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Transkript:

Das emanzipatorische Grundeinkommen der BAG Grundeinkommen in und bei der Partei DIE LINKE Konzept für ein emanzipatorisches bedingungsloses Grundeinkommen als negative Einkommenssteuer (NES) Von Stefan Wolf Dieses Konzept liefert einen Vorschlag zum Umbau des bestehenden erwerbsarbeitszentrierten sozialen Sicherungssystems und dessen Finanzierung sowie zur Transformation der Gesellschaft und Überwindung kapitalistischer und patriachalischer Herrschaftsverhältnisse. Es ist als Ergänzung zu bestehenden Forderungen und Beschlüssen der Partei DIE LINKE. konzipiert. Mittelfristig könnte das hier konzipierte Grundeinkommen weiter zu einem bedingungslosen Grundeinkommen in Form einer Sozialdividende umgebaut werden. Wir wissen: Das BGE ist kein Allheilmittel. Dennoch besitzt schon das BGE, so wie wir es verstehen, ein Potential, mit dem das kapitalistische Wirtschaftssystem überwunden werden kann: Aufgrund der Höhe des BGE hat dies eine stark dekommodifizierende Wirkung. Das heißt, der Zwang der Lohnabhängigen, ihre Arbeitskraft auf dem sogenannten Arbeitsmarkt zu fast jedem Preis zu verkaufen, entfällt. Dies stärkt sowohl den Einzelnen als auch die Lohnabhängigen generell. Gewerkschaften und andere Interessenvertretungen der Beschäftigten könnten wieder in die Offensive gehen und für weitergehende Veränderungen der Arbeitswelt, der Eigentumsverhältnisse an Produktionsmitteln und der Arbeitsorganisation eintreten. Aufgrund der Freiheit eines jeden Menschen würde Arbeit nicht mehr nur nach dem Marktwert vergütet, sondern zu großen Teilen auch nach dem ideellen Wert der Arbeit, da kaum noch jemand eine unattraktive, schlecht bezahlte Arbeit annehmen würde. Das Lohnniveau könnte sich nach völlig anderen Maßstäben als bisher, nämlich jenseits der klassischen Verwertungslogik, entwickeln. Durch die veränderte Lohnstruktur und Arbeitsmotivation würde auch der Druck steigen, unattraktive Tätigkeiten wegzurationalisieren und vermehrt solche bezahlte Tätigkeiten zu schaffen, die Sinn stiften, Spaß machen und ökologisch sinnvoll sind. Auch wäre niemand mehr ökonomisch von anderen Menschen abhängig und könnte sich selbst beruflich so engagieren, wie sie bzw. er es möchte. Vor allem auch Frauen und Alleinerziehenden würde das BGE diesbezüglich mehr Freiraum ermöglichen. 1. Das emanzipatorische Grundeinkommen als NES Das Grundeinkommen wird jedem monatlich auf ein Konto überwiesen. Es wird in Verbindung mit einem gesetzlichen Mindestlohn (mindestens 10 / Stunde, perspektivisch 12 ) eingeführt. Es soll eine Umverteilung von oben nach unten sowie eine Umverteilung von Erwerbsarbeit und anderen notwendigen Tätigkeiten sowie einen demokratischen Sozialstaat befördern. Die Höhe des Grundeinkommens ist an die Höhe des Volkseinkommens gekoppelt 1 und 1 50% des Pro-Kopf-Volkseinkommens sollen als Grundeinkommen gewährt werden. Kinder bis 16 Jahre bekommen

soll sicherstellen, dass jeder Mensch über ein existenz- und teilhabesicherndes Einkommen verfügt. Jeder Mensch mit Erstwohnsitz in Deutschland hat einen Rechtsanspruch auf das Grundeinkommen. Für Kinder bis zum vollendeten 16. Lebensjahr wird ein Kindergrundeinkommen in Höhe von 50% des Grundeinkommens für Menschen ab 16 Jahren gezahlt. Im Gegenzug wird das Kindergeld abgeschafft. Entsprechend der Berechnungsgrundlage (50% des Volkseinkommens als BGE) ergäbe sich für das Jahr 2011 ein Grundeinkommensanspruch für Menschen ab 16 Jahren in Höhe von 1076 bzw. ein Kindergrundeinkommen in Höhe von 538. 2 In diesem Konzept wird von einem Grundeinkommen in Höhe von 1080 Euro monatlich (bis zum vollendeten 16. Lebensjahr) und in Höhe von 540 Euro monatlich (unter dem vollendeten 16. Lebensjahr) für das Jahr 2013 ausgegangen. Das BGE steht jedem Menschen zu, der seinen Erstwohnsitz in Deutschland hat. Der Status von Illegalen oder Menschen ohne Wohnsitz wird abgeschafft. Das Grundeinkommen wird als Negative Einkommenssteuer (NES) gewährt und ist somit mit allen anderen Einkommen kumulierbar. Allerdings wird eine Grundeinkommensabgabe in Höhe von 33,5 Prozent auf alle Primäreinkommen erhoben, die sofort mit dem Grundeinkommen verrechnet wird. Der Differenzbetrag wird als