Ertrinkungs- und Tauchunfälle aus rechtsmedizinischer Sicht

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Transkript:

Ertrinkungs- und Tauchunfälle aus rechtsmedizinischer Sicht 1 Ertrinkungs- und Tauchunfälle aus rechtsmedizinischer Sicht Tauchsicherheitstage PörtschachP 19./20. September 2015 Dr. Ulrich van Laak - Medical Director Deutschland & Österreich - DAN Europe Foundation

Ertrinkungs- und Tauchunfälle aus rechtsmedizinischer Sicht 2 Ertrinken

Ertrinkungs- und Tauchunfälle aus rechtsmedizinischer Sicht 3 Ertrinken : (nicht) (tödlicher) Unfall in Flüssigkeiten (Wasser) mit Asphyxie (Hypoxie und Ischämie) mit und ohne Aspiration Immersion : Eintauchen in Flüssigkeit Atemöffnungen weitgehend frei Submersion : Eintauchen in Flüssigkeit Atemöffnungen überspült, untergetaucht

Ertrinkungs- und Tauchunfälle aus rechtsmedizinischer Sicht 4 Ertrinken: Folgen einer Barriere vor den Atemöffnungen durch Flüssigkeit bei Immersion / Submersion, unabhängig ngig davon, ob der Zustand überlebt wird oder nicht [Layon AJ, Modell JH. AJ, Modell JH. Drowning Update 2009. Anesthesiology 2009; 110: 1390-1401] 1401] Beinahe-Ertrinken : Überleben einer Submersion (über mindestens 24 Stunden) Near-Drowning Submersion (E)

Ertrinkungs- und Tauchunfälle aus rechtsmedizinischer Sicht 5 Nasses-Ertrinken : Aspiration von Flüssigkeit (mindestens 90% der Fälle) Trockenes Ertrinken : keine nachweisbare Aspiration Laryngospasmus? Sekundäres Ertrinken : zeitversetzter Tod infolge Organkomplikationen

Ertrinkungs- und Tauchunfälle aus rechtsmedizinischer Sicht 6 - Unwillkürliche Atembewegungen mit Aspiration in 90% der Fälle. - Aspiration von Mageninhalt, Schlamm, Sand, Algen. - In 10% nur minimale Aspiration bei lang dauerndem Laryngospasmus. - Bei 90% der Überlebenden < 20 ml/kg Aspirationsflüssigkeit, oft nur 50 bis 100 ml (kritisches pulmonales Volumen 2 bis 2,5 ml/kg KG).

Ertrinkungs- und Tauchunfälle aus rechtsmedizinischer Sicht 7

Ertrinkungs- und Tauchunfälle aus rechtsmedizinischer Sicht 8 Folgen der Wasseraspiration - Peripherer Atemwegswiderstand. - Surfactant. - Schädigung Basalmembran Alveolen. - Alveolitis mit eiweißreichem Exsudat und Lungenödem. - Ventilations-Perfusions-Imbalance. - Compliance. - Intrapulmonale Shunts. - Selten: Hämolyse, Elektrolytimbalance.

Ertrinkungs- und Tauchunfälle aus rechtsmedizinischer Sicht 9 ARDS Verminderung der Diffusionskapazität (interstitielles/intraalveoläres Ödem) Folge: hypoxämische Anoxie Surfactantmangel - verminderte Compliance Dystelektasen / Atelektasen Ausbildung einer Diffusionsbarriere (fibröse Lungenareale) reflektorische Vasokonstriktion (pulmonaler Hypertonus) ausgeprägte Rechtsherzbelastung

Ertrinkungs- und Tauchunfälle aus rechtsmedizinischer Sicht 10 Allgemeine Therapie Ertrinkungsunfall (I) 1. Sichern von Rettern. 2. Retten aus Immersion oder Submersion: Kurzzeit: Vertikal mit Aspirationsschutz. Länger: Möglichst horizontal. Auf stabile Plattform bringen. 3. Flachlagerung auf Rücken. 4. Bodycheck: Überprüfung Vitalfunktionen. 5. Vorsicht beim Kopfüberstrecken (Schienengriff).

Ertrinkungs- und Tauchunfälle aus rechtsmedizinischer Sicht 11 Allgemeine Therapie Ertrinkungsunfall (II) 6. Bekämpfung der Hypoxie: Bei suffizienter Spontanatmung O 2 mit F i O 2. 7. Ggf. stabile Seitenlagerung. 8. Reanimationsmaßnahmen: Initial > 2 Beatmungen wenn noch im Wasser. Dann Thoraxkompression und Beatmung nach LL. Sofort, beherzt und anhaltend.

