7 Einführung Wohnungsmängel und Mietminderungen zählen zu den Hauptkonfliktpotenzialen zwischen Vermieter und Mieter. Die Fragen zu Rechten und Pflichten in diesem Zusammenhang gewinnen immer mehr Bedeutung. In diesem Ratgeber erfahren Sie mehr über die Grundzüge des Gewährleistungsrechts. Der Mangelbegriff wird anhand von Beispielen ausführlich erläutert. Das Buch zeigt Ihnen sowohl Ihre vielfältigen Rechte als Mieter, wenn ein Mangel vorliegt, als auch die Abwehrmöglichkeiten des Vermieters gegen Mietminderungen. Welche Mängel berechtigen den Mieter zur Minderung? Wie hoch darf die Minderungsquote ausfallen? Besteht ein Anspruch auf Schadensersatz oder kann ein Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht werden? Wie ist bei unberechtigter Minderung vorzugehen? Was ist zu tun, wenn der Mieter den Zutritt zur Wohnung verweigert? Wann darf gekündigt werden? Sämtliche Fragen des Mieters und auch des Vermieters werden in diesem Ratgeber auf verständliche Weise beantwortet. Unseren Ratgeber haben wir mit einer ausführlichen Mietminderungsliste abgerundet. Dazu haben wir über 400 aktuelle Urteile recherchiert und ausgewertet, um eine Orientierung zu bieten, um wie viel die Miete jeweils gemindert werden kann. Sowohl im Buch als auch auf der CD-ROM finden Sie zahlreiche Musterbriefe, die Ihnen beim Umgang mit dem Thema Mangel und Mietminderung weiterhelfen.
8 Einführung ABLAUFPLAN: WANN BESTEHT EIN MINDERUNGSANSPRUCH? Mangel an der Mietsache Sach-/Rechtsmangel Fehlen zugesicherter Eigenschaften Erheblichkeit des Mangels Minderungsanspruch Kenntnis des Mangels durch den Mieter Bei Vertragsabschluss Während der Vertragslaufzeit Mieter erklärt Vorbehalt Anzeige durch den Mieter Minderungsanspruch ABER: Ein Minderungsanspruch kann ausgeschlossen sein, wenn er vertraglich ausgeschlossen ist, der Mangel durch den Mieter verursacht wurde oder Instandsetzungsarbeiten durch den Mieter vereitelt wurden.
9 Was ist eigentlich ein Mangel? Zu den Hauptpflichten des Vermieters zählt die Erhaltungspflicht der Mietsache ( 535 BGB). Danach hat der Vermieter die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie außerdem während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten. Den Vermieter trifft daher grundsätzlich die Instandsetzung- und Instandhaltungspflicht bezüglich der Mieträume. Zu den Mieträumen zählen vor allem vermietete Wohnungen und Gewerberäume sowie sonstige Räume wie Garagen, Schuppen, Keller und Hobbyräume. Ebenso können mitvermietete Freiflächen, zum Beispiel Gärten oder Gemeinschaftsräume wie Heizungs- und Waschkeller, zur Mietsache gehören. Der Vermieter haftet also insgesamt dafür, dass der Gebrauch der Mietsache während der gesamten Mietdauer für den Mieter uneingeschränkt möglich ist. WAS ALS MANGEL ANERKANNT WURDE Wenn die Heizungsanlage in einem Gebäude nicht funktioniert, liegt ein Mangel der Mietsache vor. Ist das Dach undicht und es kommt in der Folge zu Feuchteschäden, hat der Vermieter für die Beseitigung dieser Mängel zu sorgen. Nicht schließende Türen und Fenster oder nicht funktionierende Klingelanlagen stellen ebenfalls Mängel der Mietsache dar. Für den Fall, dass die Mietsache mangelhaft ist, stehen dem Mieter folgende Gewährleistungsansprüche zu: Mietminderung Schadens- und Aufwendungsersatzanspruch Außerordentliche Kündigung Haben Mieter und Vermieter den Mietvertrag schon geschlossen, ist der Mietbeginn jedoch noch nicht eingetreten und die Mietsache an den Mie-
10 Was ist eigentlich ein Mangel? ter noch nicht übergeben, so stehen dem Mieter die vorbezeichneten Rechte nicht zu. Der Mieter kann die Gewährleistungsrechte erst geltend machen, wenn die Mietsache bereits an ihn übergeben worden ist. Die Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen setzt voraus, dass ein Mangel an der Mietsache vorliegt. Die Mietsache ist mangelhaft, wenn sie zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Fehler aufweist, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt oder mindert oder wenn während der Mietzeit ein solcher Fehler entsteht ( 536 Absatz 1 BGB). DAS IST BEI VERMIETUNGEN ZU BEACHTEN Ist eine Gaststätte mit Biergarten vermietet worden, so muss auch eine entsprechende Freifläche vorhanden sein. Wird zur Wohnung eine Garage oder ein Kellerraum vermietet, so liegt eine Beeinträchtigung und damit ein Mangel vor, wenn diese Räume nicht vorhanden sind oder nicht genutzt werden können. Vermietet der Eigentümer eine Wohnung in ruhiger Lage und nimmt später während des Mietverhältnisses durch Straßenausbau die Verkehrsbelastung erheblich zu, ist nachträglich ein Mangel entstanden, der die Eigenschaft ruhig zumindest teilweise aufhebt. Was bedeutet subjektiver Fehlerbegriff? Ob die Mietsache mit einem Mangel beziehungsweise Fehler behaftet ist, wird anhand des vertraglich vereinbarten Zustands und des Mietzwecks bewertet. Dabei steht im Mittelpunkt, welchen Zustand der Mietsache Vermieter und Mieter bei Vertragsbeginn bestimmt beziehungsweise festgelegt haben. Dabei handelt es sich um den sogenannten Sollzustand. Demnach stellt jede negative Abweichung des tatsächlichen Zustands ( Istzustand ) der Mietsache von der vereinbarten beziehungsweise von der geschuldeten Beschaffenheit ( Sollzustand ) einen Fehler dar. Als solche Fehler der Mietsache kommen in Betracht: der Sachmangel ( 536 Absatz 1 BGB), der Rechtsmangel ( 536 Absatz 3 BGB) und das Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft ( 536 Absatz 2 BGB).
