Politik Referat Gliederung: Was bedeutet Demokratiedefizit? Seite 2 Legitimation von Staatsgewalt Seiten 2+3 Fehlende Transparenz bei Entscheidungen Seite 3 Lösungsansätze Seiten 3+4 Das Demokratie-Effizienz-Dilemma Seite 4 Seite 5-1 -
Demokratie [grch., Volksherrschaft ], Staatsform, in der die Staatsgewalt vom Volk ausgeht ( getragen wird) und direkt oder (und) indirekt von ihm ausgeübt wird. Bertelsmann Universal Lexikon Defizit [das; lat.], Fehlbetrag, [...] Bertelsmann Universal Lexikon Ein Demokratiedefizit ist folglich ein Fehlen bzw. Mangel an einem oder mehreren Punkten in der Definition von Demokratie. Im Rahmen der Europäischen Union muss man sich mit folgenden Punkten befassen:... vom Volk... Gibt es ein europäisches Volk? Existiert eine europäische Wir-Identität? Die Europäer bilden keine Kommunikationsgemeinschaft (unterschiedliche Sprache) keine Kulturgemeinschaft keine Erfahrungsgemeinschaft (unterschiedliche Völkergeschichten)... vom Volk ausgeht... In der EU besteht ein Ungleichgewicht zwischen Machtkompetenz und demokratischer Legitimation. Insbesondere beim Europäischen Parlament, welches als einzige Institution ihre hohe Legitimation durch Direktwahl erhält, aber auf der anderen Seite nur unzureichend Machtkompetenz besitzt, kann man dieses Problem sehen.... von ihm ausgeübt wird... Die mangelnde Transparenz bei Entscheidungen der EG ( Politik hinter verschlossenen Türen ) führt dazu, dass die indirekte Ausübung der Staatsgewalt durch das Volk stark gehemmt ist. Ich möchte mich in meinem Referat auf die letzten beiden Punkte beschränken, da das erstere Problem weniger politisch, als völkerkundlich und geschichtlich, orientiert ist. Europäischer Rat Der Europäische Rat setzt die Leitlinien der Politik, wobei die Regierungschefs der einzelnen Staaten ohne direkte demokratische Legitimation und ohne jede parlamentarische Beschlussfassung den anzustrebenden Kurs bestimmen. Die Beschlüsse des Europäischen Rates sind zwar nicht unmittelbar rechtsverbindlich, doch gelten sie für die Kommission als wegleitend für die Ausarbeitung von Vorschlägen. Der Ministerrat Im Ministerrat finden sich Regierungsmitglieder der Mitgliedstaaten, welche indirekt gewählt werden. Diese sind dem Nationalparlament, ihrer Verfassung und dem Volk verpflichtet. Dadurch hat das Gesetzgebungsorgan eine geringe Legitimation gegenüber dem gesamteuropäischem Volk. - 2 -
Die Kommission Die Europäische Kommission hat im Gesetzgebungsverfahren das Monopol des Initiativrechts, d. h. die Kommission hat die fast ausschliessliche Befugnis Gesetzesvorlagen in die Gesetzgebung einzubringen. Dieses Recht wird nur unzureichend dadurch legitimiert, dass die nationalen Regierungen die Kommissionsmitglieder bestellen und diese vom EG- Parlament bestätigt werden. Rechenschaft für politische Entscheidungen kann hier nicht eingefordert werden. Das Europäische Parlament Das einzige politische Organ in der EG, welches direkte demokratische Legitimation seiner Handlungen durch Direktwahl vom Volk besitzt, ist das EG-Parlament (auch Europäisches Parlament genannt). Diesem hohen Legitimationsgrad steht eine nur sehr begrenzte Machtkompetenz gegenüber, weil die Übertragung der nationalen Zuständigkeiten auf die EG nicht immer einher ging mit der Übertragung der entsprechenden Befugnisse auf das Europäische Parlament. Außerdem wird der Wahlkampf meist von nationalen Politikthemen beherrscht. Da das Europäische Parlament kein direktes Initiativrecht, d.h. es kann nicht aus eigener Kraft Gesetzesvorlagen einbringen, und ausserdem nur geringe Mitentscheidungsrechte hat, gleicht es immer noch mehr einem Meinungsforum mit Vetorecht, als einem verantwortlichen Mitgestalter europäischer Politik. Die hauptsächlichen Zuständigkeiten liegen nicht beim direkt gewählten Parlament, sondern beim Ministerrat. Es besteht ein Mangel an effektiver, parlamentarischer Kontrolle. Viele nationalstaatliche Kompetenzen wurden auf die europäische Ebene abgegeben. Deswegen ist ein höherer Grad mit immer wieder erneuerter Legitimation der Entscheidungen auf europäischer Ebene wichtig.!" # Die mangelnde Transparenz bei Entscheidungen der EG werden als wenig demokratisch kritisiert. Insbesondere der Rat der Europäischen Union trifft alle Entscheidungen hinter verschlossener Tür. Deshalb fordern Regierungen und Öffentlichkeit seit geraumer Zeit, dass die Arbeitswiese der Gemeinschaft transparenter und offener werden muss. Erste Lösungsversuche ließen die Staatschefs der Mitgliedstaaten durchblicken, als sie beschlossen, bei bestimmten Ratssitzungen Fernsehübertragungen zu erlauben. Ein weiteres Problem der mangelnden Transparenz besteht darin, dass die rechtlichen und politischen Strukturen in der Bevölkerung als zu komplex empfunden werden und das Interesse