RECHTLICHE RAHMENBEDINGUNGEN FÜR INVESTITIONEN IN RUSSLAND: EINE EMPFEHLUNG FÜR DEUTSCHE UNTERNEHMEN



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Transkript:

RECHTLICHE RAHMENBEDINGUNGEN FÜR INVESTITIONEN IN RUSSLAND: EINE EMPFEHLUNG FÜR DEUTSCHE UNTERNEHMEN Elena Vukhka LL.M., Dipl.-Juristin April 2005 Einleitung... 2 1. Abschluss eines Vertrages mit Ihrem russischen Vertragspartner... 2 Schriftform... 2 Vertretungsbefugnis des russischen Geschäftspartners... 2 Gerichtsstand... 3 Rechtswahl... 4 2. Zuverlässigkeit des potentiellen russischen Partners bzw. einer Gesellschaft... 4 Faktische Existenz der Gesellschaft... 5 Zwillingsgesellschaften... 5 Faktische Kontrolle... 5 3. Auswahl der Präsenzform in Russland... 6 4. Verwaltung der russischen Tochtergesellschaft und Kontrollbefugnisse... 7 5. Anmeldungen, Zustimmungen, Registrierungen 7 6. Erwerb von werthaltigem Vermögen in Russland... 8 7. Rechtliche Aussichten... 10 NÖRR STIEFENHOFER LUTZ Partnerschaft Brienner Strasse 28 80333 Mün@hen Tel. : ++49 (0)89 28628178 Fax: ++49 (0)89 280 110 E-mail: nslmuc@noerr.de www.noerr.de Ansprechpartner DR. PETER ZIER, Rechtsanwalt, EKATERINA EVDOKIMOVA, LL.M. Rechtsanwältin NÖRR STIEFENHOFER LUTZ OOO Zwetnoj Boulevard 25, Geb. 3 127051 Moskau Tel.: ++7 (095) 799 56 96 Fax: ++7 (095) 799 56 97 E-Mail: nslmos@dol.ru www.noerr.ru Ansprechpartner ILJA RYBALKIN, Rechtsanwalt (RF) ELENA VUKHKA, Dipl.-Juristin BJÖRN PAULSEN, Rechtsanwalt Diese Angaben stellen lediglich eine allgemeine Information dar und ersetzen nicht eine eingehende rechtliche Beratung!

Einleitung Sie planen ein Geschäft mit Ihrem neuen russischen Partner bzw. ein großes Investitionsvorhaben in Russland? Sie haben viele rechtliche und steuerliche Fragen, das Budget ist jedoch limitiert? Um an dieser Stelle zu sparen, lassen sich manche deutsche Unternehmen von russischen Geschäftspartnern beraten und erhalten dabei oft nur teilweise zuverlässige und aktuelle Informationen. Andere beauftragen die eigene Rechtsabteilung in Deutschland mit dem Entwurf der Dokumente für das Russlandsgeschäft und lassen diese in die russische Sprache übersetzen. Obwohl das russische Recht an das kontinentaleuropäische Recht angelehnt ist und dieselben Rechtsprinzipien und Rechtsinstitute enthält, ist bei der Verwendung deutscher Musterverträge in Russland Vorsicht geboten. Der Teufel steckt im Detail. Die Besonderheiten des russischen Rechts können sogar ein Cross-Border Geschäft mit Russland beeinflussen, obwohl die Verträge Ihrem Heimatrecht unterstellt sind. Nachfolgend stellen wir einige rechtliche Rahmenbedingungen dar, die die meisten deutschen Investoren in Russland betreffen. 1. Abschluss eines Vertrages mit Ihrem russischen Vertragspartner Schriftform Nach russischem Recht bedarf ein Vertrag zwischen juristischen Personen zumindest der einfachen Schriftform. Bei Cross-Border Transaktionen führt das Fehlen der Schriftform zur Nichtigkeit des Vertrages. Diese Anforderung wird üblicherweise als ordre public des russischen Rechts bezeichnet. Für einzelne Geschäftsarten ist die notarielle Beurkundung gesetzlich vorgeschrieben. Mit der Abschaffung ab 2005 der Beurkundungsanforderung für Hypothekengeschäfte hat sich die Anzahl der notariell zu beurkundenden Geschäfte deutlich verringert. Die Übertragung der Anteile an einer russischen GmbH (russisch OOO) ist nur dann notariell zu beurkunden, wenn dies durch die Satzung der Gesellschaft festgelegt ist. Bei bestimmten Geschäften ist eine staatliche Registrierung notwendig bzw. muss die Vermögensübertragung in das staatliche Register eingetragen werden. Vertretungsbefugnis des russischen Geschäftspartners Aufgrund des öffentlichen Glaubens des russischen Handelsregisters kann sich ein gutgläubig Handelnder aufgrund eines aktuellen Handelsregisterauszuges grundsätzlich auf die generelle Vertretungsmacht des Generaldirektors einer russischen OOO verlassen. Bei der Transaktionsabwicklung ist jedoch zu berücksichtigen, dass sog. Großgeschäfte (mit einem Transaktionsbetrag von über 25

