Eigenverantwortung und Unternehmensverantwortung für die Mitarbeitergesundheit

Ähnliche Dokumente
Tätigkeit einer Gesundheitsmanagerin

Gesundes Arbeiten in sozialen Berufen Erfahrungen, Impulse und Unterstützungsangebote der BKK Diakonie

Gesundheit im Unternehmen. Veranstaltungsreihe der IHK Erfolgreich unternehmen

Gesundheitsmanagement

Gesetzliche Rahmenbedingungen für betriebliche Gesundheitsförderung (BGF) durch die Krankenkassen

Betriebliche Gesundheitsförderung aus der Sicht einer Fachkraft für Arbeitssicherheit. Rolf Witte

Gesundheitsförderung eine neue Herausforderung. Herbert Friesenbichler GPA August 2006

UNSERE PHILOSOPHIE. Bestens aufgehoben zu jeder Zeit MISSION

Fachtagung des Caritasverbands in Frankfurt

Betriebliches Gesundheitsmanagement- Ansatzpunkte für die Verbesserung der Arbeits- und Gesundheitsbedingungen im öffentlichen Dienst

Gesundheitsförderung: Entwicklungsgeschichte einer neuen Public Health-Perspektive Brigitte Ruckstuhl

Gesundheitskompetenz stärken! Wege zur Selbstregulation

Wirtschaftspsychologie. Ansätze der betrieblichen Gesundheitsförderung zur Rückengesundheit. Rainer Wieland

DreiLändertagung Betriebliche Gesundheitsförderung. Bregenz, 27. März 2015 Andreas Horst Bundesministerium für Arbeit und Soziales

Mit Betrieblichem Gesundheitsmanagement zu mehr Erfolg

Die Gefährdungsbeurteilung nach dem Arbeitsschutzgesetz - Alles beim Alten? Susanne Arndt-Zygar

bleibt, wer isst! MIT GESUNDHEITS- FÖRDERUNG GELD SPAREN!

Der Sicherheitsbeauftragte im Kontext neuer Präventionsthemen und -konzepte

Fehlzeitenmanagement Krankenstand, Burnout und innere Kündigung

Ressourcen und Potenziale Ihre Gemeinde als Ort der Gesundheit

Eberhard Ulich Marc Wülser. Gesundheitsmanagement. in Unternehmen. Arbeitspsychologische Perspektiven. 7., überarbeitete und erweiterte Auflage

Gesundheitsmanagement in Unternehmen

Vision Zero Sicher und gesund in die Zukunft. Betriebliches Eingliederungsmanagement und Arbeitsschutz

Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen Tag der offenen Tür Hamburg, 29. April 2016

Gesundheit und Führung

In 7 Schritten zum agilen BGM

Gesundheit, Gesundheitskompetenz und Gesundheitsförderung

Thesen zum ÖGD und zum Gesunde Städte Ansatz

Fachkräftebindung durch Betriebliche Gesundheitsförderung Handlungsempfehlungen für den Einstieg

Gesundheit am Arbeitsplatz: Rechtliche Rahmenbedingungen. Datum Referent

DER ÖGD ALS KOORDINIERENDER AKTEUR? Möglichkeiten und Grenzen bei der Gestaltung kommunaler (Inklusions-) Strategien

Prävention wichtiger denn je für Betrieb und Rentenversicherung Erster Direktor Hubert Seiter DRV Baden-Württemberg

Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) Von der Pflicht zur Kür?! Diethelm Müller

Betriebliches Gesundheitsmanagement: Chefsache oder Selbstverantwortung?

Betriebliche Prävention aus Sicht eines Unfallversicherungsträgers

Gesundheitsmanagement in Unternehmen

Gesundheitsleitbild. Gesundheitsamt. Gesundheitsförderung Prävention Versorgung vernetzen koordinieren initiieren Gesundheitsdialog Kommunikation

Ökolog-Sommerakademie 2014 DIE GESUNDE SCHULE VIELES IST MÖGLICH. Dr. Eva Mitterbauer

Weg(e) von der Belastung zur psychischen Entlastung

BGF und lebensstilbezogene Interventionen im Betrieb

Gesundheit fördern am Arbeitsplatz

Gesundheitsmanagement und Arbeitsfähigkeit. Wettbewerbsfaktor der Zukunft.

