Neuausrichtung der stationären Heilverfahren der DGUV 3.0

Ähnliche Dokumente
Neustrukturierung der Heilverfahren eine Revolution? 15. Fachtagung Luftrettung, Mainz

Schwere Arbeitsunfälle Rehabilitation

Überlegungen zur Neuausrichtung der stationären Heilverfahren in der gesetzlichen Unfallversicherung. (Stand: )

24. Betriebsärztetagung der Bezirksdirektionen Mainz und Heidelberg. am 28. September 2011 in Ludwigshafen im Hause der Abbott GmbH & Co.

Berlin DGC Die Umsetzung der Heilverfahren. F. Bonnaire BVBGÄ

Die Landesverbände der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung. Zahlen und Fakten Südwest

Das System der berufsgenossenschaftlichen Heilversorgung als lernendes System

Zukünftiges stationäres Heilverfahren

Neuausrichtung der Heilverfahren der Gesetzlichen Unfallversicherung 1 Reorientation of Medical Procedures Covered by Statutory Accident Insurance

Reha vor Ort Bezirksverwaltung Stuttgart

Rehabilitation nach einem Arbeitsunfall. Ralf Seibt,

Konzept zur Neuausrichtung der stationären Heilverfahren der gesetzlichen Unfallversicherung ab dem Jahr 2012

Verzahnung von ambulanter und stationärer Versorgung in der UV

Das Reha.-Management der DGUV

Strategien für eine gute gesundheitliche Versorgung älterer Menschen in Bremen

Position der DVfR zur geriatriespezifischen Versorgung Positionspapiere 2012 / Berlin

Reha-Management BK bei der BGHM Wo stehen wir? Was ist uns wichtig?

Meldeverfahren bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten. Tagung für Sicherheitsfachkräfte am 11. und 12. April 2018 in Rotenburg an der Fulda

Projekt Norddeutschland. Battermann Hess.-Oldendorf,

Die Landesverbände der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung. Zahlen und Fakten Südwest

Qualitätsmanagement in Krankenhäusern - Hauptziele, Chancen und Risiken verschiedener Zertifizierungsverfahren

Neue Heilverfahren im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung

Versorgungsrechtliche Grundlagen von Qualitätssicherung und Evaluation 3. Symposium der BAG BKOM und DVfR 01. Oktober 2010 Frankfurt/Main

Aktuelle Strategien der Krankenkassen im Qualitätsmanagement der Rehabilitation

Workshop 4: Medizin trifft Recht Sozialrechtliche Verankerung der DNQP-Expertenstandards

Übergangsregelung vom H-Arzt 1 zum D-Arzt 2 läuft zum 31. Dezember 2014 aus

Vortrag auf der Grundlage der Ergebnisse der Bachelor- Abschlussarbeit (B. A.):

Seite Vorwort 3 Abkürzungen 11 Wichtige Hinweise 12

Potenzial der Geriatrie in Akutkrankenhäusern 109 SGB V im Hinblick auf Teilhabeförderung

Die Regelung der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss

Translationale Zentren Ein Weg für Innovationen? Brennpunkt Onkologie. Berlin, Bernhard Egger GKV-Spitzenverband

Schmerzkonzeption Land Baden Württemberg

Kapitel I. Stationäre Behandlung - Allgemeine Krankenhausleistung - Pflegesatz

Keine kranken Häuser

Unfallversicherung. Aktueller Stand und Ausblick. einem tiefgreifenden, weiter voranschreitenden. Die Diskussionen um die Neuausrichtung

Minimierung psychischer Belastungen Chancen durch das Präventionsgesetz!? Mai Dr. Christoph Heidrich Unfallkasse Rheinland-Pfalz

» Der 64b SGB V. Entwicklung und Perspektive. Workshop Jetzt wird s praktisch. Arno Deister. Berlin-Wannsee 21. September Prof. Dr. med.

Kapitel I. Stationäre Behandlung - Allgemeine Krankenhausleistung - Pflegesatz

Einheitlicher Leistungskatalog und differenzierte Versorgungsangebote?

Sektorenübergreifender Versorgungsansatz des BV Geriatrie im Bereich der nichtstationären Versorgung geriatrischer Patienten

Die Notwendigkeit der Verzahnung - Perspektive Stationär -

1. Nachtrag. über. die Änderung

18. Frühjahrstagung. vom 20. bis 21. April 2018 in Nürnberg. Arbeitsgruppe Arzthaftungsrecht

Die arbeitsplatzbezogene muskuloskelettale. - ein neues Konzept der DGUV - Dr. Axel Lohsträter Silvia Germann

Die arbeitsplatzbezogene muskuloskeletale Rehabilitation (ABMR) bei der VBG

Heilverfahren der DGUV. Neuausrichtung. Eckpunkte zur Neuausrichtung. Mit dem oben genannten Ziel wurden im Jahr 2008 Eckpunkte zur Neuausrichtung

Wohin geht die Reha? Zwischen Wirksamkeit, ökonomischen Druck und medizinischem Fortschritt

Fachärztliche Versorgung an der Schnittstelle ambulant und stationär

Vernetzung der medizinischen Rehabilitation - Einführung

Fachliche Weisungen. Reha. Neuntes Buch Sozialgesetzbuch SGB IX. 9 SGB IX Vorrangige Prüfung von Leistungen zur Teilhabe

Versorgungsverbund Medizinische Behandlungszentren Veranstaltung Der Paritätische Berlin am

Zentrale Beschwerdestelle Für hilfe- und pflegebedürftige Menschen Return-Reclamation-Management

Und schon ist es passiert!