Ertrinkungs- und Tauchunfälle aus rechtsmedizinischer Sicht 12 Spezielle Therapie Ertrinkungsunfall (I) 1. Absaugen obere Atemwege und Trachea. 2. Frühzeitig supraglottische Beatmungshilfe einlegen oder Intubation wegen Aspirationsschutz. 3. Kein Heimlich-Handgriff. 4. Magensonde legen. 5. Tidalvolumen initial 10 ml/kg KG; später Ziel <= 6 ml/kg KG. 6. PEEP 5 10 mm Hg).

Ertrinkungs- und Tauchunfälle aus rechtsmedizinischer Sicht 13 Spezielle Therapie Ertrinkungsunfall (II) 7. Tidalvolumen auf 6 ml/kg KG in der Folge einregeln (deutliche Thoraxhebung). 8. Transport unter laufender Reanimation. 9. Ggf. Reduktion FiO 2 auf < 1 wegen Schutz Alveolen (bei psao 2 > 95% und Hb normal). 10.Stationäre Aufnahme zur pulmonalen Überwachung obligatorisch.

Ertrinkungs- und Tauchunfälle aus rechtsmedizinischer Sicht 14 Ertrinken: Pathophysiologie (I) - Nur wenig Aspiration!! feinblasiger stabiler (muzinhaltiger) Schaum - Gastrointestinale Aufnahme! Magenüberdehnung Sehrt-Magenschleimhautrisse - Laryngospasmus! - Trockene überblähte Lungen! Emphysema aquosum

Ertrinkungs- und Tauchunfälle aus rechtsmedizinischer Sicht 15 Ertrinken: Pathophysiologie (II) - Protektion wegen Begleit-Hypothermie? - Initial u.u. völlig unklare Lage : Reanimationserfolg? Letaler Verlauf? - Süßwasser = Salzwasser. - Alveoläre Hypoventilation : Ab 2 ml Wasser/kg KG zu erwarten.

Ertrinkungs- und Tauchunfälle aus rechtsmedizinischer Sicht 16 Ertrinken: Organschädigungen - Sämtliche Organe entsprechend der Hypoxie betroffen. - ZNS (Cortex, Hirnstamm, Hippocampus), Myokard, Nierenparenchym, Lungen. - Irreversibel ab 3 bis 5 Minuten deutliche Ausnahmen sind möglich.

Ertrinkungs- und Tauchunfälle aus rechtsmedizinischer Sicht 17 Hinweise für f r Tod durch Ertrinken Feinblasiger Schaumpilz in/vor Atemöffnungen (irgendwie fast immer bei typischem Ertrinken ). Emphysema aquosum (Lungenballonierung). Paltauf-Flecken unter der Pleura. Weißlich-schaumiger Inhalt in den Atemwegen. Wasser im oberen Gastrointestinaltrakt. Sehrt-Magenschleimhautrisse. Einblutungen in die Muskulatur. Wasser in den Nasennebenhöhlen. (Hinweise mit hohem Beweiswert!) (Beweiswert )

Ertrinkungs- und Tauchunfälle aus rechtsmedizinischer Sicht 18 Makropathologie bei Ertrinkungstod 1. Feinblasiger Schaumpilz vor Atemöffnungen: > 17%. 2. Emphysema aquosum (Lungenballonierung): > 42%. 3. Schaumiger Inhalt in den Atemwegen: > 46%. Für Ertrinkungstod typische Kombination der Befunde 1 bis 3 nur in ~ 11% der Fälle. Definitive Diagnosestellung Tod durch Ertrinken aufgrund dieser Befunde nur begrenzt möglich. Lunetta et al, Am J For Med Path 23(4):371-376 (2002) (1590 Fälle, retrospektive Studie)

Ertrinkungs- und Tauchunfälle aus rechtsmedizinischer Sicht 19 Ertrinken: Äußere Befunde - Schaumpilz fast immer (gering) bei typischem Ertrinken sehr stabil verglichen mit nicht ertrinkungsbedingten Schaumpilzen - Intensive Zyanose

Ertrinkungs- und Tauchunfälle aus rechtsmedizinischer Sicht 20 Ertrinken: Innere Befunde - Feinblasiger Schaum in Bronchien - Emphysem aquosum (Lungenballonierung) - Paltauf-Flecken Histologie: randlich hämolysierte subpleurale Rhexisblutungen - Sehrt-Magenschleimhautrisse - Ertrinkungsflüssigkeit Keilbeinhöhle - Streifige subfasziale Einblutungen Hals- & Rückenmuskulatur

Ertrinkungs- und Tauchunfälle aus rechtsmedizinischer Sicht 21 Tödliche Tauchunfälle

Ertrinkungs- und Tauchunfälle aus rechtsmedizinischer Sicht 22 Äußeres und Inneres Blaukommen - Äußerlich Massive Hämatome - Innerlich Lungenstauung Lungenödem Rechtsherzversagen Blutstauung parenchymatöse Organe

Ertrinkungs- und Tauchunfälle aus rechtsmedizinischer Sicht 23 Tödliche Tauchunfälle - ANZ-Studie (vereinfacht) Herz-Kreislauf/Lungen! Tauchunfälle (ÜdL)(! Divers Alert Network: Herztod bis zu 35 %! Ertrinken!

