Ohne Bestechung kein Geschäft? Zur Rolle von Transparency International

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Transkript:

Ohne Bestechung kein Geschäft? Zur Rolle von Transparency International Prof. Dr. Edda Müller Vorsitzende Transparency Deutschland Semestereröffnungsvortrag im Rahmen des Studium Generale der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin Berlin, 23. Oktober 2013

Inhalt 1. Das Phänomen der Korruption und seine Folgen 2. Druck von außen: Die rechtlichen Rahmenbedingungen 3. Transparency in Deutschland und weltweit 4. Zur Rolle von Transparency: Instrumente der Korruptionsbekämpfung 5. Wirtschaft und Politik - Wie viel Nähe darf sein?

1. Das Phänomen der Korruption und seine Folgen

Definition von Korruption Korruption Der Missbrauch von anvertrauter Macht zum privaten Nutzen oder Vorteil. Aber wie sieht Korruption aus? Diese Arbeitsdefinition verwendet Transparency - es gibt viele andere, zumeist enger gefasste.

Käuflichkeit politischer Entscheidungen Einfluss nehmen auf politischen Entscheidungsträger durch Bestechung mit: Geld Posten Vergünstigungen

Schmiergeld Unterschied zur Bestechung Kleinere Beträge, z. B. an untergeordnete Behördenmitarbeiter Zum Erhalten einer Leistung, auf die man tatsächlich Anspruch hat. bribe (Bestechung) International: Unterscheidung facilitation payment / grease money (Schmiergeld)

Die Verwaltung Hauptzielbereich der Korruption öffentlicher Dienst intransparente Entscheidungsabläufe + hohe Vergabevolumina 35 % aller Delikte fallen in der allgemeinen Verwaltung an* Bestechlichkeit der öffentlichen Verwaltung * Bundeslagebild Korruption 2011

Korruption auch im Journalismus? Die Medien - ein wichtiger Verbündeter zur Aufdeckung von Korruptionsvorfällen Oft falsche Rücksichtnahmen bei der Berichterstattung Abhängigkeit von Werbekunden Medienvertreter teilweise auch selbst bestechlich Kurzfristiger Enthüllungsjournalismus statt sorgfältige Recherche aber ebenso korrumpierbar

Korruption zieht schwerwiegende Folgen nach sich politisch ökologisch Die Auswirkungen von Korruption: Vielfältig und immens sozial mikroökonomisch makroökonomisch

Eine Bedrohung für die Demokratie Bedrohung politischer, sozialer und wirtschaftlicher Rechte Vertrauensverlust in der Bevölkerung Rechtsunsicherheit Legitimitätsverlust staatlicher Ordnung

Korruption ist Gift für die Umwelt Korruption ist die Hauptursache für Instabilität in unserer Welt (Frank Vogl) Gesetze und Verbote werden umgangen Umweltschädliche Projekte werden finanziert Umweltzerstörung

Korruption fordert Menschenleben Einsturz des Rana Plaza in Savar (Bangladesch) Korruption Fehlende Feuer- und Sicherheitsmaßnahmen Zweckentfremdung des Gebäudes (CC) rijans/flickr.com Der Einsturz forderte mehr als 1.127 Menschenleben

Korruption unterbindet marktgerechtes Wirtschaften Effizienzverlust Unnötige Investitionen Wettbewerbsverzerrung Investitionen und Wachstum gehen zurück Integre Firmen geraten in Gefahr Ganze Volkswirtschaften geraten in eine wirtschaftliche Abwärtsspirale

Schäden durch Korruption - Studie (Schneider, Uni Linz) wirtschaftlicher Schaden durch Bestechung und Vorteilsnahme in Deutschland: etwa 250 Milliarden Euro im Jahr 2012 - Laut Schätzungen der Weltbank (2012): jährliche Schäden durch Korruption weltweit 1-4 Billionen US-Dollar oder 12 Prozent der weltweiten Bruttowirtschaftsleistung

