September 2012. Bankenbarometer 2012. Die konjunkturelle Entwicklung der Banken in der Schweiz. Bankenbarometer 2012 SBVg September 2012 1

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Transkript:

September 2012 Bankenbarometer 2012 Die konjunkturelle Entwicklung der Banken in der Schweiz Bankenbarometer 2012 SBVg September 2012 1

Bankenbarometer 2012 Executive Summary 5 1 Gesamtwirtschaftliche Entwicklung 7 1.1 Weltwirtschaft 7 1.2 Schweiz 8 1.3 Schwerpunktthema: Der europäische Bankensektor in der Krise 9 2 Finanzmärkte 13 2.1 Zinsen und Wechselkurse 13 2.2 Aktienmärkte 15 3 Geschäftserfolg der Banken 16 3.1 Geschäftserfolg und Nettogewinn im Jahr 2011 16 3.2 Entwicklung im laufenden Jahr 18 4 Bilanzgeschäft 19 4.1 Entwicklung der Bilanzen 19 4.2 Inländisches Kreditgeschäft 21 5 Vermögensverwaltung 24 5.1 Verwaltete Vermögen in der Schweiz im Jahr 2011 24 5.2 Entwicklung der verwalteten Vermögen 2012 26 6 Beschäftigung bei den Banken in der Schweiz 27 6.1 Beschäftigungsentwicklung 2011 27 6.2 Beschäftigungsumfrage bei den Banken in der Schweiz für das Jahr 2012 29 Quellenverzeichnis 31

Executive Summary Das wirtschaftliche Umfeld der Banken in der Schweiz im Jahr 2011 war von Unsicherheit an den Finanzmärkten, zurückhaltenden Anlegern und regulatorischen Verschärfungen geprägt. Dies führte zu einem reduzierten Erfolg aus dem Handelsgeschäft sowie im Kommissions- und Dienstleistungsgeschäft. Entsprechend sank der gesamte Geschäftserfolg der Banken in der Schweiz um 3,8 Prozent auf CHF 59,1 Mrd. Die aggregierte Bilanzsumme aller Banken in der Schweiz nahm um 2,9 Prozent auf CHF 2 792,9 Mrd. zu. Das inländische Hypothekarvolumen stieg um 5,3 Prozent. Zum zweiten Jahr in Folge wurden 2011 bei den Banken in der Schweiz leicht mehr Personen angestellt. Der Personalbestand im Inland stieg um 0,1 Prozent auf 108 100 Mitarbeitende. Die Umfrage der Schweizerischen Bankiervereinigung (SBVg) zeigt für das erste Halbjahr 2012 einen Beschäftigungsrückgang um -1,1 Prozent (-1 070 Beschäftigte) bei den Banken in der Schweiz. Im zweiten Halbjahr wird mit einer leicht sinkenden Beschäftigungsentwicklung gerechnet. Die Schuldenkrise in der Eurozone und in den USA sowie der starke Franken bergen auch im laufenden Jahr Risiken für die wirtschaftliche Entwicklung in der Schweiz. Das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) erwartet für 2012 ein Wachstum von 1,4 Prozent und 2013 von 1,5 Prozent. Sinkender Geschäftserfolg steigende Bilanzsumme und steigendes inländisches Kredit volumen im Jahr 2011 Der aggregierte Geschäftserfolg 1 der Banken in der Schweiz sank 2011 um 3,8 Prozent auf CHF 59,1 Mrd. Im Zinsgeschäft erzielten die meisten Bankengruppen 2011 einen höheren Zinserfolg (+5,4%). Diese Zunahme konnte den deutlichen Rückgang der Erträge aus dem Handelsgeschäft (-26,4%) sowie dem Kommissions- und Dienstleistungsgeschäft (-5,1%) nicht kompensieren. Der Erfolg aus Kommissionen und Dienstleistungen stellte mit einem Anteil von rund 40 Prozent dennoch weiterhin die wichtigste Erfolgskomponente der Banken in der Schweiz dar. Die Bilanzsumme der Banken in der Schweiz erhöhte sich nach einer Zunahme im Jahr 2010 (+1,7%) auch im vergangenen Jahr. Sie stieg um 2,9 Prozent auf insgesamt CHF 2 792,9 Mrd. Verantwortlich dafür waren insbesondere der markante Anstieg der flüssigen Mittel (+144%) und die weiterhin gestiegenen Hypothekarforderungen (+5,3%). Die Anzahl Institute auf dem Bankenplatz Schweiz hat sich 2011 um acht auf 312 Banken reduziert. Die gewährten Kreditlimiten stiegen im Jahr 2011 um 5,1 Prozent, wobei sich die beanspruchten Kredite um 4,3 Prozent auf CHF 937 Mrd. erhöhten. Die Kreditlimiten wurden damit nur zu 85,3 Prozent ausgeschöpft (inklusive Hypotheken). Die Hypothekarforderungen waren mit 83,7 Prozent nach wie vor Hauptbestandteil der inländischen Kreditnachfrage. Das Wachstum der Kredite wurde durch das 2011 weiterhin sehr tiefe Zinsniveau und eine positive Konjunkturentwicklung gestützt. Die Kantonalbanken haben ihre Bedeutung im Kreditgeschäft mit einem Marktanteil von 33,5 Prozent weiter ausgebaut (2010: 32,7%). 1 Der Geschäftserfolg ist definiert als Ertrag abzüglich des Aufwands in den vier Geschäftsbereichen der Banken (Zinsengeschäft, Kommissions- und Dienstleistungsgeschäft, Handelsgeschäft sowie übriger ordentlicher Erfolg). Der Geschäftserfolg abzüglich Personal- und Sachaufwand ergibt den Bruttogewinn. Bankenbarometer 2012 SBVg September 2012 5