Grundeinkommen ausbezahlt. Da das Grundeinkommen mit der Grundeinkommensabgabe verrechnet wird, reduziert sich das ausbezahlte Grundeinkommen mit steigendem Einkommen. Ab 3224 Brutto im Monat wird das individuell garantierte Grundeinkommen nicht mehr ausbezahlt, da die zu bezahlende Grundeinkommensabgabe in diesem Fall höher ist als das Grundeinkommen. Die große Mehrzahl der Menschen wird mit dem Grundeinkommen mehr netto haben als heute. Nur hohe Einkommen (ab 7000 brutto) werden, mit höherem Einkommen deutlich stärker belastet als heute. Dadurch soll eine gerechtere Einkommens- und Vermögensverteilung geschaffen werden. Die Verrechnung des Grundeinkommens mit dem individuellen Einkommen ist so gestaltet, dass immer ein angemessener Lohnabstand gegeben ist. Somit können Erwerbslose nicht mehr so einfach wie heute gegen Erwerbstätige mit geringem Einkommen ausgespielt werden. Außerdem beseitigt das Grundeinkommen alle Ursachen für verdeckte Armut, die für alle bedürftigkeitsgeprüften Grund- oder Mindestsicherungen typisch ist. Sie wird restlos ausgemerzt und das Grundrecht auf eine ausreichende Sicherung und Teilhabe durchgesetzt. Allen BürgerInnen ist ein kostenfreies, pfändungssicheres Konto zur Verfügung zu stellen, die geschützte Pfändungsfreigrenze ist identisch mit der Höhe des Grundeinkommens. Die große Mehrzahl der Menschen wird mit dem Grundeinkommen mehr netto haben als heute. Nur hohe Einkommen (ab 7000 brutto) werden, mit höherem Einkommen deutlich stärker belastet als heute. Dadurch soll eine gerechtere Einkommens- und Vermögensverteilung geschaffen werden. Neben dem Grundeinkommen besteht ggf. Anspruch auf ein individualisiertes Wohngeld, das in der Höhe kommunal differenziert ist und sich an der Bruttowarmmiete orientiert. ein Kindergrundeinkommen in Höhe von 50% des Grundeinkommens für Menschen ab 16 Jahre. Das Volkseinkommen betrug laut Statistischem Bundesamt 2011 1963 Milliarden Euro. 2 Laut statistischem Bundesamt lebten zum 31.12.2011 81,84 Millionen Menschen in Deutschland, davon waren 11,638 Millionen unter 16 Jahre alt.

Ebenso besteht ggf. ein Anspruch auf Mehrbedarfe für bestimmte Lebenslagen, wie zum Beispiel bei Schwangerschaft, chronischer Krankheit, Menschen mit Behinderungen. Diese Leistungen werden weitgehend in den entsprechenden Gesetzen (neu) geregelt und auf Antrag von den zuständigen Trägern gewährt. 3 2. Finanzierungsbedarf Dieses Grundeinkommen in Form einer negativen Einkommenssteuer (NES-BGE) dürfte nach Schätzungen des Verfassers zwischen 525 und 545 Milliarden kosten. Dies ist der geschätzte Betrag aller Grundeinkommen, der insgesamt abzüglich der gegen gerechneten Grundeinkommensabgabe ausbezahlt wird. Gleichzeitig werden viele v. a. steuerfinanzierte Leistungen und Steuererleichterung im Volumen von rund 122 Milliarden pro Jahr überflüssig und werden im Gegenzug zur Einführung des Grundeinkommens abgeschafft. Diese eingesparten Beträge sollen zur Finanzierung des Grundeinkommens herangezogen werden. Der Nettofinanzbedarf läge also bei rund 403-423 Milliarden Euro pro Jahr. Weitere 60-80 Milliarden pro Jahr lassen sich durch die Neugestaltung der gesetzlichen Rentenversicherung einsparen, da der Zuschuss zur Rentenversicherung aus dem Bundeshaushalt durch die Neugestaltung der gesetzlichen Rente überflüssig wird. Diese freiwerdenden Mittel sollen überwiegend zur Finanzierung öffentlicher Leistungen und zur Haushaltskonsolidierung genutzt werden. Ein Teil kann in einen BGE-Rücklagefonds für Krisenzeiten eingezahlt werden (siehe Kapitel 5). Kosten des BGE im Detail (nach Berechnungen und Schätzungen des Verfassers) Kindergrundeinkommen für 11,638 Millionen Kinder bis 16 Jahre: 75 Mrd. BGE für Rentenbeziehende (bei einer Umlagerente von durchschnittlich ca. 540 und 20,5 Millionen RentnerInnen): ca. 220 Mrd. 4 BGE für ca. 5 Millionen Menschen ohne Erwerbseinkommen 5 : ca 65 Mrd. BGE für ca. 3 Millionen in der Statistik geführte Erwerbslose: ca. 35 Mrd. 6 Grundeinkommen für die rund 41,5 Millionen Erwerbstätigen, Schätzung nach Einkommensstruktur des SOEP: ca 130-150 Mrd 7 3 Z. B. im Rahmen des Gesetzes zur BürgerInnenversicherung (Kranken-/Pflegeversicherung) und des Teilhabesicherungsgesetzes, welche die Leistungen für kranke, zu pflegende Menschen und Menschen mit Behinderungen ohne jegliche Einkommens- und Vermögensüberprüfung regelt (siehe Forderungen der Partei DIE LINKE). 