Umsetzung von Modellprojekten nach 64b SGB V

Psychische Belastungen nach Arbeitsunfällen

BKK-Aktuell Nr. 1 Februar Nachtrag zur Satzung der energie-bkk vom 1. Januar 2017

Leitbild. Der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik Duisburg GmbH

Personalvorhaltung nach Psych-PV

Rehamanagement bei Akut-Berufskrankheiten Berufskrankheiten mit Aufgabezwang

Transparente Vergabe

3. Versorgungsstufe: Strukturvoraussetzungen der stationären Versorgung. I Strukturvoraussetzungen für Krankenhäuser mit Schwerpunkt konventionelle

Der G-BA und die Sicherung der Qualität bei sektorgleichen und sektorenübergreifenden Verfahren

Strukturqualität für Krankenhäuser nach 5

Gesetzliche Unfallversicherung

Gesetzliche Unfallversicherung. Entschädigung durch den Unfallversicherungsträger

Strukturelle Anforderungen was sollte sein?

Medizin trifft Recht: Gibt es Regelungslücken in der Qualitätssicherung des SGB V?

An die Damen und Herren Durchgangsärzte in Bayern und Sachsen. Rundschreiben Nr. 09/2012 (D)

Helfen. Heilen. Forschen. Das Bergmannsheil

Aktueller Stand in der Physiotherapie

Translationale Zentren

Integrierte Versorgung

QS Dekubitusprophylaxe: Schikane oder Chance? Wolf-Rüdiger Klare Stuttgart, 25. November 2015

Welche Erwartungen und Nutzen haben Richter am Sozialgericht vom Reha- Entlassungsbericht? Dr. Hans-Georg Hansen Landessozialgericht Rheinland-Pfalz

Entwicklung und Zukunft der Geriatrischen Strukturen. Baden-Württemberg

Die neuen gesetzlichen Regelungen zur Kinderund Jugendrehabilitation im Flexirentengesetz

Richtlinie. des Gemeinsamen Bundesausschusses

Das Reha-Management der Gesetzlichen Unfallversicherung

11. Österreichischer Gesundheitskongress. Prim. Dr. Karin Gstaltner Rehabilitationszentrum Weißer Hof der AUVA

Praxismanagement für die Physiotherapie

Aufgaben und Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung

Vertrag. nach 115 Abs. 2 Nr. 4 SGB V für Nordrhein-Westfalen

PRESSEINFORMATION. Wirbelsäulenchirurgie komplettiert das chirurgische Behandlungsspektrum des Krankenhauses Bad Soden

Orthopädie, Unfallchirurgie

Ärzte, die an der Durchführung der besonderen Heilbehandlung beteiligt sind

Berlin, den

5.2.3 Normen der Qualitätssicherung

"Integrierte hausarztbasierte Versorgung für Patientinnen und Patienten mit Rückenschmerzen" (IVR)

37 Versorgung gemäß Anlage 27 und 30 zum Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä)

Vereinbarung. zwischen. dem Verband Deutscher Betriebs- und Werksärzte e.v. Berufsverband Deutscher Arbeitsmediziner (VDBW e.v.)

conhit 2014 Berlin 6. Mai 2014

Was Hochschulambulanzen leisten Bernd Sahner, Kaufmännischer Direktor

Bibliografische Informationen digitalisiert durch

Die künftige Finanzierung von Medizintechnik und Innovationen im Gesundheitswesen: Was geht?

Position der Kommission Arbeitsschutz und Normung (KAN) zur "Normung von Gesundheitsdienstleistungen" Juni 2015

Stiftung für Patientensicherheit: Ein konkreter Beitrag zur Qualitätssicherung im Gesundheitswesen

Transkript:

