Stress, Fehler, Situation Awareness Vortrag auf der Fluglehrer-Weiterbildung am 27. März 2015 im Vereinsheim des Aeroclubs Dachau am Flugplatz Dachau-Gröbenried. Referent: André Schülke, Segelflugzentrum Königsdorf
Der Faktor Stress
Stress Stress (engl.: Anspannung, Anstrengung; lat. stringere: zusammenschnüren) bezeichnet zum einen durch spezifische äußere Reize (Stressoren) hervorgerufene psychische und physiologische Reaktionen bei Tieren und Menschen, die zur Bewältigung besonderer Anforderungen befähigen, und zum anderen die dadurch entstehende körperliche und geistige Belastung. Der natürliche Anpassungsprozess (Coping) an die stressauslösenden Reize (Stressoren) gerät aus dem Gleichgewicht. Der Organismus befindet sich im Alarmzustand. Der Körper bereitet sich auf Angriff, Flucht oder Verteidigung vor. Fight, Flight or Freeze
Stress Fight, Flight or Freeze
Stress Stress kennzeichnet ein Ungleichgewicht zwischen den Anforderungen an eine Person und ihren persönlichen Möglichkeiten (Leistungsfähigkeit, Zeit, Ressourcen), diese zu bewältigen.
Stressoren Psychisch-mentale Stressoren Leistungs- und Zeitdruck Informationsflut Unübersichtlichkeit und Komplexität unergonomische Software, EDV-Ausfall widersprüchliche Anweisungen ungenügende Einweisung unvollständige Informationen unklare Zuständigkeiten unklare Zielvorgaben mangelhaftes Feedback Angst vor Kontrolle und Misserfolg hohe Verantwortung für Personen/Werte Soziale Stressoren fehlende Anerkennung und Unterstützung schlechtes Betriebsklima Konflikte Konkurrenzdruck in der Gruppe Heldengeschichten und Leistungsdruck geringe Entwicklungsmöglichkeiten Diskriminierung und Benachteiligung mangelnde Beteiligung am Geschehen Kollision der Erfordernisse der Fliegerei mit Erfordernissen der Famile/Beziehung Physische Stressoren Lärm, Hitze, Kälte, schlechte Beleuchtung Nachflug, schwierige met. Bedingungen hohes Verkehrsaufkommen Seilriss, Außenlandung
Stressreaktionen des Körpers Pupillen erweitern sich und das Auge wird auf Weitsehen eingestellt Erhöhter Blutdruck, Blutzucker und Herzschlag durch Adrenalinausschüttung Bauchspeicheldrüse arbeitet stärker Bronchien dehnen sich Atmung wird schneller Nebennieren schütten Cortisol aus Schweißbildung verstärkt sich Blutgefäße in Haut, Gehirn und Eingeweide ziehen sich zusammen Verdauung wird verlangsamt Analer Schließmuskel zieht sich zusammen Haut und Körperbehaarung produzieren Gänsehaut Blasenschließmuskel zieht sich zusammen, Harnblase entspannt sich Verdauungsflüssigkeiten werden verringert Leber schüttet Zucker in den Kreislauf Blutgefäße der äußeren Genitalien erweitern sich
Blackout Quelle: Spektrum der Wissenschaft, 12/2012
Stress Handeln unter Stress Redkution mentaler Prozesse auf einfache JA-NEIN-Entscheidungen. Rückgriff auf erprobte, routinemäßige Handlungsstrategien. Keine langfristige Problemlösung mehr mit Intelligenz und Kreativität. Mehr vom Falschen
Drei Handlungs- und Fehlerebenen (nach Jens Rasmussen) Knowledge (Wissen) Blackout Error Mode: Inaccurate Mental Model Rules (Regeln) Error Mode: Misinterpretation Skills (Fertigkeiten) Error Mode: Inattention
Landeanflug Aufsetzpunkt Position Endanflug Gegenanflug Queranflug
Gare Montparnasse 1895
Fehler in komplexen Operationen
Dynamik der Unfallentstehung (nach James Reason) i Latente Mängel auf den i Management-Ebenen i Inadäquate Auslese und i Ausbildung i Latente Mängel in der i Wartung und im Design i Kritische innere Bedingungen i Kritische äußere Bedingungen i Situationsbedingte Fehler Bahn einer Unfallgelegenheit Unfall präventive Abwehr Operational Awareness Abwehrmechanismen des Piloten Situation Awareness Zeitverlauf einer komplexen Operation t
Situation Awareness Situation Awareness
Situation Awareness Situation Awareness bezeichnet den Zustand, sich seiner Umgebung zutreffend bewusst zu sein. Prozessmodell der Entwicklung von Situation Awareness (nach Mica R. Endsley): Ebene 1: Ebene 2: Ebene 3: Die Objekte in der Umgebung werden wahrgenommen. Ihre Bedeutung wird verstanden. Die Veränderungen in der Umgebung und der zukünftige Zustand der Objekte werden zutreffend für eine ausreichende Zeitspanne vorhergesagt. Daraus folgen die Prozesse Entscheidung, Ausführungsplanung und Handeln. Einflussgrößen: Wissen und Erfahrung Kognitive Fähigkeiten / Aufmerksamkeit Genauigkeit und Geschwindigkeit der Wahrnehmung
Situation Awareness
Autoren Dr. Jens Rasmussen Prof. emer. Risø National Laboratory, Dänemark Dr. James T. Reason Professor für Psychologie, Universität Manchester Dr. Mica R. Endsley Chief Scientist of the U.S. Air Force, Washington D.C.
Literatur Bachmann, Peter Flugmedizin für Piloten und Passagiere. Privatpilotenbibliothek Band 12 Stuttgart: Motorbuchverlag, 1999 Gantenbrink, Bruno Moser, Karin S. Rede über Sicherheit beim Fliegen Mentale Modelle und ihre Bedeutung http://www.symbolforschung.ch/seiten/karin_moser.pdf Reason, James Human Error, Cambridge University Press, 1990 Schmidt, Robert F. Physiologie kompakt. 4. Auflage, Berlin: Springer, 2001 Spohd, Gerd O. Der Faktor Mensch im Flugbetrieb. Band I Flugphysiologie, 3. Auflage 1997 Spohd, Gerd O. Der Faktor Mensch im Flugbetrieb. Band II Flugpsychologie, 1997 Arnsten, Amy; Sinha, Rajita; Mazure, Carolyn Biologie des Blackouts, in: Spektrum der Wissenschaft, Dezember 2012