Schäden durch Korruption bei Unternehmen: Wettbewerbsverzerrung schädigt die integeren Wettbewerber, verringert deren Markterfolg und kann zu Arbeitsplatzverlusten führen Schäden für Volkswirtschaft, Staat und Gesellschaft: erreicht nicht das mögliche Wohlstandsniveau allgemeine Rechtsunsicherheit korrupte Amtsträger bieten nur mangelhafte staatliche Dienstleistungen an (Eigeninteresse) Laut Schätzungen der Weltbank (2012): jährliche Schäden durch Korruption weltweit 1-4 Billionen US-Dollar oder 12 Prozent der weltweiten Bruttowirtschaftsleistung

PwC-Studie zur Wirtschaftskriminalität 2011 Die Mehrheit der deutschen Großunternehm en hat inzwischen ein Compliance- Programm installiert Korruption und Bestechung 12% aller Wirtschaftdelikte 2011

Korruptionsprävention in der Wirtschaft Was wird bisher getan? Compliance-Abteilungen Hinweisgebersysteme Leitfäden zur Korruptionsprävention

Korruptionsprävention in der Wirtschaft Momentan wird überwiegend auf freiwillige Regelungen gesetzt Bereits vorhandene internationale Regeln zu Kriminalität in Unternehmen, etwa für deutsche Firmen an der Wall Street Die deutsche Rechtsprechung richtet ihren Blickwinkel im Rahmen der Wirtschaftskriminalität bisher auf natürliche Personen Beispiel Siemens

Beispiel Siemens Einer der größten Bestechungsskandale Fahnder stießen auf 4.300 illegale Zahlungen, 330 dubiose Projekte Mit umgerechnet 1,3 Mrd. Euro soll Landschaftspflege der besonderen Art betrieben worden sein Skandal kostete den Konzern ca. 2,5 Mrd. Euro an Strafen, Nachsteuern sowie an zusätzlichen Honoraren für Anwälte und Wirtschaftsprüfer Personelle Konsequenzen: Vorstandsvorsitzender Klaus Kleinfeld und Aufsichtsratsvorsitzender Heinrich von Pierer legten Amt nieder. surber/flickr.com

Warum ein Unternehmensstrafrecht? Korruption darf keine Ordnungswidrigkeit bleiben OECD und EU empfehlen die Einführung eines Unternehmensstrafrechts In zahlreichen vergleichbaren Ländern (Frankreich, Schweiz, Österreich, GB, USA) gibt es ein Unternehmensstrafrecht Bußgeldrahmen für Unternehmen wurde von ein auf maximale Strafhöhe von zehn Mio. Euro angehoben Gesetzesinitiative für ein Unternehmensstrafrecht über den Bundesrat einbringen

2. Die rechtlichen Rahmenbedingungen: Druck von außen

UN Konvention gegen Korruption (UNCAC) Von den G20-Staaten haben allein Deutschland, Japan und Saudi-Arabien die UN-Konvention gegen Korruption noch nicht ratifiziert Straftatbestand der Abgeordnetenbestechung ( 108 e StGB) ist zu verschärfen, um die UN-Konvention ratifizieren zu können ICC Deutschland: Schreiben von 37 Unternehmenschefs, davon 26 Dax-Unternehmen, an die Bundestagsfraktionen

Die Forderung der Wirtschaft Im April 2012 forderte der BDI die deutsche Regierung dazu auf, das Gesetz zur Abgeordnetenbestechung zu verschärfen: Korrupte Unternehmen schwächen das Funktionieren der Wirtschaftsordnung und die Akzeptanz der sozialen Marktwirtschaft. Korruption bereichert Einzelne auf Kosten aller. Durch Korruption kommt es zu Auftragsvergaben an Firmen, die verhältnismäßig teure oder schlechte Leistungen erbringen. - Dieter Schweer, Mitglied der Hauptgeschäftsführung des BDI