bzw. 50% des Bilanzwertes der Gesellschaft, die nicht unter Alltagsgeschäfte fallen) und Geschäfte mit interessierten Personen kraft Gesetzes der Zustimmung der Gesellschafter bzw. Aktionäre der Gesellschaft bedürfen. Einige Zustimmungsbefugnisse können an den Aufsichtsrat delegiert werden. In der Satzung einer russischen Gesellschaft können weitere Zustimmungserfordernisse festgelegt sein. Verletzt der Generaldirektor die Zustimmungspflichten, ist dies ein Grund zur Anfechtung des jeweiligen Geschäftes. Andere Personen als der Generaldirektor bedürfen einer schriftlichen bzw. notariell beglaubigten Vollmacht zur rechtswirksamen Vertretung der Gesellschaft bei einer Transaktion. Dies betrifft selbstverständlich auch die rechtlichen und faktischen Inhaber der Gesellschaft und die sog. "grauen Kardinäle". Es passiert immer wieder, dass diese die Frage nach einer Vollmacht obwohl eine Selbstverständlichkeit als Beleidigung empfinden. Vollmachten sollten möglichst frühzeitig und korrekt angefordert werden. Die Einholung der richtigen Vollmacht von großen russischen Unternehmen wie z.b. Banken und Versicherungsgesellschaften kann wegen des komplizierten internen Prozederes bei russischen Großunternehmen viel Zeit in Anspruch nehmen. Eine Duldungsvollmacht ist in Russland zwar anerkannt, jedoch nur schwer durchsetzbar. Bei einigen Geschäften, wie z. B. Garantien von russischen Banken, kann eine Duldungsvollmacht ohne Zustimmung der Bank kaum nachgewiesen werden. Gerichtsstand Den Gerichtsstand betreffende Vertragsbestimmungen werden oft, insbesondere von Kaufleuten, unterschätzt. Immer wieder tauchen Cross-Border Lieferverträge auf, in denen ein ordentliches deutsches Gericht als Gerichtsstand benannt ist. Dabei wird oft vernachlässigt, dass die Entscheidung eines solchen Gerichts in Russland mangels einer bilateralen Vereinbarung zwischen Deutschland und Russland (ähnlich wie zwischen Russland und den meisten anderen westlichen Ländern) nicht akzeptiert wird. Nur in Einzelfällen werden solche Entscheidungen auf freundschaftlicher Basis anerkannt und können somit durchgesetzt werden. Für einige Streitigkeiten ist ein Gerichtsstand in Russland zwingend, so z.b. bei Streitigkeiten über Rechte an Immobilien. Für andere Streitigkeiten kann jedoch ein Gerichtsstand bzw. ein Schiedsgericht vertraglich vereinbart werden. Die Vor- und Nachteile hinsichtlich der Wahl eines ausländischen Schiedsgerichts hängen von den konkreten Vollstreckungsbedürfnissen des jeweiligen Vertrages ab. So kann es u.u. effektiver sein, zur schnellen Geltendmachung von Forderungen gegen russische Schuldner oder beim Erlass einer einstweiligen Verfügung ein russisches Gericht einzuschalten.

