14 Ösophagus- und Magenkarzinom, gastrointestinale Lymphome: Diagnose und Staging

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Transkript:

Ösophagus- und Magenkarzinom, gastrointestinale Lymphome: Diagnose und Staging U. Gottschalk, W. Heise, C. Jenssen Lernziele X Beitrag der Endosonografie zu Diagnose und Differenzialdiagnose bei Verdacht auf eine maligne Erkrankung des oberen Verdauungstrakts Kenntnis der Kriterien und Erlernen des praktischen Vorgehens für das endosonografische Staging maligner Neoplasien des oberen Verdauungstrakts kritische Wertung der klinischen Relevanz der Ergebnisse der endosonografischen Bildgebung.1 Begriffsbestimmung und klinische Bedeutung Die Diagnose maligner Neoplasien des Ösophagus und des Magens erfolgt primär endoskopisch. Verdachtsmomente können bereits durch den Nachweis einer Magenwandverdickung mit bildgebenden Verfahren wie Sonografie, CT und MRT entstehen. In Fällen, in denen die histologische Diagnose durch das Standardverfahren der endoskopischen Zangenbiopsie fehlschlägt, kann die Gewebegewinnung alternativ durch die EUS-FNP erfolgen. In der modernen Onkologie kommt dem TNM-Staging im Hinblick auf die Festlegung der Therapie eine entscheidende Rolle zu. Hier kann der EUS dank der sehr hohen lokalen Auflösung einen wichtigen Beitrag liefern. Leitlinien weisen dem Verfahren einen hohen Stellenwert für die Therapieentscheidung zu [13], [24]. Da z. B. Patienten mit einem Magenkarzinom ohne LK-Invasion (T 1/2N0) eine 5-Jahres-Überlebensrate von 65 85 % haben, dagegen für ein lokal fortgeschrittenes Karzinom (T 3/4N +) bei 20 50 % liegt, sind die Grenzziehungen auch für die Prognosebeurteilung sehr wichtig [25], [31]..2 Primärdiagnose Karzinome und Lymphome des Ösophagus und des Magens präsentieren sich als echoarme Wandverdickungen mit Zerstörung des Schichtenaufbaus. Die endoskopische Zangenbiopsie hat für die Diagnose dieser Neoplasien eine hohe Sensitivität. Daher wird der EUS nur zur Abklärung unklarer Wandverdickungen und insbesondere der Riesenfaltengastropathie eingesetzt, wenn die Befunde der endoskopischen Zangenbiopsie unklar oder unplausibel negativ bleiben [], [24]. Bei Patienten mit Riesenfaltengastropathie und negativer Zangenbiopsie sind neben einer verminderten Aufweitbarkeit des Magens der endosonografische Nachweis einer Wandverdickung (insbesondere der tiefen Wandschichten), des Verlusts der Wandschichtung sowie von Aszites oder LK Hinweise auf eine maligne Genese. Während eine Verdickung von Submukosa und Muscularis propria eine maligne Ursache (szirrhöses Magenkarzinom, Lymphom) nahezu beweist, schließt umgekehrt eine isolierte Verdickung nur der Mukosa diese mit einer diagnostischen Sicherheit von 95 % aus ( Abb..1) [12], [36]. Für ein szirrhöses bzw. diffus wachsendes Magenkarzinom typisch ist die zwar noch erkennbare, aber unscharfe, teilweise auch gyriforme Schichtenabgrenzung. An der Wandverdickung und elastografisch nachweisbaren Wandverhärtung sind alle Schichten beteiligt ( Abb..2a, Abb..2b, s. Video ). Im Falle eines für Malignität typischen EUS-Befunds kann bei wiederholt negativen Zangen- und ggf. auch Schlingenbiopsien die EUS-FNP der tiefen Wandschichten oder von pathologischen LK die Diagnose eines primären Karzinoms oder eines malignen Lymphoms ermöglichen. Eine 19-G-Nadel ist bei dieser Fragestellung zu bevorzugen (Fallbeispiel.1, Abb..2c, s. Video ) [24], [34]. Auch alternative Diagnosen wie eine Metastasierung in die Magen- oder Ösophaguswand können in seltenen Fällen gestellt werden. Abb..1 Verdickung der Magenwand bei Riesenfaltengastropathie: isolierte Verdickung der Mukosa (m), alle anderen Schichten (mp: Muscularis propria; sm: Submukosa) sind schmal, das Bild ist typisch für einen Morbus Ménétrier (D 1: Dicke der Magenwand 18,6 mm). 170

