Verbindlichkeiten: 246 Abs. 1 Satz 1 HGB legt fest, daß in der Bilanz sämtliche Schulden - also auch Verbindlichkeiten - zu erfassen sind. keine Legaldefinition für Verbindlichkeiten GoB: Passivierungsgrundsatz 23. Juni 2009 1
Verbindlichkeiten sind zu dem Zeitpunkt anzusetzen, zu dem die Voraussetzungen des Passivierungsgrundsatzes erfüllt sind. Eine Verbindlichkeit liegt - im Unterschied zu einer Rückstellung - dann vor, wenn die Verpflichtung und die daraus resultierende Belastung dem Grunde und der Höhe nach feststehen, also der Betrag der Schuld exakt quantifizierbar ist. Eine in der Vergangenheit gebildete Verbindlichkeit ist immer dann auszubuchen, wenn sie erlischt. 23. Juni 2009 2
Bei Verbindlichkeiten ohne Gegenleistung entsteht die Verpflichtung und die quantifizierbare wirtschaftliche Belastung in dem Zeitpunkt, zu dem der für das Entstehen der Leistungsverpflichtung maßgebende Sachverhalt verwirklicht ist bzw. die entstandene Leistungspflicht dem Bilanzierenden bekannt wird. 23. Juni 2009 3
Bei Verbindlichkeiten, die mit einer Gegenleistung verbunden sind, beruht die Verpflichtung normalerweise auf einem Vertrag. Das Verpflichtungskriterium ist bereits bei Vertragsabschluß erfüllt. Zu diesem Zeitpunkt besteht allerdings noch keine wirtschaftliche Belastung, da der Verpflichtung i. d. R. ein gleichwertiger Anspruch gegenüber steht (schwebendes Geschäft). Das in diesem Fall den Passivierungszeitpunkt bestimmende Kriterium der wirtschaftlichen Belastung ist dann erfüllt, wenn die Gegenleistung vom Geschäftspartner des Bilanzierenden erbracht wurde, ohne dass der Bilanzierende seine Leistung erbracht hätte. 23. Juni 2009 4
Systematisierungskriterien für Verbindlichkeiten: Fristigkeit Art der Sicherung Empfänger der zu erbringenden Leistung Leistung und Gegenleistung mit unmittelbarer Gegenleistung - Geldbetrag, Sach-/Dienstleistung, Anzahlung ohne unmittelbarer Gegenleistung - Steuern, Schadensersatz 23. Juni 2009 5
Für die Gliederung der Verbindlichkeiten in der Bilanz von (mittelgroßen und großen) Kap.Ges. und haftungsbeschränkten Pers.Ges. hat der Gesetzgeber eine Mischung von verschiedenen Systematisierungskriterien zugrunde gelegt. 266 Abs. 3 C HGB (Gliederung der Bilanz) 268 Abs. 5 und 285 Nr. 1 und 2 HGB (Erläuterungspflichten) 23. Juni 2009 6
Die Bewertung von Verbindlichkeiten ist grundsätzlich in 253 Abs. 1 Satz 2 HGB geregelt, wonach Verbindlichkeiten zum Rückzahlungsbetrag (BilMoG: Erfüllungsbetrag) anzusetzen sind; handelt es sich bei einer Verbindlichkeit um eine Rentenverpflichtung, so ist diese mit ihrem Barwert zu bewerten. Daneben sind die Bewertungsgrundsätze des 252 Abs. 1 HGB sowie die übrigen GoB zu beachten. 23. Juni 2009 7
Bewertung bei Unterschieden zwischen Auszahlungsund Rückzahlungsbetrag: Anleihen, Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten und sonstige Darlehen gegenüber Nichtbanken entstehen aufgrund eines dem bilanzierenden Unternehmen zur Verfügung gestellten Geldbetrages, dem Auszahlungsbetrag. Bei der erstmaligen Bewertung, also im Zeitpunkt der Entstehung, sind die genannten Verbindlichkeiten in Höhe des Erfüllungsbetrags zu passivieren, unabhängig davon, wie hoch der tatsächlich vom Kreditgeber erhaltene Auszahlungsbetrag ist. 23. Juni 2009 8