Was ist unter dem Begriff Rechtsmangel zu verstehen? 11 Wann liegt ein Sachmangel vor? Die Mietsache selbst kann mangelhaft sein und aus diesem Grund einen Sachmangel aufweisen oder es können Einflüsse von außen, sogenannte Umweltfehler (siehe dazu Kapitel 9. Was tun bei Umweltgiften? ), als Sachmangel gewertet werden. Mangel an der Mietsache Undichtes Dach oder undichte Fenster WAS ALS MANGEL ANERKANNT WIRD Nicht funktionierende Warmwasserversorgung oder Heizungsanlage Nicht schließende Wohnungstür Ausfall der Aufzugsanlage Defekt an mitvermieteten Geräten Umweltfehler Lärmbelästigung von Gaststätte, Baustelle oder Party Gerüche, Rauchimmissionen von Kaminen oder Grillgeräten Umweltgifte Dreck, Staub von Baustellen Was ist unter dem Begriff Rechtsmangel zu verstehen? Ein Rechtsmangel liegt in solchen Fällen vor, in denen der Vermieter dem Mieter den Gebrauch der Mietsache nicht gewähren kann, weil das Recht eines Dritten entgegensteht. Hierunter fallen ausschließlich Privatrechte Dritter. Diese Situation ist zum Beispiel dann gegeben, wenn der Vermieter
12 Was ist eigentlich ein Mangel? seine Wohnung doppelt vermietet. Wird dem Mieter aber zum Beispiel eine Gaststättenkonzession nicht erteilt, liegt kein Rechtsmangel der Mietsache vor, sondern der Mieter selber ist für die nicht erteilte Konzession verantwortlich. Die Konzession ist personen- und nicht objektbezogen. Was fällt unter zugesicherte Eigenschaften? Eine Zusicherung liegt vor, wenn der Vermieter eine vertraglich bindende Erklärung abgibt, die über die bloße Angabe des Verwendungszwecks hinausgeht. Eine Zusicherung ist mehr als die Beschreibung des normalen Zustands der Mietsache. Aus der Zusicherung muss sich ergeben, dass der Vermieter bestimmte Eigenschaften der Mietsache garantieren und dafür einstehen will. ZUGESICHERTE EIGENSCHAFTEN Die Angabe der Nutzfläche in Quadratmetern ist eine Eigenschaftszusicherung. Die Zusätze ca., etwa und ungefähr lassen nur einen kleinen Spielraum für Abweichungen zu. Wird eine Wohnung für Rollstuhlfahrer vermietet, so kann ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass sie auch für Rollstuhlfahrer geeignet ist. Im Wohnraummietrecht spielt die zugesicherte Eigenschaft in der Regel lediglich eine untergeordnete Rolle. Ihr Hauptanwendungsgebiet liegt im Gewerbemietrecht. VORSICHT BEI ABSCHLUSS DES MIETVERTRAGS Bei Abschluss des Mietvertrags sollte der Vermieter vermeiden, dem Mieter leichtsinnige Versprechungen oder Zusicherungen zu geben. Gerade die Angabe von bestimmten Flächengrößen der Mietsache führt bei Abweichungen zu Lasten des Mieters dazu, dass diesem Gewährleistungsansprüche zustehen.
Die Bedeutung des Energieausweises 13 Es war lange umstritten, ob unrichtige Angaben bezüglich der Wohnfläche im Mietvertrag bei einer Abweichung nach unten als Zusicherung/Mangel zu werten sind. Mit seinem Urteil vom 24.3.2004 hat der BGH entschieden, dass, wenn eine gemietete Wohnung eine Wohnfläche aufweist, die mehr als 10 % unter der im Mietvertrag angegebenen Fläche liegt, ein Mangel der Mietsache gegeben ist. Der Mieter ist dann zur Mietminderung berechtigt (BGH vom 24.3.2004, VIII ZR 295/03, WuM 2004, 336). Die Bedeutung des Energieausweises Die Energieeinsparverordnung 2007 (EnEV 2007) sieht vor, dass nunmehr auch für den Gebäudebestand ein Energieausweis (Verbrauchs- beziehungsweise Bedarfsausweis) erforderlich ist. Der Eigentümer ist danach verpflichtet bei Verkauf, Vermietung, Verpachtung oder Verleasen dem Interessenten einen Energieausweis zugänglich zu machen. Eine Aushändigung des Energieausweises ist nicht erforderlich, der Interessent muss lediglich von dessen Inhalt Kenntnis erlangen. Hier stellt sich die Frage, ob die Daten im Energieausweis eine Zusicherung gegenüber dem Mieter darstellen. Das hätte zur Folge, dass bei Nichteinhaltung der angegebenen Werte dem Mieter Gewährleistungsansprüche zustehen. In der Regel wird der Vermieter durch die gesetzliche Verpflichtung zur Vorlage eines Energieausweises nicht auch die Gewähr für die Richtigkeit der Angaben übernehmen wollen. Die Anfügung des Energieausweises an den Mietvertrag, ohne dass der Vermieter hierzu weitere Erklärungen abgibt, die als Zusicherung zu werten sind, stellt daher keine zugesicherte Eigenschaft im Sinne des 536 Absatz 2 BGB dar.