.2 Primärdiagnose Fallbeispiel.1 Ein 82-jähriger Mann stellt sich in reduziertem Ernährungszustand mit rezidivierendem Erbrechen und einer Gewichtsabnahme von 8 kg in den letzten 6 Wochen vor. Es besteht eine geringgradige hypochrome Anämie. Die Gastroskopie zeigt eine Nahrungsretention im oberen Korpus, Antrum und unterer Korpus sind eng und kaum aufweitbar, die Wand wirkt infiltriert. Zweimalige ausgiebige Zangenbiopsien zeigen nur eine helicobacterassozierte Gastritis mit intestinaler Metaplasie und foveolärer Hyperplasie. Bei weiter dringendem klinischem Verdacht auf eine Magenneoplasie erfolgt die longitudinale Endosonografie. Die Magenwand ist unter Beteiligung aller Schichten deutlich verdickt, der Schichtenaufbau aber prinzipiell erhalten. Echoarme Infiltrate überschreiten fokal deutlich die Außenkontur der Muscularis propria, es finden sich perigastrisch kleine echoarme LK und nicht echofreier Aszites. Die EUS-FNP aus den tiefen Wandschichten sichert die vermutete Diagnose eines siegelringzelligen Magenkarzinoms (G3) vom diffusen Typ ( Abb..2, s. Video ). Der endosonografische Verdacht auf Peritonealkarzinose wird laparaskopisch gesichert. I Abb..2 Verdickung aller Wandschichten bei szirrhösem Magenkarzinom: Der Befund mit Verdickung auch der tiefen Schichtem, verwaschenem Schichtenaufbau und Verhärtung aller Wandschichten ist pathognomisch. a Verwaschener Schichtenaufbau, Aszites. b Elastografie: Verhärtung aller Wandschichten. c Nach mehrfach negativer Zangenbiopsie erfolgt die Sicherung durch EUS-FNP. 171

.3 Endosonografisches Staging.3.1 Entscheidungsfindung und Indikationsübersicht Abb..3 Großes, in das Pankreas penetrierendes benignes Ulcus bei helicobacterassoziierter Gastritis: Der endosonografische Befund mit deutlicher Wandverdickung (Doppelpfeil), Schichtungsverlust, Überschreitung der Außenkontur der Muscularis propria und Infiltration des Pankreas (Pfeilspitzen, analog einem T 4b-Karzinom) ist komplett irreführend. Eine sehr beschränkte Spezifität hat der EUS dagegen für die Differenzialdiagnose suspekter, schlecht heilender Magenulzerationen. Die Differenzierung maligner von benignen Ulzerationen ist nicht sicher möglich und erfordert immer einen histologischen Befund ( Abb..3, s. Video ) [38]. Im onkologischen Staging maligner Tumoren des oberen Verdauungstrakts wird die Endosonografie nach Ausschluss von Fernmetastasen (Karzinom) bzw. des Befalls nicht regionärer LK-Stationen und extragastrointestinaler Organe (Lymphom) durch abdominelle Sonografie und CT eingesetzt, um die Tiefe der Wandinfiltration und den regionären LK-Befall einzuschätzen. Es ist zu klären, ob eine endoskopische Abtragung noch möglich ist (Frühkarzinom), ob eine neoadjuvante Chemotherapie erfolgen muss (lokal fortgeschrittenes Karzinom) oder ob evtl. eine Helicobactereradikation ausreicht (MALT-Lymphom in den Stadien EI II). Für die Klärung dieser onkologischen Wasserscheiden hat der EUS eine herausragende Bedeutung. Darüber hinaus gelingt in bis zu 15 % der Fälle mit Ösophagusund Magenkarzinom durch EUS und EUS-FNP der Nachweis okkulter Fernmetastasen (z. B. nicht regionale LK- Metastasen, Lebermetastasen, Peritoneal- und Pleurakarzinose), die der abdominellen Sonografie und CT entgehen [6], [] ( Tab..1). Merke H Vor jeder Entscheidung zum EUS ist zu klären: Benötige ich die Information für meine therapeutische Entscheidungsfindung? Worin besteht die konkrete Frage dieser Untersuchung und wo ist die onkologische Wasserscheide für die verschiedenen therapeutischen