vorgestellt und die Anforderungen an die Betreuung und Pflege älterer Menschen werden aufgezeigt. Wenngleich die theoretischen Ausführungen in dieser Arbeit sehr kurz gehalten sind, so ermöglichen diese Blitzlichter dennoch eine Zuordnung und Differenzierung grundlegender Inhalte und regen zum Überdenken der Entwicklung in der stationären Altenpflege an. Pflege meint ein Aufeinander-Angewiesen-Sein auf der Ebene der Aufmerksamkeit, des Wohlwollens und manchmal, besonders im Alter oder bei Krankheit, auch die konkrete Hilfe bei alltäglichen Verrichtungen. Bereits Mitte des vorigen Jahrhunderts wurde erkannt, dass das Krankenpflegepersonal den speziellen Anforderungen in der Betreuung und Pflege alter Menschen nicht gerecht werden konnte, da alte Menschen vermehrt auf eine angemessene Anleitung und Mobilisation, auf einen Aufbau einer Beziehung und auf einer Begleitung bis zum Tod angewiesen sind (vgl. Müller, 2005: 18; Sittler/Kruft, 2004: 12). Altenpflege zielt auf die Hilfestellung und Unterstützung bei der Bewältigung der Lebensaktivitäten alter Menschen, deren Selbstständigkeit aufgrund von Altersprozessen und damit einhergehenden Ressourcenverlust eingeengt ist. Die konkreten Zielsetzungen sind eine Neuorientierung sowie größtmögliche Selbstständigkeitserhaltung, Pflege bei Krankheit und Gesundheit und das Ermöglichen eines würdevollen Abschiednehmens. Zugewandtheit, Rücksichtnahme, Empathie, Kommunikation und Kontaktpflege sowie eine aktive Gestaltung sozial- und tagesstrukturierter Situationen stellen in der Begleitung eines alten Menschen wichtige psychosoziale Gesichtspunkte dar (vgl. Schroeter, 2006: 123f.; Kreimer, 2004: 126). 6

Die Ausübung der Pflege wurde lange Zeit als Aufgabe gesehen, für die kein spezieller Kompetenzerwerb, keine besonderen Fähigkeiten und Kenntnisse nötig waren. Das Pflegeverständnis [der Gesundheits- und Krankenpflege, Anm.] der vergangenen Jahre hat sich jedoch von einer sehr intuitiven und unreflektiertindividuellen Pflege mit wenig Eigenbewusstsein hin zu einer neuen Eigenständigkeit, zu einem Bewusstsein für Ganzheitlichkeit und Interdisziplinarität entwickelt (vgl. Lauber, 2001: 87; Juchli, 1997: 8). Der Krankenpflegeberuf wurde zum Leitbild aller pflegerischen Berufe. Daran orientiert sich auch die Altenpflege, da sie bislang über keine eigenen handlungsleitenden Modellvorstellungen verfügt... So ist bei näherer Betrachtung die Altenpflege ein berufliches Patchwork geblieben (Seeberger, 2004: 49). Wie aus dieser Aussage hervorgeht, wird die Begleitung, Betreuung und Pflege altgewordener Menschen im Gegensatz zur Gesundheits- und Krankenpflege bislang nicht als eigenständige Profession wahrgenommen. 2.1 Pflegewissenschaft Pflege ist eine Disziplin, eine Wissenschaft, deren Elemente Forschung, Theorie, Philosophie und Praxis in wechselseitiger Abhängigkeit stehen und so die Definition für das Aufgabenfeld der Pflege liefern. Pflegeforschung als Teil der Pflegewissenschaft beschäftigt sich mit der Pflegepraxis und den Pflegemaßnahmen, unterstützt die Pflegepraxis und begleitet die Pflege auf dem Weg zur Professionalisierung, indem sie durch den Einsatz des Pflegeprozesses Wissen entwickelt. Dadurch wird beliebiges Handeln Einzelner unterbunden und in wissenschaftliche Bahnen gelenkt (vgl. Kühne-Ponesch, 2004: 14; Lauber, 2001: 148; 174). Pflegetheorie ist die logische, geordnete, systematische Darstellung des Ganzen, eine Ratgeberin in der Praxis und ein Instrument zur Beschreibung und Vorhersage von Situationen. In der Theorie sollen möglichst viele Aspekte der Wirklichkeit Platz finden, getroffene Annahmen sollen durch die Praxis später bestätigt werden. Pflegetheorien versuchen, um Fragen für die am Pflegeprozess Beteiligten zu klären, den analytischen und beschreibenden Zusammenhang in Beziehung zueinander zu stellen. Sie dienen damit der Beschreibung des Soll-Zustandes der Pflege (vgl. Kühne-Ponesch, 2004: 43f.). 7

