Parlamentarische Anfrage 4601/J betreffend Selbstmord von Jugendlichen in Österreich

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Transkript:

Parlamentarische Anfrage 4/J betreffend Selbstmord von Jugendlichen in Österreich Österreichische Gesellschaft für Kinder und Jugendpsychiatrie p.a. OA Dr. Christian Kienbacher Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie Währinger Gürtel 8-2 9 Wien In der Kindheit sind Suizidversuche und Suizide (ein Suizid wurde seit 94 in Österreich von einem Kind in der Altersgruppe unter Jahren begangen) extrem seltene Ereignisse. Das Jugendalter ist der Lebensabschnitt mit der höchsten Rate an Suizidversuchen, nicht aber der Lebensabschnitt mit der höchsten Rate an Suiziden (Suizid ist die häufigste Todesursache bei Männern der Altersgruppe 25-35). Zeitgleich treten in diesem Lebensalter auch sehr oft psychische Erkrankungen mit selbstverletzendem Verhalten auf, welches von der oder dem nicht kinder- und jugendpsychiatrisch Geschulten als Suizidversuch fehlinterpretiert werden könnte. Selbstverletzendes Verhalten verfolgt im Gegensatz zum Suizidversuch nicht die Absicht der Selbsttötung, sondern wird vom Erkrankten zur Impulsregulation und zum Anspannungsabbau verwendet. Während selbstverletzendes Verhalten überwiegend bei weiblichen Jugendlichen auftritt, sind parasuizidale Handlungen, darunter versteht man Handlungen mit einer potentiellen aber nicht mit einer beabsichtigten Lebensbedrohung (risikoreiche Sportarten oder das riskante Lenken von Fahrzeugen), gehäuft bei männlichen Jugendlichen anzutreffen. Suizidgedanken treten sehr oft bei 5-2 Jährigen auf und laut einer Studie von Dervic et al. geben 29,% aller männlichen und 48,55% aller weiblichen Jugendlichen an, zumindest einmal Suizidgedanken gehabt zu haben. Nach dem Tod durch einen Verkehrsunfall ist Suizid die zweithäufigste Todesursache bei den 5-2 Jährigen in Österreich, gefolgt von den Drogentoten. Alle körperlichen Erkrankungen mit Todesfolge, wie z.b. auch die Krebserkrankungen, sind in dieser Altersgruppe seltener vertreten. Todesursachenstatistik Quelle: Statistik Austria Todesursachen 27 Aller Verstorbener 5-2 Lebensjahr Insgesamt 7425 224 Transportunfälle 72 85 Suizid 28 4 Drogentote 8 25 Neubildungen 89 Herz-Kreislauf 3284 5 Unfälle durch Sturz 82 Mord 52 2 Störung durch Alkohol 38 AIDS 2 Grippe 7

Bei den drei häufigsten Todesursachen in der Altersgruppe 5-2 (Verkehrsunfälle, Suizid und Drogentod) zeigt sich ein deutlicher Überhang zum männlichen Geschlecht, was seinen Niederschlag auch in der Gesamtsterblichkeit findet. In dieser Altersgruppe sterben fast dreimal so viele Männer wie Frauen. Todesursachenstatistik Quelle: Statistik Austria Todesursachen 27 Insgesamt Transportunfälle Suizid Drogentote Neubildungen Herz-Kreislauf Unfälle durch Sturz Mord Störung durch Alkohol AIDS Grippe Männlich 5-2 Lebensjahr 5 5 34 5 8 3 Weiblich 5-2 Lebensjahr 59 2 7 8 2 8 Dervic et al., Suicide among Viennese minors, 94-22 Altersverteilung bis 4 Jahre 5 bis 9 Jahre bis 4 Jahre 5 bis 9 Jahre Gesamt 85 597 83 27 2