an europäischer Politik weiter sinkt. Bei der ersten Wahl des Europäischen Parlaments 1979 lag die Höhe der Wahlbeteiligung noch bei 62,5%. Fünfzehn Jahre später bei nur noch 56,8%. So ist der größte Teil der Bevölkerung tendenziell überfordert und kann seinem Interesse an Kontrolle über die Entscheidungen der EG, selbst wenn er wollte, nicht nachkommen. $% Zu diesen Demokratiedefiziten gibt es schon seit längerem Lösungsvorschläge. Hier eine kurze Auflistung der wichtigsten Demokratisierungsstrategien: Stärkung des Europäischen Parlaments Vorteil: höherer Legitimationsgrad von Entscheidungen Nachteile: Verringerung der Handlungsfähigkeit und Majorisierung von kleinen Mitgliedsstaaten durch größere Mitgliedstaaten - 3 -
Zusammenarbeit von Nationalparlamenten und EG-Parlament Vorteil: höherer Legitimationsgrad von Entscheidungen Nachteil: Verringerung der Handlungsfähigkeit Volksabstimmungen auf EG-Ebene Vorteil: maximale demokratische Legitimation bei Entscheidungen Nachteile: erhebliche Handlungseinschränkungen und Majorisierung von kleinen Mitgliedsstaaten durch größere Mitgliedstaaten Öffentliche Ministerrats Sitzungen Vorteil: Erhöhung der Entscheidungstransparenz für den EU-Bürger Nachteile: keine Europäische Wahlprogramme bei der Wahl des Parlaments Vorteil: größerer Legitimationsgrad der Abgeordneten und Lenkung der bürgerlichen Interessen auf die EG-Politik Nachteile: keine Wahlpflicht in allen Mitgliedstaaten bei der Wahl des EG-Parlaments Vorteil: erhöhter Legitimationsgrad der Parlamentarier und Lenkung der bürgerlichen Interessen auf die EG-Politik Nachteil: Wahlzwang Die Aufwertung des Europäischen Parlaments ist der meist geforderte Lösungsweg, jedoch birgt dieser auch Risiken. Jede Machtverschiebung zwischen Rat und Parlament bedeutet eine Machtverschiebung zwischen großen und kleinen Mitgliedstaaten. Da die kleinen Mitgliedstaaten im Ministerrat überproportional und im Parlament nur proportional zur Bevölkerungszahl beteiligt sind, lehnen sie eine Demokratisierung durch Stärkung des Parlaments eher ab. Weiterhin würde eine Aufwertung der Machtkompetenzen des Europäischen Parlaments die Handlungsfähigkeit der EG schwächen (siehe dazu Das Demokratie-Effizienz-Dilemma ). Volksabstimmungen auf EG-Ebene stehen nicht ernsthaft auf dem Programm und sind realistischerweise nicht durchzuführen. Europäische Wahlprogramme und die damit verbundene Vernachlässigung der nationalen, partikulären Politikthemen bei der Direktwahl des EG-Parlaments, würden das Interesse der Bürger stärker auf die EG-Politik lenken und somit auch die demokratische Legitimation der Parlamentarier erweitern. Die Wahlpflicht bei Direktwahlen des Europäischen Parlaments, wie sie in Belgien, Italien, Luxemburg und Griechenland herrscht, ist eine weitere Möglichkeit das Interesse an EG- Politik zu wecken und damit das Parlament noch stärker demokratisch zu legitimieren. Ein prinzipielles Problem bei Demokratisierungsversuchen in der Europäischen Union besteht darin, dass jede Änderung des Systems Einstimmigkeit aller Mitgliedstaaten verlangt und daher nur sehr schwer zu erreichen ist. & Die EG leidet unter einem Dilemma, da zwischen Demokratie und Handlungsfähigkeit (Effizienz) ein Spannungsverhältnis besteht. Alle Versuche das politische Entscheidungssystem der EG demokratischer zu gestalten, führen zwangsweise zu einer Einschränkung der Handlungsfähigkeit. - 4 -
Je mehr verschiedene Interessenverbände existieren, desto schwerer ist es, zu einem gemeinsamen Standpunkt zu gelangen. Dies trifft insbesondere in der EG zu, da hier viele verschiedene nationale Interessen eine Rolle spielen. Um einen Konsens zu erreichen, müssen Kompromisse eingegangen werden. Und Kompromisse sind nicht effektiv. Je mehr die EU an Demokratie gewinnt (z. B. in Entscheidungsverfahren), desto mehr verliert sie an Effizienz. Beispiel für dieses Dilemma: Um die Entscheidungsverfahren z.b. im Rat effizienter zu gestalten, wurde das Einstimmigkeitsprinzip in der Abstimmung zugunsten des Mehrheitsprinzips abgeschafft. Dies hat aber gerade im Ministerrat, der aus national gewählten Repräsentanten besteht, weitreichende Folgen: Gehört ein vom nationalen Parlament legitimierter Vertreter im Rat der überstimmten Minderheit an, so wird trotzdem der Abstimmungsgegenstand in diesem Staat unmittelbar geltendes Recht. EU und Demokratie - Der Demokratisierung der EU sind enge Schranken gesetzt, Hansjörg Seiler, Europa-Magazin - Direkte Demokratie und EU-Beitritt 4/95, http://www.czv.com/ Die Demokratie in der EU, http://www.lsg.musin.de Europa von A-Z, Werner Weidenfeld und Wolfgang Wessels, Europa Union Verlag Europa 2000 Der Weg der Europäischen Union, Claus D. Grupp, OMNIA Verlag Politik 11 Ein Arbeitsbuch, Floren u.a., Verlag Ferdinand Schöningh - 5 -