Berufsbedingte räumliche Mobilität im europäischen Kontext. Deutschland und Frankreich im Vergleich

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Stefan Fuchs in Zusammenarbeit mit Sara Connolly (University of East Anglia, Norwich) und Claartje Vinkenburg (Freie Universität Amsterdam)

Transkript:

Heather Hofmeister und Beate Collet RWTH Aachen und Sorbonne Paris Berufsbedingte räumliche Mobilität im europäischen Kontext. Deutschland und Frankreich im Vergleich Quellen: Schneider, Norbert F. / Meil, Gerardo (2008) (eds.): Mobile Living across Europe. Volume I. Relevance and Diversity of Job-Related Spatial Mobility in Six European Countries. Opladen: Barbara Budrich. Schneider, Norbert F. / Collet, Beate (2009) (eds.): Mobile Living Across Europe. Volume II. Causes and Consequences of Job-Related Spatial Mobility in Cross- National Perspective. Opladen: Barbara Budrich.

Berufsbedingte räumliche Mobilität Wenn aus beruflichen Gründen, lange Wegstrecken zurückgelegt werden oder umgezogen wird, dann kollidieren Berufs- mit Privatleben (Partner und Familie) Unterschiede im Geschlechterverhältnis (gender) und kulturelle Unterschiede drücken sich in unterschiedlichen Mobilitätsmustern aus

Forschungsdesign der Studie Von der Europäischen Union finanziertes Forschungsprogramm (6 th Framework Programm) Laufzeit : Februar 2006 - Oktober 2008 (31 Monate) Sechs teilnehmende Länder : Belgien, Deutschland, Frankreich, Polen, Schweiz, Spanien Interdisziplinäres Forschungsteam: SoziologenInnen, PsychologenInnen und Wirtschaftswissen-schaftlerInnen Projekt Koordinator Prof. Dr. N. F. Schneider, Universität Mainz

Methoden Durchführung einer repräsentativen Befragung in jedem Land im Sommer 2007 Zielgruppe: in den Ländern wohnhafte Bevölkerung von 25 and 54 Jahren mit Festnetzanschluss Diese Befragung bezieht sowohl aus beruflichen Gründen mobile als auch nicht mobile Menschen mit ein Insgesamt wurden in allen Ländern zusammen 7220 Interviews durchgeführt: In Deutschland wurden 1663 Personen In Frankreich 1223 Personen befragt Die Daten wurden sowohl länderintern als auch Länder vergleichend gewichtet

Berufsbezogene räumliche Mobilität Tageslangstreckenpendler: Personen, die täglich mindestens zwei Stunden Weg in Kauf nehmen, um zur Arbeit zu kommen; Overnighters: Personen, die regelmäßig außer Haus übernachten, entweder 2-3-mal pro Woche oder an einem Stück, wie z. B. Saisonarbeiten. Der Maßstab wurde auf 60 Nächte im Jahr festgelegt; Fernbeziehungen und mobile Berufe gehören in diese Kategorie. Umzügler: Personen, die in den letzten drei Jahren über 50 km umgezogen sind; Multimobile: Personen, die mehrere Mobilitätsformen kombinieren

Mobilitätstypen Deutschland Frankreich Regelmässig wiederkehrende Mobilität EU6 Tageslangstreckenpendler 7 4 7 Shuttlers 0.5 0.4 0.5 Mobile Berufe 4 4 3 Fernbeziehungen 1 1 1 Umzugsmobilität Umzügler 4 4 3 Migranten 0.5 0.1 0.3 Multi-Mobile 2 1 2 Nicht-Mobile Frühere Erfahrung mit Mobilität 31 36 32 Abgelehnte Mobilität 6 5 7 Keine Mobiltätserfahrung 44 43 45 Gesamt 100 100 100

Männer sind eher aus beruflichen Gründen mobil als Frauen Deutschland Frankreich Alle 6 Länder mobile Männer 23 19 19 mobile Frauen 13 11 11 Mobile insgesamt 18 15

Die Mobilitätsbereitschaft ist in Deutschland höher als in Frankreich

Hintergründe zum Ländervergleich Deutschland Frankreich In Frankreich spielt Familienleben und Erwerbstätigkeit anders zusammen als in Deutschland Französische Frauen sind in verstärktem Maße berufstätig als deutsche Frauen, auch dann noch wenn sie Kinder haben. Die Berufstätigkeit französischer Frauen geht erst beim 3. Kind stark zurück. In der Studie haben 36% der deutschen Männer eine vollzeitbeschäftigte Partnerin, in Frankreich sind es 67% der Männer.

Frauenberufstätigkeit Frankreich Hohe Berufstätigkeit von Frauen seit Anfang des 20. Jahrhunderts, wegen der fehlenden Arbeitskräfte in der entstehenden Industrie. Familienpolitik und Steuerpolitik wurde dementsprechend angepasst. Vor allem Maßnahmen zur Kinderbetreuung und Ganztagsschulen Kein Ehegattensplitting Die Gehaltsstruktur ist nicht auf einen Alleinverdiener ausgerichtet.

Folgen in Frankreich Erziehung der Kinder: Arbeitsteilung zwischen der Education nationale und den Familien. Arbeitgeber sind stärker daran gewöhnt, berufstätige Frauen mit Kindern einzustellen. Geburtenrate ist nach wie vor relativ hoch (1,9 Kinder pro Frau).

Frauenberufstätigkeit Deutschland Geringere Berufstätigkeit von Frauen mit Kindern Männlicher Einzelernährer In der Erziehung, starke Mutter-Kind Ausrichtung wenige Ganztagsschulen, Bildung baut auf die Mitarbeit von den Familien (Müttern) auf.

Folgen für Deutschland Geringere Geburtenrate (1,37 Kinder pro Frau) (2004) Mehr kinderlose Frauen und Paare als in Frankreich Privatisierung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf Arbeitgeber zögern verstärkt Frauen mit Kindern einzustellen

Zusammenfassung 31-36% deutscher und französischer Beschäftigte haben Mobilitätserfahrung 15-18% sind berufsbezogen mobil Männer sind eher mobil als Frauen Deutsche sind im verstärken Maße mobil als Franzosen und drücken auch eine stärkere Mobilitätsbereitschaft aus Deutsche zeigen eine große Bereitschaft das Land zu verlassen.

Folgen für Wirtschaft und Betriebe Firmen müssen diese unterschiedlichen Einstellungen miteinbeziehen: Unterschiedliches Zusammenspiel von Familie und Arbeit in Frankreich und Deutschland Unterschiedliche Mobilitätsbereitschaft Bestimmte strukturelle Hindernisse der Mobilität in beiden Ländern

Merci beaucoup pour votre attention! Beate Collet Paris Sorbonne Beate.Collet@paris-sorbonne.fr Heather Hofmeister RWTH Aachen University heather.hofmeister@rwth-aachen.de www.jobmob-and-famlives.eu