Landratsamt Ra3ensburg Flüchtlinge im Landkreis Ravensburg Zahlreiche Menschen suchen derzeit Zuflucht in Europa. Auslöser dafür sind Krisenherde auf der ganzen Welt, die unterschiedliche Ursachen haben können, von politischen und wirtschaftlichen Krisen über Menschenrechtsprobleme bis hin zu gewalttätigen und kriegerischen Auseinandersetzungen in instabilen Regionen. Viele Flüchtlinge kommen auch in den Landkreis Ravensburg. Wer sie sind, woher sie kommen und vor allem, weshalb sie ihre Heimat verlassen haben, darüber möchten wir Sie gerne informieren. Denn: Fremd ist uns nur, was wir nicht kennen und nicht verstehen. Für alle, die gerne verstehen und mehr wissen möchten, haben wir im Folgenden die häufigsten Fragen und Antworten zum Thema Flüchtlinge und Asylbewerber im Landkreis Ravensburg zusammengestellt. Woher kommen die Menschen? Die Flüchtlinge, die derzeit im Landkreis Ravensburg in Flüchtlingsunterkünften untergebracht sind, kommen aus 25 verschiedenen Herkunftsländern. Die meisten Flüchtlinge stammen aus Gambia, gefolgt von Pakistan, Syrien, Mazedonien und Serbien. LRA RV - ST - Stand 12/2014 Ist es dort wirklich so schlimm und was sind die Probleme in den jeweiligen Herkunftsländern? Die Fluchtgründe sind sehr individuell und jeder Flüchtling bringt seine eigene Geschichte der Verfolgung und Bedrohung mit sich. Die Gründe spielen eine wichtige Rolle bei der Bearbeitung der Asylanträge. Dafür ist das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) zuständig, das detaillierte Kenntnisse über die jeweiligen Fluchtgründe der einzelnen Asylbewerber besitzt. Über die Lebensbedingungen in den fünf Hauptherkunftsländern kann man folgendes sagen: Gambia Gambia ist ein kleines Land in Westafrika mit rund 1,7 Mio. Einwohnern. Gambia lebt überwiegend von Landwirtschaft und Fischerei und zählt zu den ärmsten Ländern der Welt. Die Menschenrechtslage wird international scharf kritisiert. Im August 2012 wurden zum ersten Mal seit 1981 wieder Todesurteile vollstreckt. Die Pressefreiheit ist eingeschränkt, ebenso die Meinungs- und Versammlungsfreiheit. Immer wieder werden Journalisten und Oppositionelle willkürlich verhaftet. Eine Falschinformation kann mit bis zu 15 Jahren Haft bestraft werden. Menschenrechtsorganisationen kritisieren auch den mangelnden Schutz der Rechte von Frauen. Rund 80 Prozent der Frauen und Mädchen sind nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation Opfer von Beschneidungen. Homosexualität ist nach gambischen Recht verboten und wird mit Gefängnisstrafen von mehreren Jahren geahndet. Hohe Repräsentanten des gambischen Staates haben die Bevölkerung in öffentlichen Reden zur Anzeige Homosexueller aufgerufen. 1
Pakistan Insbesondere die Lage der religiösen Minderheiten ist in Pakistan schwierig. Eine Bedrohung geht von militanten Organisationen vor allem gegen Schiiten, Ahmadis und Christen, aber auch gegen gemäßigte Sunniten aus. Die umstrittene Gesetzgebung sieht unter anderem für Gotteslästerung die Todesstrafe vor. Außerdem richten sich einige gesetzliche Regelungen speziell gegen die Ahmadis. Zwei hochrangige Politiker wurden 2011 aufgrund ihres öffentlichen Eintretens für eine grundlegende Reform des Gesetzes getötet. Danach blieben ernsthafte Bemühungen um eine Gesetzesreform aus. Die Gefährdung durch terroristische Anschläge seitens der Pakistanischen Taliban und mit den Taliban verbundener Gruppen ist hoch. Daneben besteht die Gefahr religiös motivierter Terroranschläge