Seminarvortrag aus Reiner Mathematik Existenz von Primitivwurzeln Michael Kniely November 2009 1 Vorbemerkungen Definition. Sei n N +, ϕ(n) := {d [0, n 1] ggt (d, n) = 1}. Die Abbildung ϕ : N + N + heißt Euler sche Phi-Funktion und ist für n N + gleich der Anzahl an Elementen aus [0, n 1], die teilerfremd zu n sind. Bemerkung. Seien N, m, n N + und P. 1. ϕ(m) = (Z/mZ), ϕ() = 1 und ϕ( ) = ( 1) 1. 2. ϕ ist multilikativ, das heißt ggt (m, n) = 1 ϕ(m n) = ϕ(m)ϕ(n). Notation. Mit π m : Z Z/mZ wird im Folgenden der kanonische Homomorhismus bezeichnet. Satz. Seien a Z, m N +, P. 1. Euler : ggt (a, m) = 1 a ϕ(m) 1 (mod m). 2. kleiner Fermat : a a (mod ); a a 1 1 (mod ). Beweis. 1. Da ggt (a, m) = 1 ist, ist π m (a) (Z/mZ) und mittels Satz von Lagrange erhält man ord(π m (a)) (Z/mZ) = ϕ(m); daraus folgt aber π m (a) ϕ(m) = 1 (Z/mZ) und schließlich π m (a ϕ(m) ) = π m (a) ϕ(m) = 1 (Z/mZ) = π m (1 Z ), was äquivalent zu a ϕ(m) 1 (mod m) ist. 2. Mittels Fallunterscheidung erhält man schrittweise: a ggt (a, ) = 1 a ϕ() = a 1 1 (mod ) a a (mod ) a a a a a a (mod ). Definition. Seien a Z und m N + mit ggt (a, m) = 1. Dann heißt a genau dann eine Primitivwurzel modulo m, wenn π m (a) = (Z/mZ). 1
Bemerkung. Definiert man für a Z und m N + mit ggt (a, m) = 1 die Ordnung von a modulo m via ord m a = min{k N + a k 1 (mod m)}, so folgt daraus 1. ord m a = ord(π m (a)) in der Grue (Z/mZ). 2. a ist eine Primitivwurzel modulo m ord m a = ϕ(m). Beweis. 1. Klar, da ord(π m (a)) = min{k N + π m (a) k = 1 (Z/mZ) }. 2. : a ist eine Primitivwurzel modulo m ϕ(m) = (Z/mZ) = π m (a) = ord(π m (a)) = ord m a. : Aus (Z/mZ) = ϕ(m) = ord m a = ord(π m (a)) = π m (a) und π m (a) (Z/mZ) folgt π m (a) = (Z/mZ) und damit die Behautung. 2 Der Satz von Gauß Lemma. Zu eder Primzahl gibt es eine Primitivwurzel a modulo mit a 1 1 (mod 2 ). Beweis. Sei eine Primzahl, a 1 Z und a 2 := a 1 +. Mithilfe des binomischen Lehrsatzes kann man a 2 schreiben als ( ) a 2 = (a 1 + ) = a 1. Betrachtet man a 2 nun modulo 2, so sieht man, dass 2 eden Summanden für = 0,..., 2 teilt, da 2 ( ) a 1 ; für = 1 ist ( ) a 1 = a 1 1, womit ersichtlich ist, dass auch dieser Term Vielfaches von 2 ist. Da der letzte Summand ( ) a 1 = a 1 ist, erhält man =0 a 2 a 1 (mod 2 ). (1) Aus dem kleinen Fermat schen Satz folgt nun, dass a 1 a 1 (mod ) und a 2 a 2 (mod ) bzw. a 1 = a 1 + b 1 und a 2 = a 2 + b 2 mit b 1, b 2 Z sind. Man erhält, wenn man diese Beziehungen in (1) einsetzt und a 2 = a 1 + beachtet a 2 + b 2 = a 1 + + b 2 a 1 + b 1 (mod 2 ); dies ist äquivalent zu b 2 b 1 (mod 2 ); kürzt man das in dieser Kongruenz, so erhält man b 2 b 1 1 (mod ). 2
