Aussagenlogik. Aussagen und Aussagenverknüpfungen

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Transkript:

Aussagenlogik Aussagen und Aussagenverknüpfungen Aussagen sind Sätze, von denen sich sinnvollerweise sagen läßt, sie seien wahr oder falsch. Jede Aussage besitzt also einen von zwei möglichen Wahrheitswerten, die man auch mit w,f; TRUE, FALSE; 1,0 usw. benennt. Aus gegebenen Aussagen formt man durch Verknüpfungen neue Aussagen. Dabei muß man für jede Verknüpfung festlegen, welchen Wahrheitswert man ihr in Abhängigkeit von den Wahrheitswerten der Teilaussagen zuordnet. Sind z.b. A,B Aussagen, so formt man eine neue Aussage A B, genannt A und B oder Konjunktion von A und B beschreibt diese durch die folgende Wahrheitstabelle A B A B f w f A B ist also genau dann wahr, wenn beide beteiligten Teilaussagen wahr sind und genau dann falsch, wenn mindestens eine der beteiligten Teilaussagen falsch ist, und dies entspricht auch unserem umgangssprachlichen Verständnis. In analoger Weise beschreibt man A B ( A oder B, Disjunktion) durch die Wahrheitstafel A B A B A B ist also genau dann wahr, wenn mindestens eine der beteiligten Teilaussagen wahr ist und genau dann falsch, wenn beide falsch sind. Umgangssprachlich entspricht dies dem einschließenden Oder. Das ausschließende Oder bezeichnen wir mit A B und beschreiben diese Verknüpfung durch die Tabelle A B A B w w f

Eine weitere häufig benutzte Verknüpfung ist A B ( Wenn A, dann B ; Implikation ) A B A B A B ist also genau dann falsch, wenn A wahr und B falsch ist. Ist A falsch, so ist A B wahr, egal welches der Wahrheitswert von B ist. Daß A B wahr sein soll, wenn A und B beide falsch sind, ist oft erstmal irritierend. Man nennt in der Aussagenverknüpfung A B A die Prämisse, B den Schluß. Es entspricht auch umgangssprachlichem Gebrauch, daß bei falscher Prämisse man einen beliebigen Schluß ziehen kann. Schließlich benötigen wir auch die Verknüpfung A B ( A ist äquivalent zu B ) mit der Wahrheitstafel A B A B f w f A B ist also genau dann wahr, wenn die beteiligten Teilaussagen denselben Wahrheitswert besitzen, und genau dies verstehen wir ja auch umgangssprachlich unter der Äquivalenz von Aussagen. Alle bisher vorgestellten Verknüpfungen sind binär, d.h. aufgebaut aus zwei Teilaussagen. Im Gegensatz dazu soll A die Verneinung von A bedeuten, mit der Wahrheitstafel A A A ist also genau dann wahr, wenn A falsch ist. w f f w Aus gegebenen Aussagen A,B,C,D,... lassen sich jetzt komplexe Verknüpfungen aufbauen, z.b. A B C D B C D A. Man spricht auch von einer logischen Formel. Die obigen Wahrheitstafeln erlauben es, den Wahrheitswert dieser neuen Aussage, also der Formel, in Abhängigkeit von den Wahrheitswerten der Teilaussagen zu errechnen. Wir können der obigen Verknüpfung auch einen eigenen Namen, z.b. E geben. Man schreibt dies als E := A B C D B C D A. Anschließend kann die so definierte Aussage E in weitere Verknüpfungen bzw. Formeln eingehen.