Neuausrichtung der stationären Heilverfahren der DGUV 3.0 T. C. Auhuber I. Einleitung Die Gesetzliche Unfallversicherung bildet eine der fünf klassischen Säulen der Sozialversicherung. Die Rechtsgrundlagen für die Gesetzliche Unfallversicherung wurden im Sozialgesetzbuch Sieben (SGB VII) geregelt. Die Träger der Unfallversicherung sind gewerbliche Berufsgenossenschaften, landwirtschaftliche Berufsgenossenschaften sowie Unfallkassen. In den letzten Jahren kam es dabei zu Fusionen und Umstrukturierungen der Trägerorganisationen und zur Neuordnung der Heilverfahren. Derartige Struktur- und Prozessveränderungen bringen einerseits die erhofften Vorteile aber führen häufig auch zu neuen Herausforderungen, die ein Nachjustieren der Systeme erforderlich machen. Der vorliegende Beitrag gibt eine aktuelle Übersicht über die Neuausrichtung der stationären Heilverfahren in der Version 2.0 und postuliert Handlungsoptionen für die Version 3.0. II. Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung Die gesetzliche Unfallversicherung hat die Aufgabe, Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten sowie arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren zu verhüten (Prävention), bei Arbeitsunfällen oder Berufskrankheiten die Gesundheit und die Leistungsfähigkeit wiederherzustellen (medizinische Heilbehandlung sowie medizinische, berufliche und soziale Rehabilitation) und den Versicherten (Lohnersatz- und Rentenleistungen) oder ihren Hinterbliebenen (z. B. Witwen- /Witwer- und Waisenrenten) eine Entschädigung zu gewähren. Ein weiteres vorrangiges Ziel der Unfallversicherungsträger ist die Wiederherstellung der Gesundheit und Arbeitsfähigkeit des Versicherten mit allen geeigneten Mitteln. Renten an Versicherte werden dann gezahlt, wenn die Erwerbsfähigkeit nicht vollständig wieder hergestellt werden kann und eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von mindestens 20 Prozent vorliegt. Die Leistungen zur Heilbehandlung und zur Rehabilitation haben Vorrang vor Rentenleistungen (Reha vor Rente). Qualität und Wirksamkeit der Leistungen zur Heilbehandlung und Teilhabe haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen. ( 26 SGB VII). Die gesetzliche Krankenversicherung definiert einen anderen Leistungsbegriff, nach dem die Leistungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein müssen; sie

dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht erbringen und die Krankenkassen nicht bewilligen ( 12 SGB V Gesetzliche Krankenversicherung). Mit allen geeigneten Mitteln bedeutet aber nicht, dass Leistungen unbeschränkt gewährt werden, auch der Unfallversicherungsträger hat sicherzustellen, dass die ihm obliegenden Aufgaben unter Berücksichtigung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit erfüllt werden ( 69 SGB IV Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung). III. Ziele und Struktur der Heilverfahren Die Behandlung unfallversicherter Patienten findet in Form von strukturierten Heilverfahren der gesetzlichen Unfallversicherung statt. Ziel dieser Verfahren ist es, die gesamte Behandlung von versicherten Personen nach Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten aus einer Hand vom Unfall bis zur beruflichen und sozialen Wiedereingliederung anzubieten. Das Heilverfahren ist besonders strukturiert und organisiert (siehe Abb. 5). Die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung beteiligen an dem Verfahren ausgewählte und besonders qualifizierte Ärzte, Therapeuten, Krankenhäuser, Rehabilitationseinrichtungen und andere Leistungsanbieter im Gesundheitswesen. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Einhaltung hoher Qualitätsstandards. Sie bestimmen im Einzelfall Art, Umfang und Durchführung der Heilbehandlung. Dies geschieht in enger Abstimmung mit den Leistungserbringern. Die Unfallversicherungsträger können nach Art und Schwere des Gesundheitsschadens oder für bestimmte Versichertengruppen besondere Verfahren für die Heilbehandlung vorsehen (Heilverfahren der Gesetzlichen Unfallversicherung). Die Versorgung von Schwer- und Schwerstverletzten soll dabei auf besonders qualifizierte und erfahrene Kliniken konzentriert werden. Zudem soll eine Profilierung und Aktualisierung der Qualitätsanforderungen sowie eine Stärkung der sektorenübergreifenden Versorgung im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung erfolgen. So spielt neben der Rettung und Akutversorgung die Rehabilitation und das Rehabilitationsmanagement für die Erreichung der Ziele des Heilverfahrens eine besondere Rolle. Bei der Umsetzung der Weiterentwicklung des unfallversicherungsrechtlichen Heilverfahrens dienen die klar definierten Strukturen des Trauma Netzwerks DGU als Vorbild. Die Grundlage bildet das Weißbuch Schwerverletztenversorgung der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU). Die Idee, Trauma-Reha-Netzwerke zur Versorgung von Unfallverletzten zu bilden, steht dabei im Vordergrund. Daneben werden Phasenmodelle entwickelt, welche den Ablauf des Heilverfahrens definieren. Diese Modelle berücksichtigen abhängig von der Verletzungsschwere die geeignete Versorgungsstufe, die Eingangskriterien, die