Die einzelnen Pflegetheorien unterscheiden sich in ihren Wertvorstellungen, Grundhaltungen zu Gesundheit und Krankheit, in ihren Vorstellungen, was Pflege ist und was sie leisten soll, sowie durch das ihnen zugrunde liegende Menschenbild. Abgeleitet aus der Pflegetheorie wird das Pflegemodell, welches im Betreuungsund Pflegekonzept festgehalten wird (vgl. Löser, 2004: 17). Ein (Pflege-)Modell ist der Versuch, die Realität zu simplifizieren und den eigentlichen Sachverhalt wiederzugeben. Beleuchtete Inhalte werden akzentuiert, sowie Übersichtlichkeit durch Reduktion herbeigeführt. Modelle der Pflegetheorie dienen zum besseren Verständnis struktureller Zusammenhänge, sie bilden den äußeren Rahmen für den Aufgabenbereich (Pflegediagnosen) in der professionellen Pflege und unterstützen deren systematische Beschreibung (Klassifikation). Intuitives Handeln und Erfahrungswerte werden durch Begründungszusammenhänge und systematisches Wissen unterstützt (vgl. Kühne-Ponesch, 2004: 38ff; Thür, 2004: 9f.; Völkel/Ehmann, 2000: 6). Zu den bekanntesten Pflegemodellen im deutschsprachigen Raum zählen jene von Virginia Henderson und Nancy Roper et al. (vgl. Thür, 2004: 10f.). Auf Pflegemodell nach Roper et al. wird unter Punkt 7.2.2 auf Seite 96 noch genauer eingegangen. Beide Modelle wurden ursprünglich für die Pflege im Krankenhaus entwickelt. Als ein für die Betreuung und Pflege alter Menschen konzipiertes Modell sei an dieser Stelle das Modell der ganzheitlich-fördernden Prozesspflege nach Monika Krohwinkel genannt. 8

2.2 Anforderungen an die Pflege Die Professionalisierung in der Betreuung und Pflege des alten Menschen bedingt einen Wandel der Anforderungen und Qualifikationen der Betreuenden, die Erfordernisse an die Fähigkeiten und Kompetenzen steigen ständig. Psychologische, soziale und fachliche Kenntnisse und Fähigkeiten werden vorausgesetzt. Um die einzelnen Aufgaben differenzieren und strukturieren zu können, unterscheidet die Pflegewissenschaft zwischen der direkten und der indirekten Pflege. In den Bereich der direkten Pflege fallen alle unmittelbar, also direkt am Menschen erbrachten Leistungen, für welche die Pflegenden die eigene Gesamtverantwortung tragen. Die indirekte Pflege hingegen umfasst Aufgaben wie Pflegemanagement, Pflegeorganisation, Pflegedokumentation, Praxisanleitung und Praxisbegleitung neuer MitarbeiterInnen sowie die Kooperation mit anderen Berufsgruppen. Obwohl die indirekten Pflegeaufgaben unmittelbaren Einfluss auf die Qualität der direkten pflegerischen Leistungen haben, wird ihnen oft noch viel zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt (vgl. Völkl/Ehmann, 2000: 9; Müller, 2005: 18f.). Es genügt schon lange nicht mehr, lediglich rein pflegerische Leistungen zu gewährleisten, denn eine Weiterentwicklung in Richtung KundInnenorientierung, Qualitätssicherung und Qualitätsentwicklung ist bereits im Gange. Gleichzeitig gilt es auch die Prinzipien von Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit mehr zu beachten denn je. Weiters ist es, in einer Zeit der Veränderungen, unabdingbar die Bandbreite der gesetzlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen in der Betreuung und Pflege älterer Menschen zu beachten und die Interpretationsspielräume zu nutzen. Vorliegende Arbeit zielt nicht darauf ab, auf rechtliche Details einzugehen, sondern bietet lediglich eine Auflistung jener Gesetze und Verordnungen, welche auf die Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität der Leistungserstellung in der stationären Altenpflege Einfluss nehmen. In diesem Zusammenhang sind laut Krenn (2004: 73) neben dem Oberösterreichischen Sozialhilfegesetz (LGBl. Nr. 82/1998) und der Oberösterreichische Alten- und Pflegeheimverordnung (LGBl. Nr. 29/1996) auch das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz (BGBl. Nr. 6/2004), das Oberösterreichische Altenfachbetreuungs- und Heimhilfegesetz (LGBl. Nr. 54/2002), das Heimvertragsgesetz (BGBl. Nr. 12/2004) sowie das Bundespflegegeldgesetz (BGBl. Nr. 111/1998) zu nennen. 9

