Nachhaltige Konsumstile Möglichkeiten der Beeinflussung Univ.-Prof. Dr. Ingo Balderjahn Universität Potsdam 17. Juni 2003 Atrium des Ministeriums für Umwelt und Verkehr Baden-Württemberg
Gliederung 1. Nachhaltige Konsumstile 2. Der Einfluss des Umweltbewusstseins 3. Schlüsselbarrieren zum nachhaltigen Konsum 4. Kosten und Nutzen nachhaltiger Konsumstile 5. Beeinflussungsmöglichkeiten 2
Konsumstile und Nachhaltigkeit Konsumstile sind habitualisierte Konsummuster, durch die das Verhalten der Konsumenten ein spezifisches Profil bekommt. Nachhaltig zu konsumieren heißt, die eigenen Bedürfnisse zu befriedigen, ohne die Lebens- und Konsummöglichkeiten anderer Menschen (intragenerative Gerechtigkeit) und zukünftiger Generationen (intergenerative Gerechtigkeit) zu gefährden. Nachhaltige Konsumstile sind somit umweltverträgliche und sozialverträgliche Konsummuster. 3
Konzepte der Umweltverträglichkeit: Umweltzeichen 4
Konzepte der Sozialverträglichkeit: Internationale Nachhaltigkeitsinitiativen z.b. Allianz, BASF, Bayer, BMW, DaimlerChrysler, Deutsche Telekom, Lufthansa, SAP, Volkswagen z.b. Otto Versand 5
Determinanten nachhaltiger Konsumstile I. Individuelle Determinanten Verhalten Soziale Faktoren Psychographische Faktoren Demographische Faktoren Konsumoptionen Konsumbereiche II. Strukturelle Determinanten Konsumkontext Verhaltensanreize Infrastruktur Unternehmensstrategien 6
Nachhaltige Handlungsoptionen Informationssuche und Kommunikation Verzicht (Suffizienz) Kauf und Nutzung nachhaltiger Produkte und Leistungen (Effizienz) Nachhaltige Entsorgung 7
Bereiche nachhaltigen Konsums Leitprinzip der der Nachhaltigkeit (Sustainable Development) Nachhaltiger Konsum in in speziellen Lebensbereichen (Sustainable Consumption) Freizeit & Tourismus Beruf & Hobby Familie & Wohnen Ernährung Konsum (Produkte und Dienstleistungen) Suffizienz und Effizienz Verkehr und Mobilität Energienutzung Entsorgung 8
Umweltbewusstsein in Deutschland: Die Sorgen der Nation Was glauben Sie, ist das wichtigste Problem, dem sich unser Land gegenüber sieht Umweltschutz gaben an in Prozent: 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% Trend aktuell 0% 1988 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 Quelle: Umweltbundesamt: Umweltbewusstsein in Deutschland 2000, S. 16 9
Umweltbewusstsein in Deutschland (West) 62 62 61 59 60 57 56 52 50 51 47 42 44 42 32 34 35 34 32 31 31 28 30 29 28 24 21 39 38 37 28 28 27 26 1/3 1/4 85 86 87 88 89 90 91 92 93 94 95 96 97 98 99 0 1 Quelle: GfK Panel Services Consumer Research GmbH erweiterte Gruppe Kerngruppe 10
Umweltbewusstsein in Deutschland (Ost) 40 44 39 35 35 31 33 28 29 23 24 24 17 17 15 12 11 11 13 13 14 14 14 14 90 91 92 93 94 95 96 97 98 99 0 1 Quelle: GfK Panel Services Consumer Research GmbH erweiterte Gruppe Kerngruppe 11
Metaanalyse von 128 Studien zum Umweltbewusstsein Verhaltenslücke Determinanten Umwelthandeln Unabhängige Variable Verhaltensintention Kontrollerwartung Allgemeine Einstellung Umweltwissen Bildungsabschluss Einkommen Alter Geschlecht Korrelation mit Umweltverhalten.49.37.35.30.19.16.15.08 Anzahl der Studien 6 14 51 17 11 10 10 4 Quelle: Hines/Hungerford/Tomera: Analysis and Synthesis of Research on Responsible Environmental Behaviour. A Meta Analysis. Journal of Environmental Education, Vol. 18, 1987, S. 1-8. 1984 12
Merkmale ökologisch bewusster und nicht bewusster Konsumenten Gruppe Ökologisch bewusste Konsumenten Jahr 1985 1994 Geschlecht Alter mehr Männer jung bis mittleres Alter mehr Frauen bis 18 unterrepräsentiert Bildung mittlere und höhere Abschlüsse alle Ausbildungsniveaus Schicht obere und mittlere Schichten alle Schichten Quelle: Meffert/Bruhn: Das Umweltbewußtsein von Konsumenten, DBW, 56. Jg. (1996), S.23. 13
Schlüsselbarrieren nachhaltiger Konsumstile 1. Wirkungslosigkeitsvermutung Bringt doch nichts. 2. Opportunismusvorbehalt Ich bin doch nicht der Dumme. 3. Eigennutz Was habe ich davon? Quelle: Balderjahn/Will: Umweltverträgliches Konsumentenverhalten, 1997 14