Ertrinkungs- und Tauchunfälle aus rechtsmedizinischer Sicht 24 Mensch unter Wasser - Preload durch Immersionseffekte - Afterload durch Vasokonstriktion - Auswirkungen des Tauchreflexes - Mobilisierung von Leistungsreserven unter Wasser bei häufig schlechtem Wirkungsgrad

Ertrinkungs- und Tauchunfälle aus rechtsmedizinischer Sicht 25 Kardiovaskuläre re Ursachen - Häufigste natürliche Todesursache Ab Alter 35 Nr. 2 nach Ertrinken Unter den Ertrunkenen ebenfalls Herztote Oft zuvor vollkommen asymptomatisch, Erstmanifestation einer KHK? Tauchen trotz bekannter Herzproblemen Fehlende Tauchtauglichkeitsuntersuchung - Mangelhafte Tauchtauglichkeitsuntersuchung

Ertrinkungs- und Tauchunfälle aus rechtsmedizinischer Sicht 26 Obduktion (I) - Kurze postmortale Intervalle ideal - Systematischer Ablauf Gründliche äußere Untersuchung Spezielle Techniken zum Nachweis von Lungen- Barotrauma und Luftembolie Bewusstes Wahrnehmen von Artefakten, die postmortal nach Atmen komprimierter Gase in der Tiefe auftreten

Ertrinkungs- und Tauchunfälle aus rechtsmedizinischer Sicht 27 Obduktion (II) - Rechtsmedizinische Untersuchung Extern Intern Toxikologisch Immer komplette Obduktion! Zumeist unklare Todesursache, auch, wenn es nach einem Ertrinkungstod aussieht!

Ertrinkungs- und Tauchunfälle aus rechtsmedizinischer Sicht 28 Obduktion (III) - Übersichts-Photographie Vor Abnahme von Ausrüstung, Entfernung medizinischer Utensilien - Dokumentation aller äußerlichen Auffälligkeiten, aller gelegten Tuben, Zugänge - Tastbefund nach Gasknistern - CT zeitnah!!!

Ertrinkungs- und Tauchunfälle aus rechtsmedizinischer Sicht 29 Obduktion (IV) Luftansammlung in Körperhöhlen und im Gefäßbaum (Spannungs-) Pneumothorax? Schwerpunkt Luft oder schaumiges Blut im Herzen? Blebs oder Bullae?

Ertrinkungs- und Tauchunfälle aus rechtsmedizinischer Sicht 30 - Obduktionsdetails Lungenoberfläche Obduktion (V) Interstitielles Emphysem? Bullae an den Segmentkanten? Oberflächliche Hirngefäße Luftbläschen? (zuvor mittels Ligaturen Gefäße abbinden) Mittelohren, NNH, Mastoidzellen Blut, Flüssigkeit?

Ertrinkungs- und Tauchunfälle aus rechtsmedizinischer Sicht 31 Obduktion (VI) Mittelohren, NNH, Mastoidzellen Blut, Flüssigkeit? Trommelfelle: Risse? Toxikologische Asservate Blut von verschiedenen Entnahmestellen, Urin, Mageninhalt, Galle, Lebergewebe, Fettgewebe Post-mortem CO Bestimmung

Ertrinkungs- und Tauchunfälle aus rechtsmedizinischer Sicht 32 Obduktion: Schlüsselorgane - Lunge - Herz - Mittelohr - Nasennebenhöhlen - ZNS

Ertrinkungs- und Tauchunfälle aus rechtsmedizinischer Sicht 33 Obduktion: Gasblasen (I) - Luftembolie oder Artefakt Jeder, der komprimiertes Gas in der Tiefe geatmet hat, kann bei der Obduktion Gas in Gefäßen oder im Herz haben, vor allem nach tiefen und/ oder langen Tauchgängen

Ertrinkungs- und Tauchunfälle aus rechtsmedizinischer Sicht 34 Obduktion: Gasblasen (II) - Nach dem Tod kommt es immer zum Gasaustritt aus den Geweben - Daher muss in jedem Fall das Tauchprofil berücksichtigt werden (z. B. gibt es keine AGE ohne Aufstieg) - Postmortem-Artefakte kommen hinzu