Reduktion der Wertschriftenbestände und zinsbedingte Um schichtungen 2011 Leichte Zunahme der Wertschriftenbestände 2012 Ausbau der Beschäftigung 2011 Sinkender Personalbestand im ersten Halbjahr 2012 Verhaltene Aussichten für 2012 Die 2011 leicht gesunkenen Börsenkurse sowie Devisenverluste auf Fremdwährungsanlagen führten zu tieferen Wertschriftenbeständen. Diese reduzierten sich 2011 um 4,9 Prozent auf CHF 4 240 Mrd. Wie bereits im Vorjahr konnten einige zinsbedingte Umschichtungen bei den von Banken verwalteten Treuhandgeldern und Bilanzpositionen beobachtet werden. Insgesamt verwalteten Banken in der Schweiz per Ende 2011 Vermögen in der Höhe von CHF 5 269 Mrd. Es waren keine nennenswerten Abflüsse von Kundengeldern zu verzeichnen. In den ersten fünf Monaten des Jahres 2012 haben die Wertschriftenbestände um 3 Prozent zugenommen. Treibende Faktoren waren die beiden Anlageklassen Obligationen (+3,9%) und kollektive Kapitalanlagen (+6,1%). Geldmarktpapiere führten ihren negativen Trend fort und sanken um 5,5 Prozent. Die Börsenentwicklung fiel uneinheitlich aus, so dass der Börseneffekt auf die Bewertung der Wertschriftenbestände unklar ist. Zinsbedingte Umschichtungen bei diversen Anlagepositionen halten auch 2012 an. Nach einer Zunahme 2010 (+0,4%) haben die Banken in der Schweiz auch 2011 ihren Personalbestand ausgebaut. Die Anzahl der Beschäftigten im Inland stieg um 0,1 Prozent auf 108 100 Mitarbeitende. Während der Bestand bei den Grossbanken (-0,4%) und den Auslandsbanken (-2,5%) abnahm, erhöhten die meisten anderen Bankengruppen ihren Personalbestand. Den stärksten Anstieg verzeichneten die beiden Bankengruppen übrige Banken (+4,3%) sowie Regionalbanken und Sparkassen (+3,1%). Die im Jahr 2010 positive Beschäftigungsentwicklung bei den weiblichen Mitarbeitenden (+1,9%) ist dieses Jahr schwächer ausgefallen (+0,2%). Gemäss der Beschäftigungsumfrage der SBVg senkten die Banken in der Schweiz im ersten Halbjahr 2012 die Beschäftigtenzahl um 1 070 Vollzeitäquivalente (-1,1%). Auch für das zweite Halbjahr 2012 rechnen die Banken in der Schweiz mit einem leicht sinkenden Personalbestand. Trotz der kurzfristig zuversichtlichen Stimmung auf den Finanzmärkten und steigender Wertschöpfung im Bankensektor im ersten Quartal 2012 bleiben die Risiken bezüglich der wirtschaftlichen Entwicklung bestehen. Die eher verhaltenen Transaktionsvolumina an der Schweizer Börse widerspiegeln die nach wie vor hohe Unsicherheit der Anleger. Ein bedeutender Faktor für eine anhaltend positive Konjunkturentwicklung in der Schweiz ist, dass eine weitere Verschärfung der Schuldenkrise verhindert werden kann. 6 Bankenbarometer 2012 SBVg September 2012

1 Gesamtwirtschaftliche Entwicklung Nach einem ersten Aufschwung 2010 erholte sich die Weltwirtschaft im Jahr 2011 weiter und wuchs mit einer Rate von 3,9 Prozent. Für 2012 wird ein Wachstum von 3,5 Prozent prognostiziert. Wachstumstreiber sind nach wie vor die aufstrebenden Staaten Asiens. Chinas Wirtschaft wuchs 2011 mit 9,2 Prozent zwar schwächer als noch in den Jahren zuvor, gehört aber dennoch zu den wachstumsstärksten Volkswirtschaften. In der Eurozone ist aufgrund der Verschuldungsproblematik mit einem leicht negativen volkswirtschaftlichen Wachstum zu rechnen. Obwohl für die USA 2012 ein leicht höheres Wachstum erwartet wird als im Vorjahr, bleibt die Lage auf dem Arbeits- und Immobilienmarkt weiterhin angespannt. 