Förderung der Employability durch Unternehmen

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Transkript:

Förderung der Employability durch Unternehmen Diplomarbeit am Institut für betriebswirtschaftliche Forschung Universität Zürich Lehrstuhl für Human Resource Management Prof. Dr. B. Staffelbach Fachgebiet: Betriebswirtschaftslehre I Fach: Human Resource Management Verfasser: Philipp Schaller Kalchbühlstr.110 8038 Zürich ph.schalli@gmx.ch 97-701-007 Betriebswirtschaftslehre 10.Semester 24.Dezember 2002

Inhaltsverzeichnis I. Inhaltsverzeichnis I. Inhaltsverzeichnis...I II. Abbildungsverzeichnis...IV III. Tabellenverzeichnis...IV IV. Abkürzungsverzeichnis... V 1 Einleitung... 1 1.1 Ausgangslage... 1 1.2 Zielsetzung... 2 1.3 Vorgehen... 2 1.4 Aufbau der Arbeit... 3 2 Wandel in Wirtschaft und Gesellschaft... 5 2.1 Globalisierung und internationale Wettbewerbssituation... 5 2.2 Informationszeitalter... 5 2.3 Wissensgesellschaft... 6 2.4 Gesellschaftliche Anforderungen... 7 2.5 Wertewandel... 7 2.6 Demographische Entwicklungen... 8 3 Auswirkungen des Wandels... 9 3.1 Auswirkungen auf Unternehmen und Arbeitnehmer... 9 3.1.1 Flexibilisierung... 9 3.1.2 Schlanke Organisationen... 11 3.1.3 Organisationsformen... 11 3.1.3.1 Die flexible Firma... 11 3.1.3.2 Die atmende Organisation... 12 3.1.3.3 McJobs... 12 3.1.3.4 Das virtuelle Unternehmen... 13 3.1.4 Atypische Beschäftigungsformen... 14 3.1.5 War for Talent und Personalabbau... 15 3.1.6 Ende des traditionellen Beschäftigungsverständnis... 16 3.1.7 Auswirkungen des Wandels auf Arbeit und Karriere... 17 3.2 Impliziter psychologischer Vertrag zwischen Unternehmen und Mitarbeiter... 21 3.2.1 Konzept des psychologischen Vertrages... 21 3.2.2 Neuer psychologischer Vertrag... 21 I

Inhaltsverzeichnis 4 Employability... 24 4.1 Historische Entwicklung des Begriffes Employability... 24 4.2 Sichtweisen Employability und Abgrenzung... 26 5 Employability aus individueller Sicht... 28 5.1 Anforderungen an Individuen... 30 5.1.1 Von Qualifikation zu Kompetenz... 31 5.2 Das Employability Process Model... 32 5.3 Dimensionen der Employability aus der Theorie... 34 5.3.1 Kriterienkatalog nach Blanke, Roth und Schmid... 34 5.3.2 Kriterienkatalog nach Lombriser und Uepping... 35 5.3.3 Kriterienkatalog nach Bruch... 36 5.3.4 Employability-Skills nach Lawrence... 37 5.3.5 Kriterienkatalog nach Bates und Bloch... 37 5.4 Dimensionen der Employability aus der Praxis... 38 5.4.1 Kompetenzprofil der Dow Chemical Company... 38 5.4.2 Das M4-Mitarbeiterprofil von Volkswagen... 39 5.4.3 Kriterienkatalog des Conference Board of Canada... 39 5.4.4 Kriterienkatalog nach Evers, Rush und Berdrow... 41 5.4.5 Stellenangebote in deutschen Tageszeitungen... 42 5.5 Vergleich Theorie und Praxis... 42 5.6 Eigener Kriterienkatalog der Dimensionen der persönlichen Employability und deren Einflussfaktoren... 43 6 Employability aus betrieblicher Sicht... 46 6.1 Massnahmen zur Förderung der Employability der Arbeitnehmer durch die Unternehmen... 49 6.2 Problematik einer Kosten-Nutzen-Analyse im Bereich der Personalentwicklung... 53 6.3 Kosten-Nutzen-Analyse... 54 6.3.1 Kosten-Nutzen-Analyse von Informationssystemen... 56 6.3.2 Kosten-Nutzen-Analyse Umschulungsmassnahmen... 57 6.3.3 Kosten-Nutzen-Analyse Lernallianzen... 58 6.3.4 Kosten-Nutzen-Analyse Projektarbeit... 60 6.3.5 Kosten-Nutzen-Analyse unternehmensinterne und übergreifende Job Rotation... 61 6.3.6 Kosten-Nutzen-Analyse unternehmensübergreifender Job-Pools... 62 II

