Forum 6: Arbeitsrecht Von der Bewerbung bis zur Kündigung



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Forum 6: Arbeitsrecht Von der Bewerbung bis zur Kündigung 5. Fachtage für Mittelschulen Wünsche, Bedürfnisse und Lebensplanung Verbraucherbildung im Klassenzimmer 19. und 20. März 2013 Exerzitienhaus St. Paulus, Leitershofen

Arbeitsrecht Von der Einstellung bis zur Kündigung (In der Unterlage wird aus Gründen der besseren Lesbarkeit auf eine zweigeschlechtliche Ausführung der Substantive verzichtet. Eine Diskriminierung des einen oder anderen Geschlechts ist damit nicht beabsichtigt.) 1. Das Ausbildungsverhältnis Fallbeispiel 1: Werner Semmel, 17 Jahre alt, hat eine Ausbildung zum Versicherungskaufmann bei der Blama Versicherungs-AG aufgenommen. Nach fünf Monaten und damit innerhalb der im Ausbildungsvertrag angegebenen Probezeit kündigt die Versicherung das Ausbildungsverhältnis ohne Angabe von Gründen. Werner Semmel versteht die Welt nicht mehr und fragt seinen Ausbilder nach den Gründen für die Kündigung. Dieser sagt ihm, man sei unzufrieden mit seinem Auftreten gegenüber Kunden. Er sei nicht angemessen gekleidet und habe die Angewohnheit, in der Nase zu bohren, wenn er sich unbeobachtet fühle. 1.1. Vertragsschluss Für den Vertragsschluss gibt es keine Formvorschriften, der Ausbildende hat aber die wesentlichen Bedingungen schriftlich festzuhalten: - Art, sachliche und zeitliche Gliederung sowie das Ziel der Berufsausbildung - Beginn und Dauer der Berufsausbildung - Ausbildungsmaßnahmen außerhalb der Ausbildungsstätte - Dauer der regelmäßigen täglichen Ausbildungszeit - Dauer der Probezeit - Höhe der Ausbildungsvergütung - Dauer des Urlaubs - Voraussetzungen einer Kündigung des Ausbildungsvertrags - Hinweis auf die geltenden Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen 1.2. Rechte der Auszubildenden - Angemessene Ausbildungsvergütung, auch während des Berufsschulunterrichts - Erlernen aller für das Ausbildungsziel erforderlichen Fertigkeiten und Kenntnisse - Übertragen nur von Aufgaben, die dem Ausbildungszweck dienen - Kostenlose Ausbildungsmittel, Werkzeuge und Werkstoffe für die Ausbildung und Prüfungen - Freistellung (bezahlt) für Berufsschulunterricht, Prüfungen oder andere Ausbildungsmaßnahmen - Zeugnis über Art, Dauer und Ziel der Ausbildung sowie erworbene Fertigkeiten und Kenntnisse 1.3. Pflichten der Auszubildenden - Befolgung der Anweisungen des Ausbildenden sowie der Betriebsordnung - Sorgfältige Ausführung der Ausbildungsaufgaben - Wahren von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen - Teilnahme am Berufsschulunterricht - Pfleglicher Umgang mit Werkzeugen, Maschinen und anderen Betriebsmitteln - Führen der Berichtshefte Seite 1 von 22

- Melden von Fehlzeiten sowie Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung im Krankheitsfalle 1.4. Kündigung des Ausbildungsverhältnisses Während der Probezeit (max. 4 Monate) von beiden Seiten ohne Einhaltung einer Frist Die Kündigung muss schriftlich erfolgen. Die Kündigung muss nicht begründet werden. Nach der Probezeit für den Ausbildenden nur noch aus wichtigem Grund. Die Fortsetzung des Ausbildungsverhältnisses bis zum Abschluss der Ausbildung muss ihm unzumutbar (siehe unten bei Außerordentliche Kündigung ) sein. Die Kündigung muss schriftlich begründet werden. 1.5. Was tun bei Problemen? Das Berufsbildungsgesetz enthält Verweise auf die Stellen, denen die Durchführung und die Überwachung der Berufsausbildung obliegt. Die 71 bis 75 BBiG enthalten entsprechende Hinweise für die einzelnen Branchen. Es handelt sich in der Regel um die Industrie- und Handelskammern sowie die Handwerkskammern. Im Betrieb kann man sich - soweit eine Klärung mit der Ausbilder nicht zum Erfolg führt an die Jugend- und Auszubildendenvertretung bzw. den Betriebsrat oder an eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft wenden. Fallbeispiel 2 Wie schätzen Sie die Rechtslage ein? Werner Schütt hat seit 5 Monaten eine Ausbildung zum Hörgeräteakustiker aufgenommen. Die Arbeit macht ihm zwar Spaß aber seit 4 Wochen ist so viel zu tun, dass er an drei Tagen in der Woche 9 Stunden und alle zwei Wochen Samstags voll arbeiten muss. An den Samstagen muss er Waren verpacken und versenden. Als Anreiz zahlt ihm sein Chef für jede Warensendung, die über 10 Stück pro Stunde liegt, 5,- extra. Wenn er sich sehr anstrengt, schafft er 13 Stück pro Stunde. 1.6. Das Jugendarbeitsschutzgesetz gilt für die Beschäftigung von Personen, die noch nicht 18 Jahre alt sind, 1. in der Berufsausbildung, 2. als Arbeitnehmer oder Heimarbeiter, 3. mit sonstigen Dienstleistungen, die der Arbeitsleistung von Arbeitnehmern oder Heimarbeitern ähnlich sind, 4. in einem der Berufsausbildung ähnlichen Ausbildungsverhältnis. Ausnahmen: 1. für geringfügige Hilfeleistungen, soweit sie gelegentlich a) aus Gefälligkeit, b) auf Grund familienrechtlicher Vorschriften, c) in Einrichtungen der Jugendhilfe, d) in Einrichtungen zur Eingliederung Behinderter erbracht werden, 2. für die Beschäftigung durch die Personensorgeberechtigten im Familienhaushalt. Seite 2 von 22

