Die Auswirkungen von Armut in der Kindheit. Hörsaal City Dr. David H. Gehne Ruhr-Universität Bochum ZEFIR

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Transkript:

Die Auswirkungen von Armut in der Kindheit Hörsaal City Dr. David H. Gehne 05.05.2015 Ruhr-Universität Bochum ZEFIR

Die häufigsten Mädchen-Namen in einer Großstadt im Ruhrgebiet 2012-2014 Gehne 05.05.2015 2

Gliederung Armut und Entwicklung von Kinder Eckdaten und Forschungsstand Bildungsbenachteiligung als gesellschaftliches Risiko Was kann man tun? Kein Kind zurücklassen Modellprojekt des Landes NRW Armut und Entwicklung von Kindern Ergebnisse am Übergang KITA-Grundschule Ansatzpunkte kommunaler Präventionspolitik Gehne 05.05.2015 3

Armut in Deutschland Armut in Deutschland = relative Armut, (teilweiser) Ausschluss von materieller, kultureller und sozialer Teilhabe Messung von Armut in diesem Vortrag: Bezug von Leistungen nach dem SGB II in verschiedenen Altersgruppen (Datenverfügbarkeit!) Im Vergleich zu anderen Armutsmessungen wird das Ausmaß an Armut aber eher unterschätzt. Alternativ: z.b. bedarfsgewichtetes Haushaltseinkommen 05.05.2015 4

Bundesweit jedes sechste Kind unter drei Jahren arm (17,1% Große regionale Unterschiede: am niedrigsten in Pfaffenhofen an der Ilm (2,3%), am höchsten in Bremerhaven (40,3%) Mehr arme Kinder in Teilen Ostdeutschlands, Grostädten und altindustriellen Regionen (z.b. Saarland, Ruhrgebiet) 5

NRW jedes fünfte Kind unter drei Jahren arm (20,7%) regionale Unterschiede zwischen Umlandkreisen und urbanen Zonen (z.b. Ruhrgebiet) 05.05.2015 6

Oberstadt und Unterstadt in Bochum Bochum 22,7% der Kinder und Jugendlichen unter 15 arm Deutlicher Zusammenhang zwischen Migrationshintergrund und Armut Zusammenwirken von demografischer, sozialer und ethnischer Segregation 05.05.2015 7

Einfluss individueller und segregierter Armut auf die Entwicklung von Kindern Negative Wirkungen segregierter Armut durch 1. Ansteckungseffekte im Quartier, aber auch in KITAs und Schulen bei einseitig segregierter Zusammensetzung 2. geringe Unterstützungsmöglichkeiten der Eltern aufgrund eines niedrigen Bildungsstandes oder eigener Probleme 3. schlechtere infrastrukturelle Ausstattung als in der Oberstadt (auch räumliche Distanz zu Bildungseinrichtungen) 4. Stigmatisierung und Diskriminierung von Quartieren und deren Bewohnern 05.05.2015 8

Bildungschancen und soziale Segregation ein bekanntes Problem Gehne 05.05.2015 9

05.05.2015 10

Bildungsbenachteiligung führt zu schlechteren Bildungschancen von Kindern und Jugendlichen aus armen Familien / Stadtteilen schlechtere Chancen auf dem Arbeitsmarkt nach Ende der Bildungskarriere ungleicher Verteilung von Lebenschancen je nach Wohnort des Kindes Vererbung von Armut und steigende Kosten für Reparaturmaßnahmen wachsendem Fachkräftemangel als gesellschaftliches Risiko!!! 11

Das Modellprojekt Kein Kind zurücklassen Land NRW und Bertelsmann Stiftung Ziel: Gelingendes Aufwachsen von Kinder und Jugendlichen und Präventionsrenditen Kommunale Ebene ist entscheidend Dauerhafter Auf- bzw. Ausbau von Präventionsketten, orientiert am Lebenslauf von Kindern und Jugendlichen von der Geburt bis zum Eintritt ins Berufsleben Gehne 05.05.2015 12

Das Modellprojekt Kein Kind zurücklassen Integriertes Verwaltungshandeln (Stadtentwicklung, Bildung, Soziales, Gesundheit etc.) über die Fachbereichsgrenzen hinweg Sozialraum- und Familienorientierung Schwerpunkt frühe Hilfen und Bildungsübergänge Laufzeit bis Ende 2012-2015 (nächste Phase bis 2020) Finanzierung durch den ESF-NRW Gehne 05.05.2015 13

18 Modellkommunen (Kreise, kreisfreie Städte, kreisangehörige Städte) 14

Konzept der wissenschaftlichen Begleitforschung 15

Konzept der wissenschaftlichen Begleitforschung 16

Ergebnisse der wissenschaftlichen Begleitforschung Mikrodatenmodul : Kindbezogene Auswertung der Daten der Schuleingangsuntersuchung (SEU), SGB II- Bezug, Wohnort und Kita-Besuch Datenbasis 4.802 Kinder, die in den Jahren 2010-2013 in Mülheim an der Ruhr eingeschult wurden Grunddaten KITA-Besuch und Armut Schätzung von Wahrscheinlichkeiten für Sprachauffälligkeit auf Basis von Individualdaten Gehne 05.05.2015 17

Familiäre Merkmale der SGB-II beziehenden Kinder in Mülheim a.d.r. 18

Kindliche Entwicklungsmerkmale und Sozialgeldbezug in Mülheim a.d.r. 19

Frühkindliche Förderung in Mülheim a.d.r. 20

Schulanfänger: unzureichende Deutschkenntnisse türkischer Migrationshinterg. Eltern unterdurchschnittlich gebildet Sozialgeldbezug kein Sportverein Ü4 Kitabeginn unterdurchschnittlicher Sozialstatus der Kita: Wahrscheinlichkeit von 75% für unzureichende Deutschkenntnisse

Schulanfänger: unzureichende Deutschkenntnisse türkischer Migrationshinterg. Eltern unterdurchschnittlich gebildet Sozialgeldbezug Sportverein U3 Kitabeginn überdurchschnittlicher Sozialstatus der Kita: Wahrscheinlichkeit von 29% für unzureichende Deutschkenntnisse

Was tun? Chancengerechtigkeit ist eine Querschnittsaufgabe Gehne 05.05.2015 23

Integration von Bildung, sozialer Stadtentwicklung und Familienpolitik vor Ort (statt multipler Projektitis ) ist gefragt! Kleinräumiges und institutionenscharfes Monitoring ist die Voraussetzung von Chancengerechtigkeit. Familien, Wirtschaft, Kirchen und Zivilgesellschaft sind Partner der Kommunen und unverzichtbare lokale Akteure in Familiengerechten Kommunen. Ungleiches ungleich behandeln gezielte Förderung von benachteiligten Quartieren, KITAs und Schulen

Download unter www.zefir.rub.de 25

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Kontakt: Dr. David H. Gehne RUB/ZEFIR david.gehne@rub.de www.zefir.rub.de 0234/3228056 05.05.2015 26