Bei den Verkehrstoten gab es durch präventive Maßnahmen wie Gurtenpflicht, Entwicklung von sichereren Autos und schnellere Verfügbarkeit von Rettungsdiensten eine eindrucksvolle Abnahme in den vergangenen Jahrzehnten (97: 33,9; 28: 7,2 auf. Einwohner). Im gleichen Zeitraum 97-28 gingen auch die Suizide in der Gesamtbevölkerung zurück (2,7 auf, auf. Einwohner), jedoch bei weitem nicht in dieser eindrucksvollen Weise wie bei den Toten nach Verkehrsunfällen. Da die Kinder- und Jugendpsychiatrie es als eine ihrer Kernkompetenzen ansieht Suizidalität abzuklären und deren Grunderkrankungen wie Depression, Posttraumatische Belastungsstörungen, Persönlichkeitsstörungen, Suchterkrankungen und andere zu behandeln, hätten wir in unserem Fachgebiet die Möglichkeit präventiv einen Beitrag zu leisten um die Suizidrate unter Österreichs Jugendlichen zu senken. Leider fehlt es in Österreich an einer adäquaten wohnortnahe kinder- und jugendpsychiatrischen Versorgung, sodass vielen Jugendlichen in Krisen nicht geholfen werden kann. Todesfälle auf. Einwohner Österreich 97-28 Quelle Statistik Austria 45, Todesfälle nach Art auf. Einwohner 4, 35, 3, 25, 2, 5,, 5, - 97 972 974 97 978 98 982 984 98 988 99 Jahr 992 994 99 998 2 22 24 2 28 Tote durch Verkehrsunfälle Suizide 3

Nicht nur die Suizidrate in der Gesamtbevölkerung ist rückläufig, auch die Suizidrate in der jugendlichen Bevölkerung ist rückläufig, wie eine Studie von Dervic et al. 27 an Hand der Wiener Jugendlichen zeigen konnte. Suizidrate Wiener Jugendliche Alter -9 von 953-22 Dervic et al., Suicide among Viennese minors, 94-22 25 4

Epidemiologische Vergleiche zwischen verschiedenen Staaten und Kulturen den Suizid betreffend sind schwierig durchzuführen, da nicht alle Staaten über solch valide Daten wie z.b. Österreich verfügen. In vielen Ländern gibt es keine vergleichbare Todesursachenstatistik und oft ist auch aus kulturellen oder religiösen Gründen der Suizid tabuisiert und wird deshalb offiziell als Unfall geführt. Dies verlangt auch der OECD Bericht 29 ins Kalkül zu ziehen und es ist davon auszugehen, dass Länder im unteren Drittel der Statistik dazu neigen, nicht alle Suizide im Jugendlichenalter als solche zu werten. Schmidtke et al. erhob 99 in Würzburg eine Suizidrate bei 5-9jährigen Frauen von 3 und bei gleichaltrigen Männern von 9 auf.. Die Studie von Dervic et al. weist für 99 bei den -9jährigen Frauen in Wien eine Suizidrate von,8 und bei den Männern von 8 auf. auf. Pfeffer (99) gibt eine Suizidrate von 3, auf. bei 5- bis 24-Jährigen in den USA an. Laut Klosinski (24) haben Ungarn, Finnland, Schweiz und Neuseeland im internationalen Vergleich hohe Suizidraten. Die Dunkelziffer für Suizidversuche im Jugendlichenalter wird in der Literatur unterschiedlich hoch angegeben. Knölker et al. 27 spricht von einem Verhältnis von 4 Suizidversuchen auf einen Suizid, wobei weibliche Jugendliche 3-9-mal häufiger Suizidversuche begehen als männliche Jugendliche. Friedmann et al. 987 gehen in ihrer Studie davon aus, dass 9% aller Adoleszenten in den USA mindestens einmal einen Suizidversuch begehen. Ausgehend von Knölkers Zahlen muss man in Österreich mit Suizidversuchen pro Jahr in der Altersgruppe der 5-2 -jährigen rechnen. Diese Jugendlichen benötigen einen niederschwelligen Zugang zu einer Erstversorgung und die Möglichkeit eine nachfolgende Therapie vor Ort zu etablieren, die sich der Behandlung der psychiatrischen Grunderkrankung widmet. Bei diesen Zahlen sind die PatientInnen mit chronischem selbstverletzenden Verhalten und Jugendliche mit parasuizidalem Verhalten wie Drogensucht und gesteigertem Risikoverhalten nicht mitgerechnet. Die Urachen / Risikofaktoren für Suizidversuche und Suizid im Kindes- und Jugendalter sind in der Literatur gut belegt und betreffen die Bereiche: Psychische Grunderkrankung: Familie: Trauma: Life Events: Geschlecht: Gesellschaft: Depression Alkohol-, Nikotin-, Drogensucht Vorangegangene Suizidversuche Fehlender Elternteil, broken-home families Psychische Erkrankung eines Elternteils (Alkohol-, Drogensucht, Depression, Suizidversuche, Suizid) Misshandlung, sexueller Missbrauch Schlechte Schulleistungen, Konflikte in der Schule, am Arbeitsplatz, mit den Eltern Beenden einer Partnerschaft Suizide bei männlichen Jugendlichen 5-mal höher Modelllerneffekt Gesellschaftliche und historische Bedingungsfaktoren Medien (Werther Effekt) Verfügbarkeit der Mittel (z.b. Waffen) 5