Verfahren? Tab..1 Indikationsübersicht EUS bei Ösophagus- und Magenmalignomen. Organ Frage Bedeutung Ösophagus Frühkarzinom: T 1a versus tiefere Infiltration 1 EMR/ESD versus operative Therapie Karzinom: T 1/2N0 versus T 3/4 und/oder N + primäre Operation versus neoadjuvante oder definitive RCT Magen Frühkarzinom: T 1a versus tiefere Infiltration 1 EMR/ESD versus operative Therapie Karzinom: T 1/2 versus T 3/4 primäre Operation versus perioperative Chemotherapie; im Stadium T 2 fakultativ perioperative Therapie (z. B. T 2N +) Magen MALT-Lymphom: EI (T 1 T 4N0M0) Helicobactereradikation als primäre kurative Therapie MALT-Lymphom: Stadium EII Helicobactereradikation als initialer Therapieversuch, alternativ primäre Strahlentherapie MALT-Lymphom: ab Stadium EIII systemische Therapie Ösophagus und Magen Karzinom: Pleura- oder Peritonealkarzinose, Lebermetastasen, nicht regionäre LK-Metastasen palliative Therapie 1 In die Entscheidung über eine endoskopische Resektion gehen weitere Kriterien wie Größe, Wuchsform und histologischer Befund ein. EMR: endoskopische Mukosaresektion; ESD: endoskopische Submukosadissektion 172

.3 Endosonografisches Staging.3.2 Praktische Aspekte Radiale Echoendoskope werden aufgrund des besseren Überblicks für das Staging gastrointestinaler Neoplasien bevorzugt, wenngleich eine Unterlegenheit der longitudinalen Technik in Studien nicht gezeigt werden konnte. Neben der Beurteilung des Tumors selbst ist eine Beurteilung der einsehbaren Leberanteile, der mediastinalen und erreichbaren infradiaphragmalen LK-Stationen sowie der linken Nebenniere obligater Bestandteil des endosonografischen Stagings bei Karzinomen des oberen Verdauungstrakts. Bei Lymphomen sollte auch die Milz beurteilt werden. T-Staging Das T-Staging beruht auf einer Beurteilung der maximalen Wandinfiltration in Bezug auf die definierten Wandschichten (Kap. 10), die über die gesamte Tumorlänge und die gesamte Zirkumferenz von Ösophagus bzw. Magen erfolgen muss. Dabei ist auf eine optimale Ankopplung und die Vermeidung von Schrägschnitten zu achten (s. Video ). Zu berücksichtigen sind die geringfügigen Unterschiede des Schichtenaufbaus von Magen und Ösophagus. Der Magen ist weitestgehend (bis auf die dorsale Kardia und die Ansatzbereiche von Omentum minus und majus sowie Lig. gastrocolicum) von Serosa überzogen, die indirekt durch den äußeren echoreichen Grenzflächenreflex markiert wird. Die bindegewebige Tela subserosa ist endosonografisch nicht zu differenzieren. Dem extraperitoneal gelegenen Ösophagus fehlt bis auf einen variabel kurzen subdiaphragmalen Anteil der Serosaüberzug, und die äußere echoreiche Schicht (Adventitia) verschmilzt weitgehend mit dem umgebenden mediastinalen Bindegewebe. Im Ösophagus können, anders als im Magen, mit Standardechoendoskopen häufig die echoarme innere Ringmuskelschicht und die ebenfalls echoarme äußere Längsmuskelschicht durch eine echoreiche Zwischenschicht voneinander differenziert werden. N-Staging Beim N-Staging werden neben der unmittelbaren Tumorumgebung die klassischen LK-Stationen in Mediastinum und Abdomen (viszeral, retroperitoneal) (Kap. 6, Kap. 7, Kap. 21) systematisch abgesucht und LK nach definierten klassischen und ergänzenden Kriterien beurteilt (Kap. 12). Der Einsatz der Elastografie kann im Einzelfall helfen, fokale Wandüberschreitungen von entzündlichen Umgebungsreaktionen abzugrenzen und die Malignitätswahrscheinlichkeit von LK einzuschätzen. Aktuelle Studien zeigen eine Verbesserung des nodalen Stagings von Tumoren des oberen Verdauungstrakts durch Elastografie ( Abb..2b, Abb..4) [17], [26]. M-Staging Das M-Staging wird vorrangig durch abdominelle