Inhaltsverzeichnis 6.3.7 Kosten-Nutzen-Analyse interne und unternehmensübergreifende Jobbörsen... 63 6.3.8 Kosten-Nutzen-Analyse von Existenzgründungshilfen... 64 6.4 Fazit... 64 7 Employability und Konsequenzen für das Human Resource Management... 67 7.1 Human Resource Management und Strategie... 67 7.2 Employability und Personalmarketing... 69 7.3 Employability und Rekrutierung... 70 7.3.1 Employability und die alternde Belegschaft... 72 7.4 Employability und Loyalität... 73 7.5 Employability und Personalentwicklung... 76 7.5.1 Kompetenzprofile bzw. -räder... 78 7.5.2 Differenzierte Belegschaft... 79 7.6 Employability und Leistungsbeurteilung... 82 7.7 Employability und Vergütung... 83 8 Schlussbetrachtungen... 85 9 Literaturverzeichnis... 89 III

Inhaltsverzeichnis II. Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Employability - Problemkontext... 27 Abbildung 2: Individuelle Beschäftigungsfähigkeit... 29 Abbildung 3: Employability Process Model... 32 Abbildung 4: Organisationale Beschäftigungsfähigkeit... 48 Abbildung 5: Deutsche Bank-Mosaik für Beschäftigung... 51 Abbildung 6: Positive Effekte der Netzwerke in der Personalförderung... 58 Abbildung 7: New Approach for Talent Management... 71 Abbildung 8: Employability-Komponenten der Personalgewinnung... 71 Abbildung 9: Employability verknüpft Lernziele... 76 Abbildung 10: Kompetenzrad... 78 Abbildung 11: Dreigeteilte Belegschaft mit entsprechenden personalpolitischen Zielen... 79 Abbildung 12: Perspektiven der Vergütung... 84 III. Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Vergleich von organisationaler und grenzenloser Karriere nach Klimecki und Litz... 19 Tabelle 2: Vergleich altes und neues Karriereverständnis nach Fuchs... 20 Tabelle 3: Alter und neuer psychologischer Vertrag... 22 Tabelle 4: Verantwortungsverteilung im neuen psychologischen Vertrag... 23 Tabelle 5: Dimensionen der individuellen Employability nach Lombriser und Uepping...... 35 Tabelle 6: Kompetenzen mit Bedeutung in der und für die Zukunft... 36 Tabelle 7: M4-Mitarbeiterprofil von Volkswagen... 39 Tabelle 8: Employability Skills 2000 +... 40 Tabelle 9: Bases of Competence nach Evers, Rush und Berdrow... 41 Tabelle 10: Kriterienkatalog Employability (Eigene Darstellung)... 44 Tabelle 11: Schlüsselkomponenten der Beschäftigungsfähigkeit bei Intel... 53 Tabelle 12: Personalentwicklung als Restriktion bzw. Potenzial... 55 Tabelle 13: Kosten-Nutzen-Analyse Informationssystem... 56 Tabelle 14: Kosten-Nutzen-Analyse Umschulungsmassnahmen... 57 Tabelle 15: Kosten-Nutzen-Analyse Lernallianzen... 59 Tabelle 16: Kosten-Nutzen-Analyse Projektarbeit... 60 IV

Inhaltsverzeichnis Tabelle 17: Kosten-Nutzen-Analyse unternehmensinterne und -übergreifende Job Rotation... 61 Tabelle 18: Kosten-Nutzen-Analyse unternehmensübergreifende Job-Pools... 62 Tabelle 19: Kosten-Nutzen-Analyse interne und unternehmensübergreifende Jobbörsen. 63 Tabelle 20: Kosten-Nutzen-Analyse von Existenzgründungshilfen... 64 Tabelle 21: Job Sculpting The big eight... 74 Tabelle 22: Zweigeteilte Personalpolitik... 80 Tabelle 23: Karriereanker und Entwicklungspfade... 81 Tabelle 24: Mitarbeiterbeitrag: Messkriterien... 83 Tabelle 25: Charakteristika innovativer Vergütung... 83 IV. Abkürzungsverzeichnis evp HR HRM IuK MC ROI employee value proposition Human Resource Human Resource Management Informations- und Kommunikationstechnologie Movement Capital Return on Investment V

