Betroffene Menschen im Mittelpunkt Perspektiven aus der HIV/AIDS Forschung Mag. Paulina Wosko paulina.wosko@pmu.ac.at Vorarlberger AIDS-Gespräche 2016
Historische Entwicklung & Epidemiologie 1981: als Beginn der HIV Epidemie festgelegt 1982: erste Fälle in Österreich (Geyer, 2002) Weltweit sind derzeit geschätzte 37 Mio. Menschen HIVpositiv Seit Beginn der Epidemie haben sich ~78 Mio. Menschen mit HIV infiziert und ~39 Mio. Menschen sind an den Folgen von AIDS gestorben. 2015: hatten ~15 Mio. HIV Positive (41%) Zugang zur Antiretroviralen Therapie In Österreich wird von ca. 9.000 mit HIV infizierten Menschen ausgegangen UNAIDS, 2015; ÖAG, 2015
Therapieentwicklung 1986: Entwicklung der 1. erfolgreichen Therapie AZT (Azidothymin) 1987: Zulassung von AZT in den USA 1989: Zulassung der sog. Monotherapie mit AZT in den deutschsprachigen Ländern Verlängerung der Überlebenszeit und Abnahme von opportunistischen Infektionen 1996: Einführung der Kombinationstherapie HAART (highly active antiretroviral therapy) AIDS-Cocktails mit vielen Nebenwirkungen, strikten Einnahmezeiten und hohen Tablettenmengen Heute: fortwährende Therapieverbesserung, 1x Dosis möglich, nebenwirkungsärmer Vgl. Herkommer 2000; Hoffmann 2014
Weitere Entwicklungen 1985: Gründung von amfar, der Foundation for AIDS Research 1988: Einführung des Welt AIDS Tages am 01. Dezember 1993: 1. Life Ball in Wien; größte Benefiz-Veranstaltung in Europa zu Gunsten HIV-infizierter und an AIDS erkrankter Menschen 1996: UNAIDS (Joint United Nations Programme on HIV/AIDS) 2016: zum ersten Mal seit 23 Jahren findet kein Life Ball statt
Entwicklung in der Gesellschaft AKZEPTANZ DISKRIMINIERUNG Was bedeutet es heutzutage mit HIV/AIDS zu leben?
Studie an HIV/AIDS Stationen in Wien Befragung von 8 Pflegepersonen aus dem HIV spezifischen Versorgungsbereich Durchführung einer teilnehmenden Beobachtung Forschungsfrage: Was bedeutet es für professionell Pflegende HIV/AIDS- PatientInnen stationär zu pflegen? Wosko, 2010
Das Besondere an der Pflege von HIV/AIDS PatientInnen Breitgefächertes Aufgabengebiet Mannigfaltigkeit Behandlung physischer & psychischer Probleme Arbeit mit chronisch Kranken und mit Randgruppen AIDS kranke Patienten zu pflegen ist nicht immer nur pflegen, da ist auch sehr viel Psyche und die jetzigen AIDS-Kranken sind sehr viele Drogenabhängige an AIDS erkrankte Patienten. Da spielt natürlich auch das Drogenmilieu wieder eine andere Situation und das ist von der Mannigfaltigkeit der Pflege natürlich schon ein sehr gutes Aufgabengebiet, weils eben so breitfächrig ist. Du hast nicht nur interne Erkrankungen, du hast psychiatrische Erkrankungen, du hast vom Suchtgift abhängige Erkrankungen, du hast neurologische Erkrankungen eben durchs Suchtgift oder durch Folgeerkrankungen der HIV-Infektion, also das ist schon ein breit gefächertes Aufgabengebiet.
Im Vordergrund stehende Anforderungen auf HIV spezifischen Stationen: Eine geschützte Atmosphäre zu ermöglichen Die Lebenswelten und Biographien kennenlernen Tabus und Vorurteile abbauen Kommunikation mit Patienten suchen und anbieten Ich versuche vorurteilsfrei an die Leute heranzugehen, aber das gelingt natürlich nicht immer, weilman schon einen ziemlichen Erfahrungsbereich hat und ja man muss es halt immer wieder von vorne probieren und einen Vertrauensvorschuss geben, der oft umsonst ist und das frustriert mich natürlich auch schon, aber man darf nie aufgeben!
