1. Allgemeine Kriterien der Ausdauer und Hinweise zu Belastungsuntersuchungen

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Transkript:

Inhaltsverzeichnis: Wing Tai Kampfkunstschule Aschaffenburg 1. Allgemeine Kriterien der Ausdauer und Hinweise zu Belastungsuntersuchungen 1.1 Definition Ausdauer...S. 4 1.2 Unterscheidungsarten der Ausdauer...S. 4 1.3 Beurteilung der Leistungsfähigkeit mittels Ergometrie... S. 4 1.4 Indikationen für Belastungsuntersuchungen...S. 5 1.5 Kontraindikationen für Belastungsuntersuchungen...S. 5 1.6 Potentielle Kriterien der allgemeinen aeroben Ausdauerleistungsfähigkeit...S. 6 2. Ausdauerleistungsdiagnostik anhand der Atemparameter 2.1 Ventilatorische Schwelle VT 1...S. 6 2.2 Ventilatorische Schwelle VT 2...S. 7 2.3 Bestimmung der (an)aeroben Schwelle anhand des VO 2 - und VCO 2 - Kurvenverlaufs...S. 7 3. Ausdauerleistungsdiagnostik anhand der Herzfrequenz 3.1 Conconi Test...S. 8 3.2 Belastungsprotokoll für das Laufen...S. 8 3.3 Probleme bei Anwendung des Conconi Tests für andere Sportarten...S. 8 3.4 Schwächen des Conconi Tests...S. 9 4. Laktatbasierte Schwellen Schwellenkonzepte in der Laktatleistungsdiagnostik 4.1 Definition des Begriffes Laktat... S. 9 4.2 Die (Individuelle) Aerobe Schwelle.... S. 10 4.3 Die (Individuelle) Anaerob-laktazide Schwelle...S. 10 4.4 Die drei Schwellenkonzepte:...S. 10 - Schwellenkonzept nach MADER et al. 1976

- Schwellenkonzept nach STEGMANN / KINDERMANN 1981 - Schwellenkonzept nach SIMON et al. 1983 / DICKHUTH et al. 1991 4.5 Intensitätsvorgaben für eine Trainingssteuerung anhand des Zwei-Schwellen- Konzepts...S. 11 4.6 Anaerobe Schwelle und Fettverbrennung...S. 12 4.7 Konsequenzen für die Trainingssteuerung & Fazit... S. 12 5. Quellenangaben...S. 14

1. Allgemeine Kriterien der Ausdauer und Hinweise zu Belastungs- untersuchungen 1.1. Definition Ausdauer Unter Ausdauer wird die psycho-physische Ermüdungswiderstandsfähigkeit des Sportlers verstanden (J. Weineck, S. 141). Nach Frey (1977, 351) beinhaltet dabei die psychische Ausdauer die Fähigkeit des Sportlers, einem Reiz, der zum Abbruch einer Belastung auffordert, möglichst lange widerstehen zu können, die physische Ausdauer die Ermüdungswiderstandsfähigkeit des gesamten Organismus bzw. einzelner Teilsysteme. (zitiert nach Weineck, S. 141) 1.2. Unterscheidungsarten der Ausdauer Die Ausdauer lässt sich unter verschiedenen Gesichtspunkten betrachten. Unter dem Aspekt des Anteils der beteiligten Muskulatur unterscheidet man Allgemeine Ausdauer vs. Lokale Ausdauer. Unter dem Aspekt der Sportartspezifität unterscheidet man Allgemeine Ausdauer vs. Speziellen Ausdauer. Unter dem Aspekt der muskulären Energiebereitstellung unterscheidet man Aerobe Ausdauer vs. Anaerobe Ausdauer. Unter dem Aspekt der Zeitdauer unterscheidet man Kurzzeitausdauer (45 sek. - 2 min) vs. Mittelzeitausdauer (2-8 min) vs. Langzeitausdauer (über 8 min). Die dargestellten Formen der Ausdauer zeigen, dass es die Ausdauer schlechthin nicht gibt, sondern dass aus stoffwechselorientierter Sicht eine Vielzahl von graduell abgestuften sportartspezifischen Mischformen aerob-anaerober Natur vorliegt, die den Raum der sich polar gegenüberstehenden reinen aeroben bzw. anaeroben Energiebereitstellung ausfüllt ( Weineck, S. 144). 1.3. Beurteilung der Leistungsfähigkeit mittels Ergometrie Die Beurteilung der Leistungsfähigkeit beruht auf der Messung physiologischer Größen während definierter muskulärer Belastungen. Solche Belastungen werden