OECD-Konvention gegen Auslandsbestechung Übereinkommen über die Bekämpfung der Bestechung ausl. Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr (OECD Konvention) vom 21.11.1997, seit 15.02.1999 in Kraft > Vollständige Umsetzung in deutsches Bundesrecht Jährliche Fortschrittsberichte von Transparency International zum Stand der Strafverfolgung der Auslandsbestechung von Amtsträgern im Geschäftsverkehr in OECD-Ländern Ergebnisse 2012: - International keine signifikanten Fortschritte bei der Verfolgung der Auslandsbestechung - Kritik an Deutschland, dass wie vor nicht Ratifizierung der UN- Konvention gegen Korruption aussteht und dass es in keine strafrechtliche Verantwortlichkeit juristischer Personen gibt

OECD Leitsätze für multinationale Unternehmen Enthalten Empfehlungen für unternehmensinterne Maßnahmen Allgemeine Leitsätze (Corporate Governance) Nationale Kontaktstellen sollen Leitsätze und ihre Anwendung bei der Wirtschaft bekannt machen, Umsetzungsprobleme erörtern und bei angezeigten Verstößen gegen die Leitsätze zwischen den Parteien vermitteln In der seit 2000 gültigen Fassung ist erstmalig ein Kapitel zur Bekämpfung der Korruption eingeführt worden Bei der Novellierung der Leitsätze 2011 wurde die Sorgfaltspflicht (due diligence) explizit in das Kapitel Grundpflichten aufgenommen

Staatengruppe des Europarates (GRECO) Empfehlungen der Staatengruppe gegen Korruption (GRECO) des Europarates zur Verschärfung der Parteienfinanzierung und der Abgeordnetenbestechung wurden zum dritten Mal nicht fristgerecht umgesetzt Berichtspflicht ist am 31. Juli 2013 verstrichen Sonderverfahren gegen Deutschland, da die Umsetzung der Empfehlungen als allgemein unbefriedigend eingestuft wurde Die Ratifizierung der Strafrechtsübereinkommen über Korruption des Europarats steht ebenfalls aus

Normen und Standards 1. Global Reporting Initiative Richtlinien zur Nachhaltigkeitsberichterstattung für Unternehmen, Regierungen und Nichtregierungsorganisationen 2. UN Global Compact Freiwilliger Pakt, mit dem Unternehmen ihrer gesellschaftlichen, sozialen und ökologischen Verantwortung gerecht werden sollen (Einhaltung von Prinzipien und Berichterstattung, Prinzip 10: Korruptionsbekämpfung) 3. Deutscher Nachhaltigkeitskodex Beschreibt Mindestanforderungen an die Transparenz über das Nachhaltigkeitsmanagement

Nachhaltigkeitsberichterstattung Untersuchung der Nachhaltigkeitsberichte von 21 deutschen Großunternehmen Einhaltung der Global Reporting Initiative für die Indikatoren Korruption und Politik 20 der 21 Unternehmen halten nicht das hohe Anspruchsniveau, das sie versprechen Fazit: Freiwillige Standards ohne Kontrollen und Anreize funktionieren nicht

Korruptionsbereitschaft der Exportunternehmen Bribe Payers Index 2011 (BPI) Gegenstand: Unternehmen aus 28 Exportländern Variable: Bereitschaft zur Auslandsbestechung Methodik: über 3.000 Führungskräfte aus 30 Ländern befragt Rang Land Wert Standard Abweichung Vertrauens- Intervall 95% (Lower Bound - Upper Bound) 1 Niederlande 8.8 2.0 8.6-9.0 1 Schweiz 8.8 2.2 8.5-9.0 3 Belgien 8.7 2.0 8.5 9.0 4 Deutschland 8.6 2.2 8.5-8.8 4 Japan 8.6 2.4 8.4-8.9 6 Australien 8.5 2.2 8.2-8.8 6 Kanada 8.5 2.3 8.2-8.8 8 Singapur 8.3 2.3 8.1-8.6 8 Großbritannien 8.3 2.5 8.1-8.5 26 Mexiko 7.0 3.2 6.6-7.5 27 China 6.5 3.5 6.3-6.7 28 Russland 6.1 3.6 5.7-6.6 Es gibt keine Gewinner