durch radikale Gruppierungen. Die Anschläge richten sich vor allem gegen Streitkräfte, Sicherheitsdienste und Polizei sowie religiöse Stätten. Gelegentlich kommt es auch zu Anschlägen auf Märkten, in Infrastruktureinrichtungen und in öffentlichen Gebäuden. Syrien Das Land befindet sich seit 2012 in einem Bürgerkrieg, nachdem die Bevölkerung mit friedlichen Protesten Freiheit und Demokratisierung sowie das Ende der Baschar al-assad Diktatur forderte. Die Armee des syrischen Präsidenten ging mit brutaler Gewalt gegen die Demonstranten vor und die Kämpfe radikalisierten sich. Die militärische Auseinandersetzung weitete sich im ganzen Land aus und mittlerweile sind alle Städte und Regionen betroffen. Täglich steigt die Zahl der Toten und Verletzten beträchtlich an. Die staatlichen Strukturen zerfallen vielerorts und das allgemeine Gewaltrisiko steigt. Persönliche Sicherheit kann in Syrien nicht mehr gewährleistet werden. Jeden Tag kommt es zu neuen Angriffen, Bombardierungen und gewaltvollen Auseinandersetzungen. Es herrscht Mangel an Nahrung und gesundheitlicher Versorgung. Syrien wird mittlerweile von religiösen Extremisten aus der ganzen Welt als Austragungsort ihrer Konflikte genutzt. Mazedonien, Serbien Aus den Westbalkan-Staaten kommen seit mehreren Jahren verstärkt Flüchtlinge nach Deutschland. Es handelt sich hierbei im Wesentlichen um Sinti und Roma, welche in den genannten Herkunftsländern zwar nach der Definition des Asylverfahrensgesetzes nicht verfolgt, allerdings gesellschaftlich stark diskriminiert werden. Der Zugang zu Arbeitsmarkt und Bildung ist enorm eingeschränkt. Dementsprechend bestehen für europäische Verhältnisse kaum vorstellbare Ghettoisierungen. Schlepperbanden sind in den Ländern gut organisiert und profitieren darüber hinaus von der visumsfreien Einreisemöglichkeit aus diesen Ländern. Wie werden die Menschen im Land verteilt? Erste Anlaufstelle für die Asylbewerber sind die Erstaufnahmeeinrichtungen der Bundesländer, auf welche die Asylbewerber nach dem sogenannten Königsteiner Schlüssel verteilt werden. Der Königsteiner Schlüssel berücksichtigt die Steuereinnahmen und die Bevölkerungszahl des jeweiligen Bundeslandes. In Baden-Württemberg gibt es Landeserstaufnahmestellen in Karlsruhe und in Meßstetten. Von dort werden die Flüchtlinge den einzelnen Landkreisen zugewiesen, die ihnen Gemeinschaftsunterkünfte in den Städten und Gemeinden zur Verfügung stellen. Wie viel Platz hat ein Asylbewerber in der Gemeinschaftsunterkunft? Nach dem Flüchtlingsaufnahmegesetz steht jedem Flüchtling eine durchschnittliche Wohn- und Schlaffläche von 4,5 m² zu. Ab Anfang 2016 wird diese auf 7 m² erweitert. 2
Wie viel Geld und sonstige Leistungen bekommen Asylbewerber? Die Sicherung des Lebensunterhaltes erfolgt durch Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG). Den Asylbewerbern wird eine Unterkunft inkl. Heizung, Wasser/Abwasser, Strom und Möblierung gestellt. Für die Deckung des sonstigen Lebensunterhaltes, also Lebensmittel, Kleidung, usw., erhalten die Flüchtlinge monatlich einen Geldbetrag in Höhe von derzeit 0. Warum können sie sich Handys und Tablet-PCs leisten? Die meisten Asylbewerber verfügen über Smartphones oder Tablets. Überwiegend erwerben sie die Geräte hier in Deutschland, häufig bereits schon während dem Aufenthalt in der Erstaufnahmeeinrichtung. Die Geräte werden in der Regel im Ratenkaufprinzip erworben und über den monatlichen Regelsatz finanziert. Die Smartphones