Kultur ist mentale Software, die in einem Sozialisationsprozess kulturell programmiert wird.

Ähnliche Dokumente
Willkommen beim Treff Sozialarbeit

Interkulturelle Kompetenz und Vorbereitung der Mitarbeiter: Ein Schlüssel nachhaltiger Integration

Serviceteil Stichwortverzeichnis 174

Wir freuen uns auf einen erfolgreichen Workshop!

Unterrichtseinheit zu Kultur und Identität AUSZÜGE

...ist eine kleine Gruppe von Unternehmensberatern in Zürich, Bern und Berlin. rbeitsgestaltung rganisationsentwicklung oaching von Führungsprozessen

Interkulturelle Kommunikations- und Kooperationskompetenz in der Beratung zur beruflichen Entwicklung

Herzlich Willkommen. Benvenuti. Bienvenue. Bem-vindo. WoMenPower Karrierekongress zur Hannover Messe 1

Herzlich Willkommen zum "Transkulturelles Kompetenztraining" mit Dr. Sandhya Küsters

Wann brauche ich interkulturelle Handlungsfähigkeit? Seite 10. Was versteht man unter Kultur? Seite 11

Wie kann man sich dem komplexen Begriff von Kultur nähern?

Beratung im interkulturellen Kontext

Interkulturelle Kompetenz

Interkulturelle Elternarbeit. Donnerstag, Uhr Uhr Referentin: Julia Fübbeker, HÖB Papenburg

Herzlich willkommen! Kultursensible Pflege und Betreuung. Mag. a Petra Dachs Integra, 2008

Es gibt viele unterschiedliche Blicke auf Kultur. Welche der folgenden Aussagen spricht Sie am meisten an? Kreuzen Sie an.

Vorwort zur zweiten Auflage... V Vorwort... IX

Beratung und Kultur. Transkulturelle Aspekte in der Beratung. PD Dr. Ute Marie Metje * Evaluation & wissenschaftliche Beratung * Hamburg * Folie 1

Vorwort zur zweiten Auflage Vorwort

Inhaltsübersicht. Vorwort Inhaltsverzeichnis. Teil I: Einführung 1 1. Kapitel: Die Regeln des sozialen Spiels 1

Beck-Wirtschaftsberater. Lokales Denken, globales Handeln

Bedeutung interkultureller Kompetenz beim Umgang mit Jugendlichen mit Migrationshintergrund

Lokales Denken, globales Handeln

Haltungen und Prinzipien interkultureller Arbeit als Herausforderung für die Arbeit mit UMF

Inhaltsübersicht. Vorwort Inhaltsverzeichnis. I.Teil. Einführung Teil Nationale Kulturen Teil Organisationskulturen

Geert Hofstede: Lokales Denken, globales Handeln

Kulturdimensionen nach G. Hofstede und E. Hall. Allgemeine Norm, Familie und Bildung

Dei-Wer-City oder Treptow-Köpenick Dorf?

Transkulturalität in der Entwicklungszusammenarbeit

Thema 2: Diversity-Management im Kontext des interkulturellen Managements. Vortrag 1: Kulturbedingte Probleme in internationalen Unternehmen

Herzlich Willkommen : zum Impulsforum: Mit der Referentin: Constanze Blenig, Karlsruhe

Lokales Denken, globales Handeln

Schulinternes Curriculum Werte und Normen für die Schuljahrgänge 5 und 6

Kulturschock als Phänomen interkultureller Begegnung

Kapitel 4 Interkulturelle Bildung im Unterricht

"The hidden dimension": Kulturdimensionen als Orientierung in der interkulturellen Zusammenarbeit Nagy, Carolin

ARBEITSPAPIER BEGRIFFSBESTIMMUNG VON STEREOTYPEN UND VORURTEILEN

Erläuterung die englische Original-Version unseres Projekts spricht von collective Singing als Oberbegriff für Chorgesang, einstimmiges Singen in der

Swetlana Franken. Personal: Diversity. Management. ^ Springer Gabler

Interkulturelle Kompetenz im Globalen Lernen

Interkulturelle Aspekte

Input zum workshop 3 Zur Entwicklung einer kultursensiblen Pflege und Betreuung in den Einrichtungen und Diensten

Agile Modelle vs. Wasserfall im internationalen Projekt

Leitbild der Heilpädagogischen Hilfe Osnabrück. Leitbild

Protokoll des ersten Interkulturellen-Miteinander-Forums vom im SZ I. Thema: Gemeinsam besser leben in der neuen Heimat

Allgemeine Vorbemerkungen

Aufwachsen in Wohlergehen - Bildungsgerechtigkeit schaffen 6. Tandem / Tridem Fachtagung am 25. November Ein Schulbeispiel.