Rechtswahl Geschäfte mit russischen Immobilien, Gründungsverträge von Gesellschaften in Russland und einige weitere Vertragsarten unterliegen zwingend dem russischen Recht. Für die meisten Cross-Border- und sonstigen "auslandsbezogenen" Transaktionen ist eine Rechtswahl jedoch zulässig. Aus vertragsrechtlichen Gründen macht es oft Sinn, die Transaktion z. B. dem deutschen Recht zu unterstellen. Dabei muss beachtet werden, dass diese Bestimmungen mit dem russischen ordre public und mit einigen zwingenden Normen des russischen Rechts übereinstimmen müssen. Des Weiteren kann u.u. trotz der Wahl des ausländischen Rechts das russische Recht anzuwenden sein, soweit das Vertragsverhältnis nur bzw. überwiegend mit Russland verbunden ist. Das russische Recht sowie die Rechtssprechung und Literatur lassen bisher die Frage offen, wie die Begrifflichkeiten "ordre public" zu verstehen sind. Bei der Planung einer Transaktion sind am besten alle öffentlich-rechtlichen Anforderungen zu beachten, auch wenn diese nur den russischen Vertragspartner betreffen. So sollte man beispielsweise prüfen, ob ein Käufer die erforderliche Lizenz für den Import von Alkoholika besitzt, bevor ihm diese nach Russland geliefert werden. Des Weiteren ist z. B. das russische Devisenrecht zu berücksichtigen, weil es trotz seiner starken Liberalisierung einige Rechtsgeschäfte zwischen Nichtresidenten und Residenten untersagt. 2. Zuverlässigkeit des potentiellen russischen Partners bzw. einer Gesellschaft Das Gesetz Über Kredithistorien tritt zum 01.06.2005 in Kraft. Bis sich das Zentrale Register für Kredithistorien in Russland zu einer relevanten Informationsquelle bezüglich der Bonität potenzieller Darlehensnehmer entwickelt, wird es sicherlich noch einige Jahre dauern. Wenn Sie über Ihren potenziellen kaufmännischen Partner rechtlich zuverlässige Informationen benötigen, können Sie einen Handelsregisterauszug beantragen. Das russische Handelsregister wird von den Steuerbehörden geführt. Das Handelsregister genießt meistens öffentlichen Glauben. Bei wichtigen Transaktionen mit einem neuen, noch unbekannten Geschäftspartner bzw. in Bezug auf die Zielgesellschaft sollte der guten Ordnung halber folgendes umfassend geprüft werden:

Faktische Existenz der Gesellschaft Für die Gründung einer OOO oder einer geschlossenen Aktiengesellschaft (russisch ZAO) russischen Rechts, welche den Minimalanforderungen des Gesetzes entspricht, sind keine wesentlichen finanziellen Aufwendungen erforderlich. Das Mindeststammkapital beträgt nur noch 10.000 RUR (ca. 270 EURO). Dementsprechend werden im Rechtsverkehr aus verschiedenen Gründen oft Ein- Tages- bzw. Zwischengesellschaften als special-purpose vehicles verwendet. Diese Gründe können ganz harmlos sein und z.b. eine Steueroptimierung, Geschäftsaussonderung und Haftungseinschränkung bei der Projektentwicklung zum Ziel haben. Unter dem Deckmantel einer Ein-Tages-Gesellschaft können aber auch Haftungsentbehrungen, Geldwäsche oder Betrugsschemata praktiziert werden. Ein-Tages- bzw. Zwischengesellschaften kann man an folgenden Merkmalen erkennen: kein Eigenkapital, keine Wirtschaftsprüfung, kurzfristige Existenz der Gesellschaft und vor allem die Nichterreichbarkeit der Geschäftsführung und der Beteiligten und deren Vertretung durch einen unabhängigen Notar. Zwillingsgesellschaften Die Einzigartigkeit der Firma einer juristischen Person wird bei ihrer Eintragung in das Handelsregister nicht mehr geprüft. Dementsprechend werden oft Gesellschaften mit derselben Firma und sogar in derselben Rechtsform gegründet, mit Sitz an derselben Adresse. Wie kann man in einem solchen Fall die Identität des Geschäftpartners feststellen? Einzigartige Merkmale einer Gesellschaft russischen Rechts sind nur die Staatliche Hauptregistrierungsnummer der Gesellschaft (russisch OGRN ) und die individuelle Steuernummer (russisch INN ). Diese beiden Nummern sollten im Handelsregisterauszug ausgewiesen werden. Dementsprechend sind alle relevanten Geschäfte und Dokumente der Gesellschaft anhand dieser Merkmale überprüfbar. Faktische Kontrolle Die im Handelsregister ausgewiesenen Geschäftsführer, die Gesellschafter einer OOO bzw. die im Aktionärsregister ausgewiesenen Aktionäre sind selten die faktischen Entscheidungsträger. Die wahren Inhaber und Entscheidungsträger einer Gesellschaft sind oftmals ganz andere Personen, zum Teil die bereits o. g. "grauen Kardinäle". Die gesellschaftliche Kontrolle verbirgt sich in mittelständischen und kleinen Unternehmen oft hinter verschiedenen natürlichen Personen bzw. off-shore- Gesellschaften (in Zypern, BVI usw.). Soweit das Unternehmen selbst hierzu keine

