Evidenzbasierte Behandlung der Borderline Persönlichkeitsstörung

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Evidenzbasierte Behandlung der Borderline Persönlichkeitsstörung Prof. Dr. Babette Renneberg Symposium der BPtK Gute Praxis psychotherapeutische Versorgung: Borderline Persönlichkeitsstörung Berlin 4. September 2012

Übersicht 1. Einleitung 2. Leitlinien Persönlichkeitsstörungen 3. Wirksamkeit verschiedener therapeutischer Ansätze a. Mentalisierungsbasierte Therapie b. Übertragungsfokussierte Therapie c. Schematherapie d. Dialektisch Behaviorale Therapie 4. Fazit und Schlussfolgerungen für die Praxis 2

Psychotherapie der Borderline Persönlichkeitsstörung Diagnose war eine Abfallkategorie für schwierige Patient/inn/en Störungsbild galt lange als kaum behandelbar, insbesondere nicht im ambulanten Setting Fortschritte: Diagnostische Kriterien klarer operationalisiert (ab DSM- III-R und ICD 10) Positive Entwicklung der Forschungsbefunde seit Anfang der 1990 er Jahre 3

DSM-IV TR Borderline Persönlichkeitsstörung: Verlauf: Obwohl die Neigung zu intensiven Emotionen, Impulsivität und Intensität in der Beziehungsgestaltung meist lebenslang anhält, zeigen Personen, die sich in therapeutischer Behandlung befinden, häufig Verbesserungen, die im Laufe des ersten Jahres beginnen. DSM-IV-TR (2003, S. 775) 4

Behandlungsleitlinie: NICE National Institute for Health and Clinical Excellence; UK NICE guideline 78: Borderline Personality Disorder Treatment and Management (2009): Access to services People with borderline personality disorder should not be excluded from any health or social care service because of their diagnosis or because they have selfharmed. (2009, S. 12) 5

Empfehlungen NICE guideline Developing an optimistic and trusting relationship bei der Arbeit mit Patienten mit BPS: Behandlungsoptionen in einer hoffnungsvollen und positiven Atmosphäre entwickeln Vermitteln, dass Besserung möglich und erreichbar ist Vertrauensvolle Beziehung aufbauen, offene, motivierende und nicht-wertende Art, zuverlässig und beständig sein Antizipation von Schwierigkeiten bei der Beendigung oder Veränderungen der Therapie 6

Empfehlungen NICE guideline 5.12.1 Role of psychological treatment an explicit and integrated theoretical approach used by both the treatment team and the therapist, which is shared with the service user 5.12.1.2 Do not use brief psychological interventions (of less than 3 months duration) 7

Empfehlung NICE Guideline 5.12.1.3 For women with borderline personality disorder for whom reducing recurrent self-harm is a priority, consider a comprehensive dialectical behaviour therapy programme 8

Praxisleitlinie Persönlichkeitsstörungen Leitlinien zur Behandlung von Persönlichkeitsstörungen Beteiligte Fachgesellschaften: DGPPN, DGPM, DKPM, DGPs Fachgruppe Klinische Psychologie und Psychotherapie, DGKJP Federführung: Sabine C. Herpertz Expertenkomitee: M. Bohus, P. Buchheim, S.Doering, S. Herpertz, H.-P.Kapfhammer, M. Linden, R. Müller-Isberner, B. Renneberg, H.Saß, B.Schmitz, U.Schweiger, F.Resch, W. Tress 9

Zusammenfassung Leitlinien BPS Diagnostik: klinisches Gespräch, strukturierte Interviews, Selbsteinschätzungsfragebögen, transparente Rückmeldung der Diagnose Psychotherapie Methode der 1. Wahl Hierarchisierung der Behandlungsziele und detaillierte Problemanalyse Evidenz für vier verschiedene Therapieansätze Renneberg et al.(2010). Behandlungsleitlinie PS, Psychotherapeut, 55, 339-354 10

Hierarchisierung der Behandlungsziele bei Persönlichkeitsstörungen Suizidalität, Fremdgefährdung Gefährdung der Therapie Störung der Verhaltenskontrolle Störung des emotionalen Erlebens Probleme der Lebensgestaltung 11

Evidenzbasierte Ansätze zur Therapie der BPS Psychodynamische Ansätze Verhaltenstherapeutische Ansätze Mentalisierungsbasierte Therapie (MBT) Schematherapie Übertragungsfokussierte Therapie (TFP) Dialektisch Behaviorale Therapie (DBT) 12