bieten oft die einzige Möglichkeit für die Flüchtlinge, über das Internet mit ihren Verwandten und Freunden im Heimatland zu kommunizieren. Daher ist es verständlich, dass die Geräte für die Asylbewerber einen hohen Stellenwert einnehmen. Werden die Flüchtlinge sozial betreut? Für die Sozialbetreuung ist das Landratsamt Ravensburg zuständig. Je nach Standort wird die Betreuung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Landkreisverwaltung oder nach Beauftragung seitens des Landratsamts von Gemeindeverwaltungen und freien Trägern erbracht. Aktuell ist eine Vollzeitkraft für die Betreuung von 160 Flüchtlingen zuständig. Ab Juli 2015 soll eine Vollzeitkraft nur noch 134 Flüchtlinge zu betreuen haben. Die Sozialbetreuer bieten feste wöchentliche Sprechzeiten an. Darüber hinaus gibt es an allen Standorten ehrenamtliche Helferkreise, die neben der Unterstützung in Alltagsituationen auch eine Vielzahl an Freizeitaktivitäten organisieren. Sind Asylbewerber krankenversichert? Die Flüchtlinge sind nicht Mitglied in der gesetzlichen Krankenversicherung, sondern erhalten Krankenhilfe nach dem AsylbLG. Hierbei sind sie schlechter gestellt als andere Leistungsempfänger, denn Gesundheitsleistungen werden nur gewährt, soweit diese medizinisch zwingend erforderlich sind. Bekommen die Asylbewerber Deutschkurse? Die meisten Asylbewerber verfügen anfangs über keine oder nur sehr geringe Deutschkenntnisse. Um sich im Lebensalltag in Deutschland zurechtzufinden, ist daher der frühzeitige Erwerb von Grundkenntnissen der deutschen Sprache sehr wichtig. Der Landkreis Ravensburg bietet seit 1. Januar 2014 kostenlose Deutschkurse bei verschiedenen regionalen Sprachkursträgern an. Zudem bieten die ehrenamtlichen Helferkreise ebenfalls Deutschkurse an. Die verschiedenen Angebote werden aufeinander abgestimmt. Wie viel Geld bekommt der Landkreis pro Asylbewerber vom Land und was muss damit alles bezahlt werden? Die Unterbringung der Asylbewerber wird als Pflichtaufgabe vom Landkreis erledigt, der damit staatliche Aufgaben wahrnimmt. Daher werden die Aufwendungen vom Land erstattet. In Baden-Württemberg wird für jeden Flüchtling eine einmalige Pauschale an die Stadt- und Landkreise bezahlt. Diese beträgt seit dem 01.01.2014 12.566 und ab dem 01.01.2015 13.260. Mit dieser Pauschale werden die Kosten für Unterbringung, Versorgung, Verwaltung und Betreuung sowie Aufwendungen für die Sozialleistungen inkl. Krankenhilfe finanziert. 3
Was passiert, wenn das Geld nicht reicht? Was passiert, wenn die Asylbewerber früher wieder gehen müssen? Diese Pauschale wird unabhängig davon gewährt, wie lange der einzelne Flüchtling tatsächlich bleibt und wie hoch die tatsächlichen Kosten sind. Bei der Berechnung der Pauschale wurde eine durchschnittliche Verweildauer von 18 Monaten zugrundegelegt. Alle Aufwendungen, welche die Erstattungspauschale des Landes übersteigen, sind vom Landkreis zu tragen. Im Einzelfall kann es bei einem kurzen Aufenthalt zu einem Überschuss und bei langem Aufenthalt zu einem Defizit kommen. Ab wann dürfen Asylbewerber arbeiten? Asylbewerber dürfen in den ersten neun Monaten ihres Aufenthalts generell nicht arbeiten. Nach Ablauf dieses Erwerbsverbotes können sie mit Erlaubnis der Ausländerbehörde einer Beschäftigung nachgehen. Voraussetzung für die Beschäftigungserlaubnis ist, dass sich kein Deutscher oder EU-Bürger als Interessent für die konkrete Tätigkeit findet die sogenannte Nachrangprüfung. Nach der Anerkennung