Kind im Sinne des Gesetzes ist, wer noch nicht 15 Jahre alt ist. Jugendlicher im Sinne dieses Gesetzes ist, wer 15, aber noch nicht 18 Jahre alt ist. Auf Jugendliche, die der Vollzeitschulpflicht unterliegen, finden die für Kinder geltenden Vorschriften Anwendung. (Die Vollzeitschulpflicht umfasst in Deutschland die Pflicht zur Teilnahme am Unterricht der Primarstufe und Sekundarstufe I) Die Beschäftigung von Kindern ist verboten. Ausnahmen: 1. zum Zwecke der Beschäftigungs- und Arbeitstherapie, 2. im Rahmen des Betriebspraktikums während der Vollzeitschulpflicht, 3. in Erfüllung einer richterlichen Weisung. 4. Beschäftigung von Kindern über 13 Jahre mit Einwilligung des Personensorgeberechtigten, soweit die Beschäftigung leicht und für Kinder geeignet ist. 5. Beschäftigung von Jugendlichen während der Schulferien (max. 4 Wochen /Jahr) Leicht ist eine Beschäftigung, wenn sie die Sicherheit, Gesundheit und Entwicklung der Kinder, ihren Schulbesuch, ihre Beteiligung an Maßnahmen zur Berufswahlvorbereitung oder Berufsausbildung, die von der zuständigen Stelle anerkannt sind, und ihre Fähigkeit, dem Unterricht mit Nutzen zu folgen, nicht nachteilig beeinflusst. Höchstarbeitszeit: 2 Stunden täglich (in landwirtschaftlichen Familienbetrieben 3 Stunden) Arbeitsverbot: Zwischen 18:00 und 8:00 Uhr Nicht vor dem Schulunterricht Nicht während des Schulunterrichts Die Beschäftigung von Jugendlichen Jugendliche dürfen nicht mehr als acht Stunden täglich und nicht mehr als 40 Stunden wöchentlich beschäftigt werden. Wenn in Verbindung mit Feiertagen an Werktagen nicht gearbeitet wird, damit die Beschäftigten eine längere zusammenhängende Freizeit haben, so darf die ausfallende Arbeitszeit auf die Werktage von fünf zusammenhängenden, die Ausfalltage einschließenden Wochen nur dergestalt verteilt werden, dass die Wochenarbeitszeit im Durchschnitt dieser fünf Wochen 40 Stunden nicht überschreitet. Die tägliche Arbeitszeit darf hierbei achteinhalb Stunden nicht überschreiten. Wenn an einzelnen Werktagen die Arbeitszeit auf weniger als acht Stunden verkürzt ist, können Jugendliche an den übrigen Werktagen derselben Woche achteinhalb Stunden beschäftigt werden. In der Landwirtschaft dürfen Jugendliche über 16 Jahre während der Erntezeit nicht mehr als neun Stunden täglich und nicht mehr als 85 Stunden in der Doppelwoche beschäftigt werden. Seite 3 von 22

Berufsschule Der Arbeitgeber hat den Jugendlichen für die Teilnahme am Berufsschulunterricht freizustellen. Er darf den Jugendlichen nicht beschäftigen 1. vor einem vor 9 Uhr beginnenden Unterricht; dies gilt auch für Personen, die über 18 Jahre alt und noch berufsschulpflichtig sind, 2. an einem Berufsschultag mit mehr als fünf Unterrichtsstunden von mindestens je 45 Minuten, einmal in der Woche, 3. in Berufsschulwochen mit einem planmäßigen Blockunterricht von mindestens 25 Auf die Arbeitszeit werden angerechnet 1. Berufsschultage mit acht Stunden, 2. Berufsschulwochen mit 40 Stunden, 3. im Übrigen die Unterrichtszeit einschließlich der Pausen. Ein Entgeltausfall darf durch den Besuch der Berufsschule nicht eintreten. Ruhepausen Jugendlichen müssen im voraus feststehende Ruhepausen von angemessener Dauer gewährt werden. Die Ruhepausen müssen mindestens betragen 1. 30 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als viereinhalb bis zu sechs Stunden, 2. 60 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs Stunden. Ruhepause muss mindestens 15 Minuten betragen. Lage der Ruhepausen: - frühestens eine Stunde nach Beginn und spätestens eine Stunde vor Ende der Arbeitszeit. - Länger als viereinhalb Stunden hintereinander dürfen Jugendliche nicht ohne Ruhepause beschäftigt werden. Der Aufenthalt während der Ruhepausen in Arbeitsräumen darf den Jugendlichen nur gestattet werden, wenn die Arbeit in diesen Räumen während dieser Zeit eingestellt ist und auch sonst die notwendige Erholung nicht beeinträchtigt wird. Zwischen Arbeitsende und -beginn mindestens 12 Stunden ununterbrochene Freizeit Nachtruhe Jugendliche dürfen nur in der Zeit von 6 bis 20 Uhr beschäftigt werden. Jugendliche über 16 Jahre dürfen 1. im Gaststätten- und Schaustellergewerbe bis 22 Uhr, 2. in mehrschichtigen Betrieben bis 23 Uhr, 3. in der Landwirtschaft ab 5 Uhr oder bis 21 Uhr, 4. in Bäckereien und Konditoreien ab 5 Uhr (ab 17 Jahre ab 4 Uhr) Fünf-Tage-Woche Jugendliche dürfen an max. fünf Tagen/ Woche arbeiten. In der Regel sind Samstag und Sonntag frei. Ausnahmen sind im Gesetz geregelt. Urlaub bis 16 Jahre 30 Werktage, bis 17 Jahre 27 Werktage, bis 18 Jahre 25 Werktage Seite 4 von 22

Gefährliche Arbeit ist für Jugendliche verboten ( 22 JArbSchG) Verboten sind Arbeiten, welche die Leistungsfähigkeit von Jungendlichen übersteigen, bei welchen sie sittlichen Gefahren ausgesetzt sind, die mit besonderen Gefahren verbunden sind, die mit besonderer Einwirkung der Umwelt (Hitze, Kälte, Lärm) verbunden sind oder mit Einflüssen von Gefahrstoffen. Ausnahmen bestehen nur, wenn dies zur Erreichung eines Ausbildungsziels nötig wird und Schutz- und Aufsichtspersonal zugegen ist. Verboten sind Akkordarbeit sowie solche Arbeiten, bei welchen durch gesteigertes Arbeitstempo ein höherer Verdienst erreicht wird. Der Arbeitslatz ist menschengerecht zu gestalten. Es besteht eine Unterrichtspflicht über Unfall- und Gesundheitsgefahren. Züchtigungen, sowie die Abgabe von Tabak und Alkohol sind verboten. Gesundheitsschutz: Vor Eintritt in das Berufsleben muss der Jugendliche mindestens innerhalb der letzten 14 Monate vor Eintritt von einem Arzt untersucht worden sein. 9 Monate nach Begin der Beschäftigung hat der Arbeitgeber den Jugendlichen ausdrücklich darauf hinzuweisen, wann er die nächste Nachuntersuchung vorzulegen hat. Diese ist 1 Jahr nach Begin der Tätigkeit vorzulegen. 2. Auswahlverfahren Fallbeispiel 3: Was halten Sie von dieser Stellenanzeige? Wir suchen einen Auszubildenden zum Versicherungskaufmann Voraussetzungen: Realschulabschluss mit Durchschnittsnote gut oder Abitur, erste Erfahrungen mit MS-Office, Alter bis 20 Jahre, muttersprachliche perfekte Deutschkenntnisse, belastbar, aufgeschlossen und flexibel. Ihre Bewerbung mit Lichtbild und handschriftlichem Lebenslauf richten Sie bitte an 2.1. Stellenausschreibung Bei Ausschreibungen gilt: - Jede Art von Diskriminierung ist untersagt. (wenn z.b. m/w eingefügt ist, liegt keine unmittelbare Diskriminierung wegen des Geschlechts vor) - Mittelbare Diskriminierung z.b. wenn Kenntnisse / Voraussetzungen verlangt werden, die überdurchschnittlich oft von einem Geschlecht und nur sehr selten vom anderen Geschlecht erfüllt werden. - Entsprechendes gilt für andere Diskriminierungsgruppen (Religion, Weltanschauung, Gewerkschaftszugehörigkeit, ethnische Herkunft, Gesundheit, sexuelle Identität, Alter) Ist eine Ausschreibung unmittelbar oder mittelbar diskriminierend, so können im Falle einer Absage Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden. Seite 5 von 22