Einleitung 1 Einleitung 1.1 Ausgangslage Der Übergang von der Industriegesellschaft zur Dienstleistungs- und Wissensgesellschaft beeinflusst Rahmenbedingungen und Wirkungszusammenhänge im System Arbeit. Dadurch ändern sich Anforderungen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Die Arbeitnehmer können nicht mehr mit einer lebenslangen Anstellung beim selben Arbeitgeber rechnen. Von ihnen wird zunehmend Flexibilität und die Bereitschaft zu lebenslangem Lernen gefordert. 1 Aber auch die Unternehmen müssen flexibel auf Veränderungen reagieren können. Es ist festzustellen, dass sich die Unternehmen zunehmend als fest gefügte Einheiten auflösen und starre Aufbauorganisationen durch flexible projekt- und netzwerkartig gebildete Strukturen ersetzt werden. 2 Daraus ergeben sich Konsequenzen für die Beziehungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Diese werden dynamischer und sind ständigen Veränderungsprozessen unterworfen, betroffen sind Arbeitsplätze, Arbeitszeiten, Aufgaben, Funktionen, Vergütung, Weiterbildung, Arbeitsklima und Unternehmenskultur. 3 Die Unternehmen bewegen sich heute zunehmend im Spannungsfeld zweier gegenläufiger Trends. Einerseits stehen sie unter Druck, Personal abzubauen, um rasch auf das Marktgeschehen reagieren zu können und andererseits kämpfen sie mit anderen Unternehmen um die besten Mitarbeiter und für deren Bindung im Unternehmen. 4 Das Humankapital gilt zudem als wichtigster Innovationsfaktor, mit dessen Abbau ein wesentlicher Teil der Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens abfliesst. Mit dem Employability-Konzept soll diesem Dilemma begegnet werden. Es hilft einem Unternehmen sich dem Spannungsfeld zwischen War for Talent und dem Personalabbau zumindest teilweise zu entziehen. Die Förderung der Employability der Mitarbeiter Beschäftigungsfähigkeit, Arbeitsmarktfähigkeit macht diese mobiler, primär für den internen Arbeitsmarkt, im Notfall aber auch für den externen Arbeitsmarkt. Gleichzeitig schafft das Unternehmen die Voraussetzung für eine rasche Erschliessung neuer Geschäftsfelder. 5 Im Rahmen der oben beschriebenen Veränderungen und aufgrund der zunehmenden Beschäftigungsunsicherheit wandelt sich der alte psychologische Vertrag zwischen Unternehmen und Mitarbeiter. Im alten psychologischen Vertrag wurde langfristige 1 vgl. Honegger, J. (2001), S. 50 2 vgl. Fischer, H./Steffens-Duch, S. (2001), S. 45 3 vgl. Honegger, J. (2001), S. 50 4 vgl. Lombriser, R./Uepping, H. (2001). S. 70 5 vgl. ebenda, S. 75 1

Einleitung Beschäftigungssicherheit gegen Loyalität und Commitment getauscht. Langfristige Beschäftigungssicherheit können oder wollen die meisten Unternehmen heute nicht mehr anbieten. Somit ändert sich ihr Angebot: Beschäftigungssicherheit (employment) wird durch Beschäftigungsfähigkeit (employability) getauscht. 6 1.2 Zielsetzung Im Zentrum dieser Arbeit steht das Konzept der Employability (Beschäftigungsfähigkeit). Dem Leser soll ein Einblick in das sehr komplexe und umfassende Konzept der Employability vermittelt werden. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der individuellen und der betrieblichen Sicht der Employability. Auf der individuellen Ebene stehen die Erwerbstätigen und deren Fähigkeiten und Kompetenzen im Vordergrund. Auf der betrieblichen Ebene geht es um Massnahmen zur Steigerung der Employability von Mitarbeitern und Auswirkungen des Employability-Konzeptes auf das Human Resource Management (HRM). Folgende Fragen werden in dieser Arbeit beantwortet: Was ist der Inhalt und welches sind die relevanten Einflussfaktoren der Employability von Individuen? Wie werden Massnahmen zur Steigerung der Employability von Mitarbeitern aus einer Kosten-Nutzen-Sicht der Unternehmen bewertet? Welche Konsequenzen hat das Konzept der Employability auf das Human Resource Management von Unternehmen? 1.3 Vorgehen Im Rahmen der Recherchen zu dieser Arbeit hat sich herausgestellt, dass Literatur zum Thema Employability sehr spärlich vorhanden ist. Vor allem die in dieser Arbeit interessierende Perspektive der Arbeitnehmer und Arbeitgeber wird in der wissenschaftlichen Literatur kaum thematisiert. Employability wird vorwiegend in der sozialwissenschaftlichen Literatur behandelt, die sich mit gesellschaftlichen und politischen Herausforderungen und Handlungsbedarfen auseinandersetzt und Beschäftigungs- und Arbeitsmarktstrategien zum Inhalt hat. So bemerkt auch Bollérot (2001): Zwar ist der Begriff Beschäftigungsfähigkeit 6 vgl. Klimecki, R. G./Litz, S. A. (2002), S. 23-24 2