Zugänge öffnen Transkulturelle Kompetenz in der pädagogischen Arbeit

Workshop Dr. Ulrike Ley coaching & seminare. Berlin

Internationale Bürgerbegegnung in Staufenberg vom

Perspektiven muslimischer Eltern auf Bildung und Schule wahrnehmen Elternbeteiligung stärken

Schulinterner Lehrplan für das Fach Ethik, Klasse 1-4

Interkulturelle Aspekte im Fußball. Mag. Robert Tschaut 20. Jänner 2007 (Maria Enzersdorf)

kommmitmensch Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit durch Einführung einer Präventionskultur WavebreakMediaMicro-Fotolia.com

Ich begrüsse Sie zum Impulsvortrag zum Thema: «Körpersprache geht uns alle an»

Ein Programm für die Gemeinde - Entwicklung. 1. Einführung

Prof. Dr. Jörn Borke Hochschule Magdeburg-Stendal

Interkulturelle Kompetenz als Erfolgsfaktor für Management in China

Schulinternes Curriculum Katholische Religionslehre Jahrgangsstufe EF

Wissenswertes über Kultur, Interkulturelle Kommunikation in der Praxisausbildung

Kreisen Sie die Zahl ein, die Ihnen am ehesten angemessen erscheint.

Schulinternes Curriculum Katholische Religionslehre am Städtischen Gymnasium Gütersloh

Schulinternes Curriculum Evangelische Religionslehre

Interkulturelle Kommunikation. Marianne Schmid- Alge, Alessandro Falle;a, Mark Grieder

Bin ich interkulturell? Ein (Selbst)Check für Fachkräfte der Jugend(sozial)arbeit

Interkulturalität in der alternden Gesellschaft

Wie kommen wir von den Kompetenzerwartungen und Inhaltsfeldern des KLP zu Unterrichtsvorhaben?

Sprachenpotpourrie. Vermutungen. Anfangsphasen. Modul 1. Einführung

Welche Rolle(n) hast Du?

Schulinternes Curriculum für das Fach Praktische Philosophie. Fach / Jahrgangsstufe Praktische Philosophie 5/6

Handbuch Interkulturelle Kompetenz

Kernlehrplan für die Sekundarstufe II Katholische Religion Gymnasium August-Dicke-Schule

Wie viel Kultur steckt in interkulturellen Konflikten? Erfahrungen aus supervisorischer Sicht

Interkulturelle Kompetenz Modul 8

Themenbereich: Positionierung; Nachdenken über Kultur und deren vielfältige Bedeutungen

Evangelische Religion, Religionspädagogik

Aufgabe 8: Ich möchte einmal so sein wie

Kulturelle Aspekte der Bindung in der Migrationssituation als Chance oder Hindernis für die Gesundheit des Kindes. Frederic Lwano REFUGIO München

Mobbing aufgrund von Fremdheit. Seminar zum Thema Heterogenität Dienstag, Uhr Bildungswissenschaften Modul 2.4 Fr. Dr.

Generationenübergreifendes Arbeiten mit Kindern und Senioren

Lehrer-Schüler-Interaktion

Edith Broszinsky-Schwabe. Interkulturelle Kommunikation. Missverständnisse - Verständigung III VS VERLAG. mmmmammmmmmmm

LPE Kernlehrplan Kath. Religionslehre Sek II Einführungsphase

Albert Kehrer, Manuela Möller KOPF Stormarn, Bargetheide, Was hat Gender mit Politik zu tun?

Auszug aus dem Originalskript

Wahrnehmen von interkulturellen Perspektiven

Prof. Dr. Jörn Borke Hochschule Magdeburg-Stendal

Interkulturelle Öffnung von Behörden und Organisationen als Basis von Integrationsarbeit am Beispiel Bundeswehr.