4 Es wird vorsichtig gerechnet, dass RentnerInnen im Schnitt nur 550 pro Monat Einkommen haben (20,5 Mio x 895 / Monat BGE = ca. 220 Mrd. / Jahr) 5 Menschen die nicht in der offiziellen Erwerbslosenstatistik auftauchen wie Personen in unbezahlten Fortbildungen, nicht Erwerbsfähige, voll Erwerbsgeminderte etc.) 6 Es wird vorsichtig angenommen, dass Erwerbslose im Schnitt 325 Erwerbslosengeld erhalten (= 970 Grundeinkommen pro Person und Monat) 7 Es wurde hier jeweils das Durchschnittseinkommen der Dezile bei der Einkommensstruktur als Schätzungsgrundlage genommen

Wegfallende Sozialleistungen und Steuererleichterungen (Angaben für 2011, gerundet): Grundsicherung für Arbeitsuchende (ohne Eingliederung in 35,0 Milliarden in Arbeitsmarkt, ohne Verwaltungsausgabe, Kommune, ohne Mehrbedarfe) Sozialhilfeausgaben (Hilfe zum Lebensunterhalt und Grund- 20,5 Milliarden sicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, ohne Verwaltungsausgaben und besondere Leistungen, mit Ausgaben für Pflege und Menschen mit Behinderungen) BAföG und Ausbildungsförderung 2,47 Milliarden Kindergeld (inkl. Steuererleichterungen) 46,0 Milliarden Steuerliche Erleichterungen (Ehegattensplitting / Kinderfreibetrag) 18,0 Milliarden gesamt: ca.122,0 Milliarden Finanzierung des Grundeinkommens in Höhe von maximal 423 Milliarden : BGE-Abgabe auf alle Primäreinkommen oberhalb der Transfergrenze (33,5%): ca. 190-200 Mrd. pro Jahr Eine Sachkapitalabgabe (Anlagevermögen und Immobilien) in Höhe von 1,00% des Verkehrswertes von Immobilien und anderem Sachkapital (Betriebskapital wie Maschinen etc.). Bei Immobilien soll ein Steuerfreibetrag von 75.000 pro Kopf gelten, d. h. eine Familie mit 2 Kindern mit einem Haus im Wert von 320.000 muss nur 20.000 davon versteuern und somit pro Jahr 200 an Steuer zahlen. Bei einem Haus im Wert von 250.000 fallen keine Steuern an. Einnahme: ca. 80 Mrd. pro Jahr 8 Eine zweckgebundene Primärenergiesteuer von 2,50 Cent / Kwh, Einnahme pro Jahr ca. 95 Mrd. pro Jahr 9 Eine Luxusumsatzabgabe im Volumen von 60 Mrd. pro Jahr. Einnahmen gesamt: ca. 425-435 Milliarden. Der Überschuss in Höhe von rund 3-13 Milliarden Euro soll in einen Rücklagefonds (siehe unten) fließen. 3. Steuerliche Behandlung der Einkünfte Mit der Einführung des BGE werden alle steuerlichen Freibeträge und Absetzungsmöglichkeiten inklusive Ehegattensplitting und Kinderfreibeträgen gestrichen. Lediglich das Grundeinkommen bleibt steuer- und abgabenfrei. Sozialleistungen bleiben ebenfalls steuer- und abgabenfrei (Erwerbslosengeld, Renten etc.) Bei der neuen Einkommensteuer werden drei Einkommensteuersätze eingeführt, die sich an der Höhe des BGE für Erwachsene orientieren. Die ersten 2160 8 Annahme: Bruttoanlagekapital gesamt ca. 12-13 Billionen, Freibeträge zusammen maximal 4,5 Billionen 9 Der Primärenergieverbrauch betrug 2011 ca. 3.743 Mrd. Kwh (Quelle: Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen e.v.)

Bruttoprimäreinkommen 10 pro Monat und Person (bis zum 2fachen BGE-Satz) werden pauschal mit 5 Prozent besteuert. Alle Bruttoprimäreinkommen zwischen 2161 und 5400 pro Person und Monat (bis zum 5fachen BGE-Satz) werden mit 15 Prozent besteuert, jeder Euro Bruttoprimäreinkommen ab 5401 pro Monat mit 25 Prozent. Da zur Finanzierung des Grundeinkommen eine direkte Abgabe in Höhe von 33,5 Prozent auf alle Primäreinkommen oberhalb der Transfergrenze 11 eingeführt wird, wird im Gegenzug die Einkommensteuer wie beschrieben modifiziert um eine reale Belastung der Primäreinkommen mit Steuern und Abgaben zwischen 50% bei Geringverdienern und 70% 12 bei hohen Einkommen zu erzielen. Die Steuereinnahmen aus der Einkommenssteuer sinken dadurch gegenüber heute. Insgesamt steigt aber die Belastung von höheren Einkommen deutlich. Ab dem 54.801. Euro Jahreseinkommen betragen die Steuern und Sozialabgaben auf jeden zusätzlich verdienten Euro zusammen 70 Prozent! 