Einleitung der Arbeitslosen, der Personen, die einen ersten Arbeitsplatz oder eine neue Stelle suchen, heute Gegenstand zahlreicher Studien und Diskussionen, doch ist festzustellen, dass über die Erhaltung oder Entwicklung der Beschäftigungsfähigkeit der Arbeitnehmer, von ihrem Eintritt in ein Unternehmen bis zu ihrem Ausscheiden, keine sehr umfangreiche Literatur vorliegt. 7 Dies ist doch eher erstaunlich, da das Konzept der Employability gerade in den heutigen turbulenten Wirtschaftszeiten für Arbeitnehmer und Arbeitgeber sehr interessant ist. Sehr wichtig war deshalb für den Autor der vorliegenden Arbeit der Kontakt mit Personen, welche sich in der Praxis mit dem Thema Employability aus der Mitarbeiter- und Unternehmenssicht beschäftigen. Neben den interessanten Gesprächen unterstützten die Ansprechpartner den Autor mit eigenen Unterlagen und Dokumentationen zum Thema Employability. Dank geht vor allem an die Herren Dr. oec. HSG Michael Kres (Geschäftsführer promovetm GmbH Schweiz und Österreich) und Herrn lic. oec. publ. Ruedi Winkler (Inhaber der Firma Ruedi Winkler für Personal- und Organisationsentwicklung). 1.4 Aufbau der Arbeit Kapitel 2 stellt kurz aktuelle Entwicklungen und Trends in Wirtschaft und Gesellschaft dar, welche im Sinne des Konzeptes der Employability von Bedeutung sind. In Kapitel 3 werden die Auswirkungen des Wandels in Wirtschaft und Gesellschaft auf Unternehmen und Arbeitnehmer und deren Beziehung aufgezeigt. Daraus ergibt sich ein Wandel des psychologischen Vertrages zwischen Unternehmen und Mitarbeiter, der am Schluss dieses Kapitels beschrieben wird. Das Kapitel 4 beschäftigt sich mit dem Konzept der Employability. Die Geschichte der Employability wird aufgerollt und das heutige Verständnis dargestellt. Schliesslich werden die verschiedenen Sichtweisen der Employability aufgezeigt. Kapitel 5 befasst sich mit der individuellen Sicht der Employability. Es werden verschiedene Ansätze aus Praxis und Theorie vorgestellt, welche Fähigkeiten und Kompetenzen aufzeigen, die für die Employability von Individuen massgebend sind. Der Kern dieses Kapitels bildet die Zusammenstellung eines eigenen Kriterienkatalogs, der Inhalt und Einflussfaktoren der Employability von Individuen darstellt. Inhalt des Kapitel 6 ist die betriebliche Sichtweise der Employability. Es werden Massnahmen zur Steigerung der Beschäftigungsfähigkeit von Mitarbeitern aufgezeigt. Diese 7 Bollérot, P. (2001), S. 82 3

Einleitung Massnahmen werden anschliessend aus einer Kosten-/Nutzen-Perspektive von Unternehmen bewertet. In Kapitel 7 werden Konsequenzen auf das Human Resource Management von Unternehmen aufgezeigt, die sich aus einer Umsetzung des Employability-Konzeptes ergeben. Im letzten Kapitel werden Schlussfolgerungen gezogen und Entwicklungspotenziale im Zusammenhang mit dem Konzept der Employability aufgezeigt. 4