Im Vordergrund steht der Mensch. Nicht seine Erkrankung, sondern der Mensch.
Die wesentlichsten Pflegeziele Es dem Patienten so angenehm wie möglich zu machen im Rahmen meiner Möglichkeiten. Dass der Patient immer im Mittelpunkt steht. Also stets darauf schauen was er halt mag und wie gesagt oft sind es nur Kleinigkeiten aber ich denk mir das bringt schon was. Und ich höre sie ja berichten, wenn sie auf anderen Stationen liegen oder in anderen Krankenhäusern liegen müssen und wie dort mit ihnen umgegangen wird und das ist denk ich mir halt das hat niemand verdient. Das wesentlichste Pflegeziel für mich ist, es einem Patienten, ganz egal welche Krankheit er hat, so gut betreuen zu können, dass er sich nicht vereinsamt fühlt. Ich kann nicht jede Krankheit heilen, ich kann nicht jede Verletzung ungeschehen machen, aber ich kann, wann der Patient das will und mit mir zusammenarbeiten will, ihm sehr wohl helfen nicht in eine Verzweiflung zu fallen und zu resignieren und das ist für mich ganz wichtig.
Herausforderungen: Umgang mit dem neuen Klientel drogenabhängige HIV-Positive Kommunikation mit ausländischen HIV-Positiven Sprachbarrieren Kulturelle Unterschiede im Krankheitsverständnis Bekämpfung der bestehenden Diskriminierung Die Herausforderung ist einfach das Beste zu geben, einfach für alle das gleiche zu tun. Jeder Dienst, jeder Tag ist für mich hier eine neue Herausforderung, da jeder Patient vollkommen anders ist man kann auf dieser Station nichts verallgemeinern.
Wenn die jetzt in anderen Settings betreut werden, erfahren unsere Patienten nach wie vor Diskriminierung in allen Varianten, was man sich so im täglichen Leben vorstellen kann. Diese Tabus aufzubrechen, das ist nach wie vor noch eine Herausforderung für mich, dass diese Patienten unter Anführungszeichen normal betreut und versorgt werden, wie alle anderen Patienten halt auch, also das passiert halt nach wie vor nicht.
Schlussfolgerung HIV ist eine chronische Krankheit mit Widersprüchen HIV als eine Krankheit im Scheinwerferlicht Entwicklungsdynamik von Therapien/Interventionen versus starren Strukturen im Gesundheitswesen Diskriminierungserfahrungen im sozialen Umfeld, im Berufsalltag und im medizinischen Bereich Aufrechterhaltung HIV spezifischer Behandlungsbereiche! Die Devise heißt: Aufklärung und Information!!!
Literatur amfar (The Foundation for AIDS Research): About amfar. Online unter: http://www.amfar.org/about.html (29.02.2016) Geyer, G. (2002): HIV und AIDS eine chronische Krankheit? Österreichische Pflegezeitschrift 12/02. Herkommer, H. (2000): Kompaß HIV und AIDS. 2.Auflage. Frankfurt am Main: Bremm Verlag Hoffmann, C. (2014): ART 2014/2015. In: Hoffmann, C.; Rockstroh, JK. HIV 2014/2015. Hamburg: Medizin Fokus Verlag, 64-286. Österreichische AIDS Gesellschaft (ÖAG). HIV Infektion, Epidemiologie. Online unter: http://www.aidsgesellschaft.info/ueber-hiv/hiv-infektion.htm#epidemiologie (29.02.2016) UNAIDS (Joint United Nations Programme on HIV/AIDS) (2015): How AIDS changed everything MDG6: 15 years, 15 lessons of hope from the AIDS response. Genf. Online unter: http://www.unaids.org/sites/default/files/media_asset/mdg6report_en.pdf (29.02.2016) Wosko, P. (2010): Professionelle Pflege von HIV/AIDS Patienten. Handlungskonzepte der stationären HIV/AIDS-Versorgung in Wien. Saarbrücken: VDM Verlag.
Danke für Ihre Aufmerksamkeit!!!