Spezialprävention Im Sinne der Suizidprävention bei Kinder- und Jugendlichen gilt es psychische Erkrankungen, allen voran Depression und Suchterkrankungen, frühzeitig zu erkennen und geeignete Behandlungsmöglichkeiten niederschwellig anzubieten. Eine große Herausforderung stellen dabei die männlichen Jugendlichen dar, welche im Vergleich zu den Mädchen eine um das 5-fach erhöhte Suizidhäufigkeit aufweisen und nur in den seltensten Fällen psychiatrisch vorbehandelt wurden. Im Vergleich zu den Mädchen mit selbstverletzendem Verhalten, die sehr rasch an Facheinrichtungen überwiesen werden, gelingt es weniger gut jungen Männern in Lebenskrisen gerecht zu werden und ihnen gegenüber eine Empfehlung zur Diagnostik und Therapie auszusprechen. Diese Verteilung zeigt sich in allen Ländern, die in der OECD Studie erfasst wurden. Spezielle Präventionsprogramme müssten für Kinder- und Jugendliche angeboten werden, in deren Familie sich eine nahe Bezugsperson suizidiert hat, da nach dem Vorliegen einer psychiatrischen Erkrankung der Modelllerneffekt der zweitgrößte Risikofaktor ist. Spezialambulatorien für diese Kinder und Jugendliche müssten österreichweit zur Verfügung stehen und auf eine gesicherte finanzielle Basis gestellt werden. Kriseninterventionszentren für Kinder und Jugendliche in Lebenskrisen müssten ein niederschwelliges Angebot mit flexiblen an die Jugendlichen angepassten Öffnungszeiten bieten, wobei vor Ort ein Betreuungsspektrum von Krisentelefon bis Kinder- und Jugendpsychiatrischer Behandlung angeboten werden sollte. Im Rahmen von Schülersuiziden, die dafür verantwortlich sind, dass in Monaten mit großen schulischen Belastungen sich in Österreich die meisten Minderjährigen suizidieren, müssten in Schulen Interventionen stattfinden, die verhindern, dass Folgesuizide und Selbstmordversuche stattfinden. Auch sollte eine konsequente Strategie bezüglich der Medienberichterstattung verfolgt werden, nämlich nicht über Schülersuizide in den Medien zu berichten. Diese Strategie zeigte großen Erfolg bei den U-Bahn Suiziden in Wien und sollte zwingend angewendet werden. Generalprävention Die Summe verschiedener Risikofaktoren z.b. extrem hohe Leistungsanforderungen, sich auflösende Familienstrukturen (working, poor, single-parent families etc.), die damit verbundenen Erziehungsdefiziten sowie fehlende Resilienzfaktoren und sozialer Stress in der Schule (Mobbing, Gewalt; siehe UNICEF Innocenti Research Report 7 / 27) zusätzlich zu persönlichen/familiären Faktoren (s.o.) machen das Risiko der Suizidalitätsentstehung aus. Maßnahmen zur Verbesserung der Kinderbetreuung/Elternschaft, Verbesserung des Schulklimas insbesondere Konfliktmanagement, Mobbingprävention sind dringend nötig. Für die Österreichische Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie OA Dr. Christian Kienbacher Sekretär Prim. Dr. Katharina Purtscher Präsidentin