auch als Ergometrie(n) bezeichnet, von ergon (gr.) = Arbeit und metron (gr.) = Messung. Neben der individuellen Leistungsfähigkeit hat auch der Wirkungsgrad der muskulären Arbeit einen Einfluss auf das Verhalten der Beanspruchungsindikatoren. Zum Beispiel hat ein Schwimmer, der eine bessere Wasserlage und eine bessere Schwimmtechnik besitzt, bei der gleichen Schwimmgeschwindigkeit einen geringeren Energieumsatz, so dass Unterschiede in dem Belastungsindikator Herzfrequenz nicht unbedingt auf eine unterschiedliche Ausdauerleistungsfähigkeit zurückzuführen sind, sondern eventuell durch die Bewegungsökonomie verursacht werden. Deshalb ist man in der Ausdauerleistungsdiagnostik darum bemüht solche Belastungsverfahren in der Ergometrie einzusetzen, bei denen Wirkungsgradunterschiede möglichst gering sind. (vgl. De Marées, 2003, S.439) 1.4 Indikationen für Belastungsuntersuchungen Belastungsuntersuchungen werden an gesunden und kranken Menschen mit unterschiedlichen Zielsetzungen durchgeführt. Bei gesunden Menschen unterscheidet man weiterhin zwischen Nicht-Sportler und Sportler bzw. Leistungssportlern. Eine der Zielsetzungen bei Belastungsuntersuchungen ist die Beurteilung im Querschnitt, um Untersuchte anhand vorliegender Richtwerte in vergleichbare Gruppen einzuordnen, z.b. zur Talentsichtung, aber auch in der Rehabilitation zur Einteilung in verschiedene Gruppen (Trainings- oder Übungsgruppe). Eine weitere Zielsetzung ist die Beurteilung im Längsschnitt, um Trainingsempfehlungen geben zu können und den Trainingsfortschritt sowohl im Leistungssport als auch in der Rehabilitation zu überprüfen (Vorhersage, Empfehlung und Kontrolle). Des Weiteren dienen Belastungsuntersuchungen der Überprüfung des Gesundheitszustandes, zum Beispiel von Kindern und Jugendlichen, die beginnen forciert Sport zu treiben. Oder zur Begutachtung von Personen, die nach längerer Sportpause wieder mit körperlicher Aktivität beginnen wollen (v. a. nach überschreiten des 30ten LJ).