Kultur. Tag 1. Thema des Tages: Botschaften des Tages: Zielsetzung: Kultur (zum theoretischen Hintergrund 7 Kap )

Interkulturelles Management

A. Worum geht es eigentlich? Kultur, Kulturdimensionen und ihre Auswirkungen auf Wirtschaft und Wissenschaft

das BOOT ggmbh Sozialpsychiatrisches Zentrum

ALLGEMEINE ZIELE / LEITIDEEN THEMENSCHWERPUNKTE / ZIELE UND INHALTE 2. ARBEITS- UND DENKWEISE AUSBILDEN 3. HALTUNGEN ENTWICKELN

Leben in zwei Kulturen. Dr. Mohammad Heidari. Leben in zwei Kulturen? Leben (nur) in zwei Kulturen?

Schulinternes Curriculum Sek I der Fachschaft evangelisch Religionslehre. Kompetenzbereich Übergeordnete Kompetenzerwartungen

Erfolgreich verhandeln und Konflikte lösen

Transkript:

Kultur ist ein universelles, für eine Nation, Gesellschaft, Organisation und Gruppe aber sehr spezifisches Orientierungssystem. Dieses wird aus spezifischen Symbolen gebildet und in der jeweiligen Gesellschaft, Gruppe usw. tradiert. Es beeinflusst das Wahrnehmen, Denken, Werten und Handeln aller Mitglieder und definiert somit deren Zugehörigkeit zur Gesellschaft, Organisation und Gruppe. (A. Thomas 1993) Kultur ist mentale Software, die in einem Sozialisationsprozess kulturell programmiert wird. (G. Hofstede) Die Kultur kann ihrem weitesten Sinne als die Gesamtheit der einzigartigen geistigen, materiellen, intellektuellen und emotionalen Aspekte angesehen werden, die eine Gesellschaft oder eine soziale Gruppe kennzeichnen. Dies schließt nicht nur Kunst und Literatur ein, sondern auch Lebensformen, die Grundrechte des Menschen, Wertesysteme, Traditionen und Glaubensrichtungen. (UNESCO)

2. Was ist Kultur? Ohne den in diesem Kapitel beschriebenen verschiedenen Definitionen von Kultur vorgreifen zu wollen, wird eine für die speziellen Inhalte dieser Mappe sinnvolle Abgrenzung/Eingrenzung dieses Begriffes vorgenommen. Kultur bezieht sich nicht nur auf die Herkunft eines Menschen bzw. die mehr oder weniger andere Lebensweise in anderen Ländern. Wenn man also davon spricht, dass zwei Kulturen aufeinander treffen, dann muss es sich dabei nicht zwingend um Menschen verschiedener Herkunft handeln. Wenn Junge und Alte, Reiche und Arme, Männer und Frauen, Gebildete und Bildungsferne miteinander zu tun haben, so treffen dabei ebenfalls unterschiedliche Kulturen aufeinander, auf welche die Definitionen von Kultur ebenso anwendbar sind. In dieser Mappe wird der Focus jedoch auf die Unterschiede der Kulturen in den verschiedenen Herkunftsländern gelegt. Im Vordergrund stehen also jene Verhaltensweisen von Menschen mit Migrationshintergrund, die sie möglicherweise kulturell bedingt aus ihrer Heimat mitgebracht haben und die in ihrer neuen Umgebung teilweise auf Ratlosigkeit, Unverständnis und im schlimmsten Fall sogar Ablehnung stoßen. Umgekehrt wurden aber auch Beobachtungen und Vergleiche von Menschen mit Migrationshintergrund gesammelt, die unsere Kultur betreffen. Dabei sind spannende Diskussion zu Fragen wie: was heißt unsere Kultur, was ist typisch österreichisch, nicht ausgeblieben. 2.1. Definitionen und Dimensionen TeilnehmerInnen eines Workshops zum Thema Kulturen fair-stehen beschrieben, was Kultur für sie bedeutet. Hier einige Beispiele: Kultur ist etwas, in dem man lebt Kultur: Lebensweisen, die über Generationen weiter gegeben werden Kultur sieht man an Kleidung, Büchern, Gedichten, Begrüßung Kultur annehmen bedeutet die eigenen Wurzeln anzuerkennen Wichtig ist eine Unterscheidung zwischen Religion und Kultur. Das ist nicht das Gleiche! Religion fließt in die Kultur ein, aber nicht umgekehrt. Methoden und Spiele: Kulturbarometer Diese Übung bietet einen guten Einstieg in das Thema Kultur und die Bedeutung des Begriffs. Einige Kulturtheorien Bis heute hat sich kein einheitlicher Kulturbegriff durchgesetzt. Es gibt unzählige und auch viel diskutierte Definitionen von Kultur, abgestimmt auf die verschiedenen Wissenschaftsrichtungen. Gemeinsam haben all diese verschiedenen Konzepte, dass sie Kultur als etwas vom Menschen Geschaffenes sehen. Sie stellt sich dar in Ritualen, Mythen, Zeremonien und Symbolen, gemeinsamer Wahrnehmung von Bedeutungen, Beurteilungen anderer Völker und Kulturen vom Standpunkt der eigenen Kultur aus und den damit verbundenen Wertmaßstäben. Auf lange Sicht gesehen ist Kultur durchaus wandelbar. Im Folgenden wird versucht, einige Konzepte so zusammenzufassen, dass deren wesentlichen Ideen erkennbar bleiben. Zum vertiefenden Studium gibt es Tipps im Literaturteil. 2