MENTALISIERUNGS- BASIERTE THERAPIE 13

Mentalisierungsbasierte Therapie Peter Fonagy & Anthony Bateman (1999) Basiert auf Psychodynamischen Ansätzen und Bindungstheorie Mentalisieren = Eigenen und fremden Handlungen Bedeutung zuschreiben Annahme: BPS-Patienten haben verminderte Mentalisierungsfähigkeit Ziel: Verbesserung der Mentalisierungsfähigkeit als Voraussetzung für bessere Affekt- und Impulskontrolle sowie verbessertes Beziehungserleben 14

Mentalisierungsbasierte Therapie - Setting Tagesklinische Behandlung: Einzeltherapie Einmal wöchentlich Gruppentherapie Dreimal wöchentlich Ergänzende Therapieangebote über 18 Monate Ambulante Behandlung: Einzeltherapie Einmal wöchentlich Gruppentherapie Einmal wöchentlich 90 min. 15

Wirksamkeit Wirksamkeit im teilstationären Setting in einer kontrollierten randomisierten Studie nachgewiesen (Bateman und Fonagy 1999, 2001) signifikante Verbesserungen nach 1,5 Jahren Behandlung und deutliche Effekte nach drei Jahren bei fortgesetzter kontinuierlicher Gruppentherapie 16

ÜBERTRAGUNGS- FOKUSSIERTE THERAPIE 17

Übertragungsfokussierte Psychotherapie Entwickelt von Otto Kernberg störungsspezifisch modifizierte Form der psychodynamischen Psychotherapie auf Objektbeziehung und Übertragung fokussiert Hierarchisierung von Problemen: an erster Stelle steht Gefährdung der Fortsetzung der Behandlung und Sicherstellung des therapeutischen Rahmens 18

Übertragungsfokussierte Psychotherapie - Setting Einzeltherapie: Mindestens ein Jahr Dauer, zweimal wöchentlich Supervision der Therapeuten 19

Übertragungsfokussierte Therapie - Wirksamkeit RCT Studie zum Vergleich von Übertragungsfokussierter Therapie, Dialektisch Behavioralen Therapie und Dynamisch-supportiver Behandlung (Clarkin, Levy, Lezenweger & Kernberg, 2007) N = 90 Verbesserungen hinsichtlich Angst, Depression, globales Funktionsniveau, soziale Anpassung für alle 3 Verfahren RCT Übertragungsfokussierte Therapie im Vergleich zu Behandlung durch Experten (Doering et al., 2010) N=104 Übertragungsfokussierte Therapie effektiver in Bereichen Borderline Symptomen, psychosoziales Funktionsniveau und Persönlichkeitsorganisation RCT Studie Vergleich Übertragungsfokussierte Therapie- Schematherapie (Giesen-Bloo, 2006) 20

SCHEMATHERAPIE 21

Schematherapie Wurde von Jeffrey E. Young entwickelt (Young et al., 2003) Basiert auf der KVT Integration von Elementen aus: Gestalttherapie, Bindungstheorie, psychodynamischen Konzepten zum biographischen Hintergrund der Entwicklung maladaptiver Schemata 4 Grundprinzipien: 1. Schwerpunkt: Verarbeitung von Erinnerungen an negative Erfahrungen in der Kindheit 2. imaginative Überschreibungsübungen (rescripting) und Stuhldialoge zur Veränderung negativer Emotionen und negativer Kindheitserinnerungen 3. Therapeutische Beziehung soll analog zu fördernder Elternbeziehung gestaltet werden 4. Das Schema-Modus-Modell hilft Therapeuten als auch der/dem Patienten/Patientin, die gegenwärtigen Probleme zu verstehen 22

Schematherapie - Setting Giesen-Bloo et al. (2006) Einzeltherapie Zweimal wöchentlich Supervisionsgruppen für Therapeuten Wöchentlich Farell et al. (2009) Gruppentherapie plus TAU Wöchentliche Gruppensitzungen (30 Sitzungen) 6 Patienten pro Gruppe 2 Therapeuten pro Gruppe 23