Das heißt nun, dass höchstens eines der beiden b i, i {1, 2} durch teilbar sein kann; denn sonst wäre 0 1 (mod ), woraus = 1 folgen würde - ein Widersruch. Man wähle nun a 1 als eine Primitivwurzel modulo, was nach den Erkenntnissen in den vorigen Abschnitten möglich ist; dann gilt a 2 = a 1 + a 2 a 1 (mod ) π (a 2 ) = π (a 1 ). Da (Z/Z) = π (a 1 ) = π (a 2 ), ist auch a 2 eine Primitivwurzel modulo. Sei nun b 2 enes der beiden b i von vorhin, das kein Vielfaches von ist, dann gilt b 2 2 b 2 2 a 2 a 2. Das besagt aber gerade, dass 2 a 2 (a 1 2 1) und insbesondere 2 (a 1 2 1) gilt. Da die letzte Aussage äquivalent zu a 1 2 1 (mod 2 ) ist, und a 2 eine Primitivwurzel modulo ist, ist das Lemma bewiesen. Der folgende Satz - der Satz von Gauss - ist in dieser Form das Gegenstück zum Satz über die notwendige Bedingung für die Existenz von Primitivwurzeln modulo einer natürlichen Zahl; er besagt, dass diese notwendige Bedingung gleichzeitig hinreichend ist. Satz. Modulo m N + existieren genau dann Primitivwurzeln, wenn m {1, 2, 4, α, 2 α P\{2}, α N + }. Beweis. Wie eben bemerkt, bleibt nur noch zu zeigen, dass es modulo dieser seziellen natürlichen Zahlen tatsächlich Primitivwurzeln gibt. Für m = 1 ist a = 1 eine Primitivwurzel, da (Z/Z) = {0} = {0} = {1}; ebenso ist a = 1 eine Primitivwurzel modulo m = 2, da (Z/2Z) = {0, 1} = {1}, und a = 3 eine Primitivwurzel modulo m = 4, da (Z/4Z) = {1, 3} = 3. Im Folgenden seien eine ungerade Primzahl und α eine natürliche Zahl. Zunächst wird der Fall m = α behandelt und gezeigt, dass es modulo α Primitivwurzeln gibt. Zu diesem Zweck wähle man a N + als eine Primitivwurzel modulo mit a 1 1 (mod 2 ), das heißt wie im vorangegangenen Lemma. Im nächsten Schritt beweist man mittels vollständiger Induktion die Aussage ( α N +, α 2) a ( 1)α 2 1 (mod α ). (2) In diesem Fall startet der Induktionsbeweis bei α = 2 und man hat als Induktionsverankerung a 1 1 (mod 2 ) zu zeigen; diese Aussage erledigt sich aber von selbst, da a a genauso gewählt wurde, dass es diese Eigenschaft hat. Im folgenden Induktionsschritt setzt man (2) für ein gegebenes α 2 als richtig voraus und behält dies im Auge; denn einerseits folgt aus dem Euler schen Satz a ϕ(α 1) 1 (mod α 1 ) und andererseits ϕ( α 1 ) = ( 1) α 2 aus den Eigenschaften der Euler schen Phi-Funktion. Zusammen ergibt sich a ( 1)α 2 1 (mod α 1 ) 3
oder äquivalent dazu a ( 1)α 2 = 1 + b α 1, (3) wobei hier zu beachten ist, dass b zwar ganz ist, aber nach Induktionsannahme kein Vielfaches von sein kann, da sonst a ( 1)α 2 = 1 + b α gelten würde mit b Z, was a ( 1)α 2 1 (mod α ) zur Folge hätte - ein Widersruch zur Induktionsannahme. Durch Potenzieren von (3) mit erhält man mittels binomischem Lehrsatz a ( 1)α 1 = (1 + b α 1 ) = =0 diese letzte Summe anders angeschrieben ergibt =0 ( ) b (α 1) = 1 + b α 1 + =2 = 1 + b α + 2(α 1) ( ) b (α 1) ; ( ) b (α 1) = ( ) b ( 2)(α 1). Da α 2, ist für 3 eder Summand Vielfaches von, da ( 2)(α 1) ( ) b ( 2)(α 1) ; beachtet man aber, dass ( ) 2 = ( 1) 2 und 1 gerade ist, so sieht man, dass ein Teiler von ( 2) ist - was nach einem Resultat aus der Vorlesung Einführung in die Algebra ohnehin klar ist (n ist rim ( m {1,..., n 1}) n ( n m) ). Insgesamt heißt das also, dass die Summe ) b ( 2)(α 1) Vielfaches von ist; schließlich liefert das ( =2 1 + b α + 