Wie funktioniert unser Gehirn? Wie lernt der Mensch?



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Diese Folien sind Teil der im Seminar gezeigten PPT zur systemisch-konstruktivistischen Lernkultur und ergänzen die auf der Homepage zu findenden Ausführungen unter dem Feld Lehren und Lernen heute. Jede/r sollte anerkennen, dass jede/r über subjektive Theorien verfügt sich seiner eigenen subjektiven Theorien bewusst sein/werden wissen, dass er kein neutraler Beobachter sein kann öfters einen Perspektivenwechsel vornehmen die eigenen subjektiven Theorien mit anderen individuellen und/oder wissenschaftlichen Theorien abgleichen Wie funktioniert unser Gehirn? Wie lernt der Mensch?

Das (menschliche) Gehirn Fast alle Neuronen entstehen in den ersten 3 Schwangerschaftsmonaten Über 100 Milliarden Nervenzellen Das Gehirn macht mehrere Wellen der Reorganisation durch Nach 18 Monaten ist die Vernetzung zu 90% abgeschlossen (spezifischen Bedingungen / Wahrnehmungspräferenzen / Dopamin / Überschuss) Die neuronale Weiterentwicklung und Umorganisation geht weiter Jede einzelne Zelle hat bis zu 10 000 Verbindungen (Synapsen) zu Nachbarzellen Es gibt ca. 100 Kilometer Faserverbindungen Myelin-Schicht zur Beschleunigung der elektr. Impulse Das (menschliche) Gehirn empfängt Energie, keine Informationen Muster und Strukturen Regeln und Ähnlichkeiten Bestimmte Erregungsmuster (von Synapsenverbindungen) im Gehirn machen eine Information aus. (Buchstabe > Text) Jede Erinnerung verändert die Erinnerung Das Gehirn hat in 50 Millionen Jahren bestimmte Muster und Strukturen ausgebildet, die das Überleben des Organismus sichern. Sie sind die Grundlage von Wiedererkennungsprozessen.

Das (menschliche) Gehirn ist ein operational relativ geschlossenes System beschäftigt sich größtenteils mit sich selbst Das Gehirn wiegt etwa 1,4 Kilogramm, macht 2% des Körpergewichts aus, verbraucht aber 20% der Energie. Der Input über die Sinne ist im Vergleich zu den Operationen im Gehirn selbst relativ gering Bsp.: 1 Reizung der Sehzellen stehen 100 000 Operationen der Neuronen (Gehirnzellen) gegenüber 1 Reizung der Haarzellen im Ohr stehen 16 Millionen darauf folgende Auswertungsoperationen gegenüber Perturbation (ver-/stören, anstoßen, irritieren) Viabilität (brauchbar, sinnvoll, passt) Kein Zustandsänderung von außen möglich! Der Konstruktivismus Das menschliche Gehirn empfängt Energie, keine Informationen ist ein operational relativ geschlossenes System Wir haben keinen direkten Zugang zur Welt, wie sie wirklich ist! Wir konstruieren uns die Welt und zwar so, dass wir überleben können!

Die Welt entsteht im Kopf Farbwelten Farbe entsteht im Kopf Die Lichteinstrahlung auf unserem Planeten variiert von Tageszeit zu Tageszeit. Morgens und abends gibt es eher langwelliges, also rotes Licht. Mittags dominiert das kurzwellige, blaue Licht. So sähe der Apfel morgens und abends aus. So nehmen wir den Apfel zu jeder Zeit wahr. So sähe der Apfel am Mittag aus. Der Konstruktivismus Die Welt entsteht im Kopf PYRAMIDE