Die erwähnten Anforderungen stehen beispielhaft für die gesamte Bandbreite an Anforderungen, welche an die Altenpflege von heute gestellt werden. Sie als Herausforderungen anzunehmen, ihnen gerecht zu werden, ist Aufgabe und Bestreben aller Betreuenden und Verantwortlichen. Es gilt auf diesen Erfordernissen aufzubauen und den Wandel zu gestalten - denn das Zeitalter des Change Managements hat längst begonnen! 10

3 Change Management Das nun folgende Kapitel zielt darauf ab, bei den LeserInnen durch Aufzeigen theoretischer Hintergründe des Change Managements generelle Sensibilität für Notwendigkeit und Form hervorzurufen und eine Einordnung der verschiedenen Ansätze zu ermöglichen. Es werden Formen und Ausmaß, Ebenen und Phasen, Geschwindigkeiten und Verhaltensmuster des Wandels beschrieben, auf die Thematik Widerstand wird eingegangen, Chancen und Risken, Erfolgs- und Misserfolgsfaktoren werden genannt. Im Anschluss daran werden häufig eingesetzte Arten von Change Prozessen angeführt. Dabei soll dem Kontinuierlichen Verbesserungsprozess und der Organisationsentwicklung besonderes Augenmerk geschenkt werden, da das in weiterer Folge beschriebene Projekt Gemeinsam professionell Pflege gestalten sich wesentlich dieser beiden Konzepte bedient. Da aber, wie es Doppler und Lauterburg (2005: 233) mit der Aussage Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer treffend formulieren, einzeln eingesetzte Instrumente noch keinen maßgeblichen Impuls in Richtung Entwicklung setzen, müssen die Instrumente nicht nur zur Unternehmenskultur passen, sondern muss unter anderem auch der Geist dahinter und der Aspekt der Ganzheitlichkeit berücksichtigt werden. Im Sinne dieser Ganzheitlichkeit wird im letzten Abschnitt dieses Kapitels das Trigon-Organisationsmodell vorgestellt. 11