Ertrinkungs- und Tauchunfälle aus rechtsmedizinischer Sicht 35 Minute 11 A. Pacher: Tauchunfall in alpinen Gewässern. 2010. CAISSON 25, Nr.10, 12-15

Ertrinkungs- und Tauchunfälle aus rechtsmedizinischer Sicht 36 Die 11 Todsünden nden (I) 1. Mangelnde gesundheitliche Eignung 2. Mangelndes Training/Fortbildung 3. Scheinsicherheit durch High-Tech 4. Unbekannte (Leih-) Ausrüstung 5. Überbleiung 6. Trockentauchanzug A. Pacher: Tauchunfall in alpinen Gewässern. 2010. CAISSON 25, Nr.10, 12-15

Ertrinkungs- und Tauchunfälle aus rechtsmedizinischer Sicht 37 Die 11 Todsünden nden (II) 7. Schlecht gewartete Ausrüstung 8. Ungeeignete Konfiguration und Unkenntnis der Funktion von Ausrüstung 9. Mangelnde Atemluftqualität 10. Tauchtiefe 11. Ziel- und Gruppenzwang A. Pacher: Tauchunfall in alpinen Gewässern. 2010. CAISSON 25, Nr.10, 12-15

Ertrinkungs- und Tauchunfälle aus rechtsmedizinischer Sicht 38 Häufige medizinische Ursachen - Chronisch obstruktive Lungenerkrankungen - Physische Beeinträchtigungen - Depressive Stimmungslage - Schlechte körperlicher Trainingszustand - Starkes Übergewicht - Toxikologische Probleme

Ertrinkungs- und Tauchunfälle aus rechtsmedizinischer Sicht 39 - Unerfahrenheit - Überforderung Weitere Ursachen - Verloren gegen / Trennung vom Buddy - Angst & Panik besonders riskant bei fehlendem Training Höhlen- und Wracktauchen Eistauchen Tieftauchgänge mit Atemluft TG mit Gasmischungen anders als Atemluft

Ertrinkungs- und Tauchunfälle aus rechtsmedizinischer Sicht 40 Checkliste Anamnese Letztes Tauchtauglichkeits-Zertifikat Vorbestehende Herzerkrankung? Atemwegserkrankung (Air trapping)? Epileptische Anfälle? Relevante akute Erkrankungen? Aktuelle Medikamenteneinnahme? Kürzlich operative Eingriffe? Psychische Auffälligkeiten? Leistungsknick, Schlaflosigkeit, auffällige Lebensumstände?

Ertrinkungs- und Tauchunfälle aus rechtsmedizinischer Sicht 41 Checkliste Zeugen Welche Art des Tauchens? Ausbildung und Zertifikat? Anzahl Lebenstauchgänge? Wahrgenommene Probleme vor dem TG? Tauchpartner (Buddy) ja / nein? Tauchgangsplanung? Eingehalten? Was passierte vor dem Blackout? Wie genau wurde der Taucher aufgefunden? Gesichtsmaske? Bleigurt? Lungenautomat? Welche Ausrüstungsgegenstände?

Ertrinkungs- und Tauchunfälle aus rechtsmedizinischer Sicht 42 Checkliste Ausrüstung stung ALLES sicherstellen! Auflisten! Fotodokumentation (an der Leiche!) Restdruck dokumentieren, Ventile schließen! Defekte Druckbehälter, Ventile, Schläuche, Bleigurt? Wie schwer? Auftriebskörper? Angeblasen? Voll Wasser? Unabhängiger Untersucher (Techniker)! Endoskopie Tauchflaschen Atemgasanalysen

Ertrinkungs- und Tauchunfälle aus rechtsmedizinischer Sicht 43 Checkliste Umgebung Tageszeit? Sichtverhältnisse? Höhle, Wrack, Eis? Wetterbedingungen und Strömung Wasser- und Lufttemperatur Unterwasserhindernisse? Verheddern möglich gewesen? Giftige (gefährliche) Meereslebewesen?

Ertrinkungs- und Tauchunfälle aus rechtsmedizinischer Sicht 44 Take Home - Die Todesursache bei Tauchunfällen ist in 80 % Ertrinken. - Wichtiger ist der Auslöser oder das Ereignis, das zum (Ertrinkungs-) Tod geführt hat. - Tauch-Sachverständige sollten Unfallhergänge systematisch rekonstruieren und Zusammenhänge klären. - Obduktionen sind viel häufiger zu fordern, um spezifische Befunde erheben zu können.

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