4. Gesetzliche Versicherungssysteme 4.1 Gesetzliche Rentenversicherung Das neue Rentensystem besteht aus der Basisrente (= BGE) plus gesetzlicher, umlagefinanzierter solidarischer BürgerInnenzusatzversicherung im Volumen von derzeit ca. 116 Milliarden. Die 116 Milliarden der BürgerInnenzusatzversicherung werden durch einen Versicherungsbeitrag von insgesamt 7 Prozent auf alle Bruttoprimäreinkommen finanziert. Bei Lohneinkommen wird der Beitrag paritätisch zwischen ArbeitgeberInnen und ArbeitnehmerInnen aufgeteilt (jeweils 3,5 Prozent). Bei Selbständigen wird der Arbeitgeberanteil vom Auftraggeber bezahlt. Wenn kein Auftraggeber vorhanden ist, erfolgt die Finanzierung aus dem Staatshaushalt. Das Renteneintrittsalter ist ab vollendetem 60. Lebensjahr frei wählbar. Für jeden Monat, den ein Mensch später in Rente geht, erhöht sich der Rentenzahlbetrag. Die Berechnung der Renten erfolgt wie heute nach einem beitragsabhängigen Punktesystem, wobei für alle gilt, dass geleistete Beiträge für die ersten 24.000 Jahreseinkommen mit dem Faktor 2 gewichtet werden, darüber hinausgehende Beitragszahlungen mit dem Faktor 1. Dies würde einem Rentenbeziehenden, der 35 Jahre lang durchschnittlich 30.000 Bruttojahreseinkommen hatte, mit einem Renteneintrittsalter von 65 Jahren, grob geschätzt, eine gesetzliche Rente von 490 und zusammen mit dem BGE (als Grundrente im Alter) ein Nettoeinkommen von ca. 1.495 bringen! Der durchschnittliche Rentenzahlbetrag in der gesetzlichen Rentenversicherung lag dagegen im Jahr 2011 nur bei 739. Für die Einkommenssituation der RentnerInnen würde dies daher bedeuten, dass diese in der Summe statt bisher rund 303 Milliarden (Stand 2011) aus den öffentlichen Rentenversicherungssystemen inklusive Pensionen dann insgesamt etwa 336 Milliarden pro Jahr (Summe BGE + staatliche Rentenzusatzversicherung) erhalten. Altersarmut wäre ausgeschlossen. Der bisherige Bundeszuschuss zur gesetzlichen Rentenversicherung 10 Bruttoprimäreinkommen sind Arbeitnehmerentgelte, Unternehmens- und Vermögenseinkommen vor Steuern und Abgaben. 11 Die Transfergrenze ist jene Einkommenshöhe, ab der kein BGE mehr ausbezahlt wird, da die zu zahlende Grundeinkommensabgabe höher als das BGE ist. Die Transfergrenze liegt in diesem Konzept bei 3224 Monatseinkommen (Berechnung: 1080 BGE / 33,5 % = 3324 ) 12 Solche Belastungen sind nicht ungewöhnlich: In Frankreich zum Beispiel betragen Spitzensteuersatz und Arbeitnehmerbeiträge zusammen über 70 Prozent. Auch Belgien hat bereits heute derartig hohe Belastungen.

entfällt. Die gesetzliche solidarische BürgerInnenrentenversicherung wird durch die BürgerInnen selbst verwaltet. Die Beitragsbemessungsgrenze wird abgeschafft. Für die Rentenbeziehenden müsste für die Übergangsphase eine besondere Regelung gefunden werden, wobei die erworbenen Ansprüche aus der Rente nicht angetastet werden dürfen. 4.2. Gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung Die Kranken- und Pflegeversicherung wird zu einer gesetzlichen solidarischen Bürger- Innenversicherung umgebaut und eine solidarische Abgabe von 14 Prozent eingeführt, wovon bei Lohneinkommen der Beitrag paritätisch von ArbeitnehmerInnen und ArbeitgeberInnen (jeweils 7,0 Prozent) erbracht wird. Durch diesen Beitrag stehen rund 232 Milliarden jährlich für diesen Bereich inklusive Lohnfortzahlung zur Verfügung. 2011 betrugen die Ausgaben in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung 178 Milliarden, in der privaten Krankenversicherung ca. 28 Milliarden, die staatlichen Beihilfen betrugen rund 12 Milliarden. (Summe: 218 Milliarden ). Da alle privat Versicherten mit Einführung der solidarischen Kranken- und Pflegeversicherung in die neue gesetzliche Versicherung integriert werden, steigen die Ressourcen der neuen gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung um rund 14 Milliarden pro Jahr. Alle Menschen, die keine Primäreinkommen haben, sind kostenfrei gesetzlich krankenund pflegeversichert. Wie bei der Rentenversicherung werden die Arbeitgeberbeiträge für Selbständige, sofern kein Auftraggeber vorhanden ist, aus dem Staatshaushalt finanziert. Die gesetzliche solidarische BürgerInnenkranken- und -pflegeversicherung wird durch die BürgerInnen selbst verwaltet. Die Beitragsbemessungsgrenze wird abgeschafft. 