2.2. Vorstellungsgespräch Fallbeispiel 4: Im Vorstellungsgespräch werden an eine Bewerberin für eine Stelle folgende Fragen gestellt: Wie sieht es mit Ihrer Familienplanung aus? Wie stellen Sie sich das mit der Kinderbetreuung vor, wenn Sie Vollzeit arbeiten wollen? Was für einen Beruf hat Ihr Ehemann bzw. Partner? Berichten Sie bitte über Ihre beruflichen Erfahrungen. Sind Sie vorbestraft? Engagieren Sie sich gewerkschaftlich? Werden Sie Nebentätigkeiten ausführen? Leiden Sie an chronischen Erkrankungen? Wieso haben Sie sich als Frau ausgerechnet einen technischen Beruf ausgewählt? Welcher politischen Partei stehen Sie nahe? Sind Sie schwerbehindert? Sie werden überwiegend beim Röntgen arbeiten, deshalb müssen wir Sie fragen, ob Sie schwanger sind, da Schwangere dort wegen der Gefährdung des Nasciturus nicht beschäftigt werden dürfen. 2.3. Fragerecht Zulässig sind Fragen nur, wenn: - die erfragten Tatsachen in erkennbarem Zusammenhang mit der geplanten Beschäftigung stehen, - die erfragten Tatsachen objektiv geeignet sind, die für den Arbeitsplatz erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse festzustellen. - das Persönlichkeitsrecht des Bewerbers beachtet wird. Bei Falschbeantwortung zulässiger Fragen ist evtl. Anfechtung oder Kündigung möglich. Bei Falschbeantwortung unzulässiger Fragen besteht das Recht zur Lüge. Unzulässige Fragen können auch ein Indiz für Diskriminierung sein! Beispiele: - Fragen nach der Schwangerschaft sind unzulässig und ein Indiz für eine Benachteiligung von Frauen. - Fragen nach Gesundheitszustand / Behinderung können eine Diskriminierung indizieren und sind damit in der Regel unzulässig. - Frage nach Schwerbehinderung ist im Vorstellungsgespräch in der Regel unzulässig, nach Ablauf der ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses jedoch zulässig. Ist eine Nichtbehinderung wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung und der Zweck ist rechtmäßig und die Anforderung angemessen ( 8 I AGG). - Fragen nach Vorstrafen sind zulässig, wenn dies für die zu besetzende Stelle von Bedeutung ist. Ein Verurteilter darf sich jedoch als unbestraft bezeichnen, sofern die Verurteilung nicht in sein polizeiliches Führungszeugnis aufzunehmen ist. Nur einschlägige Vorstrafen, die sich am Arbeitsplatz wiederholen könnten, müssen angegeben werden. Seite 6 von 22

- Die Anforderung eines polizeilichen Führungszeugnisses ist zulässig, wenn dies entweder rechtlich vorgeschrieben oder angesichts der Aufgabenstellung erforderlich ist. - Die Frage nach der Religionszugehörigkeit ist grundsätzlich unzulässig. Ausnahme, wenn die Arbeitsleistung wegen religiöser Vorschriften nicht oder nur eingeschränkt erbracht werden kann. Ausnahmen gelten für die Kirchen und Weltanschauungsvereinigungen. - Frage nach Partei- und Gewerkschaftszugehörigkeit ist nur in Sonderfällen (z.b. bei Parteien, Gewerkschaften und Arbeitgebervereinigungen) zulässig. - Die Frage nach der bisherigen Vergütung ist regelmäßig unzulässig. Sie ist ausnahmsweise dann zulässig, wenn die bisherige und die angestrebte Position zumindest vergleichbare Kenntnisse und Fähigkeiten erfordern, oder der Bewerber eine erfolgsabhängige Vergütung bezogen hat. - Der Arbeitgeber darf Fragen zum schulischen und beruflichen Werdegang stellen. - Die Frage nach der finanziellen Situation bzw. den Vermögensverhältnissen ist in der Regel unzulässig. Sie kann bei Arbeitnehmern zulässig sein, die sich für eine Vertrauensstellung bewerben oder das Unternehmens nach außen repräsentieren sollen, z.b. Bankangestellte, Finanzchef, Mitarbeiter, bei denen Bestechungsgefahr besteht. - Der Arbeitgeber darf nach anderen, gleichzeitig bestehenden Arbeitsverhältnissen und nach bestehenden Wettbewerbsverboten fragen. 2.4. Informationspflichten des Bewerbers Eine Informationspflicht des Bewerbers besteht beim Einstellungsgespräch nach dem Grundsatz von Treu und Glauben 242 BGB nur ausnahmsweise, wenn Umstände vorliegen, - die für den Arbeitgeber nicht erkennbar sind und - für jedermann erkennbar entscheidend für den Vertragsabschluss sind. Werden solche Umstände verschwiegen, so kann der Arbeitsvertrag wegen arglistiger Täuschung durch Unterlassen nach 123 BGB angefochten werden. Beispiel: Bewerber kann der vorgesehenen Arbeitspflicht nicht oder nur sehr eingeschränkt nachkommen (z.b. Mehlstauballergie bei Bäcker), Bewerber ist außerstande die Arbeit termingerecht aufzunehmen (z.b. Verlust der Fahrerlaubnis bei LKW-Fahrer) 2.5. Fahrtkosten zum Bewerbungsgespräch Fahrtkosten zu Bewerbungsgesprächen sind zu ersetzen, es sei denn bei der Einladung oder in der Stellenanzeige ist ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sie nicht erstattet werden. 2.6. Rücksendung von schriftlichen Bewerbungsunterlagen Schriftliche Bewerbungsunterlagen sind im Falle einer Absage zurückzusenden. Auf Initiativbewerbungen muss nicht reagiert werden. 3. Probearbeitsverhältnis Fallbeispiel 5: Christine Müller ist seit 1. Januar 2012 bei der Fa. Abreiter & Söhne beschäftigt. Es ist eine Probezeit von 6 Monaten mit einer Kündigungsfrist von 14 Tagen zum Wochenende vereinbart. Als der Geschäftsführer erfährt, dass Frau Müller im 6. Monat schwanger ist, kündigt er das Arbeitsverhältnis mit folgendem Schreiben: Sehr geehrte Frau Müller, Seite 7 von 22