3. Transparency in Deutschland und weltweit

Transparency International: So international wie Korruption National Chapter in über 100 Ländern Aktivitäten/Kontakte in über 100 Ländern National Chapter sind und arbeiten eigenständig und finanzieren sich selbst Internationales Sekretariat in Berlin als zentrale Koordinations- und Servicestelle

Transparency International in Deutschland Eingetragener Verein nach deutschem Recht gemeinnützig anerkannt Gründung im Oktober 5.10.1993 in Berlin Fokus auf Korruptionsbekämpfung in Deutschland im internationalen Kontext

Arbeitsgrundsätze von Transparency Deutschland Gemeinnützig Keine investigative Recherche konkreter Fälle Parteipolitisch neutral Transparenz als Instrument gegen Korruption Verantwortlichkeit (accountability) Koalitionen statt Konfrontation Politik Zivilgesellschaft Koalitionen bilden mit Wirtschaft

4. Instrumente zur Korruptionsbekämpfung

Checkliste für Self-Audits zur Korruptionsprävention in Unternehmen Sensibilisierungsinstrument Zielsetzung: Unternehmen bei der Analyse und Vermeidung von Korruptionsrisiken unterstützen Hilfreich bei Einschätzung der Korruptionsanfälligkeit Zeigt Risikobereiche auf Eine Information und aktive Einbeziehung des Betriebsrates ist empfehlenswert

RESIST - Trainingsmodul für Unternehmen zur Korruptionsprävention RESIST richtet sich an alle international tätigen Unternehmen, die den Gefahren von Bestechungsforderungen ausgesetzt sind. Das Schulungsinstrument möchte anhand von 22 anschaulichen Szenarien insbesondere auch mittelständische Unternehmen (KMU) sensibilisieren.

Transparenz-Rangliste der 105 größten multinationalen Unternehmen Öffentlich zugängliche Informationen über: 1) Antikorruptionsprogramme 2) Töchterunternehmen 3) Umsatz, Investitionen, Steuern Nur 45 Unternehmen berichten vollständig über ihre Töchterunternehmen Gering ist vor allem die Transparenz über Gewinne und Steuerzahlungen in den Ländern, in denen sie Geschäfte betreiben Finanzsektor und IT-Unternehmen bei Berichterstattung über Geschäftsaktivitäten in einzelnen Ländern besonders intransparent, große Differenzen bei Rohstoffunternehmen

Transparenz-Rangliste der 105 größten multinationalen Unternehmen Alle 7 deutsche Unternehmen im ersten Drittel der Rangliste: Vollständiger Bericht über ihre Töchterunternehmen Keines der 7 Unternehmen veröffentlicht, wie viel Steuern ihre Töchter in jeweiligem Land zahlen 1) Antikorruptionsprogramme + Statoil, BASF - Banco Santander, Industrial and Commercial Bank of China 2) Töchterunternehmen + Novartis, Allianz - Walt Disney, Microsoft 3) Umsatz, Investitionen, Steuern + Statoil, Tesco - Microsoft, Google, Apple

Das Globale Korruptionsbarometer 2013 Wahrnehmung von Korruption in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen Die Privatwirtschaft (3,7) und Politische Parteien (3,8) bilden das Schlusslicht Justiz (2,6), Polizei (2,7), aber auch das Bildungswesen (2,7) schnitten besonders gut ab Medien werden erstmals als korrupter wahrgenommen als Öffentliche Verwaltung und Parlament

5. Wirtschaft und Politik Wie viel Nähe darf sein?

Fall 1: CDU erhält Großspenden von BMW- Großaktionären Quandt Oktober 2013: Die CDU erhält drei Großspenden von der Familie Quandt in einer Gesamthöhe von 690.000 Euro Umweltminister Peter Altmaier hatte wenige Tage danach einen EU- Kompromiss über strengere Abgasnormen für Pkw blockiert > Transparency Deutschland fordert eine Begrenzung von Großspenden für Parteien auf höchstens 50.000 Euro im Jahr Johanna Quandt, Stefan Quandt, Susanne Klatten