Schematherapie - Wirksamkeit 1 RCT Studie: Vergleich Schematherapie mit Übertragungsfokussierten Therapie (Giesen-Bloo et al., 2006) N=86, 3 Jahre Einzeltherapie, Supervision Schematherapie weniger Drop-out, ST bessere recovery rates als TFP RCT Studie Vergleich von kombinierter Schema- Gruppentherapie und treatment as-usual (TAU) zu nur TAU (Farell, Shaw & Webber, 2009) N=32, kein Dropout in der ST Gruppe, kombinierte Therapie große Effekte im Vergleich zu TAU Aktuelle Studie untersucht die Kombination von Gruppe und Einzel-Schematherapie (Dickhaut & Arntz, 2012) 24

DIALEKTISCH BEHAVIORALE THERAPIE (DBT) 25

DBT Marsha M. Linehan Kognitiv-verhaltenstherapeutisches Vorgehen, Integration von Methoden und Strategien anderer therapeutischer Schulen fernöstliche Meditationstechnik Dialektik: Methode des Dialogs und der therapeutischen Beziehung Therapeutische Grundhaltung: positive Grundeinstellung Akzeptanz und Validierung von Verhalten Vermittlung von Fertigkeiten 26

DBT - Setting Einzeltherapie Zwei Jahre (1-2 h pro Woche) Fertigkeitentraining in der Gruppe (wöchentlich) Erweiterung der störungsspezifischen Kompetenz Telefonberatung Zur Lösung akuter Krisen Supervisionsgruppe für den Therapeuten Wöchentlich Kommunikation zwischen Einzel- und Gruppentherapeuten 27

DBT Wirksamkeit Metaanalyse von Kliem, Kroeger & Kosfelder, 2010 8 kontrollierte und 8 nicht-kontrollierte Studien insgesamt 794 Patienten, davon wurden 499 mit DBT behandelt 28

DBT Metaanalyse (Kliem et al.2010) 8 RCTs g =.50 globaler Effekt Prä/Post 8 nrcts = -.39 g =.56 suizidales und selbstverletzendes Verhalten Borderline-spez. Kontrolle g = -.20 Dropout Dauer der Intervention Dropout ambulant vs. stationär methodische Qualität globaler Effekt Follow-up 4-12 Monate (nur 5 Studien) 29

DBT Metaanalyse (Kliem et al. 2010) insgesamt moderate Effekte für DBT bei BPS im Vergleich kleinere Effekte beim Vergleich mit BPS-spezifischer Therapie vergleichbare Ergebnisse für RCTs und nrcts Hinweis auf die Effektivität im stationären Setting geringere Effektstärken für follow-up-messung Verbesserungsbedarf bzgl. Übertragbarkeit in den Alltag Einschränkung: Wirksamkeitsnachweise vor allem für Frauen gültig 30

Welche Faktoren beeinflussen Effektivität von DBT? Barnicot et al. 2012 Symptomschwere + Soziodemographische Merkmale 0 Dissoziation - Therapieerfolg DBT? Medikamenten -einnahme + Therapeutische Allianz Vortrag Forum Persönlichkeitsstörungen Berlin November 2008 31

DBT Wirksamkeit in der Versorgung Vergleich von DBT und TAU in der Routineversorgung in Australien (Pasienczny und Conner, 2011). DBT führte zu deutlich reduzierter Symptomatik, weniger Klinikaufenthalten & Vorstellung bei der Notaufnahme Therapeuten mit längerer Schulung erzielten signifikant bessere Therapieergebnisse für Suizidalität und selbstverletzendes Verhalten Vergleich von DBT und TAU in der Routineversorgung in Großbritannien (Feigenbaum et al. 2012) auch antisoziale und narzisstische PS Vergleichbare Ergebnisse Jedoch: Therapeuten in TAU-Bedingung waren auch auf Therapie von Borderline-Patienten spezialisiert 32

Weitere Metaanalysen Leichsenring und Leibing (2003) Effektivität von psychodynamischen und kognitivverhaltenstherapeutischen Verfahren bei Persönlichkeitsstörungen 14 Studien zu psychodynamischen (n = 417) und 11 Studien zu kognitiv-verhaltenstherapeutischen (n = 231) Verfahren Evidenz für beide Therapieverfahren Leichsenring & Rabung (2008). Effectiveness of Long-term Psychodynamic Psychotherapy: A Meta-analysis. JOURNAL OF THE AMERICAN MEDICAL ASSOCIATION Volume: 300 Issue: 13 Pages: 1551-1565. 33