da wir festgestellt haben, dass Ihre Fertigkeiten nicht den von uns geforderten Maßstäben gerecht werden, müssen wir Ihnen zu unserem Bedauern mitteilen, dass wir Ihr Arbeitsverhältnis während der Probezeit zum nächst zulässigen Termin kündigen. Das ist der 20. Mai 2012. Ihren Resturlaub nehmen Sie bitte bis zum Ende der Kündigungsfrist. Mit freundlichen Grüßen Dauer der Probezeit in der Regel sechs Monate Kündigungsfrist innerhalb der Probezeit 2 Wochen / ein Monat zu Monatsende Besonderer Kündigungsschutz (z. B. das Mutterschutzgesetz) gilt auch während der Probezeit. Allgemeiner Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz tritt erst nach sechsmonatiger Betriebszugehörigkeit ein. 4. Das befristete Arbeitsverhältnis Grundsätzliche Voraussetzung für die Gültigkeit einer Befristung ist das Vorliegen eines sie und deren Dauer rechtfertigenden Grundes. Ausnahme: Kalendermäßige Befristung von Arbeitsverträgen ohne sachlichen Grund ist zulässig, wenn der Arbeitsvertrag oder seine höchstens dreimalige Verlängerung nicht die Gesamtdauer von zwei Jahren überschreitet. Diese Art der Befristung ist allerdings nur dann zulässig, wenn mit dem selben Arbeitnehmer nicht bereits innerhalb der letzten 5 Jahre einmal ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. Eine fristgerechte Kündigung innerhalb der vereinbarten Vertragslaufzeit ist nur möglich, wenn dies zusätzlich ausdrücklich vereinbart ist. Nach sechsmonatlicher Beschäftigungsdauer bedarf auch die vorzeitige Kündigung zu ihrer Wirksamkeit der sozialen Rechtfertigung nach dem KSchG. Betriebsrat: Bei der Anhörung zur Einstellung ist die Befristung anzugeben. Unterbleibt dies, liegt ein Dauerarbeitsverhältnis vor. Gemäß Paragraph 14 Abs. 1 Satz 2 TzBfG liegt ein sachlicher Grund insbesondere vor, wenn - der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht, - die Befristung im Anschluss an eine Ausbildung oder ein Studium erfolgt, um den Übergang des Arbeitnehmers in eine Anschlussbeschäftigung zu erleichtern, - der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird, - die Eigenheit der Arbeitsleistung die Befristungen rechtfertigt - die Befristung zur Erprobung erfolgt, - in der Personen des Arbeitnehmers liegende Gründe die Befristung rechtfertigen, - die Befristung auf einen gerichtlichen Vergleich beruht. Es besteht ein Diskriminierungsverbot für befristet beschäftigte Arbeitnehmer, insbesondere sind einem befristet beschäftigten Arbeitnehmer Arbeitsentgelt oder andere teilbare geldwerte Leistungen, die für einen bestimmten Bemessungszeitraum gewährt werden, mindestens in dem Umfang zu gewähren, der dem Anteil seiner Beschäftigungsdauer am Bemessungszeitraum entspricht. Schriftformerfordernis Seite 8 von 22

Nach Paragraph 14 Absatz 4 TzBfG bedarf die Befristung eines Arbeitsvertrages zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. 5. Urlaubsrecht Fallbeispiel 6: Julia Jensen ist seit 1. Januar 2011 bei ihrem Arbeitsgeber beschäftigt. Am 15. Juli 2011 beantragt sie, 5 Wochen Urlaub zu nehmen. Ihre Arbeitgeberin, die Knicker GmbH, beschränkt die Dauer des Urlaubs mit dem Hinweis, dass ihr wegen der sechseinhalbmonatigen Betriebszugehörigkeit nur der anteilige Urlaub von 16 Arbeitstagen zustehe. Frau Jensen tritt am 25. Juli ihren Urlaub an. Da sie der Meinung ist, dass ihr sehr wohl ein Anspruch auf einen längeren Urlaub zustehe, nimmt sie den Urlaub im ursprünglich geplanten Rahmen. Wie würden Sie diesen Fall entscheiden? Der Urlaubsanspruch kann bei Neueinstellungen erstmalig nach sechs Monaten, bei Jugendlichen nach drei Monaten ununterbrochener Dauer des Beschäftigungsverhältnisses beim gleichen Arbeitgeber (Wartezeit) geltend gemacht werden. Vor Ablauf der Wartefrist kann der Arbeitnehmer allenfalls einen Teil seines Urlaubs geltend machen. Es gilt das Zwölftelungsprinzip ( 5 I a) BUrlG) Teilzeitbeschäftigte haben hinsichtlich der Urlaubsdauer den gleichen Anspruch wie Vollzeitbeschäftigte. Bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs durch den Arbeitgeber sind die Urlaubswünsche der Arbeitnehmer zu berücksichtigen. Das gilt dann nicht, wenn ihrer Berücksichtigung betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Beschäftigter, die unter sozialen Gründen den Vorrang verdienen, entgegenstehen. 6. Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall Fallbeispiel 7: Frank Fischer ist Mitarbeiter der Firma Weller und begeisterter Hobby-Sportler. In seiner Lieblingssportart, dem Full-Contact-Kick-Boxen nimmt er an einem internationalen Turnier in Hamburg teil. Leider hat er Pech. In seinem 2. Kampf kommt er ausgerechnet an den amtierenden Weltmeister, Michael Kuhr. Dieser landet einige harte Treffer, worauf Herr Fischer schwer verletzt für 2 Wochen ins Krankenhaus muss. Danach ist er noch weitere 4 Wochen arbeitsunfähig krank. Über seine Arbeitsunfähigkeit und den Grund dafür hat Herr Fischer seinen Arbeitgeber unverzüglich informiert. Als er aus dem Krankenhaus nach Hause kommt, findet er einen Brief seines Arbeitgebers vor, in welchem ihm erklärt wird, dass auf Grund der Tatsache, dass Herr Fischer seine Arbeitsunfähigkeit selbst verschuldet habe, keine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall geleistet werde. Herr Fischer ist entsetzt und fragt einen befreundeten Anwalt, ob das Vorgehen des Arbeitgebers rechtens ist. Wie wird die Antwort ausfallen? Nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz haben alle Arbeitnehmer einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle für die Höchstdauer von sechs Wochen (42 Kalendertage). Seite 9 von 22