personellen Qualifikationen und materielle Ausstattung der beteiligten Einrichtungen sowie das Überleitungsmanagement. Für das SGB-VII-Trauma-Reha-Netzwerk wurde das dreigliedrige Versorgungsnetz aus dem Weißbuch (lokales, regionales und überregionales Trauma Zentrum) übernommen, um auch Synergieeffekte mit der neu entstandenen unfallmedizinischen Landkarte in Deutschland zu nutzen. Da sich die formalen Bedingungen jedoch unterscheiden, ist ein eigenes Zertifizierungs- und Auditierungsverfahren durch die DGUV-Landesverbände entwickelt worden. Die Zulassung im Trauma Netzwerk DGU ist dabei keine notwendige Voraussetzung. Aus dem zweistufigen Verfahren mit dem stationären Durchgangsarztverfahren (DAV) und dem Verletzungsartenverfahren (VAV) wird nun eine dreistufiges Verfahren, das in Bezug den bisherigen Verfahren modifiziert und um das Schwerstverletzungsartenverfahren (SAV) ergänzt wird (siehe Abb. 1). Zudem werden die personalisierten Zulassungen der Ärzte zu den Verletzungsartenverfahren um die Beteiligung des Krankenhauses mit definierten Strukturanforderungen ergänzt. Abb. 1: Umstellung der Gliederung des Heilverfahrens zum 01.01.2013 bzw. 01.01.2014 Auch vor dem Hintergrund rückläufiger Unfallzahlen steht neben der unfallchirurgischen Versorgung auf hohem Niveau insbesondere auch die berufliche und soziale Rehabilitation im Mittelpunkt der Behandlung. Die Bedeutung der biopsycho-sozialen Kontextfaktoren in einer modernen Gesellschaft unter Beachtung der ICF (International Classification of Functioning, Disability and Health) hat an Bedeutung gewonnen und muss bei der Behandlung Unfallverletzter Patienten berücksichtigt werden. Wesentliche Bestandteile der Novellierung des Heilverfahrens des DGUV (siehe Abb. 2) sind:

die Konzentration Schwerstverletzter auf besonders qualifizierte Kliniken sowohl im Akut- als auch im Reha-Bereich eine stärkere Differenzierung der Heilverfahren nach Art und Schwere der Verletzung ( der richtige Fall in die richtige Klinik ) eine Ergänzung des Heilverfahrens um die Bereiche Komplikations- und Rekonstruktionsbehandlung sowie den bereits genannten Bereich der Rehabilitation die Schaffung von Voraussetzungen für Messungen zur Prozess- und Ergebnisqualität als Effektivitätsnachweis Berücksichtigt werden auch die curricularen Veränderungen in der ärztlichen Ausund Weiterbildung. Seit 2004 ist der Schwerpunkt Unfallchirurgie aus dem Gebiet Chirurgie mit dem Fachgebiet Orthopädie zu dem neuen Fachgebiet Orthopädie und Unfallchirurgie unter dem Gebiet Chirurgie zusammengeführt worden. Zudem ist die Schwerpunktbezeichnung Unfallchirurgie in die Zusatzweiterbildung Spezielle Unfallchirurgie überführt worden. Daraus entwickelte sich ein verändertes Qualifikationsprofil für die neue Facharztausbildung mit Auswirkungen auf die Anforderungen zur Teilnahme am Heilverfahren der DGUV auf allen Ebenen. Abb. 2: Zusammenfassung der wichtigsten ambulanten und stationären Heilverfahren der DGUV seit dem 01.01.2014 IV. Das Schwerstverletzungsartenverfahren ein neues Verfahren

Kleinere Änderungen im stationären DAV führen zu einer Anhebung des Behandlungsniveaus, indem bestimmte Schädigungen aus dem bisherigen VAV- Katalog gestrichen wurden. Eine Reihe von Verletzungen wie Radiusfrakturen und Sprunggelenkfrakturen in einfacher Ausprägung sowie Sehnenverletzungen müssen künftig nicht mehr in einer VAV-Klinik vorgestellt werden. Im VAV gehen die Anforderungen im Detail und in der Tiefe auch über die früheren Zulassungsvoraussetzungen hinaus (kindertraumatologische Kompetenz, erweiterte Hygieneanforderungen). Ziel ist auch hier die flächendeckende Versorgung Unfallverletzter Patienten. Ein neues Verfahren wurde mit dem SAV eingeführt: Die Patienten mit schwersten Verletzungen und zu erwartendem aufwändigen Heilverlauf werden in Kliniken mit besonderer Kompetenz konzentriert. Innerhalb der Netzwerkstruktur sollen dort regelhaft die Fälle vorgestellt werden, die bezüglich des absehbaren Heilverfahrensaufwandes von hoher sozio-ökonomischer Bedeutung sind. Hierzu gehören Behandlungen von schweren Brandverletzungen, Querschnittlähmungen, Schädel-Hirn-Traumata, Trümmerbrüchen großer Gelenke, schweren Fußverletzungen, aufwändigen Rekonstruktionen und Folgeoperationen, komplexen Handverletzungen, Fällen mit Erfordernis spezieller septischer Chirurgie. Zusätzlich wird eine besondere unfallversicherungsrechtliche Reha-Kompetenz gefordert. Diese soll eine frühzeitige multiprofessionelle Rehabilitation sowie ein von Beginn an enges Rehabilitationsmanagement gemeinsam mit den verantwortlichen Unfallversicherungsträgern beinhalten. Hierzu gehören weitere Behandlungsoptionen: Sofort- und (Früh)Rehabilitation Komplexe Stationäre Rehabilitation (KSR) Berufsgenossenschaftliche Stationäre Weiterbehandlung (BGSW) Erweiterte Ambulante Physiotherapie (EAP)