2.1.1. Das Modell vom Eisberg Das Eisbergmodell beruht auf der Vorstellung, dass die Kultur als Eisberg dargestellt werden kann: nur ein sehr kleiner Teil des Eisbergs, der über die Wasseroberfläche hinausragt, ist sichtbar. Unter der Spitze verborgen, somit unter der Wasseroberfläche, liegt der viel größerer Teil, welcher das Fundament des Eisbergs bildet. Übertragen auf eine Kultur bedeutet das, dass es eher sichtbare Bereiche gibt, z.b.: Kunst, Architektur, Küche, Musik, Verhaltensweisen, Sprache, Begrüßungsrituale, Eßgewohnheiten und religiöse Praktiken. Die starken Fundamente einer Kultur sind aber schwerer zu erkennen, dazu zählen die Geschichte der Menschen, die dieser Kultur angehören, ihre Normen, Werte, moralische Haltungen, Denkmuster und grundlegende Annahmen über Raum, Natur, Zeit etc. Die sichtbaren Teile der Kultur bringen nur die unsichtbaren zum Ausdruck. Genau das macht oft das Verstehen des Verhaltens eines Menschen mit Migrationshintergrund zu einer Herausforderung. Sein sichtbares Verhalten nehmen wir wahr, das Fundament also die Begründung, warum dieser Mensch so handelt bleibt uns jedoch verborgen. (http://perso.uni-lueneburg.de/typo3temp/a0d95388a7.jpg) Methoden und Spiele: Der Eisberg der Vielfalt. Mit dieser Übung wird gezeigt, wie wir im Alltag auf Kultur basierende Ausdrücke verwenden, um andere Personen zu beschreiben. Es wird verständlich, welche kulturellen Merkmale rasch sichtbar werden und welche unter der Oberfläche bestehen. Bedeutung für die pädagogische Praxis: Das Eisbergmodell macht bewusst, dass hinter vielleicht ähnlichem Verhalten ganz andere Gründe bzw. Motivationen stecken könnten. Bei Kindern und Jugendlichen sind die kulturellen Unterschiede in vielen Bereichen nicht so augenscheinlich: sie haben eventuell den gleichen Musikgeschmack, oder bevorzugen ähnliche Mode. Einander besser verstehen und sogar Gemeinsamkeiten entdecken wird erst dann möglich, wenn die Kinder sich darüber im Klaren sind, welche Teile ihrer Kultur sich unter Wasser befinden. Erst dann können sie die Fähigkeit erwerben, mit anderen darüber zu sprechen. 3