Eine wichtige Zielsetzung ist auch die Untersuchung der Belastbarkeit (v.a. bei Patienten), um latente Symptome (Krankheitszeichen), die erst unter Belastung sichtbar werden, festzustellen (z.b. bei koronarer Herzinsuffizienz) oder zur Objektivierung der Bedeutungslosigkeit von funktionellen Änderungen in Ruhe, die unter Belastung verschwinden und denen keine krankhafte Bedeutung zukommt. (vgl. De Marées, 2003, S. 440). 1.5 Kontraindikationen für Belastungsuntersuchungen Kontraindikationen sind nicht exakt bzw. vollständig benennbar, aber sichere Kontraindikationen sind Fieber und damit einhergehende Erkrankungen, akute Herzmuskelentzündung, Verdacht auf akuten Herzinfarkt, maligner Bluthochdruck und schwere Herzinsuffizienz. Im Einzelfall muss der Arzt die Entscheidung für oder gegen eine Ergometrie treffen. In jedem Fall sollte eine entsprechende Notfallausrüstung bereitstehen. Nach einer Erhebung von MILDENBERGER und KALTENBACH (1989) sind Komplikationen aber relativ selten. Bei 1,4 Millionen Ergometrien traten bei 1:9000 Fällen Komplikationen auf. (vgl. De Marées, 2003, S. 441) 1.6 Potentielle Kriterien der allgemeinen aeroben Ausdauerleistungsfähigkeit Die Höhe der Ausdauerleistungsfähigkeit wird durch die maximale Energieflussrate begrenzt, die über einen definierten Zeitraum aufrechterhalten werden kann. Die aerobe Energiebildung wird im wesentlichen limitiert durch das O 2 - Transportsystem, die Atmung, das Herz- / Kreislaufsystem und auf zellulärer Ebene durch die maximale Flussrate der Substrate und die maximale Aktivität der Enzyme. Die Messung der Leistungsfähigkeit der Teilsysteme lässt folglich auf die mögliche Gesamtleistungsfähigkeit schließen. Zur routinemäßigen Leistungsdiagnose können nur solche Verfahren angewandt werden, die ohne eine größere Belästigung des Patienten stattfinden. Routinemäßig gemessene Größen sind Atmungsparameter wie Vitalkapazität, Einsekundenkapazität und Atemgrenzwert. Diese Parameter geben aber wenig Auskunft über die Ausdauerleistungsfähigkeit, da sie von den jeweiligen

Körperdimensionen abhängig sind und einer großen interindividuellen Streuung unterliegen. Weiterhin werden Größen des Herz-Kreislaufsystems wie Herzfrequenz und Blutdruck gemessen. Sehr gut geeignet zur Ausdauerdiagnostik sind spirometrisch gemessene Parameter wie Sauerstoffaufnahme (VO 2 ) und Kohlenstoffdioxidabgabe (CO 2 ). Neben diesen spirometrischen Daten geben auch Parameter wie Blutlaktatkonzentration und Blutammoniakkonzentration Auskunft über den Energiestoffwechsel und die Ausdauerleistungsfähigkeit (vgl. De Marées, 2003, S. 442). 2. Ausdauerleistungsdiagnostik anhand der Atemparameter 2.1 Ventilatorische Schwelle VT 1 Die ventilatorische Schwelle VT 1 entspricht dem Punkt des ersten Laktatanstiegs, also der aeroben Schwelle. Aufgrund der vermehrten CO 2 und Laktatbildung steigt die Ventilation beim Erreichen der VT 1 überproportional an und entspricht dem Punkt des optimalen Wirkungsgrades nach HOLLMANN. 2.2 Ventilatorische Schwelle VT 2 Der zweite überproportionale Anstieg der Ventilation VT 2 (Abb. 1) wird als respiratorischer Kompensationspunkt (Respiratory Compensation Point = RC) bezeichnet und entspricht in etwa der über die Laktatkonzentration ermittelten anaeroben Schwelle. Zur Bestimmung der ventilatorischen Schwellen werden rampenförmige Belastungsprotokolle benutzt, da stufenförmige Intensitätsanstiege zu Artefakten führen können, die fälschlicherweise als Schwellen interpretiert werden könnten. In einem Bereich der zwischen 40-65 % der individuellen maximalen O 2 - Aufnahme liegt, steigt die CO 2 -Bildung steiler an als der O 2 -Verbrauch. Dieser Punkt des höheren Anstiegs markiert die aerobe Schwelle. Die Zunahme anaerober Stoffwechselprozesse führt zu einer steigenden Gewebsazidose, die durch eine