besondere Kompetenzen in der Prothesenversorgung Handrehabilitation Schmerztherapie Psychotraumatologische Diagnostik und Therapie Die Integration arbeitsplatzspezifischer Rehabilitations- und Testverfahren (z.b. Arbeitsplatzspezifische Muskuloskelettale Rehabilitation ABMR, FCE (functional capacity evaluation)-verfahren wie EFL (Evaluation der funktionellen Leistungsfähigkeit)) sowie die Anwendung von Assessmentverfahren zur Verlaufsund Ergebniskontrolle bzw. zur Qualitätsmessung des Heilverfahrens sind weitere Anforderungen an Kliniken mit Zulassung zum SAV-Verfahren. Abb. 3: Übersicht Heilverfahren der DGUV und die Rolle der BG-Kliniken (eigene Darstellung modifiziert nach Oberscheven, Kranig, Bühren) Die BG-Kliniken sollen in besonderer Form die Kooperation mit den Unfallversicherungsträgern im Rehabilitationsmanagement als Schrittmacher im SAV vorantreiben. Sie sollen in Zukunft noch mehr als bisher spezielle Dienstleistungen im Heilverfahren erbringen (siehe Abb. 3). Hierzu gehören

besondere Sprechstunden zur Vorstellung problematischer Heilverläufe, Beratungsangebote für Ärzte und Kliniken, Fortbildungen, Qualitätszirkel sowie Forschung und Weiterentwicklung medizinischer Behandlung Unfallverletzter. Die BG-Kliniken sind im Klinikverbund der Gesetzlichen Unfallversicherung e.v. (KUV) zusammengefasst. Im Hinblick auf den notwendigen Versorgungsbedarf insbesondere in der Fläche oder spezieller Versorgungsformen werden weitere Häuser der Maximal- und Schwerpunktversorgung zugelassen. Entsprechend der Erkenntnis, dass schwerverletzte Patienten dann einen Überlebensvorteil haben, wenn sie mit einem Rettungshubschrauber transportiert und in einem überregionalem Trauma Zentrum behandelt werden, sind für alle SAV-Häuser Hubschrauberlandeplätze zu fordern, die die europäischen Richtlinien erfüllen. Eine Weiterentwicklung der Trauma Netzwerke mit Etablierung von SGB VII-Reha-Netzwerken wird zukünftig zur Steuerung rehabilitations- und kostenintensiver Patienten notwendig. Aktuell sind in Deutschland ca. 100 Kliniken zum SAV zugelassen. V. Verletzungsartenverzeichnis Grundlage zur Steuerung der Unfallverletzten Patienten in die geeignete Versorgungsstruktur ist ein Verletzungsartenverzeichnis. Liegt beim Patienten eine Verletzung nach dem Verletzungsartenverzeichnis vor, ist dies im D-Arzt-Bericht anzugeben. Das aktualisierte Verletzungsartenverzeichnis gilt seit dem 01.01.2013 und regelt die Zuständigkeiten der jeweiligen Versorgungsstufen für die Behandlung Arbeitsunfallverletzter nach Art und Schwere der Verletzung, woraus Vorgaben für eine differenzierte Zuweisung in die entsprechend qualifizierten Kliniken resultieren. Auf der Basis des VAV-Kataloges von 2005 mit seinen 10 Kategorien ist eine Neugliederung erfolgt. Diese bezieht nun auch gängige medizinische Klassifikationen (z. B. AO-Klassifikation) in die Erläuterungen mit ein (siehe Abb. 4). Im Verzeichnis sind Konstellationen bzw. Verletzungen, die im Fettdruck erscheinen sowie mit Klammerzusatz (S) versehen sind, für Krankenhäuser mit Zulassungen zum Schwerverletztenartenverfahren (SAV) vorbehalten.

Abb. 4: Beispiel aus dem Verletzungsartenverzeichnis, Ziffer 9, mit der Differenzierung nach VAV (V) und SAV (S) und Berücksichtigung der AO- Klassifikation. Die Rahmenvereinbarung der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) mit der DGUV bzw. der Vertrag Ärzte / Unfallversicherungsträger regelt die Behandlung von Versicherten der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung, die in ein Krankenhaus eingeliefert werden, das nicht zum stationären Durchgangsarztverfahren zugelassen ist. Danach bestehen Verlegungspflichten bei Arbeitsunfällen. Unfallverletzte sind grundsätzlich an ein Krankenhaus mit D-Arzt, bzw. bei Vorliegen einer Verletzung nach dem Verletzungsartenverzeichnis an ein VAV-Haus, zu verlegen. Die Pflicht zur Verlegung in ein am SAV beteiligtes Krankenhaus bei entsprechender Verletzung gilt seit dem 01.01.2014. Die akute Notfallversorgung von Verletzungen mit vitaler Bedrohung hat zunächst Vorrang vor Verlegungen.

