Nur Grund zum Jammern? Hospitality im Lichte der verschärften Anti-Korruptionsregeln Mitgliederanlass Sponsoring Schweiz 11. November 2015 Urs Cipolat Group Compliance Officer Swisscom
Übersicht I. Praxis II. Korruption III. Regeln IV. Relevanz V. Fazit
Praxis I. Private
Praxis II. Amtspersonen
Praxis III. Gleichgestellte Private Mit Blick auf die vielfältigen geschäftlichen Beziehungen und Entscheidungsprozesse zwischen unseren Unternehmen bitten wir Sie, keine Mitarbeitende von uns an den Event einzuladen.
Korruption 3 wesentliche Punkte, die es zu verstehen gilt: 1. Korruption = opferloses Delikt Geber und Nehmer sind beide Täter! Somit sollen auch beide bestraft werden Beweisführung ist jedoch sehr schwierig Strafanzeigen Privater sind sehr anspruchsvoll und daher sehr selten Strafverfolgung von Amtes wegen macht grundsätzlich Sinn
Korruption 2. Korruption = Vertrauensbruch im Arbeitsverhältnis Arbeitnehmer nimmt heimlich einen persönlichen Vorteil an, indem er seine Meinung zu einer konkreten Frage verkauft bzw. kaufen lässt (Bestechung) Selbstbereicherung des Arbeitnehmers ohne Wissen/Bewilligung des Arbeitgebers Arbeitnehmer stellt sein persönliches Interesse über das Interesse seines Arbeitgebers Da solche Vertrauensbrüche schädlich und unerwünscht sind, sind sie kriminalisiert
Korruption 3. Korruption im öffentlichen Sektor = verschärft kriminalisiert Arbeitgeber des öff. Sektors = Öffentlichkeit Amtsträger stehen im Dienste der Öffentlichkeit und dürfen sich unter keinen Umständen kaufen lassen Gesetzgeber: tiefere Strafverfolgungsschwelle im öffentl. Sektor -> bereits Sich-Anfüttern-Lassen = Korruption (Vorteilsannahme) -> höhere Erwartungen an Amtsträger zum Schutz des öffentlichen Interesses sowie ihrer Handlungsfreiheit
Regeln Vieles bleibt gleich a. Private: Strafbar o aktive Bestechung (Meinungskauf) o passive Bestechung (Meinungsverkauf) o Anfüttern von Amtsträgern soweit nicht geringfügig Nicht strafbar o Anfüttern unter Privaten b. Amtsträger/gleichgestellte Private: Strafbar o aktive u. passive Bestechung o Vorteilsgewährung (aktiv) und -annahme (passiv)
Regeln c. Unternehmen/Organisationen: Strafbar o nur aktiv-tatbestände (Meinungskauf, Anfüttern) Nicht strafbar o wenn vom Unternehmen bzw. der Organisation alle erforderlichen und zumutbaren organisatorischen Massnahmen zur Prävention getroffen wurden, d.h. Klare interne Vorgaben / Verantwortlichkeiten Interne Schulungen der Risikogruppen Interne Prüfungen Interne Berichterstattung an die Verantwortlichen
Regeln 3 Neuigkeiten (in Kraft ab Mitte 2016) 1. Privatbestechung vom UWG ins StGB migriert -> Strafverfolgung auch ohne Wettbewerbssituation möglich 2. Privatbestechung wird Offizialdelikt -> Verfolgung von Amtes wegen, ausser in leichten Fällen, d.h. wenn Deliktsummer unter wenigen tausend Franken wenn Delikt nicht wiederholt / organisiert erfolgte 3. Indirekte Vorteilsgewährung/-annahme neu ebenfalls strafbar -> Anbieten, Versprechen, Gewähren eines nicht gebührenden Vorteils zu Gunsten eines Dritten verboten -> Fordern, sich versprechen lassen, Annehmen eines nicht gebührenden Vorteils für einen Dritten verboten