4.3. Gesetzliche Erwerbslosenversicherung Die bisherige Arbeitslosenversicherung soll zu einer solidarischen Erwerbslosenversicherung umgebaut werden. Diese könnte unseren Vorstellungen nach wie folgt aussehen: Das Erwerbslosengeld entspricht 60 Prozent der letzten Nettobezüge (bis zu einer maximalen Höhe von 2.000 pro Monat) und wird zusätzlich zum Grundeinkommen gezahlt. Die Mindesteinzahldauer für einen Anspruch auf das Erwerbslosengeld beträgt 1 Monat. Die Zahldauer richtet sich nach der Länge der vorhergehenden Erwerbstätigkeit. Nach einem Monat Erwerbstätigkeit wird es einen Monat lang gezahlt, nach 2 Monaten zwei Monate lang usw. Ab einem Jahr Erwerbstätigkeit beträgt die Zahldauer 12 Monate plus einen Monat für jedes weitere Jahr der Erwerbstätigkeit. Werden Anwartschaften nicht voll genutzt, weil die Erwerbslosigkeit schon vorher endet, so gehen diese Zeiten nicht verloren, sondern werden dem Berechtigten gutgeschrieben und bei einer eventuellen neuen Erwerbslosigkeit mitgezählt. Mit Erreichen des Renteneintrittsalters erlischt der Restanspruch des Erwerbslosengeldes. Für Beziehende kleiner und mittlerer Einkommen

erhöht sich damit die Lohnersatzrate und damit die dekommodifizierende 13 Wirkung des Erwerbslosengeldes spürbar. Das heißt, diese Menschen sind weniger dem ökonomischen Druck ausgesetzt, auch eine vielleicht nicht passende oder schlecht bezahlte Arbeit aufzunehmen. Die Erwerbslosenversicherung wird wie die anderen gesetzlichen Sozialversicherungen durch Beiträge auf alle Bruttoprimäreinkommen finanziert. Bei Lohneinkommen wird der Beitrag paritätisch von ArbeitnehmerInnen und ArbeitgeberInnen gezahlt. Bei Selbständigen wird der Arbeitgeberanteil als Staatszuschuss an die Erwerbslosenversicherung geleistet. Für Zeiten mit höherer Arbeitslosigkeit sollen Rücklagen gebildet werden, um die Beiträge möglichst stabil zu halten. 2011 betrug das Beitragsvolumen der Arbeitslosenversicherung 25,4 Milliarden. Da nicht abzuschätzen ist, wie sich die Erwerbslosigkeit mit Einführung eines BGE entwickeln würde, diese aber nach Schätzung des Verfassers mit BGE aufgrund der Kaufkraftsteigerung und zusätzlicher freiwilliger wie gesetzlicher Arbeitszeitverkürzungen in der Summe sinken würde, wird für die Modellrechnungen vereinfachend das Beitragsvolumen gleich gelassen. In unserer Modellrechnung gehen wir von einem Beitragssatz von insgesamt 2% (je 1% Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteil) aus. Erwerbslose sind, da sie zudem das Grundeinkommen erhalten, gegenüber heute deutlich besser gestellt werden! Eine Beitragsbemessungsgrenze in der Erwerbslosenversicherung ist nicht vorgesehen. Zudem soll zur Finanzierung der aktiven Arbeitsmarktpolitik ein Arbeitsmarktfonds im Volumen von jährlich 20 Milliarden zur Finanzierung der aktiven Arbeitsmarktpolitik eingeführt werden. Diesen Beitrag tragen die ArbeitgeberInnen allein. 4.4. Gesetzliche Unfallversicherung Die gesetzliche Unfallversicherung wird weiterhin ausschließlich durch Arbeitgeberbeiträge finanziert. 5. Das BGE in Rezessionsphasen Da das bedingungslose Grundeinkommen an die volkswirtschaftliche Entwicklung gekoppelt ist, würde die Höhe der Geldleistung bei einem Schrumpfen des Volkseinkommens ebenfalls sinken. Das BGE ist von uns zwar nicht als antizyklisch steuerndes Korrektiv gedacht, soll aber auch nicht zur Verschärfung einer Wirtschaftskrise beitragen, indem die Grundeinkommensleistung im Krisenfalle ebenfalls gekürzt wird. Um dieses Problem zu lösen, sollen o. g. Überschüsse und ggf. weitere Haushaltsüberschüsse oder frei werdende Mittel in einem Rücklagefonds in Höhe von maximal 10 Prozent des Volkseinkommens eingezahlt werden, der im Falle einer Rezession bei sinkendem Volkseinkommen das BGE temporär konstant lässt, indem diese Rücklagen dann zur antizyklischen Krisensteuerung eingesetzt werden. Sollte es zu einer mehrjährigen Rezession kommen, müssten allerdings weitere Maßnahmen ergriffen werden, da dann auch diese Rücklage womöglich nicht ausreichen würde! 13 Unter Dekommodifizierung versteht man die Abkopplung Sozialer Sicherheit vom Arbeitsmarkt bzw. die Verringerung der Marktabhängigkeit der AnbieterInnen von Arbeit (Selbständige, Scheinselbständige, ArbeitnehmerInnen, unentgeltlich Tätige und Sozialleistungsbeziehende), also Eingriffe in den Arbeitsmarkt, die der Arbeit den Charakter der Ware (commodity) nehmen sollen.