Wandel in Wirtschaft und Gesellschaft 2 Wandel in Wirtschaft und Gesellschaft Auch wenn sich die Autoren uneins sind über die Chancen und Risiken des gegenwärtigen Wandels eine These vertreten praktisch alle: Die aktuelle Veränderung wird sich radikaler, nachhaltiger und rascher vollziehen als die Umbrüche in der Vergangenheit. 8 Die Entwicklungen, welche den heutigen Wandel in der Arbeitswelt induzieren, sind sehr vielfältig. In den folgenden Abschnitten des Kapitels 2 werden die wichtigsten Einflussgrössen, denen die Unternehmen ausgesetzt sind, kurz beschrieben. 2.1 Globalisierung und internationale Wettbewerbssituation Ein wichtiger Trend ist die Globalisierung und damit einhergehend die Liberalisierung, beziehungsweise die Deregulierung im Wirtschafts- und Arbeitssystem, aber auch in den Sozial-, Bildungs- und Rechtssystemen. 9 Unterstützt werden die Globalisierungsprozesse vor allem durch die sinkenden Transportkosten für Waren, Dienstleistungen und Informationen, einem weitgehenden Abbau von Handelshemmnissen, sowie der internationalen Angleichung von Rechtsvorschriften. 10 Seit Mitte der siebziger Jahre sind in der Wirtschaft spürbare Wachstumseinbrüche festzustellen. Die Absatzmärkte sind weltweit weitgehend gesättigt, was für die Unternehmen einen enorm gewachsenen Konkurrenzdruck zur Folge hat. Dieser spielt sich nicht mehr nur auf der Preisebene, sondern vor allem auf der Innovationsebene ab. Die Beschleunigung der Innovationsrate entscheidet oftmals über die Existenz von Unternehmen. Die Produktlebenszyklen haben sich erheblich verkürzt und die Amortisationszeiten sind demgegenüber gestiegen. Vor dem Hintergrund des Kosten- und Innovationsdrucks, bei gleichzeitig steigenden Qualitätsansprüchen, benötigen die Unternehmen eine enorme Flexibilität, um auf dem Markt bestehen zu können. 11 2.2 Informationszeitalter Einer der grössten Antriebe für die Veränderungen in der Wirtschaft, stellen die Entwicklungen in der Informations- und Kommunikationstechnologie (IuK) dar. 12 Wir bewegen uns in eine Zeit zunehmender Informatisierung. 13 Neue Kommunikationstechnologien, hochentwickelte Computer und andere intelligente Maschinen und Systeme 8 Lombriser, R./Uepping, H. (2001), S. 1 9 vgl. Sattelberger, T. (1998), S. 22 10 vgl. Willke, G. (1999), S. 190-191 11 vgl. Matthies, H./Mückenberger, U. et al. (1994), S. 50-51 12 vgl. Lombriser, R./Uepping, H. (2001), S. 2 13 vgl. Giarini, O./Liedtke, P. M. (1998), S. 166 5

Wandel in Wirtschaft und Gesellschaft werden in Zukunft immer mehr ganze Berufsgruppen ersetzen. Diese Entwicklungen in der IuK-Technologie werden uns begleiten, unterstützen und manchmal, wie schon angetönt, sogar verdrängen. 14 Während die Industrialisierung die Arbeitenden in Fabriken und Büros zusammenführte, bringt die Informationstechnologie einen veränderten Umgang mit Raum und Zeit mit sich. 15 Die neuen IuK-Technologien bieten die Möglichkeit, unabhängig von Raum und Zeit auf Informationen zuzugreifen und miteinander in Kontakt zu treten. Dadurch werden neue Formen der Zusammenarbeit möglich. Dies hat nicht nur für die Arbeit in Unternehmen seine Gültigkeit, sondern auch für die Interaktion mit Kunden und externen Wissensträgern. Diese Vernetzung wird selbst in traditionellen Geschäftsbereichen zu einem der wichtigsten Erfolgkriterien und befähigt Unternehmen zu verstärkter Kundenorientierung, grösserer Flexibilität und verkürzten Reaktionszeiten. 16 2.3 Wissensgesellschaft Um in der veränderten Wettbewerbsarena erfolgreich bestehen zu können, stellt sich der Umgang mit Wissen als immer wichtiger dar. Ein Unternehmen sollte fähig sein, vorausschauend zukünftige Entwicklungen zu erkennen, Einzelentwicklungen zu einem Gesamtkonzept zu integrieren und dieses in die Realität umzusetzen. 17 Die Verantwortung für den Erfolg des Unternehmens verschiebt sich auf die vielen Wissensträger. Um die Wettbewerbs- und Innovationsleistung des Unternehmens sicherzustellen, müssen die bisher hierarchieorientierten Organisationsstrukturen zu neuen, kooperationsorientierten Organisationsstrukturen weiterentwickelt werden. 18 Im zunehmenden Wettbewerb können die Innovationsanforderungen zudem oftmals nicht mehr von einzelnen Unternehmen bewältigt werden, so dass durch sogenanntes Networking auch externe Partner miteinbezogen werden. 19 In Kapitel 3 werden die dadurch entstehenden Organisationsstrukturen vorgestellt. 14 vgl. Rifkin, J. (1997), S. 82 15 vgl. Kastner, M./Vogt, J. (2000), S. 17 16 vgl. Lombriser, R./Uepping, H. (2001), S. 2 17 vgl. Bleicher, K. (2002), S. 58 18 vgl. Lombriser, R./Uepping, H. (2001), S. 13 19 vgl. Tapscott, D./Lowy, A. zitiert nach: Lombriser, R./Uepping, H. (2001), S. 13 6