Erfahrungspotenziale älterer MitarbeiterInnen integrieren U N I V E R S I T Ä T S M E D I Z I N B E R L I N

Neue Mitarbeiterpotenziale zur Fachkräftesicherung

8. Arbeitstagung der Rechtsträger der Unternehmen in der Caritas

Menschenbild in der Chasa Flurina

Einführung einer gesundheitsförderlichen Führungskultur Konferenz des DNGFK

ÖKONOMIE UND ÄRZTLICHE ETHIK

Das Haus der Arbeitsfähigkeit Ein Modell zur Gesundheitsvorsorge am Arbeitsplatz Fachforum Hauswirtschaft 11. Mai 2017 in Walsrode

Wege aus der Fehlzeitenfalle - Von den Gesund(et)en lernen. Torsten Bökenheide

Fakultät für Gesundheitswissenschaften AG 4 Prävention und Gesundheitsförderung

Wie kann Gesundes Führen zur Betrieblichen Gesundheitsförderung in Gesundheitseinrichtungen beitragen? Wie kann Gesundes Führen gelingen?

Betriebskultur. Wertschätzung & Fairness im Unternehmen

Verknüpfung von Arbeitsschutzmanagementsystemen

Nachhaltigkeit durch das Qualitätssicherungssystem des Österreichischen Netzwerks für BGF (ÖNBGF)

Die Luxemburger Deklaration zur betrieblichen Gesundheitsförderung in der Europäischen Union (1997)

Gesundheitsförderung im Setting Krankenhaus unterstützen: Der Kooperationsverbund Gesundheitsförderung bei sozial Benachteiligten

Empowerment und Selbsthilfe bei älteren Menschen mit psychischen Problemen und ihren Angehörigen

Psychische Gesundheit bei der Arbeit

Fehlzeitenreport 2012

BGM/BEM. Betriebliches Gesundheitsmanagement und Betriebliches Wiedereingliederungsmanagement im AWO-Ortsverein Strausberg e.v.

Aktuelle Entwicklungen als Chance zur Verbesserung der Arbeitsfähigkeit/Inklusion. Klaus Goertzen Leiter Gesundheits- und Sozialmanagement

Die persönliche Gesundheitsbilanz Check up für Führungskräfte als Baustein betrieblichen Gesundheitsmanagement Detlef Hollmann

und Leitbild und Grundsätze für zusammenarbeit und führung

Arbeitsbedingungen in NRW Fokus auf psychische Belastungen und Arbeitszeit

Psychische Belastungen am Arbeitsplatz

Vorlesung Sport und Gesundheit

Fehlzeitenreport 2012

Gesundheitsmanagement in Unternehmen

Gesundheit managen Persönliches und betriebliches Gesundheitsmanagement

Belastungen als Chance verstehen

Prävention ist betrieblicher Gesundheitsschutz und mehr.

Warum brauchen wir eine Kommunale Gesundheitskonferenz?

Gesundheitskompetenz stärken

5. Gesundheitskongress Arbeit und Gesundheit in der Landesverwaltung. Franz Wirtz, Werner Schwarz, Beratungsteam Niedersachsen

Chronisch kranke Kinder und Jugendliche Bedürfnisse und Krankheitsbewältigung

Gesundheitsförderung von Familien in defizitären Wohnverhältnissen

Forum 4 Psychische Belastungen und Gefährdungsbeurteilung

GDA-Arbeitsprogramm. Gesund und erfolgreich arbeiten im Büro

Konzepte zur betrieblichen Gesundheitsförderung für KMU

Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen Stand der Handlungsansätze

Herausforderung Gesundheit am Arbeitsplatz Betriebliches Gesundheitsmanagement

Vertrauen schaffen. Zukunft gestalten. Unternehmensleitsätze der AOK Rheinland / Hamburg Die Gesundheitskasse

Gemeinsam Versorgung gestalten: Was ist aus ethischer Sicht zu berücksichtigen?