Entgeltfortzahlung kann nur verlangt werden, wenn den Arbeitnehmer an der Erkrankung kein Verschulden trifft. Ein die Entgeltfortzahlung ausschließendes Verschulden liegt vor, wenn der Arbeitnehmer die Arbeitsunfähigkeit dadurch verursacht, dass er gröblich gegen die von einem verständigen Menschen im eigenen Interesse zu erwartenden Sorgfaltspflichten verstößt. Die Höhe des fortzuzahlenden Entgeltes bemisst sich nach dem Lohnausfallprinzip. Der Arbeitgeber kann die Lohnfortzahlung verweigern, solange der Arbeitnehmer seinen Melde - und Nachweispflichten nicht nachkommt. 7. Anzeige - und Nachweispflicht bei Erkrankungen Eine schriftliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung muss spätestens am Folgetag vorgelegt werden, wenn die Arbeitsunfähigkeit länger als drei Tage andauert. Der Arbeitnehmer muss jedoch die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bereits am ersten Tag vorlegen, wenn der Arbeitgeber dies ausdrücklich verlangt. Abmahnung vor Kündigung, wenn die Anzeigepflichten nicht beachtet werden. 8. Schwerbehindertenrecht Schwerbehinderte i. S. des Schwerbehindertengesetzes sind Personen mit einem Grad der Behinderung von wenigstens 50 Prozent. Schwerbehinderte, nicht Gleichgestellte, haben einen zusätzlichen Urlaubsanspruch von fünf Arbeitstagen im Urlaubsjahr. Kündigung eines Schwerbehinderten Zeitpunkt des besonderen Kündigungsschutzes: - Antragstellung des Arbeitnehmers auf Anerkennung einer Schwerbehinderung bzw.. auf Gleichstellung Der Arbeitnehmer muss dem Arbeitgeber, wenn die Behinderung diesem nicht bekannt ist, innerhalb eines Monats nach Zugang der Kündigung die bereits anerkannte oder beantragte Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft mitteilen. Die Kündigung eines Schwerbehinderten ist nur nach schriftlichem Antrag an das zuständige Integrationsamt und vorheriger Zustimmung durch dieses zulässig. Nach Zustimmung kann die Kündigung nur innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung unter Einhaltung der Kündigungsfrist ausgesprochen werden. Ausnahme: Besteht das Arbeitsverhältnis weniger als sechs Monate entfällt die Anhörung des Integrationsamtes. Schwerbehinderte sind so zu beschäftigen, dass diese ihre Fähigkeiten und Kenntnisse möglichst voll verwerten und weiterentwickeln können. 9. Direktionsrechts des Arbeitgebers Die Konkretisierung der arbeitsvertraglichen Leistungspflicht unterliegt dem Direktions - und Weisungsrecht des Arbeitgebers. Seite 10 von 22

Betriebsrat: Bei Fragen der Ordnung des Betriebs oder des Verhaltens im Betrieb kommt dem Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht zu Das Direktionsrecht ist begrenzt durch: - den Grundsatz, dass das Direktionsrecht nur nach billigem Ermessen ausgeübt werden darf (Gleichbehandlungsgrundsatz) - die Persönlichkeitsrechte des Arbeitnehmers - gesetzliche Regelungen zu den verschiedenen Bereichen des Arbeitsverhältnisses - tarifliche Regelungen, Betriebsvereinbarungen, Einzelarbeitsverträge sowie betriebliche Übung Nicht unter das Direktionsrecht fallen: - die Höhe der Vergütung - grundlegende Veränderungen des Arbeitsverhältnisses - das außerdienstliche Verhalten des Arbeitnehmers 10. Haftung des Arbeitnehmers Fallbeispiel 8: Adalbert Anger ist seit vier Jahren bei der Firma Möller KG als Hilfsarbeiter angestellt. Neben Hilfstätigkeiten in der Montageabteilung ist er in erster Linie mit Reinigungsarbeiten beschäftigt. Am 11.02.2012 erhält er von seinem Chef den Auftrag, die Fenster im Büro des Vertriebschefs zu putzen, da dort morgen hoher Besuch erwartet wird. Da Anger vergessen hat, sich eine Leiter mitzunehmen aber keine Lust hat, nochmals in der ersten Stock zu gehen, um sie zu holen, schaut er sich nach einem Behelf um. Er sieht einen Glasbeistelltisch und nimmt diesen kurz entschlossen als Steighilfe. Schon beim ersten Betreten der Glastischplatte zerbricht diese mit lautem Knall. Der Tisch ist ein Unikat eines bekannten Bauhaus-Designers und mehrere tausend Euro wert. Die Ersatzanfertigung der Glastischplatte kostet 3.670,-. Wer muss den Schaden bezahlen? Nach neuerer Rechtsprechung haftet der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber für Schäden wie folgt: a) Bei grober Fahrlässigkeit hat der Arbeitnehmer grundsätzlich den gesamten Schaden zu tragen. b) Bei leichter Fahrlässigkeit haftet der Arbeitnehmer nicht. c) Bei normaler Fahrlässigkeit ist der Schaden zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer hälftig zu teilen, wobei die Gesamtumstände von Schadensanlass und Schadensfolge nach Billigkeits - und Zumutbarkeitsgesichtspunkten gegeneinander abzuwägen sind. Seite 11 von 22