2.1.2. Das Modell von der Kulturzwiebel von Geert Hofstede Der niederländische Sozialpsychologe Geert Hofstede bezeichnet Kultur als die Software des Geistes. Kultur schließt einerseits Errungenschaften und Produkte des Menschen (Literatur, Musik, Bauwerke) und andererseits viele Dinge des Alltagslebens, wie Essen, Begrüßen und Körpersprache mit ein. Kultur dient dem Menschen dazu, sich in der Welt zu orientieren. Sie ist wie ein Plan und weist uns oft die Richtung, ohne dass wir uns dessen bewusst sind. Mithilfe der sogenannten Kulturzwiebel versucht Hofstede interkulturelle Unterschiede zu definieren. (aus: http://www.pentaeder.de/projekte/2009/01/07/was-ist-eine-kultur) Symbole: Symbole bilden die äußerste Schicht der Kulturzwiebel. Symbole bemerken wir als erstes, wenn wir eine neue Kultur kennen lernen. Sie sind deutlich sichtbar und der auffälligste Unterschied zwischen fremder und eigener Kultur. Beispiele dafür sind: Worte, Gesten oder andere Formen der Körpersprache, Mode, Kleidung, Bauwerke, Bilder, Flaggen, Speisen, Getränke und Musik. Sich in dieser Welt der Symbole zurechtzufinden, geht relativ rasch. Schon während eines Urlaubes in einem anderen Land, bekommen wir viele dieser Symbole mit und fangen auch an, sie im Alltag entsprechend anzuwenden. Helden und Vorbilder: Die nächste Schicht bilden Helden oder Vorbilder eines Kulturkreises. Hierzu zählen z.b. Sport-, Musik- und Filmstars, Figuren aus der Werbung, historische Personen oder erfundene Figuren. Diese Helden besitzen Eigenschaften, welche in der Kultur hoch angesehen sind und dienen daher als Vorbilder. Rituale: Die Rituale einer Kultur liegen noch eine Schicht tiefer verborgen. Dazu zählen feststehende Verhaltensmuster ebenso wie der Ablauf von Gesprächen und Verhandlungen und kulturelle und religiöse Zeremonien. Rituale werden um ihrer selbst willen ausgeführt. Sie dienen nicht dazu, ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Je weiter man in die Mitte der Kulturzwiebel vordringt, desto mehr Zeit braucht man, um die jeweiligen Besonderheiten einer anderen Kultur zu erkennen und gegebenenfalls in das eigenen Verhalten zu integrieren. 4

Werte: Von außen nach innen sind diese Schichten immer schwerer zu durchschauen. Den innersten Kern der Kultur-Zwiebel bilden die ethischen und moralischen Werte. Das sind Ideen und Verhaltensweisen, die von den Zugehörigen einer Kultur für gut und erstrebenswert gehalten werden. Gleiche Werte zu haben verbindet innerhalb einer Kultur, kann aber auch zur Abgrenzung gegenüber anderen Kulturen führen. Werte werden meist unbewusst in den ersten Lebensjahren übernommen und beeinflussen das Handeln, Denken und Urteilen des Menschen. Sie bestimmen, wie Situationen und Beziehung erlebt und bewertet werden. Den Kern erreicht man nur mit einem längeren Aufenthalt, intensiver Beschäftigung und vertrauensvollen Beziehungen. Es ist aber auch möglich, dass Menschen, die in einer Kultur leben, die nicht ihre Herkunftskultur ist, sich sehr gut in dieser Kultur zurechtfinden. Sie kennen und beherrschen Symbole, Helden und Rituale, dringen jedoch nie bis zum innersten Kern der Kulturzwiebel - den Werten - vor. Methoden und Spiele Bei Heldinnen und Helden geht es um die kritische Auseinandersetzung mit Heldinnen und Helden in der Gesellschaft und den Rollenbildern, welche vorherrschen. 2.1.3. Das Modell der kulturellen Kategorien von Geert Hofstede Hofstede untersuchte Daten von Menschen aus mehr als 50 Ländern, aufgrund deren Ergebnisse er herausfand, dass die Unterschiede in der Kultur sich auf vier - später erweiterte er auf fünf - Kategorien zusammenfassen lassen. Diese Kulturkategorien bieten Orientierung bei kultureller Unterschiedlichkeit und sind hilfreich, wenn es um das Verständnis von Konflikten zwischen Individuen oder Gruppen aus unterschiedlichen Kulturen geht. Machdistanz: Machtdistanz beschreibt, wie Machtunterschiede bzw. Hierarchien von den Mitgliedern einer Gruppe akzeptiert werden und in der Gesellschaft verteilt sind. Wird die Verantwortung gleichmäßig verteilt oder gibt es eindeutige Hierarchien? Wie ist Macht in Familie, Schule, Beruf und Politik verteilt? In Gesellschaften mit hoher Machtdistanz treffen Arbeitgeber Entscheidungen alleine, Eltern erwarten Gehorsam von den Kindern, die Initiative geht von den LehrerInnen aus, MitarbeiterInnen warten auf Anweisungen der ArbeitgeberInnen, es wird nicht widersprochen oder öffentlich kritisiert. In Gesellschaften mit geringer Machtdistanz akzeptieren Eltern auch ein Nein der Kinder, auf Selbstständigkeit und Initiative von SchülerInnen wird großer Wert gelegt und ArbeitgeberInnen treffen Entscheidungen nach der Beratung mit den untergeordneten MitarbeiterInnen, Kritik ist erlaubt. Unsicherheitsvermeidung: Bei dieser Kategorie geht es darum, inwieweit sich eine Gesellschaft durch unklare Situationen bedroht fühlt und sie durch Regeln oder andere Sicherheitsmaßnahmen zu vermeiden versucht. Wenn die Unsicherheitsvermeidung stark ist, gibt es viele Regeln, detaillierte Anweisungen, präzise Ziele und höheren Widerstand gegen Veränderungen. Unsicherheit ist gleich zu setzen mit Bedrohung. Was anders ist, wird meist abgelehnt. Gefühle sollen nicht gezeigt werden. In Ländern mit hohem Sicherheitsbedürfnis zählt Pünktlichkeit zu den wichtigsten Werten. In Gesellschaften mit geringer Unsicherheitsvermeidung wird Unsicherheit als Normalität angesehen, Veränderungen werden besser akzeptiert, Gefühle können gezeigt werden und Aufgaben, Anweisungen und Ziele sind weit gefasst. Die Menschen sind risikofreudiger, Pünktlichkeit bietet lediglich Orientierung. 5