1.1 Weltwirtschaft Weitere leichte Erholung Leicht höheres Wachstum in den USA Rückgang des BIP in der Eurozone Nach einer Erholung im Jahr 2010 (+5,3%) wuchs die Weltwirtschaft gemäss Internationalem Währungsfonds (IWF) 2011 mit 3,9 Prozent etwas schwächer als im Vorjahr. Das Wachstum war in erster Linie durch die Entwicklungs- und Schwellenländer getrieben, die 2011 um 6,2 Prozent wuchsen (2010: 7,5%). Für 2012 wird erneut mit einem leicht schwächeren globalen Wachstum gerechnet (3,5%). Im Vergleich zum ersten Quartal hat sich die weltwirtschaftliche Entwicklung im zweiten Quartal 2012 leicht abgeschwächt. Für die USA wird im laufenden Jahr mit einem Wirtschaftswachstum von 2,1 Prozent gerechnet. Dies liegt leicht über dem Vorjahreswert von 1,7 Prozent, welcher für die USA im Vergleich zum Vorkrisenniveau tief ist. Insbesondere die hohe Arbeitslosigkeit und die steigende Staatsverschuldung belasten die konjunkturelle Entwicklung. Die Arbeitslosigkeit konnte zwar seit 2010 (9,6%) leicht gesenkt werden, befand sich 2011 mit 8,2 Prozent aber weiterhin auf hohem Niveau. Die Staatsschulden haben 2011 weiter zugenommen und liegen bei 102,9 Prozent des Bruttoinlandproduktes (BIP) (2010: 98,5%). In Japan ist die Wirtschaft 2011 aufgrund der Erdbeben- und Tsunamikatastrophe um 0,7 Prozent geschrumpft. Gemäss IWF wird das Wachstum in Japan 2012 mit 2,0 Prozent positiv ausfallen. Für die Eurozone wird für das Jahr 2012 ein Rückgang des BIP von 0,3 Prozent erwartet (2011: 1,4%). Diese Entwicklung ist einerseits auf das Schrumpfen der Volkswirtschaften in Griechenland, Portugal, Italien und Spanien zurückzuführen. Andererseits wird für den Wachstumstreiber Deutschland mit 0,6 Prozent ein deutlich schwächeres Wachstum erwartet als im Vorjahr (2011: 3,1%). Die Arbeitslosenquote der Eurozone befand sich mit 11,2 Prozent im Juni 2012 auf einem Allzeithoch. Bankenbarometer 2012 SBVg September 2012 7

aufstrebende Volkswirtschaften in Asien und Südamerika Aufstrebende Staaten Asiens und Südamerikas, wie China, Indien oder Brasilien, sind Treiber der weltwirtschaftlichen Entwicklung. Zwar weist China keine zweistelligen Wachstumsraten wie in vergangenen Jahren auf, doch mit einem erwarteten Wachstum von 8,2 Prozent im aktuellen Jahr gehört China nach wie vor zu den am stärksten wachsenden Volkswirtschaften. Steigende Rohstoff- und Strompreise, sinkende Immobilienpreise, wachsende soziale Ungleichheit und zunehmende Staatsverschuldung stellen allerdings Gefahren für ein nachhaltiges Wachstum dar. Indien verzeichnet seit der Marktöffnung anfangs der neunziger Jahre stetes Wachstum und hat sich zu einer mächtigen Wirtschaftsnation entwickelt. Brasilien gehört zu den am schnellsten wachsenden Schwellenländern und hat Grossbritannien im vergangenen Jahr als sechstgrösste Volkswirtschaft überholt. 1-1 Entwicklung des BIP in fortgeschrittenen Märkten 1-2 Entwicklung des BIP in aufstrebenden Märkten In Prozent In Prozent 6% 4,4 12% 10,4 10,6 4% 10% 3,0 9,2 9,2 1,9 2,1 1,7 2% 1,4 2,0 8,2 7,5 8% 6,6 7,2 6,9 0% -2% 6% -0,3-0,7 4% 2,7 3,0-4% 2% -3,5-4,3-6% 0% -5,5-0,3-8% -2% 2009 2010 2011 2012p 2009 2010 2011 2012p USA Eurozone Japan China Indien Brasilien Quelle: IWF Quelle: IWF Langsameres Wachstum des Welthandels Belastung der Konjunktur durch hohe Staatsschulden Im Jahr 2010 nahm das Welthandelsvolumen mit sehr hohen 13,8 Prozent zu, was insbesondere dem Aufholeffekt nach der Finanzkrise zuzuschreiben ist. 2011 wuchs das Welthandelsvolumen mit 5,0 Prozent gemächlicher. Die Welthandelsorganisation (WTO) erwartet für 2012 noch eine Zunahme von 3,7 Prozent. Die hohen Schuldenquoten einiger Euroländer sowie der USA stellen nach wie vor eine Belastung für die globale Konjunktur dar. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) rechnet für 2011 mit einer Bruttoverschuldung der Eurozone von 88,1 Prozent des BIP (2010: 85,8%). 1.2 Schweiz Mässigeres Wachstum als im Vorjahr Schwieriges aussenwirtschaftliches Umfeld Nach einem starken Rückgang im Jahr 2009 (-1,9%) und einer Erholung 2010 (+3,0%), wuchs das BIP im letzten Jahr um 2,1 Prozent. Für 2012 erhöhte das SECO seine Wachstumsprognose von 0,8 auf 1,4 Prozent, dies nachdem sich die Konjunktur im Winterhalbjahr 2011/12 besser entwickelt hatte als erwartet. Die anhaltend tiefen Zinsen stützen die Bauinvestitionen und den privaten Konsum. Die rückläufige Inflation und das zuwanderungsbedingte Bevölkerungswachstum tragen positiv zu dieser Entwicklung bei. Aufgrund des hoch bewerteten Schweizer Frankens ist die Handelstätigkeit der Schweizer Unternehmen im Jahr 2011 weniger stark gewachsen als im Vorjahr. Die Exporte sind gegenüber dem Vorjahr um 2,3 Prozent gestiegen (2010: 7,2%), die Importe um 0,2 Prozent (2010: 8,6%). Insbesondere für exportorientierte Unternehmen stellt neben der Frankenstärke vor allem die rezessive Wirtschaftslage Europas eine Herausforderung dar. Um international konkurrenzfähig zu bleiben, mussten viele Unternehmen ihre Verkaufspreise zu 8 Bankenbarometer 2012 SBVg September 2012