10. Gleichbehandlung / Vermeiden von Diskriminierung Arbeitszeiten Unterschiedliche, belastende Arbeitszeiten nach Diskriminierungsgruppen sind zu unterlassen. Es besteht insbesondere die Gefahr einer mittelbaren Diskriminierung. Behindertengerechte Einrichtung - Neubauten, neue Arbeitsmittel müssen barrierefrei genutzt werden können. - Toiletten, Zugänge, Aufzüge sollen behindertengerecht ausgestattet sein. - Gleiches gilt für Behindertenparkplätze und die behindertengerechte Einrichtung des Arbeitsplatzes. Gehalt Für gleiche oder gleichwertige Arbeit muss gleiches Gehalt gezahlt werden. Beispiele für Diskriminierung: - Höhere Gehälter für Männer - Altersabhängige bessere/schlechtere Bezahlung - abweichende Vergütung von Teilzeitbeschäftigungen Religionsausübung Den Mitarbeitern ist - soweit tatsächlich möglich - die Ausübung ihrer Religion oder Weltanschauung zu ermöglichen, z.b.: Schweinefleischfreies Essen im Casino, Räume für Gebetspausen von Moslems. Sonderurlaub Auch Sonderurlaub muss diskriminierungsfrei gestaltet sein. So kann es problematisch sein, wenn er Ereignisse betrifft, die diskriminierend wirken können. Beispiele: Sonderurlaub für - Hochzeiten und Abschluss eine eingetragenen Lebenspartnerschaft - Geburt und Adoption - Tod eines Ehegatten und Tod eines eingetragenen Lebenspartners Titel müssen geschlechtsneutral oder dem Geschlecht angepasst formuliert sein auf Listen, Türschildern, Organigrammen, Visitenkarten etc. Beispiel: Geschäftsführung oder Geschäftsführerin / Geschäftsführer Abteilungsleitung oder Abteilungsleiterin / Abteilungsleiter Seite 12 von 22

11. Die ordentliche Kündigung Es gibt drei Arten von ordentlicher Kündigung: - betriebsbedingte Kündigung - personenbedingte Kündigung - verhaltensbedingte Kündigung 11.1. Inhalt der Erklärung Die Wirksamkeit der Kündigung hängt nicht davon ab, ob das Wort Kündigung verwendet wird; entscheidend ist, dass der Wille zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses für den Kündigungsempfänger klar erkennbar ist. 11.2. Form der Erklärung Die Beendigung von Arbeitsverhältnissen durch Kündigung oder Auflösungsvertrag bedarf stets der Schriftform. 11.3. Angabe eines Kündigungsgrundes Die Angabe eines Kündigungsgrundes in der Kündigung ist grundsätzlich nicht vorgeschrieben. Der Arbeitgeber hat in drei Fällen die Kündigung zu begründen: 1. Bei einer außerordentlichen, fristlosen Kündigung muss der Kündigende dem Kündigungsempfänger auf dessen Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen. 2. Bei einer betriebsbedingten Kündigung hat der Arbeitgeber auf Verlangen des Arbeitnehmers die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen Sozialauswahl geführt haben. 3. Die Kündigung eines Berufsausbildungsverhältnisses kann nach der Probezeit nur unter Angabe der Kündigungsgründe erfolgen. Fallbeispiel 9 Die Voss GmbH & Co. KG will ihrer Mitarbeiterin Steffi Störer kündigen. Es ist der 29. April. Frau Störer hat eine Kündigungsfrist von 2 Monaten zum Quartalsende. Wenn Voss das Arbeitsverhältnis zum 30.06. beendigen und nicht noch bis zum 30.09. warten will, muss er dafür sorgen, dass Frau Störer die Kündigung spätestens am 30.04. erhält. Deshalb bittet der Geschäftsführer einen Fahrer der Fahrbereitschaft, den verschlossenen Brief mit der Kündigung persönlich in den Briefkasten von Frau Störer noch am 29.04. einzuwerfen. Der Fahrer führt seinen Auftrag aus und notiert sich sogar, dass er einen Brief um 19:00 Uhr am 29.04. in den Briefkasten eingeworfen hat. In einem Telefongespräch am 04.05. mit Frau Störer will der Geschäftsführer klären, ob sie mit einer Freistellung bis zum Ende der Kündigungsfrist einverstanden wäre. Frau Störer reagiert ziemlich unwirsch und behauptet, nie ein Kündigungsschreiben bekommen zu haben. Wurde das Kündigungsschreiben ordnungsgemäß zugestellt? 11.4. Zugang der Kündigungserklärung Die Kündigung ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, die nur wirksam wird, wenn sie dem Kündigungsempfänger zugeht. Eine einseitige Rücknahme der Kündigung ist nicht mehr möglich bzw. setzt das Einverständnis des Kündigungsempfängers voraus. Seite 13 von 22

Für den Zugang einer Kündigung ist der Arbeitgeber beweispflichtig. Folgende Arten der Zustellung gibt es: - Persönliche Aushändigung (immer der beste Weg) - Normale Briefsendung (niemals) - Einschreibebrief mit Rückschein - Übermittlung durch Boten 11.5. Kündigungsfristen 622 BGB (1) Das Arbeitsverhältnis eines Arbeiters oder eines Angestellten (Arbeitnehmers) kann mit einer Frist von vier Wochen zum Fünfzehnten oder zum Ende eines Kalendermonats gekündigt werden. (2) Für eine Kündigung durch den Arbeitgeber beträgt die Kündigungsfrist, wenn das Arbeitsverhältnis in dem Betrieb oder Unternehmen 1. zwei Jahre bestanden hat, einen Monat zum Ende eines Kalendermonats, 2. fünf Jahre bestanden hat, zwei Monate zum Ende eines Kalendermonats, 3. acht Jahre bestanden hat, drei Monate zum Ende eines Kalendermonats, 4. zehn Jahre bestanden hat, vier Monate zum Ende eines Kalendermonats, 5. zwölf Jahre bestanden hat, fünf Monate zum Ende eines Kalendermonats, 6. 15 Jahre bestanden hat, sechs Monate zum Ende eines Kalendermonats, 7. 20 Jahre bestanden hat, sieben Monate zum Ende eines Kalendermonats. Bei der Berechnung der Beschäftigungsdauer werden Zeiten, die vor der Vollendung des 25. Lebensjahrs des Arbeitnehmers liegen, nicht berücksichtigt. 11.6. Betriebsratsanhörung zur Kündigung Der Betriebsrat ist vor Ausspruch einer Kündigung anzuhören. Widerspricht er der Kündigung, so kann der Arbeitgeber trotzdem wirksam kündigen. Der Kündigung ist der Widerspruch des Betriebsrates beizufügen. 11.7. Der Kündigungsschutz nach dem KSchG Die Kündigung eines dem Kündigungsschutz unterliegenden Arbeitsverhältnisses ist sozial ungerechtfertigt, wenn sie nicht durch - dringende betriebliche Erfordernisse (betriebsbedingte Kündigung) - Gründe in der Person des Arbeitnehmers (personenbedingte Kündigung) - Gründe im Verhalten des Arbeitnehmers (verhaltensbedingte Kündigung) - bedingt ist. 11.8 Klagefrist Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine ihm ausgesprochene Kündigung sozial ungerechtfertigt ist, muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung Kündigungsschutzklage erheben. 11.9. Darlegungs - und Beweislast Die Darlegungs - und Beweislast für die Kündigungsgründe trifft den Arbeitgeber. Seite 14 von 22

