2 Finanzielle Möglichkeiten richtig einschätzen 15 2 Finanzielle Möglichkeiten richtig einschätzen Mit dem Entschluss zum Bau oder Erwerb einer Immobilie sind auf der einen Seite die eigenen finanziellen Möglichkeiten und auf der anderen Seite die Bau- bzw. Kaufkosten zu ermitteln. Dazu sind vielfältige Überlegungen nötig; die wichtigsten davon werden in diesem Kapitel angesprochen. Da die persönliche finanzielle Situation aller Bauherren unterschiedlich ist, müssen die hier vorgestellten Überlegungen entsprechend der individuellen Situation angepasst werden. 2.1 Der Haushaltsplan In einem Haushaltsplan werden sämtliche monatlichen Einnahmen und Ausgaben gegenübergestellt. Ein solcher Haushaltsplan ist notwendig, um feststellen zu können, welcher finanzielle Spielraum zum Abtragen der Schulden zur Verfügung steht. Die Banken benutzen dafür meist ein vereinfachtes Schema und ziehen von dem Einkommen eine Mindestpauschale für Lebenshaltungskosten und die Unterhaltungskosten der Immobilie ab. Es ist aber empfehlenswert, eine genaue Kalkulation zu erstellen, da nur diese die tatsächlichen persönlichen Verhältnisse widerspiegelt. Dabei ist darauf zu achten, dass alle wiederkehrenden Einkünfte und Ausgaben in die Berechnung einfließen, denn: Diese Berechnung ist das Fundament der gesamten Eigenheimfinanzierung! 2.1.1 Einkünfte In die Kalkulation der durchschnittlichen monatlichen Einkünfte müssen alle monatlichen Einkünfte einfließen. Dazu zählen alle langfristig gesicherten und konstanten Einkünfte wie Gehaltszahlungen und Renten, wobei diese Zahlungen als Nettobeträge in die Berechnung eingehen, Einkünfte oder Einkunftsersatzleistungen wie das Kinder-, Eltern- und Betreuungsgeld, Einkünfte aus Vermietung oder Verpachtung.
16 2 Finanzielle Möglichkeiten richtig einschätzen Das 13. Monatsgehalt, Bonuszahlungen oder das Entgelt für Überstunden sollten dagegen nicht dazugezählt, sondern für unvorhersehbare Ausgaben zurückgelegt werden. Sollte sich daraus nach einer gewissen Zeit ein nicht benötigter Betrag angesammelt haben, kann dieser eventuell zur Sondertilgung verwendet werden. 2.1.2 Ausgaben Die Berechnung der monatlichen Ausgaben erfolgt am einfachsten anhand der Kontoauszüge des letzten Jahres. Daraus werden alle wiederkehrenden Ausgaben, aber auch die Bargeldauszahlungen (zur Finanzierung der Lebenshaltungskosten) ersichtlich und die Gefahr, etwas Wichtiges zu vergessen, wird minimiert. Berücksichtigt werden z. B. Ausgaben für Lebensmittel, Kleidung, Telekommunikation (Telefon- und Handy- sowie Internetkosten), aber auch die erwarteten zukünftigen Abschlagzahlungen für Heizung und Strom. Jährlich gezahlte Versicherungsbeiträge und Kraftfahrzeugsteuern müssen auf einen Monat umgerechnet werden (1/12 des Jahresbetrages). Es sollte darauf geachtet werden, dass Ausgaben für Urlaub, Freizeit und anderes (z. B. Geschenke) realistisch berücksichtigt werden. Da die für die angemietete Wohnung gezahlte Kaltmiete nach dem Umzug in die eigene Immobilie entfällt, muss sie nicht eingerechnet werden. Stattdessen ist eine Instandhaltungsrücklage für die künftige Immobilie zu berücksichtigen. Die Höhe dieser Rücklage ist sehr stark von dem Alter und dem Zustand der Immobilie abhängig: Handelt es sich um einen Neubau, werden die ersten größeren Investitionen evtl. erst nach 15 oder 20 Jahren notwendig; ist sie dagegen alt, hat der Eigentümer wenig Zeit, um finanzielle Rücklagen zu bilden. Bei monatlichen Einzahlungen in einen Bausparvertrag oder eine kapitalbildende Lebensversicherung ist zu differenzieren: Soll der Bausparvertrag oder die Lebensversicherung später für ganz andere Zwecke verwendet werden und nicht im Rahmen der Immobilienfinanzierung eingesetzt werden, müssen die regelmäßigen Einzahlungen weiter berücksichtigt werden. Andernfalls können sie entfallen.