Lasten der Margen senken. Die Festsetzung der Wechselkursuntergrenze zum Euro konnte die Währungssituation stabilisieren, erhöhte die Planungssicherheit der Exportunternehmen und wirkte sich positiv auf deren Geschäftslage aus. Verbesserung auf dem Arbeitsmarkt, leicht erhöhte Arbeitslosigkeit 2012 Positives Ergebnis des Staatshaushalts Die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt in der Schweiz verlief trotz Frankenstärke und den wirtschaftlichen Unsicherheiten in Europa positiv. 2011 betrug die Arbeitslosenquote im Schnitt 2,9 Prozent. Im Juni 2012 lag die Quote bei 2,7 Prozent (Januar 2012: 3,1%). Für 2012 und 2013 rechnet das SECO mit einer durchschnittlichen Arbeitslosenquote von 3,2 bzw. 3,4 Prozent. Auch wenn für das aktuelle Jahr eine Zunahme der Arbeitslosigkeit erwartet wird, steht die Schweiz im Vergleich zum Ausland sehr gut da. Verglichen mit den meisten europäischen Staaten und den USA sind auch die schweizerischen Staatsfinanzen in einem sehr guten Zustand. So lag die Schuldenquote der Schweiz mit 37,9 Prozent im Jahr 2010 weit unter dem Durchschnitt der Eurozone von 85,3 Prozent. Während die Schuldenquote im europäischen Währungsraum über die letzten zehn Jahre angestiegen ist, ist diese in der Schweiz gesunken. Trotz Finanzkrise konnte der Bund 2010 einen Überschuss von CHF 3,9 Mrd. und 2011 von CHF 2,2 Mrd. erzielen. 1.3 Schwerpunktthema: Der europäische Bankensektor in der Krise Die sich verschärfende Schuldenkrise stellte 2011 wie auch im laufenden Jahr eine grosse Herausforderung für die Eurozone dar. Die politische Situation in Griechenland ist weiterhin unklar. Die zunehmende Staatsverschuldung und die erheblichen Probleme des Bankensektors in Spanien, Portugal, Irland und Italien bleiben bestehen. Während die Kapitalbasis der Banken in der Eurozone gestärkt werden konnte, sind die Erträge zurückgegangen, was zu entsprechend tieferen Eigenkapitalrenditen geführt hat. Trotz verschiedener bereits umgesetzter sowie geplanter Massnahmen auf internationaler und nationaler Ebene bleibt die weitere konjunkturelle Entwicklung in der Eurozone mit grossen Risiken behaftet. Von der Finanzzur Schuldenkrise Ausgehend vom US-Hypothekarmarkt wurde das globale Finanzsystem stark belastet. Auch das Platzen der Immobilienblase in Spanien und Irland in den Jahren 2007 bzw. 2008 hatte weitreichende Folgen. Durch die grossen Verflechtungen des Finanzmarkts äusserte sich die Finanzkrise in Bilanzverlusten und Insolvenzen von Finanzinstituten. Banken mussten in der Folge durch staatliche Massnahmen gestützt werden. Diese Massnahmen führten teilweise zu einer steigenden Staatsverschuldung in den betroffenen Ländern. 1-3 Staatsschulden ausgewählter Eurostaaten In Prozent des BIP 2007 Veränderung zum Vorjahr 2011 Veränderung zum Vorjahr 2013* Veränderung zum Vorjahr Griechenland 107,5% -0,1% 165,4% +14,1% 168,5% +3,1% Irland 24,8% +0,5% 108,2% +17,0% 120,9% +4,5% Italien 103,1% -2,7% 120,0% +1,1% 122,5% -0,5% Portugal 68,3% +7,2% 107,8% +15,4% 120,3% +5,1% Spanien 36,2% -8,5% 68,5% +11,9% 84,1% +3,7% Eurozone 66,3% -3,2% 88,1% +2,8% 93,0% +0,9% *Prognose Quelle: OECD Bankenbarometer 2012 SBVg September 2012 9