12. Die verhaltensbedingte Kündigung Gründe im Verhalten des Arbeitnehmers können eine Kündigung sozial rechtfertigen, wenn...dies bei verständiger Würdigung und Abwägung der Interessen beider Vertragsparteien billigenswert ist. Der Arbeitgeber muss im Einzelnen konkrete Tatsachen vortragen, aus denen sich die sogenannte soziale Rechtfertigung der Kündigung ergibt und hierfür bei Bestreiten des Arbeitnehmers auch Beweis antreten. Lohnrisiko Für die Dauer eines beim Arbeitsgericht anhängigen Kündigungsschutzverfahrens ergeben sich erhebliche Gehaltszahlungsrisiken aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs. Fallbeispiel 10 Rainer Bernhard ist seit fünf Jahren als Vorarbeiter bei der Gebäudereinigung Fleißiges Lieschen beschäftigt. Vor drei Monaten hat er seinen Führerschein verloren und besucht seither die von ihm betreuten Objekte mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Sein Objektleiter Stefan Bauer hat festgestellt, dass Bernhard am 24. und 25. Mai sowie am 2. und 3. Juni jeweils um 15 Minuten zu spät gekommen ist und an allen Tagen schon eine Stunde vor Dienstschluss die jeweilige Arbeitsstätte verlassen hat. Er stellt Bernhard zur Rede, der ihm sagt, dass die S-Bahn morgens Verspätung hatte und er abends früher gehen müsse da er sonst seine Bahn zurück nicht mehr bekomme. Wenn er die verpasse, könne er erst zweieinhalb Stunden später nach Hause fahren. Bauer erklärt Bernhard, dass er ein solches Verhalten nicht akzeptabel sei und fordert ihn auf zukünftig die Arbeitszeiten einzuhalten. Drei Tage später legt Bernhard wieder sein altes Verhalten an den Tag. Bauer will ihm ordentlich verhaltensbedingt kündigen. Wird er damit Erfolg haben? Kündigungsgründe Für eine verhaltensbedingte Kündigung kommen z. B. folgende Gründe in Betracht: Arbeitsvertragswidriges Verhalten - konkrete Schlechtleistung - Arbeitsverweigerung - konkret wiederholte Unpünktlichkeit - unentschuldigtes Fehlen - unentschuldigtes Verlassen des Arbeitsplatzes Verstöße gegen die betriebliche Ordnung - Übertretung eines Rauchverbots - Nichtanlegen von Sicherheitsbekleidung Fehlverhalten bei der Erfüllung arbeitsvertraglicher Pflichten - Straftaten zum Nachteil eines Kunden Seite 15 von 22

Verletzung einer arbeitsvertraglichen Nebenpflicht - Pflicht zur unverzüglichen Krankmeldung - Verstoß gegen Geheimhaltungspflichten - Schwarzarbeit während der Entgeltfortzahlung - Verbreiten ausländerfeindlicher Parolen Außerdienstliches Verhalten - wenn hierdurch das Arbeitsverhältnis/Vertrauensverhältnis konkret beeinträchtigt wird. 13. Abmahnung Die Abmahnung hat folgende Funktionen: - Warnfunktion - Hinweisfunktion - Dokumentationsfunktionen Für die Abmahnung ist keine bestimmte Form vorgeschrieben. Sie kann mündlich oder schriftlich erfolgen. Aus Beweissicherungsgründen sollte sie immer schriftlich erfolgen. Sie bleibt in der Personalakte und muss, sollte während dieser Zeit kein einschlägiger Pflichtenverstoß erfolgen, nach ca. 1 ½ bis 3 Jahren aus der Akte entfernt werden. Vor Übergabe einer Abmahnung sollte immer versucht werden, den erhobenen Vorwurf im Gespräch mit dem Arbeitnehmer zu klären. Wiederholungsfall / weitere Abmahnung Nach einer Abmahnung und vor einer Kündigung muss zumindest ein weiteres vergleichbares Fehlverhalten des Arbeitnehmers vorliegen, aus dem sich ergibt, dass die vorausgegangene Abmahnung vergeblich war. Ob einer Kündigung eine oder mehrere vergebliche Abmahnungen vorausgehen müssen, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, der Schwere der jeweiligen Pflichtverletzung und dem verstrichenen Zeitraum nach der letzten vergleichbaren Abmahnung. Keine Ausschlussfrist Die Abmahnung muss nicht innerhalb einer bestimmten Frist ausgesprochen werden. sicherheitshalber sollte jedoch möglichst zeitnah gehandelt werden. Eine erteilte Abmahnung wird durch vertragsgerechtes Verhalten des Arbeitnehmers über einen längeren Zeitraum hinfällig. Abmahnungen bei mehreren Pflichtverletzungen Eine Abmahnung ist bereits dann aus der Personalakte zu entfernen (und damit gegenstandslos), wenn mehr eine der dem Arbeitnehmer zur Last gelegten Pflichtverletzungen nicht zutrifft. Richtigkeit der abgemahnten Pflichtverletzung Der Arbeitnehmer kann - eine Abmahnung widerspruchslos hinnehmen - eine Gegendarstellung abgeben, welche zu der Personalakte zu nehmen ist Seite 16 von 22

- die Richtigkeit der abgemahnten Pflichtwidrigkeit in einem späteren Kündigungsschutzprozess bestreiten Abmahnungsberechtigte Personen Es kommen alle Mitarbeiter in Betracht, die befugt sind, verbindliche Anweisungen bezüglich des Ortes, der Zeit sowie der Art und Weise der arbeitsvertraglich geschuldeten Arbeitsleistung zu erteilen. Beispiele für Abmahnungsgründe - Zuspätkommen bzw. vorzeitiges Verlassen des Arbeitsplatzes - Schlechtleistung, Fehlleistung oder unzureichende Leistung - unentschuldigtes Fehlen - alkoholbedingtes Fehlverhalten - eigenmächtige Urlaubsverlängerung - Verweigerung der Ausführung bestimmter zugewiesener Arbeit - Verweigerung notwendiger und erlaubter (vom Betriebsrat genehmigter) Mehrarbeit - Verletzung von Anzeige - und Nachweispflichten bei Krankheit - Nebentätigkeit ohne ausdrückliche Zustimmung des Arbeitgebers (sofern Zustimmungserfordernis vertraglich vereinbart) - Rauchen trotz Rauchverbots Entbehrlichkeit der Abmahnung Eine Abmahnung ist entbehrlich, wenn eine besonders schwerwiegende Pflichtverletzung vorliegt und der Arbeitnehmer nicht damit rechnen kann, dass der Arbeitgeber ein entsprechendes Verhalten tolerieren wird. Beispiele - Störung des Betriebsfriedens - Tätlichkeiten - eigenmächtiger Urlaubsantritt - Androhung des Krankfeierns - Sabotage Eine Abmahnung ist auch entbehrlich, wenn - die Vertragsverletzung so hartnäckig und uneinsichtig durch den Arbeitnehmer begangen wird, dass mit vertragsmäßiger Abwicklung bzw. Erfüllung des Vertragsverhältnisses nicht mehr zu rechnen ist, - die Hinweis - und Warnfunktion bereits erfüllt ist, - Pflichtverstöße im Vertrauensbereich vorliegen z. B. - Vermögensdelikte - unrichtige Reisekostenabrechnung - Manipulation der Zeiterfassung - Stempeln für Kollegen - Fälschen von Bescheinigungen - grobe Beleidigung des Arbeitgebers usw. Seite 17 von 22

