Progrediente Muskelkrankheiten aus medizinischer Sicht. Dr. Angelika Bockelbrink

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Transkript:

Progrediente Muskelkrankheiten aus medizinischer Sicht Dr. Angelika Bockelbrink

Was ist eine Muskelerkrankung?

Definition Neuromuskuläre Erkrankungen Alle Krankheitsbilder, bei denen eine Erkrankung - der Vorderhornnervenzellen im Rückenmark, - der Nerven oder - der Muskulatur zu einer Muskelschwäche führt. Viele dieser Erkrankungen beginnen im Kindesalter und zeigen einen fortschreitenden Verlauf. Die meisten sind genetisch bedingt.

Die motorische Einheit

Störung im Funktionssystem der motorischen Einheit : Klassifikation neuromuskulärer Erkrankungen (Gehirn) motorische Vorderhornzellen im Rückenmark periphere Nervenbahnen motorische Endplatte Muskelzelle

Häufigkeit Gliedergürteldystrophie 3/100 000 Spinale Muskelatrophie 10/100 000 Muskeldystrophie Becker 5/100 000 männl. Geburten Muskeldystrophie Duchenne 30/100 000 männl. Geburten

Muskeldystrophie Duchenne DMD

Verlauf der DMD 1-2 Jahre 3-6 Jahre evtl. verzögertes Gehen lernen zunehmende Schwäche von Beckengürtel und Oberschenkel Diagnosestellung 6-10 Jahre Kontrakturen der Hüft-, Knieund Sprunggelenke, Lendenlordose 8,5 Jahre Verlust der Gehfähigkeit, erste Skoliosezeichen

Verlauf der DMD 11 Jahre Schwäche von Schultergürtel u. Rumpfmuskulatur Skoliose >20 Jahre Schwäche der Hals- u. Gesichtsmuskulatur Schluckstörung, Kauschwäche Schwäche von Unterarm-, Handmuskulatur

Verlauf der DMD (12-)15 Jahre Schwäche der Atemmuskulatur, Skoliose restriktive Ventilationsstörung Schwäche der Herzmuskulatur verminderte Auswurffraktion, Arrhythmien) Darmatonie

Therapie neuromuskulärer Erkrankungen

Wie kläre ich über die Krankheit auf?

Psychosoziale Unterstützung Selbsthilfegruppe (DGM) Familientherapie stützende Gesprächstherapie

Physiotherapie Kräftigung der funktionsfähigen Muskulatur Verbesserung der Bewegungskoordination Kontrakturprophylaxe Skoliosetherapie Atemtherapie Unterstützung der Herz-Kreislauf-Funktion Üben von Alltagsverrichtungen und Erhalt der Selbständigkeit Hilfsmittelberatung

Medikamente Glucocorticoidtherapie für gehfähige Buben mit MD Duchenne Kreatin Enzymersatztherapie

Operationen Kontrakturlösung nach Rideau zur Verlängerung der Geh- und Stehfähigkeit

Rideau-Operation

Operationen Skoliose - Operationen

Vom Schieber in den Elektrorollstuhl Lordosierung und Therapietisch

Therapietisch als Skolioseprophylaxe

HWS-Skoliose Kontrakturen

Skoliose

Skoliose

SMA - chron. Fistelung nach Stab-Op

Wandernder Teleskopstab bei SMA

Unbehandelte Skoliose bei HMSN

Unbehandelte Skoliose und Hüftkontrakturen

Unbehandelte Skoliose

HMSN Z. n. WS-Stabilisierung

Handoperationen Operationen

HWS-Skoliose Kontrakturen

Fingerkontrakturen bei DMD

Zungenverkleinerung Operationen

Kontrakturlösungen Operationen

Ergotherapie Unterstützung bei den selbständigen Verrichtungen des alltäglichen Lebens, Erlernen von Ausweichbewegungen oder Ersatzfunktionen, um krankheitsbedingte Einschränkungen zu kompensieren, Hilfsmittelerprobung und -anpassung Handtherapie mit Förderung der Feinmotorik und Erhalt der Greiffunktionen Herstellung individueller Handschienen und Greifhilfen

Schneidehilfe bei HMSN

Hilfsmittel Rollstuhl schon bei eingeschränkter Gehfähigkeit Elektrorollstuhl oder Schubhilfe bei Schwäche der Armmuskulatur Kleinfeldtastatur am PC Sensor- oder Blase-Saug-Klingel Umfeldsteuergerät

Infekttherapie erhöhte Trinkmenge erhöhte Lagerung Mobilisierung Vibrations- und Inhaliergerät Absauggerät Mukolytika Hustenassitstenz: manuell, Air Stacking, Pegaso, Cough Assist

Therapie der Atemschwäche Atemtherapie Beatmung

Symptome der chronischen respiratorischen Insuffizienz Schlafstörungen (Ein- und Durchschlafstörungen, Alpträume) morgendlicher Kopfschmerz Müdigkeit und Einnicken am Tage Abgeschlagenheit, Konzentrationsstörungen, zunehmender Leistungsabfall sichtbarer Einsatz der auxiliären Atemmuskulatur Tachypnoe Dyspnoe, z.b. beim Sprechen hartnäckige Bronchialverschleimung rezidivierende oder persistierende respiratorische Infekte

Symptome der chronischen respiratorischen Insuffizienz Stimmveränderungen Tachycardie, Palpitationen persistierende Ödeme (durch Cor pulmonale) Appetitlosigkeit, Gewichtsverlust rezidivierende Gastritiden Nervosität, Hyperhidrosis, Tremor Depressionen, Angstzustände Kopf-, Nacken- und Gliederschmerzen reaktive Polyglobulie Sehstörungen, Schwindelanfälle, Synkopen Zyanose

Invasive Heimbeatmung durch die Stiftung Pfennigparade seit 1969: Tracheostoma

Der Beginn der nichtinvasiven Heimbeatmung 1984 in der Stiftung Pfennigparade: Münchner Atemmaske

Logopädie Therapie bei Kauschwäche Therapie bei Schluckbeschwerden Therapie bei Sprechstörungen Erprobung und anpassung von Kommunikationshilfen

Vermeidung von Ileus ausreichende Flüssigkeitszufuhr ausreichende Ballaststoffzufuhr Stuhlgang mindestens jeden dritten Tag evtl. mit Hilfe von Laxantien oder Einlauf

Therapie der Kardiomyopathie medikamentöse Stützung Therapie von Arrhythmien Herzschrittmacher Herztransplantation

Ernährung spezielle Kost PEG

Die Dicken und die Dünnen

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