Die durchschnittliche Staatsverschuldung in der Eurozone lag 2007 bei noch 66,3 Prozent des BIP und ist bis 2011 auf 88,1 Prozent angestiegen. In Irland ist die Zunahme in dieser Periode am deutlichsten ausgefallen. Während die Verschuldungsquote 2007 noch bei 24,8 Prozent lag, betrug sie 2011 bereits 108,2 Prozent. Alle in Tabelle 1-3 aufgeführten Länder überschritten im Jahr 2011 die in den Maastricht-Kriterien festgelegte Obergrenze der Gesamtverschuldung von 60 Prozent des BIP. Für 2013 prognostiziert die OECD eine weitere, wenn auch etwas abgeschwächte Zunahme der Staatsschulden in der Eurozone (+0,8%). Negative Auswirkungen der staatlichen Interventionen auf das Staatsdefizit Die Auswirkungen der Massnahmen zur Stützung der Finanzinstitutionen auf den Staatshaushalt sind je nach Umfang und Ausgestaltung unterschiedlich. Die stärkste Zunahme des Staatsdefizits in Folge der Eingriffe erfolgte in Irland. Das Defizit hat in der Periode von 2007 bis 2011 um insgesamt 26 Prozent des BIP zugenommen. In anderen Ländern der Eurozone wie Deutschland, Portugal und Grossbritannien ist das Defizit ebenfalls aber in geringerem Ausmass gewachsen (zwischen 0,5 und 3,0% des BIP). In wenigen Ländern führten die Interventionen gar zu einer geringfügigen Reduktion des Budgetdefizits (u. a. Spanien). Grund dafür sind die Erträge aus gewährten Garantien an Finanzinstitutionen sowie Zinserträge aus Schuldverschreibungen und Krediten. Für alle EU-Staaten zusammengenommen resultierten die Interventionen während der Jahre 2007 bis 2009 in einem leicht gestiegenen Defizit. 2010 erhöhte sich das Defizit in den EU-Ländern um 0,54 Prozent des BIP jedoch stark. 2011 ist die Auswirkung der Staatshilfen auf das Defizit mit 0,04 Prozent des BIP wieder schwächer ausgefallen. 1-4 Auswirkungen der Interventionen auf das Staatsdefizit In Prozent des BIP 0,5% 0,0% -0,14-0,14-0,5% -1,0% -0,01-0,39-0,58-0,04-0,05 0,00 0,01 0,00 0,00 0,02 0,04 0,03-0,52 0,07 0,07 0,09 0,00-0,07-0,13-0,54-0,04-1,5% -2,0% -1,33-1,29-2,5% -3,0% -3,5% -4,0% -2,35-3,50-20,22 DE UK PT IE GR ES EU-27 Quelle: Eurostat 2008 2009 2010 2011 Sinkende Eigenkapitalrendite der Banken in der EU Die Folgen der Finanzkrise spiegeln sich auch in sinkenden Erträgen der Banken wider. Die Eigenkapitalrendite ist bei den Banken der EU-27-Staaten zwischen 2007 und 2009 stark gesunken. Während die Eigenkapitalrendite 2007 im Durchschnitt noch 17,5 Prozent 2 betrug, sank diese bis 2009 auf 5,0 Prozent. Dieser Rückgang ist insbesondere auf den Ausbruch der Finanzkrise und die daraus resultierenden äusserst schwierigen Marktbedingungen zurückzuführen. Im Jahr 2010 hat sich der allgemeine Zustand der Banken leicht verbessert und die Eigenkapitalrendite ist auf 7,9 Prozent angestiegen. Nach einer kurzzeitigen Verbesserung ist die Eigenkapitalrendite im vergangenen Jahr in den meisten EU-Ländern hingegen wieder gesunken (2011: 3,5%). Während die Eigenkapitalrendite der Banken in der Schweiz 2007 mit 13,7 Prozent noch unter dem EU-Schnitt lag, war diese mit 9,9 Prozent im Jahr 2011 überdurchschnittlich. 2 Medianwert der EU-27-Staaten. 10 Bankenbarometer 2012 SBVg September 2012

1-5 Eigenkapitalrendite In Prozent 30,0% 20,0% 10,0% 9,8 13,1 19,7 12,6 13,7 9,9 8,8 6,5 19,6 7,5 18,7 5,4 18,7 2,3 13,9 2,2 6,2 1,7 16,4 14,5 0,0% -10,0% -8,6-20,0% -30,0% -40,0% FR SE CH DE* ES NL PT IE UK IT GR -34,2 2007 2011 2007 2011 EU-27 (2007) 17,5% EU-27 (2011) 3,5% * Stand 2010 Anmerkung: Eigenkapitalrendite = Gewinne / Eigenkapital Quelle: IWF, SNB Stützungsmassnahmen gegen die Schuldenkrise Massnahmen zur Stärkung des Bankensektors Die Politik versucht mit unterschiedlichen Massnahmen, eine Eskalation der Staatsschuldenkrise zu verhindern. Dabei kann zwischen Massnahmen zur Stärkung des Bankensektors und Massnahmen zur Rettung von Staaten unterschieden werden. Um die Liquidität der Banken aufrechtzuerhalten, hat die Europäische Zentralbank (EZB) verschiedene Offenmarktgeschäfte getätigt. Im Rahmen zweier langfristiger Refinanzierungsgeschäfte (sogenannte LTRO «long-term refinancing operations») versorgte die EZB die Banken mit zusätzlicher Liquidität, um das Funktionieren des Euro-Geldmarktes zu gewährleisten und eine Kreditklemme zu verhindern. Die erste Auktion, bei der EUR 489,2 Mrd. nachgefragt wurden, fand Ende Dezember 2011 statt. Im Rahmen des zweiten LTRO im März 2012 wurden Banken mit einem Volumen von EUR 529,5 Mrd. versorgt. Ein grosser Teil dieser Gelder floss an spanische und italienische Banken. Mit Hilfe dieser Massnahmen konnten die Märkte zumindest kurzfristig beruhigt und eine Liquiditätskrise verhindert werden. Wie in Abbildung 1-6 ersichtlich ist, konnte durch diese Eingriffe die Anspannung am Interbankenmarkt in der Eurozone entschärft werden. 1-6 Interbankenmarkt: Differenz zwischen LIBOR und Overnight Index Swap In Basispunkten 120 100 LTRO 1 LTRO 2 80 60 40 20 0-20 Jan 2010 Apr 2010 Jul 2010 Okt 2010 Jan 2011 Apr 2011 Jul 2011 Okt 2011 Jan 2012 Apr 2012 Jul 2012 Schweiz Eurozone Anmerkung: Als Indikator für die Anspannung auf dem Geldmarkt kann die Differenz zwischen dem (unbesichterten) LIBOR und dem Zins für indexierte Über-Nacht-Swaps (sog. «Overnight Index Swap») verwendet werden. Damit lässt sich das Vertrauen auf dem Interbankmarkt schätzen. Quelle: Datastream Bankenbarometer 2012 SBVg September 2012 11