14. Die betriebsbedingte Kündigung 14.1. Voraussetzungen Eine betriebsbedingte Kündigung ist sozial gerechtfertigt, wenn sie aufgrund dringender betrieblicher Erfordernisse unausweichlich und eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nicht möglich ist. Dabei kommen in Betracht: - Innerbetriebliche Umstände, wie Rationalisierungsmaßnahmen, Umstellung oder Einstellung eines betrieblichen Tätigkeitsbereiches oder - Außerbetriebliche Gründe, wie Auftrags - oder Arbeitsmangel, Umsatzrückgang, Änderung der Gesetzeslage 14.2. Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit folgt, dass eine betriebsbedingte Kündigung nur zulässig ist, wenn aus Sicht des Arbeitnehmers keine milderen Mittel zur Verfügung stehen, um den verfolgten Zweck zu erreichen. Ein dringendes betriebliches Erfordernis für die Kündigung fehlt daher, wenn der Arbeitnehmer auf einen anderen freien, vergleichbaren, gleichwertigen Arbeitsplatz im Unternehmen versetzt werden kann. 14.3. Unternehmerentscheidung Die obengenannten Gründe müssen dazu führen, dass entweder ein konkreter Arbeitsplatz eingespart werden kann oder der Arbeitsbedarf für einen oder mehrere Arbeitnehmer entfallen ist. Die Unternehmerentscheidung ist nicht justitiabel. Es kann lediglich eine Missbrauchs- Kontrolle stattfinden. Allerdings müssen die Tatsachen, die zu der Unternehmerentscheidung geführt haben, vor Gericht bewiesen werden. 14.4. Sozialauswahl Der Arbeitgeber muss bei der betriebsbedingten Kündigung eine Sozialauswahl vornehmen. In die Sozialauswahl sind alle vergleichbaren, d. h. wechselseitig austauschbaren Arbeitnehmer des Betriebes einzubeziehen. Kriterien der Sozialauswahl sind: - Dauer der Betriebszugehörigkeit - Lebensalter des Arbeitnehmers - Unterhaltspflichten - Schwerbehinderteneigenschaft Der sozial stärkere Arbeitnehmer muss vor den sozial schwächeren Arbeitnehmer entlassen werden. Die Sozialauswahl darf nicht nur im betroffenen Bereich durchgeführt werden, sondern muss sich auf den gesamten Betrieb beziehen. Seite 18 von 22

14.5. Weiterbeschäftigung zu schlechteren Bedingungen Zur Vermeidung einer betriebsbedingten Kündigung ist auch eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers auf einem freien Arbeitsplatz zu schlechteren Arbeitsbedingungen zu überprüfen. Nach jüngster Rechtssprechung des BAG ist dem Arbeitnehmer ein solcher Arbeitsplatz auch dann im Wege einer Änderungskündigung anzubieten, wenn er zuvor die Beschäftigung auf diesem Arbeitsplatz bereits abgelehnt hat. Betriebsrat: Im Zusammenhang mit betriebsbedingten Kündigungen hat der Betriebsrat weitgehende Informations-, Beratungs- und Mitbestimmungsrechte, die gegebenenfalls auch zu Interessenausgleichs - und Sozialplanverhandlungen führen können. 15. Die personenbedingte Kündigung In der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe, die eine Kündigung sozial rechtfertigen können, sind solche, die objektiv vorliegen, ohne daß der Arbeitnehmer dafür verantwortlich gemacht zu werden braucht. Hauptfall: Krankheit Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, dem Arbeitnehmer eine leichtere oder seinem Körperzustand sonst angemessene Arbeit zuzuweisen, dass sei denn, er verfügt über einen entsprechenden freien Arbeitsplatz. Die Begründetheit der Kündigung kann anhand nachstehender Punkte überprüft werden: 1. Lagen in den letzten 3 Jahren länger Erkrankungen von mehr als 2-3 Monaten vor? 2. Machten häufige Fehlzeiten in den letzten 3 Jahren mehr als ca. 25 Prozent der Arbeitszeit aus? 3. Ist der Arbeitnehmer nach der voraussichtlichen Dauer der Erkrankung oder nach der zukünftigen Entwicklung seiner Fehlzeiten gefragt worden? 4. Besteht aufgrund objektiver Tatsachen die Besorgnis, dass auch in Zukunft mit der Fortdauer der Erkrankung oder mit gleich häufigen Fehlzeiten zu rechnen ist (negative Zukunftsprognose)? 5. Wirkt sich die krankheitsbedingte Abwesenheit in unzumutbarer Weise störend auf den betrieblichen Ablauf aus? 6. Wie hoch ist der Grad der wirtschaftlichen Belastung (durchschnittliche Gehaltsfortzahlung)? 7. Welche Überbrückungsmaßnahmen sind getroffen worden? 8. Besteht nach Rückkehr des Arbeitnehmers eine andere Beschäftigungsmöglichkeit (Versetzung)? Sonderfall: Kündigung wegen Alkoholismus Alkoholismus ist als Krankheit anzusehen. Daher gelten für die Kündigung eines alkoholabhängigen Arbeitnehmers dieselben Voraussetzungen wie für jede andere Kündigung wegen Krankheit. Sonderfall: angekündigte Arbeitsunfähigkeit Erklärt ein Arbeitnehmer, er werde krank, wenn der Arbeitgeber seinen Urlaub nicht wunschgemäß verlängere, obwohl er derzeit nicht krank war und sich auch nicht krank fühlen konnte, dann ist dieses Verhalten ohne Rücksicht darauf, ob der Arbeitnehmer später tatsächlich erkrankte, an sich als wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung geeignet ( BAG 5.11.1992). Seite 19 von 22