2 Finanzielle Möglichkeiten richtig einschätzen 17 Bei der Ermittlung der monatlichen Ausgaben ist auch zu beachten, dass die Beträge für Heizung, Wasser und Strom nach dem Umzug in das eigene Haus tendenziell höher ausfallen als in einer Miet- oder Eigentumswohnung. Die Höhe der zu erwartenden Nebenkosten hängt u. a. von der Größe des Hauses (Heizungskosten) und des Grundstücks (Grundbesitzabgaben und Unterhalt) ab. In einem Mehrfamilienhaus werden diese Kosten teilweise auf mehrere Mieter bzw. Eigentümer umgelegt; dagegen trägt der Eigentümer eines Einfamilienhauses sämtliche Kosten alleine. Als Faustregel können diese mit monatlich 2,50 bis 3,00 pro Quadratmeter veranschlagt werden. 2.1.3 Monatliche Belastbarkeit (Sparrate) Sind die Summen der Einnahmen und der Ausgaben bekannt, werden die Ausgaben von den Einnahmen subtrahiert. So kann der Betrag der monatlichen Belastbarkeit ermittelt werden. Zur bequemen Erfassung der monatlichen Einnahmen bzw. Ausgaben eignen sich insbesondere Tabellen auf Basis einer Tabellenkalkulations-Software. Solche Tabellen (auch Vorlagen genannt) können selbst, z. B. mit dem Programm Excel, erstellt werden, sind aber auch u. a. im Internet als Freeware zum Herunterladen verfügbar: http://www.conserio.at/das-conserio-haushaltsbuchkostenloser-download/ oder http://www.freeware.de/download/haushaltsrechnung_395 83.html. Ähnliche Software gibt es auch für Smartphones. Für Android- Smartphones empfiehlt sich die App Moneywise.eu. IPhone-Benutzer können zurückgreifen auf die App CashTrails- Einnahmen und Ausgaben Lite.
18 2 Finanzielle Möglichkeiten richtig einschätzen Tab. 1: Finanzielle Belastbarkeit Posten Euro pro Monat Euro pro Monat Beispiel eigene Daten Einnahmen Lohn/Gehalt (netto) 2.758,00, Kindergeld 158,00, Sonstiges (Mieteinnahmen, Rente) 0,00, Summe der Einnahmen 2.916,00, Ausgaben Ernährung 350,00, Kleidung 150,00, Körperpflege 45,00, Freizeit und Unterhaltung 105,00, Urlaub 155,00, Hausrat 100,00, Telekommunikation (inkl. Handy & Internet) 65,00, Heizung/Strom/Wasser 145,00, Raten für bestehende Kredite 123,00, Kfz-Kosten (Kraftstoff, Steuern, Versicherungen) 345,00, Sonstige Versicherungsbeiträge 105,00, Rücklage für Notfälle 45,00, Sonstige 1 1). 50,00, Sonstige 2 1). 45,00, Sonstige 3 1). 0,00, Sonstige 4 1). 0,00, Instandhaltungskosten Immobilie 2) 100,00, Sonstige Betriebskosten Immobilie 2) 80,00, Bausparraten für spätere Instandhaltungen oder andere Zwecke 150,00, Prämien für die kapitalbildende Lebensversicherung 0,00, Summe der Ausgaben 2.158,00, Finanzielle Belastbarkeit 758,00, 1) Feld zur persönlichen Belegung 2) Geschätzte Beträge
2 Finanzielle Möglichkeiten richtig einschätzen 19 Die Anwendungen sind so gestaltet, dass der Benutzer auch langfristige Analysen erstellen kann. Die Rechner, die auf Immobilien-Portalen oder Internet-Seiten von Banken zu finden sind, vereinfachen und pauschalieren meist stark und bilden oft lediglich einen Monat ab. Analog können eigene Daten in die dafür vorgesehenen Felder der Beispiel-Tabelle (Tab. 1) eingetragen und, mithilfe eines Taschenrechners, der monatlich zur Verfügung stehende Betrag errechnet werden. Die monatliche Belastbarkeit kann parallel auch ermittelt werden, indem der in den letzten 12 bzw. 24 Monaten angesparte Betrag durch die Anzahl der Monate dividiert wird. Zu dem erhaltenen Wert wird die jetzige Kaltmiete addiert sowie der Betrag der monatlichen Rücklage für Reparaturen und Instandhaltungskosten der künftigen Immobilie subtrahiert. Dies ergibt dann die etwaige monatliche Belastbarkeit. Da die zweite Methode nur überschlägig ist, empfiehlt es sich, diese zur Kontrolle der ersten Methode zu nutzen. Sollten die Beträge aus den beiden Methoden stark voneinander abweichen, ist es notwendig, die Eingaben noch einmal genau zu prüfen. 2.2 Das aktuelle Zinsniveau Die Belastung, die der Bauherr nach Abschluss eines Kreditvertrages monatlich zu tragen hat, hängt maßgeblich von dem aktuellen Zinsniveau ab. Das Zinsniveau unterliegt ständigen Schwankungen und ist von der jeweiligen Marktsituation abhängig. Das aktuelle Zinsniveau kann bei den Banken oder Bausparkassen erfragt bzw. im Internet abgerufen werden. Die aktuelle Zinsphase kann, im Vergleich zu den historischen Zinssätzen, anhand der Abb. 1 eingeschätzt werden.