Massnahmen zur Rettung von Staaten Stärkere Kapitalquoten für höhere Sicherheit Beschluss einer gemeinsamen Bankenaufsicht Der Rettungsfonds EFSF 3 wurde im September 2011 auf insgesamt EUR 780 Mrd. aufgestockt. Zudem wurde ein Schuldenschnitt für Griechenland und eine Rekapitalisierung der griechischen Banken beschlossen. Die EZB greift seit 2008 zu weiteren unkonventionellen Mitteln 4, um der Krise entgegenzuwirken. So kaufte sie im August 2011 erstmals italienische und spanische Staatsanleihen am Sekundärmarkt, um zu verhindern, dass die Zinsen für die Krisenstaaten weiter ansteigen. Seit Mitte März dieses Jahres hat die EZB keine Staatsanleihen mehr gekauft. Die EZB behält sich aber vor, weitere Staatsanleihen auf dem Sekundärmarkt zur Stützung angeschlagener Eurostaaten zu kaufen, wie EZB-Chef Mario Draghi Ende August 2012 in einer Rede sagte. Die Käufe seien aber an Bedingungen, wie die Reduktion des Staatsdefizits oder Strukturreformen, geknüpft. Per Anfang August 2012 hatte die EZB Forderungen in Höhe von EUR 211,3 Mrd. ausstehend. Auch auf Ebene der Bankenregulierung wurden Massnahmen getroffen. So hat der Europäische Rat im Oktober 2011 entschieden, dass Banken in der EU bis Juni 2012 über eine Kernkapitalquote 5 von 9 Prozent verfügen müssen. Trotz der schwierigen Bedingungen auf den Finanzmärkten konnten viele Banken in der EU von 2008 bis 2011 ihre Kapitalbasis stärken. Gemäss dem EU-weiten Stresstest, den die Europäische Bankaufsichtsbehörde (EBA) 2011 durchführte, verfügten die Banken in der EU per Ende 2010 durchschnittlich über eine Kernkapitalquote von 8,9 Prozent 6. Für 2011 rechnet die EBA unter der Annahme, dass die Banken kein zusätzliches Kapital vom Staat erhalten mit einer Kernkapitalquote von 7,4 Prozent. Bis 2018 müssen Banken gemäss den neuen Kapitalvorschriften des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht (Basel III) 7 Prozent hartes Kernkapital 7 aufweisen. Trotz verschiedener bereits umgesetzter und geplanter Massnahmen auf internationaler und nationaler Ebene, die zumindest kurzfristig Erleichterung verschafften, bleibt die Unsicherheit über die weitere konjunkturelle Entwicklung in der Eurozone bestehen. Ende Juni 2012 war auf dem EU-Gipfel in Brüssel eine einheitliche Bankenaufsicht beschlossen worden. Diese soll «einen Beitrag zu besserem Anlegerschutz, zur Wiederherstellung des Vertrauens und zur Abfederung von Erschütterungen im Finanzsektor» 8 beitragen. Zudem darf der EFSF bzw. ESM, sobald eine gemeinsame Bankenaufsicht existiert, Banken direkt rekapitalisieren. Der Plan einer Bankenunion sieht vor, dass die EBA Kompetenzen an die EZB abgibt, welche die Oberhoheit über die geplante EU-Bankenaufsicht haben soll. Die EU- Kommission will voraussichtlich am 11. September dieses Jahres ihre Pläne diesbezüglich vorlegen. Neue Impulse werden einerseits aufgrund der noch ausstehenden Entscheidung von Deutschland und Italien bezüglich des ESM, andererseits aufgrund der Konkretisierung der Pläne der EZB erwartet. In der Zwischenzeit kann mit einer erneuten Liquiditätszufuhr der EZB gerechnet werden. 3 European Financial Stability Facility: Der Rettungsfonds wurde 2010 von den Eurostaaten geschaffen, um die finanzielle Stabilität der Euroländer zu gewährleisten und finanzielle Hilfe zu bieten. Die Massnahme soll im Juni 2013 auslaufen und bis dahin parallel zu dem als Nachfolger geplanten Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) aktiv sein. Der ESM sollte Mitte 2012 in Kraft treten, wobei nach wie vor die Zustimmung von Deutschland und Italien fehlt. Der ESM ist wie der EFSF ein Teil des «Euro-Rettungsschirms». 