Abb. 5: Struktur der Verletzungsartenverfahren bei Arbeits-, Schul- und Wegeunfällen (eigene Darstellung modifiziert nach Rybak / Lenz / Ehlers) Die Neuregelungen im Verletzungsartenverzeichnis beinhalten auch die Wiedereinführung einer Mindestfallzahl von jährlich durchschnittlich 75 Arbeitsunfällen im Verletzungsartenverfahren im Fünf-Jahres-Zeitraum für Krankenhäuser mit Zulassung zum Verletzungsartenverfahren. Diese Mindestfallzahl soll Garant sein für hohe Versorgungsqualität, hohe fachärztliche und operative Routine, einen hohen Pflegestandard sowie eine große Erfahrung im Umgang mit den unfallversicherungsrechtlichen Sachverhalten und Besonderheiten dieser Heilverfahren. Dem niedergelassenen D-Arzt kommt eine Lotsenfunktion im Heilverfahren zu, ohne dass er spezielle operative Verfahren persönlich durchführen darf. Er muss die fachlichen Aspekte und Besonderheiten des gesamten Heilverfahrens der DGUV im Blick haben. Die Einführung von Mindestfallzahlen von 250 D-Arzt-Fällen pro Jahr sowie eine Überprüfung der Qualität alle 5 Jahre soll das hohe Niveau des Zulassungsverfahrens sichern. VI. Berufsgenossenschaftliche Heilverfahrenssteuerung und Rehabilitationsmanagement Die berufsgenossenschaftliche Heilverfahrenssteuerung und das Rehabilitationsmanagement ist die umfassende Planung, Koordinierung und zielgerichtete, aktivierende Begleitung der medizinischen Akutbehandlung und

Rehabilitation und aller Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und am Leben in der Gemeinschaft auf der Grundlage eines individuellen Reha-Plans unter partnerschaftlicher Einbindung aller am Verfahren Beteiligten. Die Definition und die Nutzung von Verfahren, Verzeichnissen und Handlungsanleitungen sind dabei wesentliche Voraussetzung für die Erreichung dieses Ziels. VII. Vom Heilverfahren 2.0 zum Heilverfahren 3.0 Mit Umsetzung der neuen Heilverfahren gibt es zunehmend Erfahrungen in deren Anwendung. Viele positive Aspekte als Folge der Veränderung früherer Strukturen sind mittlerweile evident. Die Anpassung an veränderte medizinökonomische Rahmenbedingungen und den veränderten Bedarf der gesetzlichen Unfallversicherung sind dabei wichtige Antriebe für die Weiterentwicklung des Systems. Die Neuausrichtung der Heilverfahren mit den intersektoralen Vorhaltungsund Steuerungsmechanismen ist ein wichtiges Indiz dafür, dass die gesetzliche Unfallversicherung weiterhin ein zeitgemäßes, wenn nicht sogar zukunftsweisendes Element der sozialen Sicherung und Daseinsfürsorge ist. In der aktuellen Diskussion finden sich jedoch auch grundsätzliche Aspekte, die aufgegriffen und einer kritischen Betrachtung zugeführt werden sollen, um das System weiterzuentwickeln und somit eine hohe Behandlungs- und Versorgungsqualität der Unfallverletzten Patienten nach den gewünschten Standards auch in der Zukunft sicherzustellen. Die Kernthemen sind dabei medizinisch, klassifikatorisch, qualitativ, ökonomisch und administrativ relevant. 1. Im Verletzungsartenverzeichnis von 2005 gibt es die Ziffer 10, die alle Verletzungen und Verletzungsfolgen mit Komplikationen, fehlendem Heilungsfortschritt und / oder einer Korrekturbedürftigkeit klassifiziert. Die Ziffer wurde in das neue Verletzungsartenverzeichnis nicht übernommen. Stattdessen finden sich einzelne Komplikationsindikationen in den einzelnen Organkapiteln des neuen Verzeichnisses. Grundsätzlich gibt es bei der Erfassung der korrekten Ziffern nach dem Verletzungsartenverzeichnis in der Praxis diverse Unklarheiten: Die Angabe der Ziffer erfolgt im D-Arzt-Bericht in einem dafür vorgesehenen Feld. Ändert sich die Klassifikation im Verlauf der Behandlung ist der Prozess einer Neueinstufung und der Mitteilung an den Unfallversicherungsträger nicht ausreichend definiert. Befindet sich der Patient in mehreren Kliniken in Behandlung, wird in der Regel in jedem Fall mindestens eine Neueinstufung durchgeführt, die dann zu Diskrepanzen in der Beurteilung führen können. Nach Abschluss der Akutbehandlung fällt der Fall ebenfalls aus dem Klassifikationsraster. Eine Fortschreibung für Komplikations- und