#whatsnext GESUND ARBEITEN IN DER DIGITALEN ARBEITSWELT

Landesbetrieb Hessisches Landeslabor. L e i t b i l d. Landesbetrieb Hessisches Landeslabor. Verbraucherschutz unser Auftrag

01./ , Erkner, Forum 10

Zukunft der Arbeitswelt: Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit älter werdender Beschäftigter. Dr. Dorothee Karl, Metropolregion Rhein-Neckar GmbH

Betriebliche Gesundheitskompetenz in der Praxis. E. Höltl Gesundheitszentrum Erste Bank

Rahmenbedingungen für Personalmanagement und - Entwicklung. Gabriele Beger Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg

2. Leuphana Gesundheitsgespräche am 9. Oktober Impulsvortrag Betriebliches Gesundheitsmanagement steigert die Produktivität

Arbeit und Psychische Krankheiten Zukunftsfähige Arbeit gesund gestalten- Wiesbaden

DGUV Vorschrift 2 & psychische Belastungen am in Köln. Psychische Belastungen im Betrieb: Was tun? Fachtagung

Dipl.-Psych. Christa Eggerdinger Arbeitspsychologin

Gesunde Kommune. Kooperationsprojekt zur Gesundheitsförderung in Ihrer Kommune

Wir machen uns stark für Menschen mit Krebs

Impulsvortrag in der Arbeitsgruppe. Gesunde Stadtteile

Psychische Belastungen am Arbeitsplatz Definition & Umsetzung

Transkript:

Eigenverantwortung und Unternehmensverantwortung für die Mitarbeitergesundheit Darmstadt 1. März 2012 Prof. Dr. med. Thomas Weber, HSK, Dr. Horst Schmidt Kliniken GmbH, Wiesbaden

Selbständig handeln als Verpflichtung oder Berechtigung als Eigenverantwortung für Individuum oder Gruppe Fremdverantwortung (z. B. für Mitarbeiter) Teil-/Mitverantwortung, Gesamtverantwortung Verantwortung Einstehen müssen Rechenschaft ablegen über Erfolg und Misserfolg gegenüber Kontrollinstanz wie Gott, Gewissen, Staat, Betroffenen Thomas Weber, HSK, Wiesbaden Für eigenes Handeln oder ein Gut, auch die Teilmenge einer Organisation, eines Prozesses oder eines Netzwerks

Mitarbeiterorientierte Unternehmenskultur und Führung, Partizipation Leistungsbereitschaft Selbstverantwortung Selbstverantwortung für Gesundheit und Ihre Voraussetzungen Im Betrieb Befähigung, Empowerment (Prinzip, Prozess, Unterstützung) Bildung, Reflexion Kommunikation, Interaktion Ressourcen wecken Selbstkompetenz Selbstbestimmung Thomas Weber, HSK, Wiesbaden

Verantwortung für die Mitarbeitergesundheit Unternehmensverantwortung Mitarbeiterverantwortung ferner Genetik, Biologie, soziale und physikalisch-chemische Umwelt Thomas Weber, HSK, Wiesbaden

Selbstbestimmung und Selbstverantwortung Selbstbestimmung und Selbstverantwortung sind ein Grundrecht (freie Entfaltung der Persönlichkeit GG) des Menschen und gleichzeitig ethische Verpflichtung. Bei der Gesundheit wurde früher die Verantwortung bei mystischen bis außerirdischen Faktoren gesehen (Gott, nicht beeinflussbare Natur), zuletzt und bis heute in hohem Maß Experten und sozialen Systemen zugeordnet. Wir befinden uns in einem Paradigmenwechsel hin zur Selbstverantwortung für die eigene Gesundheit wie sie zum Beispiel auf dem Niveau internationaler Leitdokumente die Ottawa Charta und in der deutschen Gesetzgebung das Sozialgesetzbuch IX oder das Arbeitsschutzgesetz postulieren. Die Selbstverantwortung ist nicht ausschließlich sondern als ergänzend als Mitverantwortung zu verstehen. So hat der Arbeitgeber die Verpflichtung der Prävention arbeitsbedingter Gesundheitsgefahren (Arbeitsschutzgesetz), der Staat eine umfassende Fürsorgepflicht. Selbstverantwortung und Fremdverantwortung haben jeweils unterschiedliche Anteile Der Einzelne muss auf allen relevanten Ebenen im Sinne des Empowerment der Ottawa-Charte zur Eigen- und Mitverantwortung für seine Gesundheit befähigt werden und sich selbst kompetent machen. In Unternehmen müssen Voraussetzungen für Mitverantwortung geschaffen werden Thomas Weber, HSK, Wiesbaden