Tautologien Als interessant stellen sich solche Aussagenverknüpfungen heraus, die immer wahr sind, unabhängig von den Wahrheitswerten der beteiligten Teilaussagen. Man spricht dann von einer Tautologie, einer (aussagen-)logischen Wahrheit. Man prüft sofort nach, daß A A (Aus A folgt A) und A A (A ist wahr oder A ist falsch) Tautologien sind. Eine komplexere Tautologie ist z.b. D := A B C A B A C, und wir beweisen die Tautologieeigenschaft, indem wir die zugehörige Wahrheitstabelle ausrechnen: A B C B C A B A C A B C A B A C D w w f w f w w f w f f w f f w f f w Hat man eine Tautologie der Form X Y, so bedeutet dies, daß der Wahrheitswert von X jedenfalls gleich dem von Y ist, und das heißt, daß man in einer Formel, in der X vorkommt, X durch Y ersetzen kann, ohne daß sich der Wahrheitswert dieser Formel ändert. Insbesondere kann man in einer Tautologie jedes Vorkommen von X durch Y ersetzen und so Tautologien umformen. Hier eine kleine Sammlung derartiger Tautologien: A A Doppelte Verneinung A B B A Kontraposition A B A A A B A A A A A A A B A B A B A B B A A B A B A B A B B A Kommutativgesetz A B B A Kommutativgesetz A B C A B A C Distributivgesetz A B C A B A C Distributivgesetz A B A B de Morgan Regel A B A B de Morgan Regel Zum Rechnen erweist es sich als praktisch, unter w,f nicht nur die beiden Wahrheitswerte zu verstehen, sondern auch eine wahre und eine falsche Aussage. In diesem Sinne sind dann

w und f Tautologien, ebenso A w, f A, A A f. Die meisten der obigen tautologischen Formeln wurden bereits von Aristoteles behandelt. Die Tautologie A A bezeichnet man auch als Satz vom ausgeschlossenen Dritten. Die Kontraposition ist die Basis für indirekte Beweise. Wenn man zeigen will, daß B aus A folgt, so kann man stattdessen von der Nicht-Gültigkeit von B ausgehen und aus dieser die Nicht-Gültigkeit von A folgern. Die dritte der obigen Gruppen von Tautologien sagt aus, daß man die Verknüpfungen und mit Hilfe von, und beschreiben kann. Wegen A B A B kann man durch und und wegen A B A B kann man durch und beschreiben. Definiert man die Verknüpfung durch A B A B w w f so sind offenbar A A A, A B A B Tautologien. Also sind auch A B A B A B und A B A B Tautologien und daher alle bisher definierten Verknüpfungen allein durch beschreibbar. In der Informatik heißt übrigens NAND und heißt XOR (exclusive or). Disjunktive Normalform Wir geben jetzt eine willkürlich gewählte Wahrheitstafel vor: A B C D f w w w f f f f und zeigen exemplarisch für diesen Fall, daß es eine aus A,B,C gebildete logische Formel gibt, die dieselben Wahrheitswerte wie die Spalte D besitzt. Es gibt wohl viele Wege, die zu diesem Ziel führen. Zum Beispiel ist intuitiv klar, daß die Formel A E A F diese Eigenschaft besitzt, wobei E,F gegeben sind durch die Wahrheits-

werte in der oberen bzw. unteren Halbspalte für D : B C E F w w f f Dies könnte mandurch Ausrechnen der zugehörigen Wahrheitstabelle für den Ausdruck A E A F leicht nachprüfen. Wichtig ist jedenfalls, daß in konkrete Formeln für E,F nur noch B und C eingehen, aber nicht mehr A. Anschließend versucht man, E durch Verknüpfung von B,C darzustellen, und es ergibt sich: E B f B C B B C B B C B C. Außerdem sieht man sofort, daß F C. Jetzt läßt sich D umformen D A E A F A E A F E F A B C A C B C A B C Die zuletzt erreichte Form ist besonders einfach, kommt aber hier nur zufällig zustande. Ein anderer Ansatz, eine Formel für D zu berechnen, geht von folgender Beobachtung aus: In der Wahrheitstabelle, die D definiert, gibt es drei Zeilen mit dem Wahrheitswert w. A B C D w f f so ist klar, daß die in Anlehnung an z.b. die erste dieser Zeilen gebildete Verknüpfung A B C genau für diese Zeile wahr ist, und für alle übrigen falsch ist. Bilden wir nun insgesamt den Ausdruck A B C A B C A B C, so ist die zugehörige Wahrheitstabelle genau dieselbe wie die für D. In der Informatik wird häufig die Schreibweise A statt A benutzt. Die zu D äquivalente Formel schreibt sich dann als A B C A B C A B C, und man nennt dies die disjunktive Normalform für D. Die disjunktive Normalform besteht genau aus Disjunktionen von Konjunktionen der Einzelvariablen bzw. ihrer Negationen, und wir haben an obigem Fall gesehen, wie man sie anhand einer gegebenen Wahrheitstabelle aufbaut, solange mindestens ein Wahrheitswert w vorkommt.