Steigerung der Ventilation gebremst wird. Im weiteren Verlauf der Belastung jenseits der aeroben Schwelle bei ca. 70-90 % der VO 2 max werden weiter vermehrt H + -Ionen gebildet, wodurch die Steilheit der VE-Kurve nochmals gesteigert wird. Dieser Punkt wird als RC bezeichnet und entspricht in etwa der anaeroben Schwelle. Abb. 1 2.3 Bestimmung der (an)aeroben Schwelle anhand des VO 2 - und VCO 2 - Kurvenverlaufs Die (an)aerobe Schwelle (AT) kann aus dem Kurvenverlauf von VO 2 und VCO 2 konstruiert werden. Sie entspricht dem Punkt einer größeren Steilheit der VCO 2 - Kurve gegenüber der VO 2 -Kurve unter steigender Last. 3. Ausdauerleistungsdiagnostik anhand der Herzfrequenz

3.1 Conconi -Test Wing Tai Kampfkunstschule Aschaffenburg Laut Conconi ist der Korrelationskoeffizient zwischen dem Abknickpunkt (deflection point) der HF-Leistungskurve und einer laktatbestimmten Schwelle r = 0.99. Dieser Test wurde zunächst nur für das Laufen, später auch für andere Ausdauersportarten konzipiert. 3.2 Belastungsprotokoll für das Laufen Nach ca. 15-20 Minuten Aufwärmen mit abgestimmter Geschwindigkeit wird das Tempo alle 200 m um 0,5 km/h erhöht bzw. die 200 m-zeit um 2-3 Sekunden reduziert. Der Test wird solange fortgesetzt, bis der Sportler erschöpft ist. Die aufgezeichneten HF-Werte werden in ein HF-Geschwindigkeitsdiagramm eingetragen. Nun wird der Belastungspunkt gesucht, an dem die Kurve deutlich von ihrer Linearität abweicht (s. Abb.2). Dieser Punkt entspricht dem deflection point. Abb. 2 3.3 Probleme bei der Anwendung des Conconi -Tests für andere Sportarten In einigen Sportarten zeigt die HF-Geschwindigkeitskurve einen nichtlinearen Verlauf aufgrund nichtlinearer Beziehungen zwischen Geschwindigkeit und Energieverbrauch. Bei diesen Disziplinen wird die Geschwindigkeit deshalb quadriert

bzw. kubiert. Grund hierfür ist die Tatsache, dass mit zunehmender Bewegungsgeschwindigkeit auch der Luft bzw. Wasserwiderstand zunimmt. 3.4 Schwächen des Conconi -Tests Der deflection point ist nicht immer erkennbar, obwohl die Laktatleistungskurve einen deutlichen Anstieg verzeichnet. Bei Untersuchungen von HUBERT et al. fehlte er in 10 % aller Messungen und bei UHRHAUSEN et al. in 32 %. Des weiteren muss die schlechte Objektivität genannt werden, denn viele Kurven haben eher eine Rundung anstatt eines Abknickpunktes. Der Variationskoeffizient lag bei einem Test mit dem Fahrradergometer zwischen 1,5 % und 17,4 %, wobei ein kleiner Variationskoeffizient einen deutlich erkennbaren deflection point bedeutet. Dies bedeutet, dass Personen, die an dieser Kurve den deflection point bestimmen sollten, mit ihrer Interpretation um teilweise bis zu 17,4 % voneinander variierten. Weitere Kritikpunkte sind die unzureichende Validität, da es zum Teil große systematische Differenzen zwischen dem deflection point und der Laktatschwelle gibt, sowie die Tatsache, dass Stichproben mit großer Leistungshomogenität einen kleinen r., Stichproben mit kleiner Homogenität aber einen großen r. besitzen. Die Validität wurde anhand der Korrelation von Conconi- und Laktatschwelle überprüft, wobei CONCONI selbst auf einen r. von 0.99 kam, TOKMAKIDIS jedoch nur auf einen r. von 0.5. Bei einem Ausdauertest auf dem Fahrradergometer über 30 Minuten mit Intensitäten von 90-100 % der Conconi-Schwelle wurden Laktatwerte zwischen 3 und 11 mmol/l gemessen, wobei die Belastung teilweise vorher wegen Erschöpfung abgebrochen werden musste. Wichtig in diesem Zusammenhang ist außerdem die Tatsache, dass das Belastungsanstiegs-protokoll einen großen Einfluss auf die Conconi-Schwelle hat.