Wirksamkeit in der Praxis STEPPS STEPPS = Systems Training for Emotional Predictability and Problem Solving Gruppentherapie für BPS, bei der Freunde und Verwandte mit einbezogen werden Psychoedukation Emotions-Management-Skills Verhaltensmanagement-Skills Wirksamkeit in 2 RCTs nachgewiesen Studie von Bos, Wel, Appelo und Verbraak (2011): Vergleich von STEPPS (+ zusätzlicher Einzeltherapie) mit TAU Patienten die STEPPS erhielten, verbesserten sich mehr hinsichtlich genereller und Borderline-spezifischer Psychopathologie sowie Lebensqualität Dies blieb auch im Follow-up erhalten Effekte besonders hoch bei Patienten mit starker Symptomschwere Vortrag Forum Persönlichkeitsstörungen Berlin November 2008 34

DBT Wirksamkeit bei Jugendlichen Empirische Unterstützung, dass DBT auch bei Jugendlichen mit Borderlinesymptomatik wirksam sein kann (Groves, Backer, van den Bosch & Miller, 2012) Jedoch keine randomisierten kontrollierten Studien bei Jugendlichen 35

Behandlungsempfehlung der APA Empfehlung der APA (American Psychological Association Division 12) DBT http://www.apa.org/divisions/div12/cppi.html 36

Zusammenfassung - Evidenz Es gibt Hinweise auf die Wirksamkeit der mentalisierungsbasierten, Übertragungsfokussierten und Schematherapie Die meisten empirischen Belege liegen für die Dialektisch- behaviorale Therapie vor 37

Schlussfolgerungen Es gibt Behandlungsansätze, die die Symptomatik und Funktionsniveau bessern! Lange Therapiedauer, Kombination Gruppe und Einzeltherapie Supervision/Konsultationsteams/ Netzwerk 38

Übersicht Therapiedosis (Auswahl) Studie Therapiedauer Anzahl Einzeltherapie Anzahl Gruppentherapie Gesamtzahl Sitzungen Supervision Bateman & Fonagy, 1999 18 Monate 135 Sitzungen (2x/Woche) 216 Sitzungen (3x/Woche) 351 ja Bateman & Fonagy, 2001 (Follow-Up) Clarkin et al., 2007 18 Monate 72 Sitzungen 135 Sitzungen (2x/Woche) 1 Jahr 90 Sitzungen (2x/Woche) 45 Sitzungen (1x/Woche) 207? 135 Ja Doering et al., 2010 1 Jahr 90 Sitzungen (2x/Woche -50 min.) - 90 Ja Giesen-Bloo 2006 3 Jahre 270 Sitzungen (2x/Woche -50 min.) - 270 Ja Linehan 1991 1 Jahr 45 Sitzungen (1x/Woche) 45 Sitzungen (2 ½ h/woche) 90 Ja Clarkin et al., 2007 1 Jahr 45 Sitzungen (1x/Woche) 45 Sitzungen (1x/Woche) 90 Ja 39

Schlussfolgerungen Es gibt Behandlungsansätze, die die Symptomatik und Funktionsniveau bessern! Lange Therapiedauer, Kombination Gruppe und Einzeltherapie, Supervision plus Netzwerk Dismanteling Studien fehlen Wissenschaftliche Evidenz für die Wirksamkeit ist da Transfer in die Praxis! 40

Aufgaben Wie finden Patient/innen einen Therapieplatz bei qualifizierten Therapeuten? Besondere Anforderungen an Therapeut/inn/en: - Ausbildung - Bereitschaft und Motivation - Setting: Kombination von Gruppentherapie und Einzeltherapie auch bei unterschiedlichen Therapeuten - Sitzungsanzahl bei VT und TP nach Richtlinien nicht ausreichend 41