Informationen preisgibt, ist es zur Feststellung dieser faktischen Kontrolle erforderlich, eine Detektei hinzuzuziehen. 3. Auswahl der Präsenzform in Russland Eine dauerhafte Geschäftsbeziehung mit Russland, bedarf anders als Cross-Border Lieferungen üblicherweise einer Präsenz des deutschen Stammhauses in Russland. Dafür stehen mehrere Formen zur Verfügung: Repräsentanz oder Filiale des deutschen Stammhauses, Tochtergesellschaften nach russischem Recht sowie die selten angewandte, jedoch u.u. steuerlich günstigere Form eines Einzelunternehmens (Kaufmann) nach russischem Recht. Zweigniederlassungen ausländischer Gesellschaften haben den Vorteil, dass das deutsche Stammhaus mehr Kontrollbefugnisse innehat und sich der Erlösentransfer ins Ausland einfacher gestaltet. Ein aktives Geschäft durch eine Zweigniederlassung in Russland führt jedoch zu einer Betriebsstätte des deutschen Stammhauses und damit zu einer erhöhten Steuerbelastung. Aus Gründen der Haftungseinschränkung und als langfristige Investitionsbasis für Russland-Geschäfte ist die Gründung einer Tochtergesellschaft russischen Rechts empfehlenswert. Dabei ist zu berücksichtigen, dass gemäß dem Enkelverbot des russischen Rechts eine Ein-Mann-Gesellschaft nicht durch eine andere Ein-Mann- Gesellschaft gegründet werden darf. Somit sollte u.u. neben dem deutschen Stammhaus eine zusätzliche Person (üblicherweise Mitglied des Aufsichtsrates) als Gründer und Gesellschafter bzw. Aktionär der neuen Gesellschaft fungieren. Eine Tochtergesellschaft kann in Form einer OOO, einer ZAO bzw. einer offenen Aktiengesellschaft russischen Rechts (russisch OAO) gegründet werden. Für eine 100- prozentige Tochtergesellschaft ist üblicherweise eine OOO denkbar, weil diese einfach zu verwalten ist und ihre Satzung weitestgehend frei gestaltbar ist. Die Gründung einer Aktiengesellschaft ist aufwendiger (z. B. wegen der Wertpapierregistrierung) und bedeutet nachfolgend einen höheren Verwaltungsaufwand. Unter besonderen Umständen und vor allem hinsichtlich Joint Ventures ist eine Aktiengesellschaft allerdings vorteilhafter als eine OOO, weil letztere den Gesellschaftern ein unabdingbares Austrittsrecht gewährt. Kommanditgesellschaften und Partnerschaften sind nach russischem Recht ebenfalls möglich. Diese Rechtsformen werden bei großen Investitionen in der Praxis jedoch kaum angewendet. Für nichtkommerzielle Tätigkeiten steht eine Reihe nichtkommerzieller Formen juristischer Personen zur Verfügung.