Fall 2: Johannes Kahrs, MdB SPD-Politiker Johannes Kahrs bekam Spenden von der Rüstungsindustrie Rüstungskonzern Rheinmetall soll für den Bundestagswahlkampf 2005 eine Parteispende unter der Veröffentlichungsgrenze von 10.000 Euro an den Kreisverband Hamburg-Mitte gezahlt haben Die Frankfurter Rundschau berichtete am 13. Oktober 2006 unter dem Titel: Parteispenden: In Kahrs' Unterbezirk ist die Rüstungsindustrie großzügig von insgesamt mehr als 60.000 Euro, die aus der Rüstungsindustrie geflossen seien Kritik: Kahrs saß für die SPD im Verteidigungs- und im Haushaltsausschuss des Bundestags Vorwurf der FAZ: Kahrs blockiere im Haushaltsausschuss Projekte solange bis bestimmte Firmen beteiligt werden würden

Fall 3: Das Gauselmann-System 2011 Aufforderung an leitende Angestellte an Parteien zu spenden; keine Veröffentlichung, da jeweils unter 10.000 Euro; Gesamtsumme: mehr als eine Million Euro Unterstützung von FDP-Veranstaltungen, u.a. Parteitage Gauselmann-naher Berater investierte 2,5 Millionen Euro in FDP- Tochterunternehmen. Diese sollen der Bundespartei Grundstücke zu überhöhten Preisen abgekauft haben Bundestagsverwaltung ermittelt Zur gleichen Zeit plante das FDP-geführte Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie eine Novelle der Spieleverordnung zur Reform der Rahmenbedingungen für Geldspielgeräte. Eine Liberalisierung würde große Gewinne für Gauselmann bedeuten

Parteienfinanzierung Das Parteiengesetz Voraussetzung für staatliche Teilfinanzierung: 0,5 Prozent der gültigen Stimmen bei der letzten EU- oder Bundestagswahl bzw. 1 Prozent bei der letzten Landtagswahl ( 18 Abs. 4 PartG) Jährlicher Rechenschaftsbericht ( 23 Abs.1 Satz 1 PartG) Bis zu einem Betrag von 1.000 Euro kann eine Spende mittels Bargeld erfolgen ( 25 Abs. 1 Satz 1 PartG) Offenlegungspflicht für Spenden über 10.000 Euro ( 25 Abs.3 Satz 1 PartG) Spenden über 50.000 Euro müssen dem Bundestagspräsidenten gemeldet werden ( 25 Abs. 3 Satz 2 und 3 PartG)

Parteienfinanzierung - Forderungen Wir fordern: Parteispenden und Sponsoring sind auf maximal 50.000 Euro pro Jahr und Konzern, Unternehmen, Verband bzw. Person zu begrenzen, um allen Debatten über den unlauteren Einfluss von Großspenden die Grundlage zu entziehen Für Parteisponsoring sind klare Veröffentlichungspflichten einzuführen, so dass es den gleichen Regelungen wie Parteispenden unterliegt, einschließlich einer Begrenzung der steuerlichen Absetzbarkeit von Sponsoring als Betriebsausgaben Für die Überprüfung der Parteienfinanzierung ist ein unabhängiges Kontrollgremium einzurichten

Nebeneinkünfte: Das System Es besteht ein Drei-Stufen-Modell: Stufe 1: 1.000 bis 3.500 Euro monatlich/jährlich Stufe 2: bis 7.000 Euro monatlich/jährlich Stufe 3: über 7.000 Euro monatlich/jährlich Ab kommender Wahlperiode wird es eine Offenlegung in zehn Stufen geben Verstöße gegen die Anzeigepflicht können mit einem Ordnungsgeld geahndet werden Wir fordern: Die Nebentätigkeiten von Abgeordneten sind ab einer Bagatellgrenze auf den Betrag genau zu veröffentlichen und nicht wie bisher in drei Stufen.