6. Ausbau, Demokratisierung und zum Teil gebührenfreie Nutzung der gemeinsamen Güter, öffentlichen Infrastrukturen, Dienstleistungen Ein bedingungsloses Grundeinkommen hat den Sinn und Zweck, allen Menschen ein existenz- und teilhabesicherndes Einkommen zu garantieren. Da die notwendige Höhe dieses Grundbedarfes in Geldform auch von den Gebühren für die Nutzung von Infrastrukturen und Dienstleistungen abhängt, sollte die Höhe des BGE auch diese Kosten berücksichtigen. Gebührenfreie Angebote der Nutzung von gemeinsamen Gütern (z. B. Wissen), öffentlicher Infrastrukturen und Dienstleistungen dagegen minimieren den Grundbedarf und damit die Höhe des Grundeinkommens. Es sollen vor allem folgende Bereiche qualitativ und quantitativ deutlich verbessert werden. Die qualitative Seite schließt generell die Barrierefreiheit ein, um Menschen mit Behinderungen den ungehinderten Zugang gemeinsamen Gütern, öffentlichen Infrastrukturen und Dienstleistungen zu ermöglichen. Ebenso schließt die qualitative Seite ein, dass Umfang und die konkrete Ausgestaltung der Zugänge auch direktdemokratisch entschieden werden - ebenso wie das Grundeinkommen selbst. 1. Wir streiten für gebührenfreies Bildungssystem, das herkunftsunabhängig jeder und jedem die gleichen Chancen bietet und es jedem Menschen möglich macht, gewünschte Berufsziele zu verwirklichen und sich umfassend zu bilden. Wir streiten für gebührenfreie Krippen-, Kindergarten- und Hortplätze, Schulbesuche und ein gebührenfreies Studium. 2. Wir streiten für den Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs mit der Zielsetzung, diesen für alle Menschen gebührenfrei anzubieten. 3. Wir streiten für eine ökologisch ausgerichtete öffentliche Infrastruktur, insbesondere in den Bereichen Fernverkehr, Energie, Wasser, Entsorgung, Post und Telekommunikation. Über die schrittweise Einführung von Gebührenfreiheiten ist demokratisch zu entscheiden. 4. Wir wollen die schrittweise Einführung der gebührenfreien Möglichkeit der Teilnahme am politischen, kulturellen, sozialen und sportlichen Leben, einschließlich der gebührenfreien Nutzung entsprechender Infrastrukturen und Dienstleistungen. 5. Wir streiten für den gebührenfreier Zugang für alle zu Information, Wissen und Internet. Privatwirtschaftliche, gewinnorientierte DienstleisterInnen in den Bereichen Verkehr, Wasser- und Abfallwirtschaft, Energie, Post und Telekommunikation sind zurückzudrängen. Dies bedeutet aber nicht automatisch, dass diese Betriebe (wieder) alle zu klassischen Staats-, Landes- oder Kommunalbetrieben umfunktioniert werden müssten. Gemeinnützige bürgereigene oder genossenschaftliche Betriebe wären genauso denkbar und womöglich in manchen Fällen sinnvoller. Entscheidend neben der angestrebten Gebührenfreiheit ist die demokratische Gestaltung der Angebote, um diese den Ansprüchen und Wünschen der NutzerInnen entsprechend einzurichten. Das heißt, mit der Ausgestaltung der öffentlichen Infrastrukturen und Dienstleistungen ist zugleich eine Demokratisierung der Gesellschaft auch in diesen Bereichen angestrebt. Gebührenfreie Infrastrukturen und Dienstleistungen und deren öffentliche und demokratische Organisation sind zwei Seiten einer Medaille. Grundsätzlich gilt: Wenn das bedingungslose Grundeinkommen als eine Leistung zur Existenz- und Teilhabesicherung gedacht ist und gebührenfreie Güter, Infrastrukturen und Dienstleistungen daher als Teil dieser Leistung betrachtet werden, können bei fortschreitender Gebührenfreiheit die von uns fürs BGE gedachten 50 Prozent des Volkseinkommens auch verstärkt zu deren Finanzierung herangezogen werden.

7. Einnahmen und Ausgaben des Staates und der sozialen Sicherungssysteme gesamt Durch die neugestaltete Einkommensteuer sinken die Einnahmen aus dieser Steuer um bis zu 10 Milliarden pro Jahr (Schätzung des Verfassers). Durch das Grundeinkommen steigt aber der Binnenkonsum stark an, wodurch sich die Mehrwertsteuereinnahmen des Staates deutlich erhöhen. Damit sind die Ausfälle in der Einkommensteuer mehr als kompensiert. Der Überschuss ist zur schrittweisen Tilgung der Staatsschulden einzusetzen. Insgesamt würde ein deutlich verändertes Netz an sozialen Sicherungssystemen entstehen. Die umfangreichste Leistung wäre das BGE, das aus einem Etat finanziert wird. Alle zur Finanzierung des BGE eingeführten Abgaben fließen in einen demokratisch selbstverwalteten BGE-Fonds. Durch den Wegfall der genannten steuerfinanzierten Sozialleistungen würden die Haushalte von Bund, Ländern und Kommunen spürbar entlastet, und es könnten