Individualismus / Kollektivismus: Beschreibt die Unabhängigkeit von Gruppen bzw. wie stark Individuen in sozialen Gruppen integriert sind. Ist es wichtiger in eine Gemeinschaft, wie Familie, Dorfgemeinschaft, oder Firma eingebettet zu sein? In individualistischen Gesellschaften sind materieller Erfolg und Geld angestrebte Ziele. Die sozialen Bindungen sind locker, jeder kümmert sich in erster Linie um sich selbst und die unmittelbare Kernfamilie. In kollektivistischen Gesellschaften wird Wert auf das WIR und harmonische Beziehungen gelegt. Die soziale Gruppe bietet Gemeinschaft, Verantwortung füreinander und Schutz. Individualismus ist ein wichtiger Unterschied der westlichen und östlichen Kultur. In westlichen Kulturen wird das Individuum von den anderen abgegrenzt gesehen und Werte wie Selbstständigkeit werden angestrebt. In der östlichen Welt wird das Individuum immer in Verbindung mit einer Gruppe gesehen. Die Identität baut auf die Zugehörigkeit einer Gruppe auf. Maskulinität / Feminität: Inwieweit entscheidet das Geschlecht über die Rollen, die Männer und Frauen in der Gesellschaft spielen. In Ländern mit einer eher maskulinen Gesellschaft werden die Rollen von Mann und Frau stärker voneinander abgegrenzt. Männer werden zur Durchsetzungsfähigkeit und zum materiellen Erfolg erzogen. In femininen Gesellschaften haben zwischenmenschliche Beziehungen und sozialer Aspekt absoluten Vorrang. Zeitliche Orientierung: Beschreibt, inwieweit sich eine Gesellschaft bei ihren Entscheidungen auf Traditionen und Erfahrungen, auf kurzfristige, aktuelle Vorteile oder auf das stützt, was für die Zukunft als wünschenswert betrachtet wird. Ist das Leben im Hier und Jetzt wichtig oder wird viel an die Zukunft gedacht und auch danach gehandelt? Ist die Geschichte der Region wichtig für die Gegenwart und die Zukunft? In Kulturen mit langfristiger Orientierung zählen Beharrlichkeit und traditionelle Werte, bei kurzfristiger Orientierung kommt es auf rasche Ergebnisse an. Bedeutung für die pädagogische Praxis: Hofstedes Kategorien bieten auf der einen Seite einen Rahmen, der die Interpretation kultureller Missverständnisse und ein Gespräch über die Unterschiede ermöglicht. Auf der anderen Seite bewirken sie, dass wir sofort an uns selbst denken und in Frage stellen, ob sie auf alle Menschen in einem gegebenen Land zutreffen. Trotzdem eignen sie sich als Bezugsrahmen, wenn wir versuchen, die verschiedenen Kontexte zu analysieren, in denen wir leben (unsere Studentenkultur, die Kultur unserer Familie und unsere Freunde, die Kultur ländlicher oder städtischer Gebiete, ). Außerdem werfen die fünf Kategorien und unsere persönliche Rangliste die Frage nach der kulturellen Relativität auf: gibt es bessere und schlechtere Kulturen? Sind hierarchische Strukturen genauso gut wie Gleichberechtigung? Sind strikt vorgegebene Geschlechterrollen genauso gut wie offene? Wenn man versucht Kultur zu definieren, birgt es die Gefahr in Klischees und Stereotypen zu denken. Oft werden Kulturen mit Nationen gleichgesetzt und es wird von den Österreichern, den Afrikanern oder den Italienern gesprochen. Solche Betonung von Unterschieden begünstigt die Entstehung und Verfestigung von Stereotypen. Es treffen jedoch nicht alle kulturellen Merkmale einer Kultur auf das Einzelindividuum zu: Nicht alle ÖsterreicherInnen sind gleich, genauso wenig wie alle AfrikanerInnen (zumal es sich bei Afrika ja um einen ganzen Kontinent handelt) gleich sind. Verfügt man über geringe interkulturelle Erfahrungen, helfen Stereotype allerdings beim Umgang mit Fremden, betont Hermann Bausinger: Sie üben Orientierungsfunktion aus, haben realitätsstiftende Wirkung und schaffen Identifikationsmöglichkeiten. Wichtig ist zu erkennen, dass wenn etwas oder Jemand anders ist dies weder besser noch schlechter ist. 6