4 Vollzuteilung in allen Offenmarktgeschäften, Langfristtender mit einer Laufzeit von bis zu einem Jahr, Erweiterung des Sicherheitenrahmens auf nicht marktfähige Instrumente, Bereitstellung von Fremdwährungsliquidität gegen Sicherheiten, Aufkaufprogramm für Pfandbriefe im Umfang von EUR 60 Mrd. 5 Kernkapitalquote (Core Tier 1 capital ratio) gemäss den Anforderungen von Basel III bzw. den entsprechenden Bestimmungen der EU (CRD I-III). 6 Ende 2010 wiesen drei Banken eine Kernkapitalquote unter 5 Prozent auf. Ohne staatliche Rekapitalisierung wären es 18 Banken gewesen. 7 Hartes Kernkapital (Common Equity Tier 1, CET1) gemäss den Anforderungen von Basel III. Die Anforderungen an die Qualität des CET1 sind gegenüber dem Kernkapital gemäss Basel II stark erhöht worden. Daher sind die beiden Kapitalquoten nicht ohne Weiteres miteinander vergleichbar. 8 Europäische Kommission, «Eine Bankenunion für Europa», 26. Juni 2012 12 Bankenbarometer 2012 SBVg September 2012

2 Finanzmärkte Die Schweizer Finanzmärkte waren auch 2011 durch ein sehr tiefes Zinsniveau und einen weiteren Rückgang der Renditen der Bundesanleihen geprägt. Der 3-Monats-LIBOR CHF und die Rendite von zehnjährigen Bundesanleihen erreichten historische Tiefstände. Nach Festsetzung der EUR/CHF-Wechselkursuntergrenze von CHF 1,20 durch die Schweizerische Nationalbank (SNB) im September 2011 nahm die Aufwertung des Schweizer Frankens stark ab. Sein Aussenwert legte 2011 nur noch um 0,5 Prozent zu. Die Entwicklung der globalen Aktienmärkte war 2011 mehrheitlich negativ. Im ersten Halbjahr 2012 konnte eine leicht positive Entwicklung festgestellt werden, die sich allerdings im zweiten Quartal wieder abschwächte. Gründe waren vor allem die noch immer andauernde Staatsschuldenkrise in der Eurozone sowie eine merklich nachgelassene Dynamik in den USA. 2.1 Zinsen und Wechselkurse Zinsniveau weiterhin tief, Renditen von Bundesanleihen auf historischem Tief Die Zinsen befinden sich nach wie vor auf einem ausserordentlich tiefen Niveau. Am 3. August 2011 hat die SNB das Zielband für den LIBOR CHF von 0,0 0,75 Prozent auf 0,0 0,25 Prozent gesenkt. Die letzte Zinssenkung lag fast zweieinhalb Jahre zurück. Danach bewegte sich der LIBOR im Bereich von ungefähr 0,01 Prozent. Diese Entwicklung wird massgeblich von der expansiven Geldpolitik der SNB getrieben, die damit den fragilen Aufschwung stützt und den nach wie vor hoch bewerteten Schweizer Franken bekämpft. Die Renditen für Schweizer Staatsanleihen haben sich gegenüber 2010 nochmals stark reduziert. Zehnjährige Eidgenossen rentierten 2011 im Schnitt mit 1,5 Prozent. 2-1 Renditen von Bundesanleihen und 3-Monats-LIBOR CHF 4,0% 3,5% 3,0% 2,5% 2,0% 1,5% 1,0% 0,5% 0,0% Jan 2008 Apr 2008 Jul 2008 Okt 2008 Jan 2009 Apr 2009 Jul 2009 Okt 2009 Jan 2010 Apr 2010 Jul 2010 Okt 2010 Jan 2011 Apr 2011 Jul 2011 Okt 2011 Jan 2012 Apr 2012 Jul 2012 3-Monats-LIBOR CHF Bundesanleihe 10 Jahre Bankenbarometer 2012 SBVg September 2012 13

Gebremste reale Aufwertung des Schweizer Frankens Mit der Festsetzung der EUR/CHF-Wechselkursuntergrenze im September 2011 konnte der exportgewichtete reale Wechselkurs stabilisiert werden. Die reale Aufwertung des Schweizer Franken gegenüber den 40 wichtigsten Handelspartnern betrug 2011 lediglich 0,5 Prozent. Von Januar bis August 2011 belief sich die Aufwertung noch auf 13,9 Prozent. So hat sich der Aufwertungsdruck nicht nur gegenüber dem Euro stark gemindert. 2-2 Wechselkursentwicklungen gegenüber CHF Indexiert, Januar 2008 = 100 130 120 110 100 90 80 70 60 50 Jan 2008 Apr 2008 Jul 2008 Okt 2008 Jan 2009 Apr 2009 Jul 2009 Okt 2009 Jan 2010 Apr 2010 Jul 2010 Okt 2010 Jan 2011 Apr 2011 Jul 2011 Okt 2011 Jan 2012 Apr 2012 GBP EUR USD JPY Anstieg der Devisenreserven der SNB 2012 2011 führte die von der SNB festgelegte Untergrenze noch zu keinen merklichen Auswirkungen in der Bilanz der Nationalbank. Erst 2012 musste die SNB auf den Devisenmärkten intervenieren, um die Untergrenze von 1,20 EUR/CHF halten zu können. Die Devisenreserven der SNB betrugen per Ende Juli 2012 CHF 406,5 Mrd. Sie bestehen zu 60 Prozent aus Anlagen in Euro, zu 22 Prozent aus US-Dollar und zu 8 Prozent aus japanischen Yen. 85 Prozent werden in Staatsanleihen gehalten und 10 Prozent in Aktien. 