2(α 1) =2 mit c Z und nochmals zusammengefasst a ( 1)α 1 =2 ( ) b ( 2)(α 1) = 1 + b α + c 2α 1 = 1 + b α + c 2α 1 Da aber α 2 2α 1 α + 1, folgt daraus, dass α+1 c 2α 1, aber α+1 b α, da b wie bereits weiter oben bemerkt wurde. Das heißt also a ( 1)α 1 1 + b α 1 (mod α+1 ), was genau der Aussage in (2) entsricht mit α + 1 anstelle von α. Damit ist der Induktionsbeweis abgeschlossen und die Richtigkeit von (2) gezeigt. Sei a im Weiteren wie bisher gewählt; dann sind a und α teilerfremd, denn ein ggt (a, α ) > 1 hätte einen gemeinsamen Teiler zur Folge, womit a ein Vielfaches von wäre - ein Widersruch, da a eine Primitivwurzel modulo ist und somit ggt (a, ) = 1 gilt. Also ist es möglich l := ord αa zu definieren. 4
Da ord αa n für alle n Z mit a n 1 (mod α ), gilt insbesondere l ϕ( α ) = ( 1) α 1 nach Euler schem Satz und Eigenschaften der Euler schen Phi-Funktion. Allerdings gilt wegen a l 1 (mod α ) erst recht a l 1 (mod ), da α a l 1. Wegen ord a = ϕ() = 1 und ord a l gilt zusätzlich auch 1 l, zusammen also 1 l ( 1) α 1 ; damit kann l nur von der Form l = ( 1) β mit β {0,..., α 1} sein. Daher folgt daraus a l = a ( 1)β 1 (mod α ); laut (2) ist β α 2 aber nicht möglich, da a ( 1)β 1 (mod α ) mit β α 2 β+2 α a ( 1)β 1 a ( 1)β 1 (mod β+2 ), was ein Widersuch zu (2) mit α = β + 2 ist. Damit bleibt nur die Möglichkeit β = α 1 übrig, woraus ord αa = l = ( 1) α 1 = ϕ( α ) folgt. Dies ist aber nach der Charakterisierung von Primitivwurzeln äquivalent damit, dass a eine Primitivwurzel modulo α ist, womit gezeigt ist, dass es modulo α mit ungerader Primzahl und natürlichem α Primitivwurzeln gibt. Zuletzt muss noch gezeigt werden, dass es auch modulo 2 α, mit und α wie vorhin, Primitivwurzeln gibt. Sei dazu a eine Primitivwurzel modulo α ; ferner wähle man eine ungerade Primitivwurzel â modulo α. Solch ein â kann man unter den bisherigen Voraussetzungen auch immer finden: Falls a ohnehin ungerade ist, wählt man â := a, andernfalls â := a + α ; â ist dann ungerade und Primitivwurzel modulo α, da a â (mod α ) π α(a) = π α(â) (Z/ α Z) = π α(a) = π α(â). Wegen ggt (2, α ) = 1 folgt aus dem chinesischen Restsatz, dass (Z/2 α Z) = (Z/2Z) (Z/ α Z) = (Z/ α Z), (4) wobei die zweite Isomorhie trivial ist, da (Z/2Z) = {1}. Man wähle nun folgenden Gruenisomorhismus f : (Z/2 α Z) (Z/ α Z), definiert via π 2 α(x) (π 2 (x), π α(x)) π α(x) für x Z, wobei die Abbildungsfeile für die einzelnen Gruenisomorhismen in (4) stehen. Beachtet man die folgenden Äquivalenzen (Z/2 α Z) = π 2 α(â) (5) f((z/2 α Z) ) = f( π 2 α(â) ) (6) (Z/ α Z) = f(π 2 α(â)), (7) so sieht man, dass â genau dann eine Primitivwurzel modulo 2 α ist, wenn f(π 2 α(â)) die Grue (Z/ α Z) erzeugt. Dazu untersucht man die Wirkung von f auf π 2 α(â): π 2 α(â) (π 2 (â), π α(â)) π α(â), und erkennt, dass f(π 2 α(â)) = π α(â) und Gleichung (7) somit erfüllt ist. Damit sind aber auch (6) und schließlich Aussage (5) wahr, womit gezeigt ist, dass â eine Primitivwurzel modulo 2 α ist. 5