Sonografie und CT realisiert. Durch Entdeckung okkulter Lebermetastasen, nicht regionärer LK-Metastasen und von minimalen peritonealen, pleuralen und perikardialen Ergussmengen kann der EUS einen ergänzenden Beitrag leisten ( Abb..2a, Abb..5, s. Video ). Zu berücksichtigen ist, dass Magenkarzinome vom intestinalen Typ nach Lauren eher in LK und Leber, Karzinome vom diffusen Typ dagegen oft primär in die Peritonealhöhle metastasieren. Ist eine EUS-FNP zur Sicherung des Verdachts auf Fernmetastasen erforderlich, muß zur Vermeidung falsch-positiver Befunde die Nadelkontamination mit Tumorzellen vermieden werden. Daher verbietet sich eine Nadelpassage durch den Primärtumor (Kap. 22). Abb..4 Kleine perigastrische LK-Metastase (L) bei einem Magenkarzinom ut 2N + (Wandverdickung ohne Überschreitung der Außenkontur der Muscularis propria: Pfeilmarkierung). Elastografisch ist der echoarme Lymphknoten härter als die Umgebung (blaue Kodierung). 173

Abb..5 EUS-FNP einer subdiaphragmal im linken Leberlappen gelegenen Lebermetastase bei einem fortgeschrittenen Adenokarzinom des ösophagogastralen Übergangs. Cave G Das LK-Staging gastrointestinaler Hohlorgantumoren durch EUS-FNP birgt ein relevantes Risiko falsch-positiver Befunde!.3.3 Limitationen Schwierige Lokalisationen sind die präpylorische Region, die Angulusfalte sowie der ösophagogastrale Übergang []. Probleme ergeben sich aus der fehlenden Differenzierbarkeit von Serosa und Subserosa einerseits sowie von Adventitia und mediastinalem Bindegewebe andererseits. Beim Magenkarzinom ist Overstaging (10,6 %) etwas häufiger als Understaging (7,6 %) [19]. Vergleichbare kumulative Daten liegen für das Ösophaguskarzinom und gastrointestinale Lymphome nicht vor. Understaging Eine Unterbewertung des lokalen Tumorstadiums ist insbesondere bei stenosierenden und sehr ausgedehnten Tumoren und bei schlecht differenzierten Karzinomen bzw. beim Magenkarzinom vom diffusen Typ nach Lauren zu erwarten []. Eine Unterschätzung des LK-Befalls hat ihre Ursache darin, dass etwa 50 % der LK-Metastasen beim Magen- und Ösophaguskarzinom einen Durchmesser von 5 mm aufweisen und sich bei ¼ der nodalpositiven Patienten kein LK > 10 mm findet (Kap. 12, Tab. 12.2). Overstaging Abb..6 Tief ulzeriertes Magenkarzinom (Pfeile) mit unscharfer Außenkontur: Eine Differenzierung zwischen Tumorausläufern in die Umgebung mit Serosaüberschreitung (ut 4a) und entzündlichen Veränderungen ist nicht möglich. Unter Berücksichtigung von Regel 4 des Kommentars zur TNM- Klassifikation [37] haben wir uns für die Klassifikation ut 3 entschieden. Overstaging ist vor allem Folge der schwierigen Unterscheidung zwischen entzündlichen Veränderungen am Rande des Tumors und dem Tumor selbst, tritt gehäuft bei ulzerierenden Tumoren ( Abb..6, Kap. 30) und nach Bougierung einer Tumorstenose auf und spielt insbesondere bei T 2-Tumoren, beim Magenkarzinom auch bei T 3-Tumoren, eine Rolle [], [27]. Nodales Overstaging kann daraus resultieren, dass sich bei ca. 70 % aller nodal negativen Patienten mit Ösophagus- und Magenkarzinom mindestens ein vergrößerter benigner LK mit einem Durchmesser 10 mm findet (Kap. 12, Tab. 12.2 und Kap. 30). Auch bei gastrointestinalen Lymphomen ist damit zu rechnen, dass entzündliche LK-Vergrößerungen als nodale Lymphommanifestation verkannt werden können. Beim Magenkarzinom ist der Nachweis geringer Aszitesmengen ein negativer Prognosemarker, reicht aber nicht zur Diagnose einer Peritonealkarzinose aus. Wir empfehlen bei endosonografischem Nachweis von okkultem Aszites die Durchführung einer Staging-Laparaskopie, die in etwa ⅔ der Fälle eine Peritonealkarzinose oder andere Kriterien der