Der Drehtür-Effekt Engagements ehemaliger Regierungsmitglieder und ehemaliger Staatssekretäre bei Unternehmen und Verbänden im In- und Ausland entfachen immer wieder die Diskussion über Sperrzeiten für Regierungsmitglieder und Wahlbeamte nach Ausscheiden aus dem Amt Um Vertrauen in Politik und staatliche Institutionen nicht zu belasten, muss bereits der Anschein vermieden werden, dass es einen Zusammenhang zwischen im Amt getroffenen Entscheidungen und einer nach dem Ausscheiden aufgenommenen Erwerbstätigkeit geben könnte Allein Vermutungen darüber schaden der Glaubwürdigkeit und bringen die Politik in Misskredit.

Drehtüreffekt - Forderungen Wir fordern: Für ehemalige Ministerinnen und Minister sowie Parlamentarische Staatssekretärinnen und -sekretäre ist eine Karenzzeit von drei Jahren zu schaffen, wenn ein Zusammenhang zwischen der bisher ausgeübten Tätigkeit und der nach dem Ausscheiden aus dem Dienst beabsichtigten Tätigkeit besteht.

Beispiele: Eckart von Klaeden, Gerhard Schröder und Kurt Beck Eckart von Klaeden (CDU) seit Oktober 2009 Staatsminister im Kanzleramt wechselt 2014 zum Daimler-Konzern Gerhard Schröder (SPD) Ab März 2006 Aufsichtsratsvorsitzender des Pipeline-Konsortiums NEGP-Company ( Gazprom Tochter Nord-Stream AG) Vladimir Putin wurde als Türöffner gesehen Schröder hatte während seiner Regierungszeit einen besonderen Fokus auf deutschrussische Projekte gelegt Kurt Beck (SPD) Im Januar 2013 aus gesundheitlichen Gründen als Ministerpräsident von Rheinland- Pfalz zurückgetreten Seit Juni 2013 Beraterjob für das Pharmaunternehmen Boehringer Ingelheim

Lobbyismus - Forderungen Wir fordern: Es ist ein obligatorisches Lobbyistenregister mit finanzieller Offenlegung beim Bundestag einzurichten Bei Eintrag in das Lobbyistenregister ist ein Verhaltenskodex zu akzeptieren Die Beteiligung von Interessenverbänden, Unternehmen und sonstigen privaten Akteuren bei der Vorbereitung von Gesetzen ist kenntlich zu machen ( legislativer Fußabdruck ) Lobby-Check in der 1. Lesung des Bundestags

Abgeordnetenbestechung - Forderungen Wir fordern: Die bereits 2003 unterzeichnete UN-Konvention gegen Korruption ist endlich zu ratifizieren Der Straftatbestand der Abgeordnetenbestechung ( 108e StGB) ist zu verschärfen und den internationalen Vorgaben anzupassen Die Annahme von Spenden durch einzelne Abgeordnete ist zu verbieten

Rahmenbedingungen für eine integere Politik Transparenz bei Lobbyismus Fortentwicklung der Regelungen für Spenden & Sponsoring von Parteien Verbesserungen bei Veröffentlichungspflichten der Nebeneinkünfte der Abgeordneten und Einführung wirksamer Sanktionen Einführung von Karenzzeiten bei Wechsel von Politik in Wirtschaft Reform der Regelungen der Abgeordnetenbestechung und Ratifizierung der UNCAC

Rahmenbedingungen für eine integere Wirtschaft Prävention und Sanktion stärken Whistleblowerschutz verankern Einführung eines Unternehmensstrafrechts Die konsequente Anwendung der in Umsetzung der OECD-Konvention in das deutsche Gesetz übernommenen Strafbarkeit der Bestechung ausländischer Amtsträger durch Verwaltung, Justiz und Wirtschaft Die konsequente Anwendung des 2002 auf Auslandstatbestände ausgedehnten Verbots der Bestechung im geschäftlichen Verkehr Die konsequente Umsetzung der OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen durch die Nationale Kontaktstelle Die Ratifizierung der Strafrechtsübereinkommen über Korruption des Europarats von 1999

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Transparency International Deutschland e.v. Alte Schönhauser Str. 44 D-10119 Berlin Tel: 030-549898-0 Fax: 030-549898-22 office@transparency.de Stand: 18.10.2013