Wandel in Wirtschaft und Gesellschaft 2.4 Gesellschaftliche Anforderungen Unternehmen sind keine Inseln mehr, auf denen nur ökonomische Spielregeln herrschen. 20 Die öffentliche Aufmerksamkeit gegenüber den Unternehmen ist stark gestiegen. Die Kriseneinbrüche der siebziger Jahre führten vermehrt zu einem kritischen Bewusstsein gegenüber der Wirtschaft und wirtschaftlichem Wachstum. Anfangs sorgten internationale Verflechtungen einzelner Konzerne, die Beteiligung an der Rüstungsproduktion oder die Unterstützung diktatorischer Regime für Unmut. Später rückten vor allem die Konsequenzen unternehmerischen Handels gegenüber der Umwelt in den Mittelpunkt des Interesse der Öffentlichkeit. Zur Zeit sind es vorwiegend die ökonomischen Resultate, wie die Arbeitslosigkeit, welche den Legitimationsbedarf der Unternehmen steigern. 21 Die reine Orientierung am Profit ist nicht mehr zielführend, zu gross ist der Einfluss von Umweltfaktoren und deren Interessenvertreter auf Unternehmen geworden. Aufgrund dieser stetig gestiegenen Anforderungen und Ansprüche an die Unternehmen, ist ein für das Allgemeinwohl der Gesellschaft unternehmerisches Konzept zur Reduzierung der sozialen Ambivalenz unumgänglich geworden. 22 2.5 Wertewandel Seit den siebziger Jahren findet zudem ein Wandel in den verhaltensprägenden Werten und Normen der Individuen statt. Während Pflicht- und Akzeptanzwerte an Bedeutung verlieren, befinden sich Selbstentfaltungs- und Selbstverwirklichungswerte auf dem Vormarsch. Das Streben nach einem Ausagieren der eigenen Kompetenzen, sowie die Verwirklichung persönlicher Ziele wird für viele Individuen immer wichtiger. Dieser Wandel hat einen Einfluss auf das Arbeitsverhalten der Menschen und führt darüber hinaus zu einer Pluralisierung der Lebenslagen, Lebensstile und Wertorientierungen. Weiter zeichnet sich eine dramatische Veränderung in der motivationalen Grundlage der individuellen Leistungsbereitschaft ab. Arbeitsengagement und Arbeitsleistung werden nicht mehr durch Traditionen oder Normen gestärkt und genährt, sondern orientieren sich zunehmend an eigenen Selbstentfaltungsinteressen. Die Arbeit sollte abwechslungsreich und sinnvoll sein, aber auch mehr Selbstbestimmung und Eigenverantwortlichkeit mit sich bringen. 23 Dies heisst, dass zukünftig vor allem die intrinsische Motivation von grosser Bedeutung sein wird. 20 vgl. Plesser, E. H. (1977), S. 40 21 vgl. Matthies, H./ Mückenberger, U. et al. (1994), S. 52-53 22 vgl. Lombriser, R./Uepping, H. (2001), S. 11 23 vgl. Welsch, J. (1997), S. 41-42 7

Wandel in Wirtschaft und Gesellschaft Unternehmen können sich diesen neuen gesellschaftlichen Anforderungen und dem Wertewandel nicht mehr entziehen, denn er beeinflusst neben dem sozialen Klima im Betrieb auch das Käuferverhalten auf den Märkten. 24 2.6 Demographische Entwicklungen Weiter ist eine aussergewöhnliche Veränderung unserer demographischen Struktur zu beobachten. 25 Die Bevölkerungspyramide hat sich in allen Industrieländern zu einem Baum entwickelt, der zwar zur Zeit immer noch über einen relativ dicken Stamm verfügt, aber tendenziell immer dünner wird. Oft wird auch von einer umgekehrten Pyramide gesprochen. Dies bedeutet, dass immer mehr alte Menschen immer weniger jüngeren gegenüberstehen. Gründe sind vor allem die Fortschritte in der Medizin, die zu einer höheren Lebenserwartung führen und der massive Rückgang der Geburtenrate. 26 Bis ins Jahr 2050 rechnet man mit einem Bevölkerungsrückgang von 11% in Europa. 27 Diese Entwicklungen haben natürlich gravierende Folgen für die Produktion von Gütern, Dienstleistungen, für unser soziales Sicherungssystem, aber vor allem für den Arbeitsmarkt und somit auch für die Unternehmen. 28 Die meisten Unternehmen haben ihre Personal- und Beschäftigungspolitik immer noch auf die Jugend ausgerichtet. Der demographische Wandel zwingt die Unternehmen in Zukunft eine Personal- und Beschäftigungspolitik aufzubauen, die gemeinsam mit der jüngeren und der älteren Belegschaft eine produktive und innovative Arbeit ermöglicht. 29 Die dargestellten Entwicklungen erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sie zeigen jedoch die wesentlichen Einflussgrössen, welche auf die Unternehmen und somit deren Mitarbeiter einwirken. Auf die vielfältigen Auswirkungen dieser Entwicklungen wird im nächsten Kapitel näher eingegangen. 24 vgl. Matthies, H./Mückenberger, U. et al. (1994), S. 56 25 vgl. Then, W. (1994), S. 50 26 vgl. Dostal, W. (1997), S. 15 27 vgl. Volkholz, V. zitiert nach: Bergmann, B. (1996), S. 167 28 vgl. Then, W. (1994), S. 50 29 Huber, A./Morschhäuser, M. (2002), S. 52 8