Inoperabilität nachweisen wird (Fallbeispiel.1 (S.171), Abb..2a) [21], [33]..4 Ösophagus- und Magenkarzinom.4.1 Klassifikation Die endosonografischen Staging-Ergebnisse für Ösophagus- und Magenkarzinome werden nach der aktuell 7. Auflage der TNM-Klassifikation angegeben, die erfreulicherweise für beide Tumorentitäten weitgehend angeglichen wurde ( Tab..2) [32]. Üblicherweise werden die endosonografischen Stadien mit dem Präfix u (für Ultraschall) versehen, bei einem Re-Staging nach neoadjuvanter Therapie zusätzlich mit dem Deskriptor y [37]. Nur ein für metastatischen Befall positives Ergebnis einer EUS-FNP möglicher Fernmetastasen erhält den Präfix p. 174

.4 Ösophagus- und Magenkarzinom Tab..2 TNM-Klassifikation (7. Auflage) des Ösophagus- und Magenkarzinoms [32]. TNM Ösophagus Magen Infiltrationstiefe T 1 T 1a: Mukosa; T 1b: Submukosa T 2 Muscularis propria T 3 Adventitia Subserosa T 4a Pleura, Perikard, Diaphragma, angrenzendes Peritoneum Serosapenetration T 4b Aorta, V. cava, V. azygos, Trachea, Bronchien, Lunge, Mediastinum, Herz, Wirbelkörper Nachbarorgane (Pankreas, Leber, Milz, linke Niere, Diaphragma, Colon transversum, Dünnndarm, Retroperitoneum, linke Nebenniere) N0 kein betroffener regionärer LK N1 1 2 befallene regionäre LK N2 3 6 befallene regionäre LK N3 > 6 befallene regionäre LK > 6 befallene regionäre LK (N3a: 7 15; N3b: >15) M0 keine Fernmetastasen M1 Fernmetastasen Fernmetastasen (M1a: 1 Organ; M1b: > 1 Organ oder Peritoneum) Bei einem negativen zytopathologischen Befund für Malignität muss dagegen in der Zusammenschau aller Staging-Befunde entschieden werden, ob trotz negativer Zytologie die Beweiskraft der Bildgebung ausreicht, die klinische Klassifikation cm1 aufrechtzuerhalten, oder eher eine Einordnung als cm0 erfolgt. Die Klassifikation cmx ist nicht zulässig [37]. Zu berücksichtigen ist die 4. allgemeine Regel des Kommentars zur TNM-Klassifikation, dass bei zweifelhaften Befunden immer die Zuordnung zur weniger fortgeschrittenen T-, N- oder M-Kategorie erfolgt ( Abb..6) [37]. Ein direktes intramurales Übergreifen auf Nachbarorgane (Magenkarzinom: Duodenum bzw. Ösophagus; Ösophaguskarzinom: Magen) wird nicht als T 4b eingeordnet, sondern das T-Stadium nach der maximalen Infiltrationstiefe festgelegt [37]. Da klinische Entscheidungen vom konkreten N-Stadium nicht abhängen, reicht es aus, in endosonografischen Befunden zwischen LK-Positivität (un +) und fehlendem LK-Befall (un0) zu unterscheiden. Merke H Bestehen hinsichtlich der Zuordnung eines konkreten T-, N- oder M-Stadiums Zweifel, soll die geringere (d. h. weniger fortgeschrittene) Kategorie gewählt werden! ( Abb..7, Abb..8, s. Video ). Aorta descendens, V. azygos, Trachea/Trachealbifurkation und Diaphragma sind die wichtigsten Leitstrukturen, die eine sichere, wenngleich aufwendigere Orientierung auch mit dem Longitudinalgerät erlauben. Auf eine Wasserfüllung sollte wegen der hohen Aspirationsgefahr im Ösophagus verzichtet werden. Eine Vorlaufstrecke wird durch Nutzung des Ballons erreicht. Bei 15 42 % der Patienten muss mit dem Vorliegen einer nicht passierbaren Stenose gerechnet werden. Es muss in jedem Einzelfall abgewogen werden, ob die durch Endosonografie zu erwartenden Zusatzinformation zum Thorax-CT eine Bougierung und das damit einhergehende erhöhte Perforationsrisiko rechtfertigt [15]. Da in der 7. Auflage der TNM-Klassifikation die Klassifikation von LK- Metastasen am Truncus coeliacus als Fernmetastasen aufgegeben worden ist, entfällt ein wesentliches Argument für eine Bougierung und auch für den Einsatz der in.4.2 Besonderheiten Ösophaguskarzinom Wegen der gestreckten Lage des Echoendoskops ist die Orientierung einfach. Diagnostisch hat im Ösophagus die radiale Endosonografie Vorteile, da die anatomische Zuordnung einfacher gelingt und die Befunde mit den Schnittbildern aus CT und MRT vergleichbar sind Abb..7 Radiale Darstellung eines Ösophaguskarzinoms (zwischen den Markern) mit fokaler Infiltration in die Adventitia, nicht aber in Nachbarstrukturen wie bspw. Trachea, Wirbelkörper (WK) oder Aorta, mit großen periösophagealen Lyphknotenmetastasen (LK): ut 3N +. 175