86 Prozent der Devisenreserven weisen ein AAA-Rating auf. Auch wenn sich der US-Dollar gegenüber dem Schweizer Franken in den letzten Monaten aufgewertet hat, ist in nächster Zeit dennoch keine weitere Abwertung des Schweizer Frankens zu erwarten, denn der Schweizer Franken stellt aufgrund der politischen und finanziellen Stabilität nach wie vor eine Safe-Haven Währung dar. Gleichgewichtskurs sinkt in Richtung EUR/CHF-Untergrenze Unter anderem aufgrund der unterschiedlichen Entwicklung des Preisniveaus sinkt der kaufkraftparitätische Wechselkurs des EUR/CHF (sogenannter Gleichgewichtskurs) in Richtung des tatsächlichen Wechselkurses. Daraus folgt, dass die Überbewertung des Frankens leicht gesunken ist, was den Druck auf die von der SNB festgesetzte Kursuntergrenze in nächster Zeit reduzieren sollte. Weder in der Eurozone noch in der Schweiz ist in den nächsten Monaten eine Zinserhöhung zu erwarten. 14 Bankenbarometer 2012 SBVg September 2012

2.2 Aktienmärkte Negative Entwicklung auf den Aktienmärkten 2011 Nach einem durchwachsenen Jahr 2010 sind die Börsenkurse 2011 mehrheitlich gesunken. Insbesondere im zweiten Halbjahr fand ein Einbruch der Aktienmärkte in Asien statt (MSCI Asien ohne Japan: -17,3% und NIKKEI: -11,5%). Gründe hierfür waren unter anderem die Erdbeben- und Tsunamikatastrophe in Japan, Überschwemmungen in Thailand sowie die fragile ökonomische Situation in der Eurozone. In der Schweiz sank der Swiss Market Index (SMI) mit -7,8 Prozent leicht weniger stark als der europäische Blue-Chip-Index STOXX 50 EUR mit -8,4 Prozent. Die negative Entwicklung europäischer Aktienindizes lag hauptsächlich an Zweifeln an einer nachhaltigen Erholung der Wirtschaftsentwicklung in den Industriestaaten und an der noch immer nicht gelösten Staatsschuldenkrise in der Eurozone. Die US-amerikanischen Börsen hingegen konnten der negativen Entwicklung trotzen. So legte der Dow Jones Industrial 2011 um 5,5 Prozent zu, und der S&P 500 blieb konstant. Die steigende Risikoaversion und Unsicherheit der Investoren widerspiegelten sich auch in einer angestiegenen Nachfrage nach Edelmetallen als Anlage. So stieg der Goldpreis 2011 um über 23 Prozent und der Silberpreis um fast 8 Prozent (beide in USD/Unze). Die starken Preissteigerungsraten des Vorjahres wurden allerdings nicht erreicht. 2-3 Ausgewählte Börsenindizes Indexiert, 1. Januar 2008 = 100 110 100 90 80 70 60 50 40 30 Jan 2008 Apr 2008 Jul 2008 Okt 2008 Jan 2009 Apr 2009 Jul 2009 Okt 2009 Jan 2010 Apr 2010 Jul 2010 Okt 2010 Jan 2011 Apr 2011 Jul 2011 Okt 2011 Jan 2012 Apr 2012 NIKKEI STOXX 50 EUR SMI MSCI ASIA ex JP Dow Jones Industrial, Datastream Leicht positive Entwicklung in der ersten Hälfte 2012 Getrübter Ausblick in entwickelten Märkten Im ersten Halbjahr 2012 entwickelten sich europäische und US-amerikanische Aktienindizes leicht positiv, während die Börsen in Asien sanken. Insbesondere im ersten Quartal 2012 konnte ein Anstieg der Börsenkurse festgestellt werden, während das zweite Quartal mehrheitlich negativ verlief. Gründe für den Einbruch im zweiten Quartal stellten unter anderem die gestiegene Gefahr eines Zusammenbruchs der europäischen Währungsunion sowie eine merklich nachgelassene Dynamik der US-amerikanischen Volkswirtschaft dar. Mit einer Arbeitslosenrate von 8,3 Prozent im Juli 2012 leidet der US-Arbeitsmarkt noch immer an den Folgen der Finanzkrise. Die zu lösenden Probleme in der Eurozone werden in den kommenden Monaten die Entwicklungen der Aktienmärkte beeinflussen. Die zahlreichen EU-Gipfel der letzten Monate konnten die Märkte jeweils nur kurzfristig beruhigen. Für eine anhaltende Wirkung sind klare Bekenntnisse der EU-Regierungschefs zu einer Fiskalunion notwendig. Auch wenn die USA aktuell etwas aus dem Fokus der Medien geraten sind, bleiben auch deren Staatsschulden ein zu lösendes Problem. Da die Schwellenländer nicht völlig abgekoppelt sind vom Rest der Welt, ist auch dort eine Eintrübung der Aktienkurse zu erwarten. Prognosen gehen aber von einer leichten Verbesserung bis Ende des laufenden Jahres aus. Bankenbarometer 2012 SBVg September 2012 15