Konstruktivismus Systemischer Konstruktivismus Wenn jeder Mensch sich seine Welt individuell konstruiert, wie ist dann ein Zusammenleben möglich? Wie kann dann noch gemeinsam gelernt werden? Physikalisch orientierter Konstruktionsprozess Psycho-sozialer sozialer Konstruktionsprozess Gute Musik Freundschaft Säugetiere böse, alt gehen Vorstrukturierte Wirklichkeit der Kultur und Gesellschaft Gesellschaftliche Konstruktion der Wirklichkeit Auf dieser Basis konstruiert der Mensch seine individuellen Annahmen über die Welt. Bedeutung der Sprache bei der Konstruktion von Wirklichkeit und deren Internalisierung Kind Mittelalter Intelligenz Grundschule Strukturelle Kopplung Individuelle Konstruktionen haben kulturelle und soziale Ähnlichkeiten Systemischer Konstruktivismus Bedeutung der Sprache bei der Konstruktion von Wirklichkeit und deren Internalisierung Dazu 4 zentrale Aussagen Die zentrale Konstruktionshilfe des Menschen ist die Sprache Sprache gibt uns einen Rahmen vor für unsere Konstruktionen Sprache kann Welt-Konstruktionen nicht übertragen Sprache ist die Quelle von Missverständnissen bei der Weltkonstruktion

Systemischer Konstruktivismus Unsere Sprache die Quelle vieler Missverständnisse Ich bin zwar verantwortlich für f r das, was ich sage, aber nicht für f r das, was Sie hören. h ren. Der chilenische Biologe Humberto Maturana Der Hörer, H nicht der Sprecher, bestimmt die Bedeutung einer Aussage. Heinz von Foerster Systemischer Konstruktivismus Die Bedeutung der Gefühle Gefühle sind unser erster Verstand Emotionales Gedächtnis Emotionale Grundstimmung Aufbau von Strukturen (=Lernen) ist immer mit einer emotionaler Spurung verbunden Für unsere emotionale Grundstimmung sind wir verantwortlich. Lernen macht Spaß! Angst vor Noten! Ich habe immer Pech! Papa hat Schuld an der Trennung Das schaffe ich! Emotionale Grundstimmung und subjektive Theorien Störungen haben Vorrang!

Sytemischer Konstruktivismus Wir sind Beobachter die keine objektiv vorhandene Wirklichkeit betrachten die mit der ihnen innewohnenden Struktur etwas betrachten die nur das beobachten, was sie kennen Wer einen Hammer hat, für den besteht die Welt aus lauter Nägeln! die nicht neutral beobachten, sondern beim Beobachten konstruktiv tätig sind >> teilnehmender Beobachter die selbst Beobachter benötigen, die ihnen sagen, wie sie beobachten die offen sein müssen, für Perspektivenwechsel und Umdeutungen Auswirkungen des Konstruktivismus auf die Lehr-Lern Lern-Kultur (Unterricht) Lerntheorie Es gibt kein objektives Wissen über die Welt Wissen kann nicht transportiert und direkt vermittelt werden Sprache ist das entscheidende Werkzeug beim Aufbau und Austausch von Strukturen im Gehirn (= Lernen) und zugleich die Quelle vieler Missverständnisse Lernen ist nicht steuerbar und nicht planbar Lehr-Lern Lern-Kultur Lehrer ist kein Alleswisser / er weiß es anders / sein Wissen und Können K ist viabler Die Lerner konstruieren sich individuell ihr Wissen / Lernprozesse kann ich nur ermöglichen Nicht nur Handeln, sondern über das Handeln sprechen / Lautes Denken / Gesprächskultur Für r das Lernen ist der Schüler selbst verantwortlich, nicht der Lehrer / Lehrer als Begleiter / Interessengeleiteter Unterricht Lernen ist ein aktiver Konstruk- tionsprozess des Lerners Lernprozessbegleitung statt Lernzielorien- tierung / Individualisierung des Lernens / Positive Fehlerkultur Gesprächskultur und positives Lernklima

Systemischer Konstruktivismus Man kann das Pferd zum Wasser führen, aber man kann es nicht zum Trinken zwingen. Das Trinken ist seine Sache. Aber selbst, wenn ihr Pferd durstig ist, kann es nicht trinken. Solange Sie es nicht zum Wasser führen. Das Hinführen ist Ihre Sache. Gregory Bateson: Geist und Natur, 1982)