als Flüchtling können die Flüchtlinge uneingeschränkt einer Erwerbstätigkeit nachgehen. Soll das geändert werden? Der aktuelle Gesetzesentwurf sieht vor, dass das Beschäftigungsverbot von neun auf drei Monate reduziert wird und die Nachrangprüfung nach weiteren zwölf Monaten entfällt. Der Bundesrat hat dem Gesetz jüngst zugestimmt. Das Gesetz ist allerdings noch nicht verkündet und damit auch noch nicht in Kraft getreten. Wie viel dürfen die Asylbewerber verdienen? Die Höhe des Verdienstes ist grundsätzlich nicht eingeschränkt. Aufgrund der oben genannten Bedingungen und mangels Anerkennung von Bildungs- und Berufsabschlüssen kommen allerdings in der Regel nur verhältnismäßig schlecht bezahlte Tätigkeiten in Betracht. Erhält ein Asylbewerber Sozialleistungen, wenn er arbeitet? Wie bei der Gewährung von anderen Sozialleistungen erhält auch nur derjenige Asylbewerber Leistungen vom Staat, der seinen Lebensunterhalt nicht selbst, also durch eigenes Einkommen oder Vermögen bestreiten kann. Daher wird ein Arbeitseinkommen auf die Leistungen angerechnet, jedoch gelten 25 Prozent als Freibetrag. Die Gewährung dieses Freibetrages soll einen Anreiz zur Aufnahme einer Arbeit schaffen. Müssen dann Steuern bezahlt werden? Hier gibt es keinerlei Unterschiede zu anderen Bevölkerungsgruppen. Es werden sowohl Steuern als auch Sozialversicherungsbeiträge fällig, solange es sich nicht um eine geringfügige Beschäftigung in Form eines Mini-Jobs handelt. Wo dürfen sich die Asylbewerber aufhalten? Die Asylbewerber dürfen sich im ganzen Kreisgebiet frei bewegen. Der besuchsweise Aufenthalt im ganzen Land Baden-Württemberg ist ebenso ohne weitere Genehmigung erlaubt. Sofern sich die Asylbewerber außerhalb des Landes Baden-Württemberg begeben wollen, benötigen sie eine Erlaubnis der Ausländerbehörde. Ansonsten sind die Asylbewerber verpflichtet, ihren Wohnsitz in der ihnen zugewiesenen Flüchtlingsunterkunft zu nehmen. 4
Soll das geändert werden? Auch diesbezüglich sieht der geplante Gesetzesentwurf Änderungen vor. Die Aufenthaltsbeschränkung auf das Land Baden-Württemberg soll nach einer Aufenthaltsdauer von vier Monaten entfallen, so dass sich die Personen danach im ganzen Bundesgebiet besuchsweise aufhalten können, ohne dass es einer Genehmigung bedarf. Sie sind jedoch nach wie vor verpflichtet, ihren Wohnsitz in der zugewiesenen Flüchtlingsunterkunft zu nehmen. Wie lange bleiben die Asylbewerber und wie lange ist der Landkreis für sie zuständig? Was passiert danach? Das Landratsamt ist als untere Aufnahmebehörde für die Unterbringung während des laufenden Asylverfahrens zuständig, die sogenannte vorläufige Unterbringung. Die vorläufige Unterbringung endet mit rechtskräftiger Entscheidung über den Asylantrag in Form einer Anerkennung oder Ablehnung. Erfolgt zunächst keine Entscheidung über den Asylantrag, endet die vorläufige Unterbringung 24 Monate nach Aufnahme des Asylbewerbers im Landkreis. Nach der Anerkennung des Asylantrags oder nach 24 Monaten in der vorläufigen Unterbringung findet die sogenannte Anschlussunterbringung bei den kreisangehörigen Städten und Gemeinden statt. Die Flüchtlinge können dann in eine Privatwohnung ziehen. Finden sie keine Privatwohnung, werden sie einer Stadt oder Gemeinde zugeteilt, die für die Menschen eine Unterbringung zur Verfügung stellen muss. Viele weitere Informationen zum Thema Flucht und Asyl sowie Zuwanderung und Integration finden Sie auf den entsprechenden Seiten unserer Homepage. 5