4. Verwaltung der russischen Tochtergesellschaft und Kontrollbefugnisse In Bezug auf die Verwaltung einer russischen Gesellschaft ist es wichtig, folgende Unterschiede zum deutschen Recht zu berücksichtigen: Das Vier-Augen-Prinzip ist gesetzlich nicht geregelt. Der Geschäftsführer einer russischen Gesellschaft bzw. einer anderen juristischen Person ist immer bevollmächtigt, die Gesellschaft nach außen zu vertreten. Die Beschränkung der individuellen Entscheidungsbefugnisse des Geschäftsführers durch Erfordernisse der Mitunterschrift bzw. der Mitentscheidung einer anderen Person ist im Innenverhältnis möglich, nach außen jedoch schwer durchsetzbar. Geschäfte, die der Geschäftsführer unter Verstoß gegen in der Satzung festgelegte Beschränkungen bzw. Zustimmungspflichten begangen hat, sind anfechtbar, wenn der Vertragspartner dieser Gesellschaft von diesen Beschränkungen wusste bzw. wissen musste. Einige russische Tochterbanken westeuropäischer Banken bieten den Service an, etwaige Einschränkungen der Geschäftsführerbefugnisse aufgrund der Satzung bei der Zahlungsabwicklung zu kontrollieren. Zu beachten sind die oben bereits erwähnten sog. Großgeschäfte und die Geschäfte mit interessierten Personen. Je nach Geschäftsumfang und Satzungsgestaltung können diese Geschäfte der Zustimmung der Gesellschafter- bzw. Aktionärsversammlung oder des Aufsichtsrates kraft Gesetzes unterliegen. Bei Nichteinhaltung der Zustimmungspflicht ist das Geschäft anfechtbar. Obwohl ein Geschäftsführer im Innenverhältnis alle Anweisungen der Gesellschafter bzw. Aktionäre beachten soll, sind sie doch in gewisser Weise von ihm abhängig. Eine der Neuregelungen aus dem Jahre 2004 beinhaltet, dass die Erklärung über den Wechsel des Geschäftsführers, welche dem Handelsregister vorzulegen ist, der ehemalige Geschäftsführer zu unterzeichnen hat. Obwohl diese Regelung vor kurzem angefochten wurde, ist es bisher empfehlenswert, bei der Kündigung eines Geschäftsführers gleichzeitig die obige Anzeige unterzeichnen zu lassen. 5. Anmeldungen, Zustimmungen, Registrierungen Filialen und Repräsentanzen von deutschen Gesellschaften bedürfen zunächst der Akkreditierung bei einer Handelskammer bzw. bei der Behörde und danach der Eintragung ins Register von akkreditierten ausländischen Zweigniederlassungen. Die neu gegründeten juristischen Personen russischen Rechts müssen in das Einheitliche Staatliche Register der juristischen Personen eingetragen werden. Bei der Gründung einer Gesellschaft russischen Rechts und beim Erwerb von einer mehr als 20%igen Beteiligung am Stammkapital sowie bei der Benennung des Geschäftsführers und der Mitglieder des Aufsichtrates ist bei der Überschreitung von

bestimmten Grenzwerten der Bilanzsumme die russische Antimonopolbehörde zu benachrichtigen bzw. die vorherige Zustimmung zu beantragen. Positiv ist, dass im März 2005 diese Grenzwerte wesentlich erhöht wurden. Bis dahin waren die Grenzwerte für zustimmungspflichtigen Geschäfte sehr niedrig. Daher bedurfte fast jeder Beteiligungserwerb einer Zustimmung. Die Benachrichtigungspflicht besteht derzeit, sobald der Gesamtbilanzwert der Gesellschaft und weiterer mit der Gesellschaft verbundener Personen sowie der Zielgesellschaft selbst im Falle des Erwerbs der Beteiligung 200 Mio. RUR (ca. 5,5 Mio. EURO) überschreitet. Für die Genehmigungs- bzw. Benachrichtigungspflichten ist auch das weitere Kriterium die Eintragung in das Register der Unternehmen mit einem Marktanteil von über 35% maßgeblich. Sollte der Gesamtbilanzwert der Gesellschaft und ihrer Unternehmensgruppe 3000 Mio. RUR (82 Mio. EURO) überschreiten, so wird u. a. hinsichtlich des Erwerbs von über 20% der Beteiligung an der Gesellschaft die vorherige Zustimmung der russischen Antimonopolbehörde benötigt. Die Verschmelzung bzw. der Anschluss von Gesellschaften kann ebenfalls der nachfolgenden Benachrichtigung bzw. Zustimmung je nach die Gesamtsumme der Aktiva bedürfen. Die Geldbußen für Verstöße gegen die Zustimmungs- und Benachrichtigungspflicht können derzeit bis zu 15.000 EURO betragen. In Bezug auf Banken, Versicherungs- und Leasinggesellschaften sowie professionelle Mitglieder des Wertpapiermarktes (alle o. g. gelten als finanzielle Organisationen nach russischem Recht) bestehen gesonderte Anmeldungsanforderungen sowie kartellrechtliche Benachrichtigungs- und Zustimmungspflichten. So muss eine Leasinggesellschaft für eine Stammkapitalerhöhung über 5 Mio. RUR die vorherige Zustimmung der russischen Antimonopolbehörde einholen. Ebenfalls zu beachten sind Arbeitserlaubnisse, welche für die Anstellung von Ausländern in Russland erforderlich sind. Geschäftsführer und Repräsentanzleiter unterliegen ebenfalls dieser Pflicht. 6. Erwerb von werthaltigem Vermögen in Russland Representations and Warranties helfen in Fällen, in denen der Verkäufer innerhalb eines Jahres nicht auffindbar oder insolvent bzw. zahlungsunfähig ist, wenig. Die Bedeutung einer Due Diligence ist somit nicht zu unterschätzen. Beim Erwerb von Beteiligungen an Unternehmen und von Immobilien sind im Rahmen einer Due Diligence insbesondere frühere Privatisierungsverfahren sorgfältig zu prüfen. Denn leider sind die Privatisierungen in Russland oft nicht ordnungsgemäß verlaufen. Diese Mängel können den Rechtserwerb an privatisierten Vermögen in Frage stellen.