Literatur Renneberg, B., Schmitz, B., Doering, S., Herpertz, S. & Bohus, M. (2010) Behandlungsleitlinie Persönlichkeitsstörungen. Psychotherapeut, 55(4), 339-354 Mentalisierungsbasierte Therapie Bateman, A. W. & Fonagy, P. (2008). Psychotherapie der Borderline-Persönlichkeitsstörung: Ein mentalisierungsgestütztes Behandlungskonzept. Gießen: Psychosozial-Verlag. Übertragungsfokussierte Therapie: Clarkin, J.F., Yeomans, F.E. & Kernberg, O.F (2001). Psychotherapie der Borderline-Persönlichkeit. Manual zur psychodynamischen Therapie. Stuttgart: Schattauer. Schematherapie: Jacob, G. & Arntz, A. (2011). Schematherapie in der Praxis. Basel: Beltz. Young, J. E., Klosko, J. S. & Weishaar, M. E. (2008). Schematherapie. Ein praxisorientiertes Handbuch (2. Aufl.). Paderborn: Junfermannsche Verlagsbuchhandlung. Dialektisch Behaviorale Therapie: Bohus, M. & Wolf, M. (2009). Interaktives SkillsTraining für Borderline-Patienten. Therapeuten-Version. Stuttgart: Schattauer. Linehan (1996). Dialektisch-Behaviorale Therapie der Borderline-Persönlichkeitsstörung. München: CIP-Medien. 42

Literatur - Wirksamkeitsnachweise Barnicot, K., Katsakou, C., Bhatti, N., Savill, M., Fearns, N., & Priebe, S. (2012). Factors predicting the outcome of psychotherapy for borderline personality disorder: A systematic review. Clinical Psychology Review, 32(5), 400 412. Bateman, A., & Fonagy, P. (1999). Effectiveness of partial hospitalization in the treatment of borderline personality disorder: a randomized controlled trial. American journal of psychiatry, 156(10), 1563 1569. Bateman, A., & Fonagy, P. (2001). Treatment of Borderline Personality Disorder With Psychoanalytically Oriented Partial Hospitalization: An 18-Month Follow-Up. American Journal of Psychiatry, 158, 36 42. Bos, E. H., van Wel, E. B., Appelo, M. T., & Verbraak, M. (2011). Effectiveness of Systems Training for Emotional Predictability and Problem Solving (STEPPS) for Borderline Personality Problems in a Real- World Sample: Moderation by Diagnosis or Severity? Psychotherapy and Psychosomatics, 80(3), 173 181. Clarkin, J., Levy, K., Lenzenweger, M., & Kernberg, O. (2007). Evaluating Three Treatments for Borderline Personality Disorder: A Multiwave Study. American Journal of Psychiatry, 164(6), 922 928. DGPPN - Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (Hrsg.) (2009). S2- Leitlinien für Persönlichkeitsstörungen. Reihe: S2 Praxisleitlinien in Psychiatrie und Psychotherapie, Band 1. Steinkopff Verlag. Doering, S., Hörz, S., Rentrop, M., Fischer-Kern, M., Schuster, P., Benecke, C., Buchheim, A., et al. (2010). Transference-focused psychotherapy v. treatment by community psychotherapists for borderline personality disorder: randomised controlled trial. British Journal of Psychiatry, 196, 389-395. 43

Literatur - Wirksamkeitsnachweise Farrell, J. M., Shaw, I. A., & Webber, M. A. (2009). A schema-focused approach to group psychotherapy for outpatients with borderline personality disorder: a randomized controlled trial. Journal of behavior therapy and experimental psychiatry, 40(2), 317 328. Feigenbaum, J. D., Fonagy, P., Pilling, S., Jones, A., Wildgoose, A., & Bebbington, P. E. (2012). A realworld study of the effectiveness of DBT in the UK National Health Service. The British journal of clinical psychology / the British Psychological Society, 51(2), 121 141. Giesen-Bloo, J. et al. (2006). Outpatient Psychotherapy for Borderline Personality Disorder - Randomized Trial of Schema-Focused Therapy vs Transference-Focused Psychotherapy. Archives of General Psychiatry, 63(6), 649. Groves, S., Backer, H. S., van den Bosch, W., & Miller, A. (2012). Dialectical behaviour therapy with adolescents. Child and Adolescent Mental Health, 17(2), 65 75. Kliem, S., Kröger, C., & Kosfelder, J. (2010). Dialectical Behavior Therapy for Borderline Personality Disorder: A Meta-Analysis Using Mixed-Effects Modeling. Journal of Consulting & Clinical Psychology, 78(6), 936 951. National Collaborating Centre for Mental Health (2009). NICE clinical guideline 78. Borderline Personality Disorder Treatment and management. Pasieczny, N., & Connor, J. (2011). The effectiveness of dialectical behaviour therapy in routine public mental health settings: An Australian controlled trial. Behaviour Research and Therapy, 49(1), 4 10. 44

Kontakt: b.renneberg@fu-berlin.de 45