Revisionsfälle wäre sinnvoll. Ein Begrenzungskriterium der Akutbehandlung ist derzeit noch unzureichend definiert. Abhängig vom Unfallversicherungsträger liegen auch hier unterschiedliche Erfassungsmodalitäten der Daten aus dem Verletzungsartenverfahren vor, die eine statistische Auswertung schwierig machen. Eine zentrale Registerbildung mit Clearingstelle zur definitiven Festlegung der Ziffer könnte Ausgangsbasis für weitergehende qualitätssichernde Maßnahmen sein. Revisionsfälle, Komplikationen oder Situationen, die eine komplexe Folgebehandlung insbesondere nach der Primärphase benötigen, sind aktuell nicht oder nicht ausreichend klassifiziert und lösen somit auch nicht zwingend eine Verlegungspflicht aus. Dies wiederum führt dazu, dass die Heilverfahrenssteuerung ggf. erst verzögert einsetzt, da die Fälle nicht oder verspätet erkannt werden können. Gerade diese Fälle, die einer besonderen Steuerung bedürfen, finden sich als Resteklasse in der Versorgungsebene des DAV. Eine weitere Schärfung des Verletzungsartenverzeichnisses auch unter medizinischen Gesichtspunkten ist dabei wünschenswert. 2. Die Einführung von Mindestfallzahlen und Strukturvoraussetzungen der Kliniken sind bewährte, wenn auch nicht unumstrittene Elemente der Qualitätssicherung. Deutschlandweit ist an den VAV-Kliniken abhängig von der Lage der Klinik, der Einbindung in die regionale Versorgungsstruktur sowie der persönlichen und infrastrukturellen Ausstattung der Klinik häufig SAV-Kompetenz vorhanden, die Patienten der anderen Sozialversicherungssysteme zur Verfügung steht. So gibt es in der aktuellen Krankenhauslandschaft z. B. Kliniken, die überregionales Trauma Zentrum jedoch keine SAV-Klinik sind. Andererseits gibt es auch VAV- Kliniken, die die Voraussetzungen eines lokalen oder regionalen Trauma Zentrums nicht erfüllen. Die Heterogenität der Versorgungslizenzen ist zukünftig zu untersuchen und mit der Versorgungsqualität zu korrelieren. Diese Gedanken führen auch zu der Frage, wie eine zukünftige Bedarfsplanung aussehen soll und welche Krankenhausversorgungsstruktur vorgehalten werden muss. Hier sind die Strukturen der gesetzlichen Unfallversicherung auch mit der föderalen Krankenhausplanung im Dialog zu entwickeln. Mindestmengen sind in vielen Bereichen der Medizin ein propagiertes Element der Qualitätssicherung, da ein positiver Volumen-Outcome-Effekt aus dem Zusammenhang zwischen Häufigkeit und Ergebnisqualität angenommen wird. Sie sind jedoch auch von der Definition der Kollektive, der Schwellenwerte und der Qualitätsindikatoren abhängig. Mindestmengen führen auch zu einer Mengendynamik, insbesondere wenn die Vergütung daran geknüpft ist. Pay for Performance ist ein Ansatz, der als alternatives Steuerungs-, Struktur- und Qualitätsmerkmal dienen kann. Der Vorwurf, dass es durch die Verlegungspflicht zu einem vermehrten Patiententourismus kommen würde, lässt sich aus ersten Erkenntnissen