In Bezug auf Geschäftsimmobilien ist daher zumindest folgendes zu berücksichtigen: Ein Russlandspezifikum ist, dass ein Gebäude und sogar eine Räumlichkeit ein vom Grundstück separates Immobilienobjekt darstellen. Deshalb können in Russland der Eigentümer eines Grundstücks und der eines Gebäudes auf diesem Grundstück verschiedene Personen sein. Der Eigentümer eines Gebäudes auf einem Grundstück der öffentlichen Hand verfügt über ein gesetzliches Vorkaufs- bzw. Vorpachtrecht in Bezug auf dieses Grundstück. Die meisten Grundstücke in Russland befinden sich derzeit noch in staatlichem Eigentum. Privateigentum an einem wirtschaftlich nutzbaren Grundstück ist erst seit 2002 möglich. Landwirtschaftliche Grundstücke können nicht von Ausländern bzw. von russischen Gesellschaften mit einer ausländischen Beteiligung von über 50 % erworben werden. Weitere Grunderwerbverbote sind für Ausländer, ausländische juristische Personen und Staatenlose in Bezug auf grenznahe Territorien festgelegt. Durch föderale Gesetze können weitere Besonderheiten des Grunderwerbes durch Ausländer festgelegt werden. In Russland existiert eine Art Grundbuch mit der Bezeichnung Register von Immobilienrechten und Immobilienrechtsgeschäften (nachfolgend Immobilienregister genannt). Fast alle Immobilienrechte sowie einige Immobilienrechtsgeschäfte sollen im Immobilienregister eingetragen werden. Solche Geschäfte sind z. B. Hypotheken-, Baubeteiligungs- sowie Pachtverträge, Miet- und Leasingverträge über Immobilien mit einer Nutzungsdauer von über einem Jahr. Diese Verträge gelten erst ab dem Datum ihrer staatlichen Registrierung als abgeschlossen. Das Immobilienregister wird erst seit 1998 russlandweit einheitlich geführt. Einige Grundstücke und sonstige Immobilien sind noch nicht im Immobilienregister erfasst worden. Dies ist insbesondere für staatliches Eigentum typisch. Rechte an Immobilien sind in diesem Falle aus Urkunden der örtlichen Behörden und Rechtsakten der Behörden aus sowjetischen Zeiten herzuleiten. Falls ein konkretes Grundstück oder Gebäude für einen Erwerb in Frage kommen sollte, empfiehlt sich deshalb wie oben bereits erwähnt die Durchführung einer gründlichen immobilienrechtlichen Prüfung der Eigentumswechsel in den vergangenen Jahrzehnten bzw. ihre rechtliche Unbedenklichkeit. Das russische Recht kennt kein Abstraktionsprinzip wie es im deutschen Recht existiert. Bei Unwirksamkeit des Kaufvertrages bzw. eines anderen Vertrages über eine Immobilie wird auch die Eigentumsübertragung unwirksam. Beim gutgläubigen Erwerb einer Immobilie verschafft einem solchen Erwerber die Eintragung ins Immobilienregister das Eigentumsrecht, es sei denn, dem vorherigen Eigentümer wurde der Besitz an der Immobilie gegen seinen Willen entzogen.

7. Rechtliche Aussichten Obwohl im Bereich der Gesetzgebung und des Rechtsschutzes in Russland noch Lücken und Mängel vorhanden sind, ist eine kontinuierliche Verbesserung der Investitionsbedingungen in letzter Zeit zu beobachten. Dies zeigt sich z.b. in einem besseren Schutz der Aktionärs- und Investorenrechte und Liberalisierung des Antimonopolrechts sowie in verbesserten Finanzierungsmöglichkeiten, die das neue Devisengesetz bietet. Dank aktueller Entwicklungen im Immobilienrecht ist auch die Gestaltung von Immobiliengeschäften enorm erleichtert worden. Zudem wurden einzelne Steuern gesenkt, wie z.b. die Mehrwertsteuer und die Sozialsteuer, und es wurde ein neues Zollgesetzbuch eingeführt. Solche Schritte, führen zwar vielleicht langsamer als von vielen gewünscht, aber doch zielsicher in Richtung eines international konkurrenzfähigen Investitionsumfeldes.