Literatur AFS Interkulturelle Begegnungen: Genau wie hier, nur alles anders- KulturUnterschiede entdecken Eine Wanderausstellung von AFS Interkulturelle Begegnungen e.v. Unterrichtsmaterialien. http://www.afs60.de/webcontent/files/afs-lehrerhandbuch_v1.pdf Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur (Hg.): Den ersten Schritt gehen wir gemeinsam. Eine Handreichung für SchulleiterInnen und LehrerInnen an Volksschulen zur Integration fremdsprachiger SchulanfängerInnen.Wien, 2002. http://www.bmukk.gv.at/medienpool/8547/leitfaden_2003_01_23.pdf Flechsig, Karl- Heinz: Interkulturelles und kulturelles Lernen. http://wwwuser.gwdg.de/~kflechs/iikdiaps1-97.htm Staudinger, Stefanie/ Reindl, Stefan: Interkulturelles Management und Diversity Management Studienarbeit. Norderstedt: GRIN Verlag, 2006. http://books.google.at/books?id=rhxwt_vagvcc&printsec=frontcover&dq=staudinger+interkulturelles+ Management.+Studienarbeit&source=bl&ots=KxhFyM1tuL&sig=OjfnHztrDuO_tvQr5yC_F_sYpCw&hl=de&ei =u0ratywlg5ov4aaw7uihda&sa=x&oi=book_result&ct=result&resnum=2&ved=0cb0q6aewaq#v=onepag e&q&f=false Thomas, Alexander/ Kinast, Eva-Ulrike/ Schroll-Machl, Sylvia: Handbuch interkulturelle Kommunikation und Kooperation. Band 1: Grundlagen und Praxisfelder, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co.KG, 2003. Jugend für Europa. Deutsche Agentur für das EU Programm Jugend in Aktion: Interkulturelles Lernen. T-Kit Nr. 4. Bonn, 2002. http://youth-partnership-eu.coe.int/youth-partnership/documents/publications/t_kits/4/german/ tkit4_german.pdf Transkulturelles Portal: Kulturdimensionen nach Hofstede. http://www.transkulturelles-portal.com/index.php?option=com_content&view=article&id=68&itemid=75 TU Dresden: Kursbuch Kultur. http://www.tu-dresden.de/sulifg/daf/mailproj/kursbu11.htm. Leitfaden für die Bildungspraxis. Schlüsselqualifikation Interkulturelle Kompetenz. Arbeitsmaterialien für die Aus- und _Weiterbildung: Heidemarie Hofmann, Birgit Mau-Endres, Bernhard Ufholz, W.Bertwlsmann Verlag GmbH & Co. KG. http://www.f-bb.de/fileadmin/bilderpool/publikationen/leitfaden_fuer_die_bildungspraxis/leitfaden_8_inhalt.pdf. Wissen.de: Kulturschock als Chance. http://www.wissen.de/wde/generator/wissen/services/print,page=1309118,node=558882.html 7