4. Laktatbasierte Schwellen Schwellenkonzepte in der Laktatleistungsdiagnostik 4.1 Definition des Begriffes Laktat Laktat ist das Endprodukt der sogenannten anaeroben Oxidation. Der Weg der Energiebereitstellung durch die anaerobe Oxidation wird immer dann im Organismus besonders in der quergestreiften Muskulatur beschritten, wenn der momentane Energiebedarf größer ist als die Energiebereitstellung auf aerobem Wege leisten kann. Das ist besonders zu Arbeitsbeginn, bei schwerer statischer Muskelarbeit und bei Belastungen im Schnelligkeitsausdauerbereich der Fall. Es ist häufig zu beobachten, dass mit zunehmender Ausdauerleistungsfähigkeit der Laktatanstieg bei progressiver Belastung erst später einsetzt. Die normale d.h. bei normaler körperlicher Tätigkeit - Laktatkonzentration im Blut beträgt etwa 1 mmol Laktat/l Blut und kann bis zu 25 mmol Laktat/l Blut ansteigen. 4.2 Die (Individuelle) Aerobe Schwelle Die Aerobe Schwelle entspricht dem Punkt des ersten Laktatanstiegs und wird über die Laktatleistungskurve ermittelt. Er definiert den Beginn des aerob-anaeroben Übergangs. Wichtig ist zu beachten, dass man den Laktatschwellen, sowohl der aeroben also auch der anaeroben, die ventilatorischen Schwellen zuordnen kann. Die Laktatschwellen werden überwiegend auf der Basis von stufenförmigen Belastungsprotokollen ermittelt. 4.3 Die (Individuelle) Anaerob-laktazide Schwelle Die Anaerob-laktazide Schwelle repräsentiert das maximale Laktat-Steady-State, das nach MADER im Mittel bei 4 mmol Laktat/l Blut (bei Ausdauertrainierten niedriger) liegt. Sie ist der physiologische Breakpoint des aerob-anaeroben Übergangs. Bei Belastung oberhalb der anaeroben Schwelle steigt die Laktatkonzentration im Blut signifikant an. Die Schwellen-Laktatkonzentrationen weichen aber aufgrund interindividueller metabolischer Situationen begründet durch Sportart und Trainingszustand teilweise deutlich von 4 mmol/l ab. Es sind daher individuelle anaerobe Schwellen anzustreben (wie nach STEGMANN/KINDERMANN oder DICKHUTH; siehe 4.4). Es gibt eine Vielzahl von Schwellenkonzepten, die