1. Wirkungslosigkeitsvermutung: Der Einfluss der Kontrollüberzeugung Externe Kontrollüberzeugung Umweltbewusstsein Konsumverhalten Interne Kontrollüberzeugung 15
fortschrittliches, vorbildliches Handeln 2. Opportunismusvorbehalt Misstrauen gegenüber anderen Wirtschaft Konsument Ich Staat freiwilliges, verantwortungsbewusstes und glaubwürdiges Handeln 16
3. Eigennutz: Das Dilemma nachhaltigen Konsumentenverhaltens Opportunistischer Konsument Umweltfreundlicher Konsument beansprucht die Umwelt wälzt Umweltkosten ab Öffentliches Gut Umwelt leistet Beitrag zum Umweltschutz trägt Kosten des Umweltschutzes 17
Umwelthandeln im Dilemma Dilemma persönlicher Nutzen Nutzen für die Umwelt - + Nutzen Kosten Nutzen Kosten 18
Die Kosten nachhaltiger Konsumstile: Das Energiespardilemma Egal was die anderen tun, ich selbst versuche, mich so weit wie möglich umweltbewusst zu verhalten (% Zustimmung) Wenn Sie im Winter Ihre Wohnung für mehr als vier Stunden verlassen, drehen Sie da normalerweise die Heizung ab oder herunter? (% Zustimmung) Anteil der Haushalte mit individueller Heizkostenabrechnung 86 83 69 80 23 38 Bern München Bern München Bern München Quelle: in Anlehnung an: Diekmann, A.: Homo ÖKÖnomicus, in: Diekmann, A.; Jaeger, C.C. (Hrsg.): Umweltsoziologie, Opladen 1996, S. 109 19
Die Kosten nachhaltiger Konsumstile: Die Low-cost-Hypothese Einflussstärke des Umweltbewusstseins Zahlungsbereitschaft gegeben Niedrigpreissituation (Netto)Kosten des ökologischen Handelns Quelle: in Anlehnung an: Diekmann, A.: Homo ÖKÖnomicus, in: Diekmann, A.; Jaeger, C.C. (Hrsg.): Umweltsoziologie, Opladen 1996, S. 105ff. 20
Zahlungsbereitschaft für den Umweltschutz Angaben in % Erhebung 2000 inwieweit sind Sie persönlich bereit,... sehr eher eher nicht nicht bereit bereit bereit bereit... höhere Preise für Produkte zu 12 59 24 5 bezahlen, die weniger umweltbelastend sind?... höhere Steuern für einen ver- 13 47 26 14 besserten Umweltschutz zu bezahlen, wenn sichergestellt ist, dass diese direkt dem Umweltschutz zugute kämen?... Abstriche von ihrem Lebens- 10 55 29 6 standard zu machen, um die Umwelt zu schützen? Quelle: Umweltbundesamt: Umweltbewusstsein in Deutschland 2000, S. 36 21
22 Der Nutzen nachhaltiger Konsumstile: Motivkonflikte Werte/Motive Konsequenzen Verhalten Umweltschutz Energiesparlampe kaufen natürliche Ressourcen schonen Geld sparen Wohlstand - Öko-Strom beziehen Geld sparen natürliche Ressourcen schonen natürliche Ressourcen schonen Wohlstand Umweltschutz - Öko-Strom beziehen Geld sparen natürliche Ressourcen schonen natürliche Ressourcen schonen Wohlstand Umweltschutz unbehaglich frieren weniger Heizen natürliche Ressourcen schonen Gesundheit Umweltschutz - Umweltschutz Energiesparlampe kaufen natürliche Ressourcen schonen Geld sparen Wohlstand - Öko-Strom beziehen Geld sparen natürliche Ressourcen schonen natürliche Ressourcen schonen Wohlstand Umweltschutz - Öko-Strom beziehen Geld sparen natürliche Ressourcen schonen natürliche Ressourcen schonen Wohlstand Umweltschutz unbehaglich frieren weniger Heizen natürliche Ressourcen schonen Gesundheit Umweltschutz -
Beeinflussungsmöglichkeiten zur Förderung nachhaltiger Konsumstile Anreizschwerpunkte Strategietyp Nutzenanreiz Kostenanreiz Anreize zur zur Förderung nachhaltiger Konsumstile persönlichen Nutzen des des nachhaltigen Konsums erhöhen! persönliche Kosten des des nachhaltigen Konsums senken! Beschränkungen opportunistischer Konsumstile persönlichen Nutzen opportunistischer Konsumstile verringern! persönliche Kosten opportunistischer Konsumstile erhöhen! Quelle: Balderjahn/Will: Umweltverträgliches Konsumentenverhalten, 1997 23
Fazit 1. Vermittlung, dass der eigene Beitrag bedeutend ist (Relevanz). 2. Reduktion von Misstrauen (Vertrauen). 3. Schaffung von Transparenz und Glaubwürdigkeit (Zertifizierung). 4. Senkung der Kosten nachhaltiger Konsumstile. 5. Schaffung persönlicher Zusatznutzen nachhaltiger Konsumstile. 24
Vielen Dank! 25