größerer Versorgungsregionen bis jetzt nicht belegen. Der Nachweis, dass die Verlegungspflicht zu einer generell verbesserten Versorgungsqualität führt, steht jedoch ebenfalls aus. Die Auswirkungen der Neuausrichtung der Heilverfahren auf Weiterbildungsberechtigungen und die qualitative und quantitative Personalverfügbarkeit sind noch nicht absehbar. Eine begleitende Versorgungsforschung kann für die weitere Ausdifferenzierung des Systems hilfreich sein. 3. Die berufsgenossenschaftlichen Heilverfahrenssteuerung, das Reha Management und die Reha Planung orientieren sich insbesondere an definierten Heilverfahren und Handlungsleitfäden. Die Rehabilitation beginnt bereits in der Akutklinik (Phase der Sofortrehabilitation). Im Anschluss daran folgen in der Regel die Phasen der stationären Frührehabilitation, der stationären postprimären bzw. stationären oder ggf. ambulanten Anschlussrehabilitation sowie die der arbeitsplatzbezogenen Maßnahmen, welche den Unfallverletzten bis zum Wiedererreichen der Arbeitsfähigkeit begleiten. Für die jeweiligen Rehabilitationsphasen wurden im Heilverfahren der DGUV geeignete Rehabilitationsmaßnahmen (BGSW, KSR, EAP, ABMR) als komplexe Prozesse entwickelt und durch die einschlägigen Handlungsanleitungen und Anforderungskataloge der DGUV definiert. Dabei ist anzumerken, dass für die Phasen der Frührehabilitation und der postprimären Rehabilitation keine spezifischen Rehabilitationsverfahren der DGUV existieren. Zur Vermeidung von drohenden sogenannten Rehalöchern ist eine weitere Schärfung der Verfahren notwendig, insbesondere sind standardisierte Abgrenzungen und Übergänge einzelner Phasen unter Beachtung der individuellen Kontextfaktoren zu definieren. Eine möglichst frühe Einbindung der Reha Manager ist dabei von Vorteil. Für die wirtschaftliche Leistungserbringung für den gesamten Behandlungsfall lohnt auch eine enge Zusammenarbeit mit den für Rechnungsprüfungen beauftragten Sachbearbeitern. 4. Die Entgeltsysteme für die stationäre Behandlung von Patienten in Deutschland sind spätestens seit Einführung der fallpauschalierten Vergütung (DRGs Diagnosis related Groups) für den Großteil der Behandlungsfälle häufig in der Diskussion. Insbesondere die Angemessenheit der Vergütungsstruktur für die geforderte Leistung steht im Fokus. Die Leistung wird durch Diagnosen und Prozeduren transparent. Sofern jedoch die Differenzierung der Leistung auf Grund fehlender Klassifikationssysteme nicht möglich ist, vorhandene Leistungsmengen nicht wirtschaftlich zu erbringen sind oder Strukturmerkmale (z. B. Vorhaltungskosten, qualitätssichernde Maßnahmen) nicht kalkuliert sind, kommt es häufig zur Unterfinanzierung der Leistungserbringung. Verschärft wird die Diskussion gerade bei den unfallversicherten Patienten dadurch, dass Investitions- und Vorhaltekosten außerhalb von BG-Kliniken nicht durch die Unfallversicherungsträger getragen werden müssen. Zudem wird unter der Maßgabe mit allen geeigneten Mitteln oder auch durch Vorgaben der Heilverfahren zusätzliche Leistungen gefordert, deren Finanzierung im Rahmen

der InEK (Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus)-Kalkulation und der landesspezifischen Regelungen (z. B. Basisfallwerte, Krankenhausrahmenplanung, Zentrumszuschläge) nicht sachgerecht vergütet werden. Wird das Finanzierungssystem der BG-Kliniken unter der Prämisse der Steigerung von Qualität und Wirtschaftlichkeit in der Zukunft verändert und an das deutsche DRG-System angeglichen, ist ebenfalls bei der Entwicklung auf eine sachgerechte Vergütungsstruktur von Betriebs- und Investitionskosten zu achten. Die Neuausrichtung der Heilverfahren sollte somit mit der Schaffung geeigneter leistungsbezogener Finanzierungsmodelle für alle stationären, ambulanten, akutmedizinischen und rehabilitativen Versorgungsformen einhergehen. VIII. Fazit Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) hat die stationären Heilverfahren neu geordnet. Die Umsetzung der Neuregelungen erfolgt durch die Landesverbände der DGUV. Das zentrale Element der Neuausrichtung ist die Umgestaltung des Verletzungsartenkatalogs und stationären Verletzungsartenverfahren in drei Versorgungsstufen. Bei der Neuausrichtung werden die Konzentration auf Krankenhäuser mit höchster Leistungsfähigkeit und bester Qualifikation sowie die Fokussierung auf schwere und schwerste Verletzungen genannt. Diese Neuausrichtung orientiert sich auch am Weißbuch der DGU, insbesondere an dem Konstrukt der Trauma Netzwerke DGU. Die Hierarchie der Versorgung richtet sich nach festgelegten Zulassungskriterien und nach der Verletzungsschwere. Diese Strukturierung bezieht auch die besondere Kompetenz im Bereich der Rehabilitation mit ein und wird zur Stärkung des multidisziplinären Reha-Managements und der arbeitsplatzbezogenen Module des Heilverfahrens führen. Insgesamt werden die UV-Träger an ihre Netzwerk-Partner erhöhte Anforderungen stellen. Neben der im Grundsatz vorteilhaften Veränderung für die Versorgung unfallversicherter Patienten ergibt sich jedoch auch ein Handlungsbedarf zur weiteren Anpassung und Entwicklung der Verletzungsartenverfahren. Dazu gehören die Entwicklung eines Steuerungstools bei Revisionen und Komplikationen, die differenziertere Einbeziehung von Verletzungen, die (Weiter)Entwicklung von Behandlungsstandards, eine veränderte Organisation der Heilverfahrenssteuerung, eine Adaptation der Strukturmerkmale und die Anpassung von Vergütungsstrukturen. Eine begleitende Versorgungsforschung ist für die weitere Ausdifferenzierung des Systems erforderlich, um zukünftig die Versorgungsqualität unfallversicherter Patienten besser messen zu können und um eine evidenzbasierte Grundlage für eine weitere Neuausrichtung der Heilverfahren zu schaffen.