Bilanzierungsweise bei einem geringeren Auszahlungsbetrag: Rückzahlungsagio (Auszahlungs-) Disagio Kombination aus Rückzahlungsagio und (Auszahlungs-) Disagio In allen drei Fällen hat der Unterschiedsbetrag aus Auszahlungs- und Rückzahlungsbetrag den Charakter einer einmaligen Vorabzinszahlung an den Kreditgeber und ist demnach aufgrund der Abgrenzung der Sache und der Zeit nach auf die Laufzeit der Verbindlichkeit zu verteilen. Folglich müßte grundsätzlich in Höhe des Unterschiedsbetrags ein aktivischer Rechnungsabgrenzungsposten gebildet werden, der zeitanteilig erfolgswirksam aufzulösen wäre. Abweichend davon eröffnet 250 Abs. 3 HGB dem bilanzierenden Unternehmen ein Wahlrecht, den Unterschiedsbetrag als aktivischen Rechnungsabgrenzungsposten zu aktivieren und entsprechend aufzulösen. Wird dieses Wahlrecht nicht in Anspruch genommen und unterbleibt somit eine Aktivierung, führt dies dazu, dass die erste Periode zugunsten der folgenden Perioden mit einem zu hohen Aufwand belastet wird. 23. Juni 2009 9
Zerobonds (Nullkupon-Anleihen): Zerobonds sind Anleihen, die als unverzinslich bezeichnet werden, da für sie keine periodischen Zinszahlungen geleistet werden. Die in jeder Periode anfallenden Zinsen werden gesammelt und erst am Ende der Laufzeit zusammen mit dem Auszahlungsbetrag vom Schuldner zurückgezahlt. Der Rückzahlungsbetrag am Ende der Laufzeit setzt sich aus dem Auszahlungsbetrag zzgl. sämtlicher Zinsen und Zinseszinsen zusammen. Eine Bilanzierung der Verbindlichkeit mit dem Betrag, der sich bei Tilgung am Ende der Laufzeit ergäbe, ist mit dem Wortsinn des 253 Abs. 1 Satz 2 HGB i. V. m. dem Stichtagsprinzip nicht vereinbar, da dieser Betrag Zinsbestandteile enthält, die bei vorzeitiger Tilgung nicht fällig würden. Bei der erstmaligen Bilanzierung (Zugangsbewertung) sind Zerobonds mit dem Auszahlungsbetrag anzusetzen, sofern zu dem Zeitpunkt noch keine Zinsen aufgelaufen sind. Während der Laufzeit (Folgebewertung) sind sie mit dem Betrag anzusetzen, der dem Auszahlungsbetrag zzgl. der bis zum jeweiligen Bilanzstichtag angefallenen Zinsschuld entspricht. Die Erhöhung des Erfüllungsbetrages ist als Zinsaufwand in der GuV zu erfassen. 23. Juni 2009 10
Bilanzierungsweise bei höherem Auszahlungsbetrag: (Auszahlungs-) Agio Wirtschaftlich ist ein solches Agio als ein vom Gläubiger gewährtes Entgelt für künftige, gegenüber der Normalverzinsung höhere, Zinszahlungen anzusehen. Aufgrund des Realisationsprinzips darf das Auszahlungsagio nicht sofort erfolgswirksam verrechnet werden, da es sich um einen im Auszahlungszeitpunkt unrealisierten Gewinn handelt. Das Agio ist nach den Grundsätzen der Abgrenzung der Sache und der Zeit nach auf die Laufzeit zu verteilen und mit den jeweiligen Zinszahlungen (Zinsaufwand) zu verrechnen. Das Agio wird verteilt, indem ein passivischer Rechungsabgrenzungsposten ( 250 Abs. 2 HGB) angesetzt und über die Laufzeit des Darlehns sukzessive aufgelöst wird. 23. Juni 2009 11