heutzutage in der Forschung angewandt werden, die aber wiederum miteinander ungünstig zu vergleichen sind. Der Vorteil individueller anaerober Schwellen gegenüber fixer Schwellen ist die zuverlässigere Beurteilung der Ausdauerleistungsfähigkeit und die Ermöglichung einer besseren Intensitätssteuerung! 4.4 Die drei Schwellenkonzepte - Das Schwellenkonzept nach MADER et al. 1976: In Folge zahlreicher empirischer Untersuchungen stellte MADER fest, dass es im Bereich von 4mmol/l zu einer entscheidenden Veränderung im Kurvenverhalten der Funktion kommt. Er definierte dies als,,den Übergangsbereich von rein aerober zu partiell anaerober laktazid gedeckter Energiestoffwechselleistung der Arbeitsmuskulatur" (vgl. De Marées, 2003, S.463). Als Kriterium zur Erfassung der aerob-anaeroben Schwelle kann der Anstieg des Laktats auf 4 mmol/l im peripheren Blut, z.b. bei stufenweiser Belastungssteigerung gewertet werden. MADER weist besonders darauf hin, dass die Arbeitsdauer je Belastungsstufe nicht weniger als 4 Minuten betragen sollte, besser seien 5-10 Min.. - Das Schwellenkonzept nach STEGMANN / KINDERMANN 1981: STEGMANN/KINDERMANN definierten die Individuelle Anaerobe Schwelle IAS als den Zeitpunkt, an dem die maximale Eliminationsrate und die Diffusionsrate des Laktats im Gleichgewicht stehen. Zur Ermittlung der Schwelle müssen in der Erholungsphase nach erschöpfender Belastung weitere Laktatwerte bestimmt werden.. Die Blutlaktatkonzentration wird am Ende der erschöpfenden stufenförmigen Belastung sowie nach der ersten, dritten, fünften und zehnten Minute der Erholungsphase bestimmt. Durch den Zeitpunkt in der Erholungsphase, in dem der Endbelastungslaktatwert wieder erreicht wird, wird eine Tangente an die Laktatleistungskurve gelegt. Die Tangente durch diesen Wert berührt die Laktatleistungskurve im gesuchten Schwellenpunkt. Wir erkennen, dass die Schwelle interindividuell verschieden und somit variabel ist. Der Schwellenlaktatwert nimmt nämlich u.a. mit zunehmender Ausdauerleitungsfähigkeit ab.

- Das Schwellenkonzept nach SIMON et al. 1983 / DICKHUTH et al. 1991: Ein weiteres Verfahren der Schwellenbestimmung wurde zunächst von SIMON et al. für Schwimm-Sportler erstellt. DICKHUTH et al. setzte dasselbe Verfahren für Läufer fort. Beide bestimmten die IAS bei einer Laktatkonzentration von 1,5 mmol/l oberhalb der aeroben Schwelle. Näher betrachtet liegt die IAS nach DICKHUTH 1,5 mmol/l höher als das minimale Laktatäquivalent (Laktat/VO 2 /Kg Körpergewicht). Dieses Schwellenkonzept wird nach wie vor als +1,5 mmol/l-methode bezeichnet. 4.5 Intensitätsvorgaben für eine Trainingssteuerung anhand des Zwei- Schwellen- Konzepts (aerob-anaerober Übergang) Die aerobe Schwelle markiert die obere Grenze des regenerativen Trainingsbereichs. Extensives Ausdauertraining (Grundlagenausdauer I - GA I) findet je nach Sportart und Belastungsdauer bei 70 bis knapp 90 % der anaeroben Schwelle statt, Intensives Ausdauertraining (Grundlagenausdauer II - GA II) und Tempodauerläufe (TDL) zwischen 90 bis 100 % der anaeroben Schwelle. Im Leistungssport erfolgt die Energiebereitstellung bei intensivem Dauerlauftraining bereits mit merklich anaeroben Anteilen (Laktat im Mittel zwischen 3 bis 5 mmol/l). Intervallprogramme (IVT) erfolgen mit Intensitäten oberhalb der anaeroben Schwelle, wobei in Abhängigkeit von Intensität und Pausendauer unterschiedliche Laktatkonzentrationen angesteuert werden können. Gute Marathonläufer absolvieren ihre Rennen im Bereich der anaeroben Schwelle. Deren Laufzeiten können deshalb über die Schwellenleistungsfähigkeit prognostiziert werden. Marathonläufer regionaler Klasse (ca. 3:00 h) laufen mit ca. 95 % der Geschwindigkeit der anaeroben Schwelle. Trainingsempfehlungen für den präventiven und rehabilitativen Sport orientieren sich ebenfalls am aerob-anaeroben Übergangsbereich. Kürzere Trainingseinheiten können zwischen 90 bis 100 % der anaeroben Schwelle, längere nahe der aeroben Schwelle durchgeführt werden. Die Empfehlungen sollten als Herzfrequenzvorgaben erfolgen. Da Betablocker die Laktatleistungskurve nicht beeinflussen, können auch für diesen Personenkreis exakte Trainingsvorgaben erfolgen. Überschwelliges Training, d. h. oberhalb der anaeroben Schwelle, ist für den Gesundheitssport nicht relevant und kann bei Patienten riskant sein.