Auswirkungen des Wandels 3 Auswirkungen des Wandels 3.1 Auswirkungen auf Unternehmen und Arbeitnehmer Die tiefgreifenden Veränderungen in der Wirtschaft haben schwerwiegende Folgen für einzelne Arbeitnehmer, Unternehmen, Branchen und Regionen. Verschiebungen individueller Arbeitsmarktchancen, Ungleichheiten und Ungleichzeitigkeiten sind kaum vermeidbar und können ganze Arbeitnehmergruppen benachteiligen und von den Arbeitsmärkten ausschliessen. Für Unternehmen können Innovationsblockaden verschiedener Art Modernisierungsprozesse behindern, somit werden Wettbewerbsvorteile verspielt und Unternehmen oder ganze Branchen geraten in Rückstand. 30 Wenn sich die Unternehmen angesichts der heutigen Herausforderungen und den drastischen wirtschaftlichen Verschiebungen behaupten wollen, ist es notwendig, dass sie sich verändern und ihre Organisation neu konzipieren. 31 Um den Veränderungen innerhalb kürzester Zeit gerecht zu werden, braucht es moderne Arbeitstrukturen. 32 Organisationskonzepte, die ein Höchstmass an Innovationsfähigkeit, Flexibilität, Mobilität und Effizienz gewährleisten, sind gefragt. Zeit und Flexibilität sind auf den heutigen turbulenten Märkten die entscheidenden Kriterien im Wettbewerb. 33 Auch in Zukunft ist zu erwarten, dass die zunehmende Unübersichtlichkeit von Marktbedingungen und die schnelle Technikentwicklung zu einem existenzsichernden Druck rascher und flexibler Reaktionen führt. 34 Im Idealfall soll es den Unternehmen möglich sein, den richtigen Mann oder die richtige Frau zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Platz zu haben. 35 3.1.1 Flexibilisierung Starre und überholte Arbeitsstrukturen werden vielfach den aktuellen Herausforderungen in einer globalisierten Wirtschaft nicht mehr gerecht. 36 Konsequenterweise sehen viele Beobachter die Flexibilisierung als ein Heilmittel gegen die wirtschaftlichen Turbulenzen. 37 Im Folgenden wird kurz dargestellt, was unter Flexibilität verstanden wird, welche Ziele damit verfolgt werden und was für Arten der Flexibilisierung angewendet werden. 30 vgl. Blanke, S./Roth, C. et al. (2000), S. 13 31 vgl. Kanter, R. M. (1996), S. 9 32 vgl. Stiewe, H. (2002), S. 19 33 vgl. Meyer, A. (1997), S. 357 34 vgl. Stiewe, H. (2002), S. 44 35 vgl. Knapek, H./Neiss, W. (2000), S. 83 36 vgl. Graf, S./Henneberger, F. et al. (2000), S. 15 37 vgl. Zilian, H. G. (1998), S. 9 9