Berücksichtigung des Skontos: Verbindlichkeiten, die aufgrund einer erhaltenen Lieferung bzw. einer in Anspruch genommenen Leistung entstehen, sind unter den Verbindlichkeiten aus Lieferung und Leistung zu erfassen. Der Erfüllungsbetrag entspricht grundsätzlich dem Rechnungsbetrag einschließlich Umsatzsteuer. Fraglich ist indes, wie ein eventuell gewährtes Lieferantenskonto bilanziell abzubilden ist. Das Skonto stellt ein Entgelt für die Inanspruchnahme eines Lieferantenkredites und damit einen Zinsaufwand dar. Trennung zwischen Güter- und Kreditgeschäft Der niedrigerer Erfüllungsbetrag ist für die Passivierung der Verbindlichkeit und die bilanzielle Behandlung der Leistung maßgeblich. Bei Überschreiten des Zahlungsziels entsteht in Höhe des Skontobetrages Zinsaufwand, für den eine sonstige Verbindlichkeit zu passivieren ist. 23. Juni 2009 12
Bewertung von Fremdwährungsverbindlichkeiten: Eine Zahlungsverpflichtung, die in Fremdwährung zu erbringen ist, ist eine Fremdwährungsverbindlichkeit. Fremdwährungsverbindlichkeiten sind - wie normale Verbindlichkeiten mit ihrem Erfüllungsbetrag anzusetzen. Dieser Entspricht dem Betrag, der in heimischer Währung eingesetzt werden muss, um die für die Erfüllung der Verpflichtung notwendigen Mittel in fremder Währung zu beschaffen. Zur Umrechnung ist der Devisenkassakurs am jeweiligen Stichtag zu verwenden ( 256a HGB-BilMoG). BilMoG: Bei einer Restlaufzeit der Position von weniger als einem Jahr erfolgt die Umrechnung ohne Beschränkung der Anschaffungskostenobergrenze. 23. Juni 2009 13
Zu jedem Bilanzstichtag sind Einbuchungskurs und Bilanzstichtagskurs zu vergleichen: Bilanzstichtagskurs > Einbuchungskurs: Aufgrund des Imparitätsprinzips i. V. m. dem aus der Niederstwertvorschrift für VG abgeleiteten Höchstwertprinzip für Verbindlichkeiten müssen diese entsprechend höher bewertet werden. Bilanzstichtagskurs < Einbuchungskurs: Der Wertansatz darf nicht vermindert werden (Realisationsprinzip, AK/HK-Prinzip). Der Wertansatz darf nur vermindert werden, wenn dieser an einem früheren Bilanzstichtag über den Einbuchungskurs hinaus erhöht wurde und der Grund am (späteren) Bilanzstichtag hierfür entfallen ist. 23. Juni 2009 14
Bilanzierung wenn das Währungsrisiko mit einem Sicherungsgeschäft abgesichert ist? Werden Vermögensgegenstände, Schulden, schwebende Geschäfte oder mit hoher Wahrscheinlichkeit erwartete Transaktionen zum Ausgleich gegenläufiger Wertänderungen oder Zahlungsströme aus dem Eintritt vergleichbarer Risiken mit Finanzinstrumenten zusammengefasst (Bewertungseinheit), sind 249 Abs. 1, 252 Abs. 1 Nr. 3 und 4, 553 Abs. 1 Satz 1 und 256a in dem Umfang und für den Zeitraum nicht anzuwenden, in dem die gegenläufigen Wertänderungen oder Zahlungsströme sich ausgleichen. Als Finanzinstrumente im Sinne des Satzes 1 gelten auch Termingeschäfte über den Erwerb oder die Veräußerung von Waren. 254 HGB-BilMoG 23. Juni 2009 15
Quellen: Baetge/Kirsch/Thiele: Bilanzen, 9. Aufl.. Bundesministeriums der Justiz (2009), Gesetzes zur Modernisierung des Bilanzrechts (Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz BilMoG), abrufbar unter http://www.bmj.bund.de/files/3bc45a373e9c1cc9b7e59 3ff1d30ddda/3551/gesetzesbeschluss_bilmog.pdf, verabschiedet: 26.03.2009. 23. Juni 2009 16