alle frei werdenden Mittel, die nicht zur Finanzierung des BGE herangezogen werden, zur Finanzierung staatlicher Leistungen, öffentlicher Infrastrukturen und Dienstleistungen herangezogen werden oder zur Haushaltskonsolidierung verwendet werden. Die Sozialversicherungen bleiben als eine wichtige Säule des sozialen Sicherungssystems bestehen und werden qualitativ verbessert. Der wegfallende Zuschuss aus dem Bundeshaushalt zur gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 60-80 Milliarden pro Jahr kann wie folgt verwendet werden: 20 bis 25 Milliarden zur Finanzierung der Arbeitgeberbeiträge der Selbständigen zu den gesetzlichen Sozialversicherungen, die keinen Auftraggeber haben (vgl. Kapitel 4.1 bis 4.3), der Rest von ca. 35 bis 60 Milliarden jährlich kann zu Teilen in einen BGE- Rücklagefonds (mindestens 10 Milliarden ) und zur schrittweisen Tilgung der Staatsschulden eingesetzt werden, was schrittweise zu geringeren Ausgaben für Schuldzinzen führt. Die BAG Grundeinkommen befürwortet neben der von uns geforderten Sachkapitalabgabe wie die Partei DIE LINKE. die Einführung einer europaweiten Finanztransaktionssteuer zur Schuldentilgung sowie eine höhere Erbschaftssteuer und die Wiedereinführung einer Vermögenssteuer. Eigene Beschlüsse zu diesen Steuern haben wir nicht erarbeitet und gefasst, da diese Steuern nicht für die Finanzierung eines Grundeinkommens herangezogen werden sollen und somit den Rahmen dieses BGE-Konzeptes sprengen würden. Da davon vor allem auch öffentliche Infrastruktur, Dienstleistungen und Bildung finanziert werden sollen, setzen wir in der folgenden Zusammenfassung der staatlichen Sozialleistungen hierfür 30 Milliarden an, auch wenn die zusätzlichen Investitionen insgesamt höher ausfallen. Allerdings würden verschiedene gebührenfrei zu nutzenden Infrastrukturen und Dienstleistungen zur Senkung des nötigen Grundeinkommensbetrages führen (siehe Kapitel 6). Das Geld wird jedoch nur einmal ausgegeben: als Grundeinkommensbetrag oder zur Finanzierung eines gebührenfreien ÖPNV, Internetanschlusses usw. Bei den öffentlichen Haushalten ergäben sich folgende Veränderungen: Mehrkosten Übernahme der Arbeitgeberbeiträge für Selbständige - 20-25 Mrd. Wegfall staatlicher Transferzahlungen an Gesetzliche Rentenversicherung + 60-80 Mrd. Finanzierung öffentlicher Dienstleistungen / Infrastrukturen / Bildung - 40 Mrd. Es entstehen in der Summe also keine Mehrausgaben.

Die Sozialleistungsquote würde sich dann wie folgt zusammensetzen: Bedingungsloses Grundeinkommen 525-545 Mrd. Gesetzliche Rentenversicherung 116 Mrd. Gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung 232 Mrd. Erwerbslosenversicherung 25 Mrd. Arbeitsmarktfonds 20 Mrd. Beiträge für Selbständige 20-25 Mrd. Unfallversicherung 11 Mrd. Elterngeld 5 Mrd. Zusätzliche Ausgaben Infrastruktur/ Dienstleistungen/ Bildung 30 Mrd. Restliche Sozialleistungen von Bund / Ländern / Kommunen ca. 55 Mrd. Summe: ca. 1039-1064 Mrd. Die Sozialausgaben steigen insgesamt gegenüber heute von ca. 31 Prozent (2012) auf ca. 40 bis 41 Prozent des Bruttoinlandsprodukts 14. Insgesamt ergibt sich mit BGE eine Staatsquote von rund 54 bis 55 Prozent (heute ca. 45 Prozent). Das sind keine ungewöhnlichen Werte, manche Länder haben schon heute eine höhere Staatsquote. Dänemark und Schweden hatten Mitte der 90iger Jahre sogar eine Staatsquote von rund 60 Prozent. 2012 hatte Dänemark noch immer eine Staatsquote von 58 Prozent, Frankreich 2012 von 57 Prozent. 8. Wer profitiert, wer bezahlt das BGE? Die reale Kaufkraft des Nettoeinkommens mit diesem Konzept läge voraussichtlich wenige Prozent unter dem heutigen Niveau. Kaufkraftverluste resultieren in erster Linie aus der Primärenergieabgabe und der Luxusumsatzabgabe sowie bei Vermögenden aus der Sachkapitalabgabe. 1. Single Bruttomonatseinkommen Einkommen mit BGE Einkommen heute Saldo 1.000 1.580 780 + ALG II +??? 1.500 1.830 1.075 +755 2.000 2.080 1.339 +741 2.500 2.296 1.598 +698 3.000 2.496 1.897 +599 4.000 2.896 2.390 +506 5.000 3.296 2.890 +406 6.000 3.636 3.378 +258 7.000 3.936 3.935 +1 8.000 4.236 4.492-256 10.000 4.836 5.606-770 20.000 7.836 11.175-3.339 85.000 27.336 45.370-18.034 2. Single mit Kind Bruttomonatseinkommen Einkommen mit BGE Einkommen heute Saldo 1.500 2.370 1.271 +1.099 2.500 2.836 1.834 +1.002 3.000 3.036 2.096 +960 4.000 3.436 2.591 +845 5.000 3.836 3.093 +743 6.000 4.176 3.581 +595 10.000 5.376 5.790-414 14 Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) betrug im Jahr 2011 laut Statistischem Bundesamt 2.570 Mrd..