3.1 Change Management - Wandel ist gestaltbar Der Begriff Change Management, oder auch Veränderungsmanagement bzw. Transformationsmanagement genannt, umfasst als ganzheitlicher Oberbegriff für professionelles Management alle Ansätze des umfassenden organisationalen Wandels. Diese Ansätze, die sich durchaus ergänzen, aber auch widersprechen können, zielen auf langfristige Veränderungen sowohl der harten Faktoren wie Prozesse, Strukturen und Kennzahlen als auch der weichen Komponenten wie Kultur und Verhalten ab (vgl. Grasl et al., 2004: 338; Kraus et al., 2004: 14f.). Change Management als nicht delegierbare Führungsaufgabe hat das Ziel, Unternehmen so zu gestalten, dass sie flexibel und anpassungsfähig bleiben oder anders ausgedrückt: eine Lernende Organisation zu entwickeln (Piber, 2002: III/84). Für Heitger und Doujak (2002: 65; 86f.) stellt Change Management eine Matrix aus Veränderungsnotwendigkeit und Veränderungsbedarf dar. Sie heben die produktive Entfaltung und Nutzung der Widersprüchlichkeit von Dynamik und Logik radikalen Neupositionierens und sanfter Erneuerung im Sinne einer dualen Changearchitektur heraus, um Rationalisierung, Effizienzsteigerung und Kostensenkung, aber auch Schutz und Entwicklungsmöglichkeiten für Innovationen zu erreichen. Dass erst in den letzten Jahren eine derart ganzheitliche Betrachtungsweise, welche die Wechselwirkung zwischen Individuen, Gruppen, Organisationen, Technologie, Umwelt, Zeit sowie Kommunikationsmuster, Machtkonstellationen und Wertestrukturen und berücksichtigt, in den Vordergrund getreten ist, wird von Kraus et al. (2004 : 15) unterstrichen. Vorher wurde ganz klar zwischen strukturellen bzw. strategiegeleiteten Veränderungen und mitarbeiterinnenzentrierten Ansätzen unterschieden. Auch Vahs (2005: 251) schreibt, dass die Change Management Ansätze der vergangenen zehn Jahre vor allem auf einer stärkeren Prozess-, KundInnen- und Kompetenzorientierung beruhen. 12

Als Perspektiven und Problemfelder, die sich durch diesen organisationalen Wandel ergeben, erwähnen Rosenstiel et al. (2005: 377) die Modifizierung und Entwicklung neuer Interventionsinstrumente sowie die Konzeption neuer Ansätze, die Konzentration des Forschungsinteresses weg vom langfristigen Wandel hin auf die in ausgewählten Bereichen schnell und effektiv durchzuführenden Veränderungsprozesse, eine flexibel gestaltete, innovative Organisation mit einer neuen Organisationskultur und Widerstände durch ständige Veränderungen. Auslösende Ursachen können eine finanzielle Krise, eine Änderung der Marktlage, neue Technologien, neue Geschäftsleitung, Privatisierungen, neue Gesetze, Organisationsveränderungen, Prozessänderungen, aber auch neue Formen der Arbeitsorganisation sein. Doch wodurch wird eine derartige Veränderung eigentlich gesteuert? Zu den grundsätzlichen Wegen der Veränderung zählen die Krise (Revolution), die Erneuerung (Wandel) und die Anpassung (Evolution). Die Krise, eine durch externe Faktoren eingeleitete Veränderung, verlangt dabei schnelles Handeln und tiefe Eingriffe. Bei einer Erneuerung, einem gesteuerten, strukturierten Umbau, wird die Notwendigkeit von der Organisationsleitung erkannt, während bei einer Anpassung alle Beteiligten ständig an der eigenen Weiterentwicklung arbeiten (vgl. Kraus et al., 2004: 16f.). Eine gängige Methode ist es, Veränderungsmanagement in Form eines Projektes in die Wege zu leiten. Es werden die Regeln des Projektmanagements befolgt und so ein weitgehend standardisierter Ablauf gewährleistet. Zielt eine Organisation jedoch auf ständige Veränderung, so kann dies nicht Inhalt einzelner Projekte sein, sondern es müssen langfristige Überlegungen in Richtung kontinuierlicher Verbesserung und Organisationsentwicklung angestrebt werden. Als Instrumente, die bei einem Veränderungsvorhaben Anwendung finden können, seien an dieser Stelle nur einige wenige wie Benchmarking, Strategieentwicklung, SWOT-Analyse, Gremienlandschaft, Organisationsdiagnose, MitarbeiterInnenbefragung und Projektmanagement angeführt (vgl. Kraus et al., 2004: 19ff.). 13