Relevanz Szenario 1 Sponsoring «Du gibst mir den (überteuerten) Auftrag, ich sponsere Deinen Club!» C Auftrag «OK!» ohne Zustimmung des Arbeitgebers A Privater / Amtsträger Anbieten, Versprechen, Gewähren eines nicht gebührenden Vorteils «zu Gunsten eines Dritten» B Privater / Amtsträger Fordern, sich versprechen lassen eines nicht gebührenden Vorteils «für einen Dritten» StGB-Verstoss: Art. 322 ter - 322 novies
Relevanz Szenario 1: Risiken - Liegt eine unerlaubte Zahlung an einen Dritten in Form von Sponsoring vor, zwecks Bestechung / Vorteilsgewährung? - Falls Sponsoring des Dritten über Schwelle von wenigen tausend Franken liegt -> Gefahr einer Untersuchung von Amtes wegen - Gesponserter Dritter: Strafbar für Anstiftung, Gehilfenschaft? Risikominderung - Klare Sponsoring-Strategie - Klarer Genehmigungsprozess, v.a. bei Abweichungen von Strategie - Verbot des politischen Sponsorings (Parteien, Kandidaten) - Schriftliche Sponsoring-Verträge, 4-Augen-Prinzip - Keine Zahlungen auf private Konti, schon gar nicht ins Ausland - Jedes Engagement sollte dokumentiert & archiviert sein
Relevanz Szenario 2: Hospitality «Du gibst mir mal den (überteuerten) Auftrag, ich gebe Dir ab und zu Tickets!» Auftrag C «OK!» ohne Zustimmung des Arbeitgebers A Privater / Amtsträger TICKETS Anbieten, Versprechen, Gewähren eines nicht gebührenden Vorteils B Privater / Amtsträger Fordern, sich versprechen lassen Annehmen eines nicht gebührenden Vorteils StGB-Verstoss: Art. 322 ter - 322 novies
Relevanz Szenario 2: Risiken - Strafbares Anfüttern: o bei Amtsträgern: sobald Vorteil über der Geringfügigkeitsschwelle! Wo genau liegt die Geringfügigkeitsschwelle? o bei Privaten: Anfüttern grundsätzlich nicht strafbar, aber fliessender Übergang zwischen erlaubter Beziehungspflege und unerlaubter Belohnung für abgeschlossene od. künftige Geschäfte Risikominderung - Konditionale Einladung von Amtsträgern und Privaten: o Vorgängiges Einfordern einer schriftlichen Compliance-Bestätigung, dass der angebotene Vorteil im Wert von x CHF gemäss dienst- oder arbeitsrechtlichen Vorschriften angenommen werden darf - Kosten-Selbstbeteiligung durch das eingeladene Unternehmen - Beweismittel zur Exkulpierung sichern (Archivierung der Compliance-Bestätigung!)
Fazit 1. Erhöhtes Strafverfolgungsrisiko für Firmen, die Sponsoring & Hospitality betreiben 2. Deshalb kein Sponsoring bzw. keine Hospitality mehr zu betreiben wäre falsch. Zwecks Selbstschutz tun jedoch alle Beteiligten gut daran, ihre formellen Anforderungen zu erhöhen (d.h. Strategien, Formulare, Genehmigungsprozesse, Compliance-Bestätigungen, Archivierung etc.) 3. Das Model Sponsoring/Hospitality zwecks Anfüttern/Beeinflussen hat ausgedient: o o i.z.m. Amtspersonen: Absolutes No Go i.z.m. Privaten: Auslaufmodel 4. Neue Modelle sind gesucht: o o o Sponsoren: Echtes Engagement & Breiten-Marketing sind gefragt Eventmanager: Ansprechende Events sind gefragt -> Ist ein Event im Geschäftsinteresse, wird eine Teilnahme auch vom Geschäft bezahlt! Gäste: Selbstbeteiligung ist gefragt (mind. Reise- und Übernachtungskosten)
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Dr. Urs Cipolat Group Compliance Officer Swisscom AG Postfach 3050 Bern Urs.Cipolat@swisscom.com