Abb. 3 4.6 Anaerobe Schwelle und Fettverbrennung Das Maximum der Fettverbrennung - absolut betrachtet - liegt bei 55 bis 72 % VO 2 - max entsprechend 68 bis 79 % der maximalen Herzfrequenz. Dies entspricht dem Bereich des aerob-anaeroben Übergangs. Erst oberhalb der anaeroben Schwelle nimmt der Anteil der Fettverbrennung an der Gesamtenergiebereitstellung deutlich ab. Mithin führt ein Training von ca. 90 % der anaeroben Schwelle auch zu einer maximalen Fettverbrennung. 4.7 Konsequenzen für die Trainingssteuerung & Fazit Laktat ist auch unter Feldbedingungen ein einfach zu messender Parameter. In zahlreichen Sportspielen sind aber zunächst empirische Grundlagenuntersuchungen darüber durchzuführen, welche Umfänge und laktatbezogenen Intensitäten ein Trainingsoptimum ergeben. Die anaerobe Schwelle ist im Gegensatz zur VO2-max unabhängig von der Motivation bzw. der Ausbelastung. Es sollten jedoch immer Laktat und VO2-max bestimmt und in Betracht gezogen werden. Jegliche Veränderungen der Ausdauer werden mit hoher Sensitivität erfasst. Als Fazit lässt sich sagen, dass die anaerobe Schwelle ein zuverlässiger und praktikabler Parameter in der Leistungsdiagnostik und Trainingssteuerung ist. Die jeweiligen Testmethoden müssen aber hinsichtlich ihres Anwendungsbereiches validiert und kritisch hinterfragt werden, um eine sinnvolle Nutzung in der Sportpraxis zu gewährleisten. Wegen der möglichen interindividuellen Unterschiede im Laktatverhalten sollten laktatorientierte Trainingsempfehlungen zumindest in

Einzelfällen immer unter spezifischen Feldbedingungen überprüft werden. Außerdem können biomechanische und koordinative Unterschiede zwischen Labor- und Feldbelastung bestehen. Quellenangaben 1. De Marees, H. (2002): Sportphysiologie, 9., vollst. überarb. und erweit. Aufl., Sport & Buch Strauß 2002, Laktatbasierte Schwellenkonzepte. 2. Heck, H. (1990): Laktat in der Leistungsdiagnostik, Band 22, Verlag Karl Hofmann Schorndorf 1990. 3. Heck, H. (1990): Energiestoffwechsel und medizinische Leistungsdiagnostik, Schorndorf Hofmann 1990. 4. Heck, H., Rosskopf, P. (1994): Grundlagen verschiedener Laktatschwellenkonzepte und ihre Bedeutung für die Trainingssteuerung. In: Clasing, D., Weicker, H. et al. (Hrsg.) (1994): Stellenwert der Laktatbestimmung in der Leistungsdiagnostik, Gustav Fischer Verlag Stuttgart 1994. 5. Mitlehner, W. (2002): Praktischer Leitfaden. In: VIASYS info Sonderausgabe Ergospirometrie; www.jaeger-toennies.com 6. Röthig, P. u.a. (Hrsg.) (1992): Sportwissenschaftliches Lexikon, 6. Auflage, Hofmann-Schorndorf 1992,Laktat, S.267Aerob-anaerobe Schwelle (anaerobic threshold), S.16/17.

Autor: Nok Tai Michael Vogel, M.A. Sportwissenschaft, Sportmedizin und Anglistik Tel.:06029/996187, Mobil:0176/23147605 E-Mail: info@wingtai-aschaffenburg.de Industriestraße Ost 18 63808 Haibach