Abb..8 Radialer EUS bei einem Patienten mit lokal fortgeschrittenem Adenokarzinom des distalen Ösophagus (s. Video ). a Zirkuläres Tumorwachstum, Infiltration (Pleilspitze) der Pleura parietalis rechts (Pfeilmarkierungen des echoreichen Reflexes der Pleura visceralis und eines zarten Ergusses). b Am Truncus coeliacus stellt sich ein pathologischer LK dar: ut 4aN +. Deutschland wenig gebräuchlichen dünnkalibrigen nicht optischen radialen Ösophagussonde (Olympus MH-908). Da es sich bei stenosierenden Tumoren nahezu ausschließlich um fortgeschrittene Stadien handelt, sind Minisonden in der Stenosesituation aufgrund ihrer geringen Eindringtiefe keine sinnvolle Option. Einen sehr begrenzten Stellenwert haben sie für das Staging von Frühkarzinomen. Daten aus einem großen Tumorzentrum in Südwales ermutigen dazu, beim Staging des Ösophaguskarzinoms neben dem T- und N-Stadium weitere prognostisch relevante Parameter zu erheben [4]: endosonografisch ermittelte Gesamttumorausdehnung (unter Einschluss nicht nur der proximalen und distalen Tumorgrenze, sondern auch der am weitesten proximal bzw. distal gelegenen LK-Metastasen) maximaler Tumordurchmesser Gesamtzahl der LK-Metastasen pleurale und perikardiale Flüssigkeitsansammlungen Abb..9 Fortgeschrittenes AEG mit deutlicher Infiltration in die Umgebung (Pfeile) ohne Infiltration des Crus diaphragmaticum, LK-Metastase (L). Das Staging erfolgt nach den Kriterien für das Ösophaguskarzinom: ut 3N +. Adenokarzinome des gastroösophagealen Übergangs Karzinome des gastroösophagealen Überganges (AEG-Tumoren) haben im Staging eine Sonderrolle, weil sie immer dann nach den Kriterien des Ösophaguskarzinoms gestagt werden, wenn der Tumor den distalen Ösophagus infiltriert und sein Epizentrum nicht mehr als 5 cm vom gastroösophagealen Übergang entfernt ist [32], [37]. Wenn der gastroösophageale Übergang endoskopisch nicht mehr sicher identifizierbar ist, erscheint es unter praktischen Gesichtspunkten sinnvoll, die Längsausdehnung des Tumors zu bestimmen und die Lage des zentralen Tumorbereichs auf den Durchtritt des tubulären Ösophagus durch die Zwerchfellebene zu beziehen ( Abb..9). Magenkarzinom Als Voraussetzung einer optimalen sonografischen Ankopplung kann im Magen die Wasserfüllung sinnvoll sein. Die Serosa ist als dünnste anatomische Schicht nicht direkt darstellbar, erzeugt aber als Artefakt das echoreiche Austrittsecho der Magenwand, das bei Infiltration der Serosa unterbrochen bzw. aufgehoben ist. Die Veränderungen der T-Klassifikation gegenüber der 6. Auflage der TNM-Klassifikation (2002) beziehen sich auf die serosanahen fortgeschrittenen Tumoren. Eine subserosale Infiltration (6. Auflage: T 2b) wird aufgrund ihrer prognostischen Bedeutung seit 2010 als T 3 bezeichnet, während die Überschreitung der Serosa (6. Auflage: T 3) nunmehr als T 4a klassifiziert wird. Aufgrund der fehlenden Differenzierungsmöglichkeit der Serosa empfehlen wir in Anlehnung an eine aktuelle Studie [16] eine geringe ( 4 mm) Überschreitung der Außenkontur der Muscularis propria mit Aufhebung des echoreichen Austrittsechos als ut 3 zu klassifizieren, eine Überschreitung um > 4 mm dagegen als ut 4a ( Abb..10, s. Video ). 176