Auswirkungen des Wandels Allgemein versteht man unter Flexibilität die Art und den Grad der quantitativen und qualitativen Anpassungsfähigkeit eines betrieblichen Arbeitssystems an die veränderten Umweltbedingungen. Es geht also um das Änderungsvermögen eines Betriebes, welches das System befähigt, unter ändernden Bedingungen gegebene Ziele zu verwirklichen oder falls nötig, neue Ziele zu bestimmen. 38 Diese veränderten Umweltbedingungen können konjunktureller, technologischer, sozio-demographischer, aber auch wirtschaftspolitischer Art sein. Die Anpassungen an veränderte Bedingungen dienen in erster Linie der Überlebenssicherung des Unternehmens, sollten aber natürlich auch die Wettbewerbsfähigkeit erhalten und steigern. Hierzu wenden die Unternehmen Strategien an, die auf eine Flexibilisierung des Faktors Arbeit abzielen. Mit einer unternehmerischen Flexibilisierungsstrategie wird primär eine möglichst optimale Anpassung der Ressource Arbeit an die betrieblichen Anforderungen angestrebt, es sollen aber auch massgeschneiderte Lösungen im Interesse der Arbeitnehmer ermöglicht werden. 39 Grundlegend für diese Arbeit sind die numerische und die funktionale Flexibilität, welche nachfolgend voneinander abgegrenzt werden. Denkbar sind aber auch zeitliche, örtliche und finanzielle Flexibilisierungen. Die Flexibilisierung wie sie heute thematisiert wird, ist auf zwei nur lose aufeinander bezogene Veränderungen zurückzuführen. Erstens sind dies neue Organisationsformen und damit verbunden, angepasste Personaleinsatzstrategien der Unternehmen. Zweitens sind dies Massnahmen der Deregulierung der Arbeitsverhältnisse. Diese Veränderungen werden meist an zwei typischen Modellen dargestellt. Zum einen das deutsche Modell, welches basierend auf hohen Qualifikationen und langfristiger Beschäftigung den Aspekt der funktionalen, internen Flexibilität betont, zum anderen das deregulierte angelsächsische Modell, bei welchem die numerische, externe Flexibilität im Vordergrund steht. 40 Bei der numerischen Flexibilität geht es darum, dass die Unternehmen die vertraglichen Beziehungen zu ihren Mitgliedern lockerer, variabler und reversibler gestalten, um damit mehr Anpassungsfähigkeit zu gewinnen. Je nach Arbeitsauslastung kann somit die Belegschaft zum Beispiel durch temporäre und teilzeitliche Arbeitskräfte ausgedehnt werden. Die numerische Flexibilität führt bei den Arbeitnehmern gezwungenermassen zu einer Verunsicherung bezüglich der zukünftigen Anstellungschancen. Sie findet sich vorwiegend bei Unternehmungen mit niedrigem Ausbildungsniveau und geringem Arbeitsschutz. 41 38 vgl. Maier, K. zitiert nach: Graf, S./Henneberger, F. et al. (2000), S. 15 39 vgl. Graf, S./Henneberger, F. et al. (2000), S. 15-17 40 vgl. Flecker, J. (1998), S. 207 41 vgl. Geser, H. (1999), Online 10

Auswirkungen des Wandels Bei der funktionalen Flexibilisierung steht eher das Bestreben im Vordergrund, sich rascher auf Veränderungen der Märkte einzustellen und differenzierter auf die Bedürfnisse unterschiedlicher Kunden reagieren zu können. Dadurch werden die hierarchischen Strukturen tendenziell flacher, die Arbeitsrollen werden polyvalenter und umfassen unterschiedliche Tätigkeiten. Ein umfangreicher Teil der Arbeitsorganisation wird durch selbstregulierende Gruppen getragen. Von den Mitarbeitern wird somit eine hohe intraorganisationale Anpassungsleistung erwartet. Sie arbeiten in wechselnden Teams, müssen sich permanent weiterbilden, sind ständig in Interaktion mit Mitarbeitern, Vorgesetzten, aber auch Kunden und sind genötigt, sich stets an neue Technologien anzupassen. 42 Nur so kann eine funktionale Flexibilisierung gewährleistet werden. 3.1.2 Schlanke Organisationen Durch schlanke Organisationsstrukturen, wird versucht den Herausforderungen der heutigen Märkte zu begegnen. Die entstandenen schlanken Unternehmen sind gekennzeichnet durch flachere Hierarchien, was eine vermehrte Übertragung von Aufgaben an Mitarbeiter und Arbeitsgruppen zur Folge hat. Diese Übertragung wiederum führt zu einer Vergrösserung der Verantwortungsbereiche der einzelnen Mitarbeiter. Ein weiteres Merkmal schlanker Organisationen ist die Arbeit in Projektgruppen, dadurch versucht man, eine Integration des sehr unterschiedlichen Wissens der einzelnen Mitarbeiter zu erreichen. Zudem ist in schlanken Organisationen feststellbar, dass verstärkt Fremdfirmen einbezogen werden und somit ein Trend zum Outsourcing besteht. Oftmals ist auch eine Zweiteilung der Belegschaft in Stamm- und Randbelegschaften festzustellen. 43 Im nächsten Abschnitt werden einige durch Flexibilisierungsbemühungen entstandene schlanke Organisationsformen vorgestellt. 3.1.3 Organisationsformen 3.1.3.1 Die flexible Firma Ein Beispiel für die neuen Organisationsformen ist das Konzept der flexible firm (Atkinson 1984). Die Arbeitnehmerschaft besteht bei der flexiblen Firma aus einer Kernbelegschaft und einer Randbelegschaft. Von der stabil beschäftigten Kernbelegschaft mit teils ausgeprägten betriebsspezifischen Qualifikationen wird Einsatzflexibilität und funktionale 42 vgl. Geser, H. (1999), Online 43 vgl. Bergmann, B. (1996), S. 161-163 11