3. Single mit 2 Kindern Bruttomonatseinkommen Einkommen mit BGE Einkommen heute Saldo 1.500 2.910 1.466 +1.444 2.500 3.376 2.028 +1.348 3.000 3.576 2.289 +1.287 4.000 3.976 2.785 +1.191 6.000 4.716 3.784 +932 10.000 5.916 6.006-90 4. Paar mit 2 Kindern Bruttomonatseinkommen Einkommen mit BGE Einkommen heute Saldo 2.500 + 0 4.456 ca. 2.240 +2.216 2.500 + 1.500 5.206 ca. 3.150 +2.056 2.500 + 2.500 5.672 ca. 3.700 +1.972 4.000 + 3.000 6.472 ca. 4.700 +1.772 7.000 + 0 6.096 ca. 4.960 +1.136 10.000 + 5.000 9.212 ca. 8.900 +312 5. Paar ohne Kinder Bruttomonatseinkommen Einkommen mit BGE Einkommen heute Saldo 10.000 + 5.000 8.132 ca. 8.550-418 9. Arbeitsmarktpolitische Maßnahmen und Schaffung eines ÖBS a) Arbeitsrechtliche Verbesserungen / Mindestlohn Arbeitsrechtliche Verbesserungen inklusive radikaler Arbeitszeitverkürzung und -umverteilung sowie eines gesetzlichen Mindestlohns von mindestens 10 pro Stunde, perspektivisch 12 pro Stunde. b) Neugestaltung aktiver Arbeitsmarktpolitik Es werden öffentlich geförderte Arbeitsplätze (Öffentlich geförderter Beschäftigungssektor - ÖBS) geschaffen, die von Arbeitsuchenden entwickelt und freiwillig besetzt werden können. Sie sind tariflich, mindestens in Höhe des gesetzlichen Mindestlohns zu vergüten. Die Finanzierung dieser öffentlich geförderten Arbeitsplätze erfolgt aus dem im Kapitel 4.3 genannten neu zu schaffenden Fonds für Arbeitsmarktpolitik (20 Milliarden ). c) Gleicher Tariflohn und Mindestlohn sowie Zurückdrängung des Zeitarbeitssektors. Für LeiharbeiterInnen ist wie für reguläre Beschäftigte der Tariflohn zu zahlen. Es ist zu prüfen, ob darüber hinaus nicht den LeiharbeiterInnen ein Flexibilitätsbonus gewährt werden soll! Der Zeitarbeitssektor ist zu vergesellschaften und in seiner Bedeutung zurückzudrängen. Unternehmen ab 100 Beschäftigten haben generell keine Möglichkeit mehr, LeiharbeiterInnen einzusetzen. 10. Das BGE als Teil einer Gesamtstrategie Wir betrachten das Bedingungslose Grundeinkommen weder als Allheilmittel für wirtschaftliche und soziale Probleme noch als singuläres Projekt. Vielmehr ist das BGE als Bestandteil einer emanzipatorischen und gesellschaftstransformatorischen Gesamtstrategie zu betrachten, die insbesondere auch folgende Aspekte beinhaltet: Arbeitsrechtliche Verbesserungen inklusive radikaler Arbeitszeitverkürzung und -umverteilung sowie eines gesetzlichen Mindestlohns von 10 pro Stunde.

Massive Umverteilung von oben nach unten mittels BGE und Besteuerung, insbesondere durch eine stärkere Belastung von Kapital, Vermögen und hohen Einkommen. Ausbau und Demokratisierung der sozialen Sicherungssysteme. Ausbau und Demokratisierung öffentlicher Infrastrukturen und Dienstleistungen. Radikale Umverteilung der gesellschaftlich notwendigen Arbeit (bezahlte wie unbezahlte) zwischen den Geschlechtern. Dabei sind weitere Maßnahmen zur Herstellung von Geschlechtergerechtigkeit erforderlich, wie z. B. gleicher Lohn für gleiche Arbeit, gleiche Zugangschancen zu Bildung und beruflichen Positionen. Eine gesellschaftliche (inkl. wirtschaftliche) Entwicklung und ein Gesellschaftskonzept, das in hohem Maße auf ökologische Nachhaltigkeit setzt. Schaffung einer solidarischen, partizipativen und kooperativen Gesellschaft, die auf der Demokratisierung von Wirtschaft und Gesellschaft und der Freiheit des Einzelnen basiert. Eine grundlegende Eigentumsumverteilung inklusive der Übertragung der realen Verfügungsgewalt über die Produktionsmittel an die Beschäftigten und die BürgerInnen. Das Grundeinkommen ist ein Menschenrecht - in Europa und weltweit. Jeder Mensch hat an jedem Ort, an dem er lebt und wohnt, ein Recht auf die bedingungslose Absicherung seiner Existenz und gesellschaftlichen Teilhabe. 11. Einführungsschritte für Deutschland Lebensphasen-/Lebenlagenkonzept Das Grundeinkommen kann schrittweise eingeführt werden. Mögliche Schritte wären eine eigenständige Grundsicherung für alle Kinder und Jugendlichen in Höhe von 540, bedingungslose Absicherungen für Studierende in Höhe von 1080 monatlich (Bildungsgeld bzw. Studienhonorar), eine bedingungslose Grundabsicherung als Lohnausgleich von mindestens 1080 Euro und von maximal 1.800 für Menschen, die eine berufliche Auszeit nehmen sowie eine bedingungslose Grundrente für alle im Rentenalter in Höhe von 1.080. Diese Forderungen entsprechen teilweise den Beschlüssen zum Wahlprogramm der Partei DIE LINKE und gehen teilweise darüber hinaus. Nürnberg, 07.09.2013 DIESER ENTWURF STEHT ZUR ABSTIMMUNG AUF DER GESAMTMITGLIEDER- VERSAMMLUNG DER BAG GRUNDEINKOMMEM AM 26./27.10.2013 IN ERFURT UND STELLT NOCH KEINE BESCHLUSSLAGE DER BAG DAR. BIS ZUR BESCHLUSSFASSUNG GILT WEITER DAS BISHERIGE BAG-KONZEPT FÜR EIN BGE.