Ottawa-Charta zur Gesundheitsförderung 1986 erste internat. Konferenz zur Gesundheitsförderung Aktionsprogramm zum Erreichen des Ziels Gesundheit für alle bis zum Jahr 2000 Leitdokument für die Bereiche Gesundheitsförderung/ Gesundheitserziehung/ Prävention/Gesundheitswissenschaften/Public Health Zieldefinition höheres Maß an Selbstbestimmung über Gesundheit für alle Befähigung zur Stärkung der Gesundheit umfassendes Konzept Bedeutung individueller und sozialer Ressourcen Salutogenetische satt pathogenetische Perspektive: Gesundheitsförderung statt Krankheitsverhütung

Selbstverantwortung und Fremdverantwortung für Gesundheit und Krankheit Eine Betrachtung nur des Lebensstils oder isoliert der beruflichen Gefährdungen als krankmachend verkennt die multikausale Funktionskette Belastung, Beanspruchung, Ressourcen und Beanspruchungsfolgen. Dem Lebensstil kommt neben den Erbanlagen und gefährdenden Arbeits-, Umwelt und sozialen Bedingungen eine wesentliche Teilverantwortung für Gesundheit und Krankheit zu. Die Verantwortung für Gesundheit und Krankheit tragen, teilweise beeinflussbar, teilweise wie bei den Erbanlagen nicht veränderbar, der Lebensstil und die anderen Faktoren (Berufliche Fehlbeanspruchung, Umwelt) zu unterschiedlichen Anteilen gemeinsam. Während bei arbeitsbedingten Erkrankungen der Arbeitgeber eine überwiegende Verantwortung zukommt, überwiegt beim Lebensstil die Eigenverantwortung bei weitem. Die Prävention und Therapie von Erkrankungen ist eine gemeinsam zu verantwortende Querschnittaufgabe von Individuum, Gesellschaft und Arbeitgeber mit je nach Gefährdungen unterschiedlicher Gewichtung Thomas Weber, HSK, Wiesbaden

Verantwortung des Unternehmens und der Mitarbeiter für die Gesundheit Modellbeispiel der Teilverantwortlichkeiten mit geschätzten Gewichtungen Belastung +++ + + + + ++ ++ + +++ ++ + Beanspruchung ++ + ++ ++ - +++ ++ Cofaktoren Ressourcen Therapie Rehabilitation Intervention Ressourcen Chron. Krankheiten Legende Unternehmen Thomas Weber Mitarbeiter Umwelt, Biologie ++ Anteil % geschätzt Intervention

Gesundheit und Mitarbeiterzufriedenheit im Unternehmen Unternehmens-, Personal- und Gesundheitsmanagement Wertschätzung Mitarbeiter als hohes Gut ( Humankapital ) Personalentwicklung & Gesundheitsförderung Teil der Unternehmenskultur Prozessorientierung, kontinuierliche Verbesserung, Fachkompetenz & Instrumente Führungskräfte Führungskompetenz Fordern und Fördern in der täglichen Führungspraxis Zielvereinbarung Mitarbeitergespräche Kommunikation Gemeinschaftsgefühl (CI) Lebenslanges Lernen Anerkennung Handlungsspielraum Soziale Unterstützung Flexible Arbeit Mitarbeiter Wertschätzung Arbeit Identifikation Unternehmensziele Leistungsbereitschaft Offenheit für Neues Lernbereitschaft Teamfähigkeit Selbstverantwortung Fitness u.a. Ressourcen Th. Weber, HSK, Wiesbaden

Entspannung

Fitness

Thesen zur Verantwortung für die Mitarbeitergesundheit? Arbeit macht krank der Unternehmer ist für die Gesundheit der Mitarbeiter verantwortlich Die Arbeitsschutzgesetzgebung verpflichtet Unternehmen zur Gesundheitsvorsorge Jeder ist seines Glückes Schmied Nicht die Arbeit macht krank, sondern die ungesunde Lebensführung mit Risiken wie Übergewicht, Rauchen und Bewegungsmangel Die Ottawa-Charta und auch deutschen Gesetze fordern mehr Eigenverantwortung. Es gibt es ausreichend Unterstützung zur Befähigung (Empowerment) Nicht in jeder sozialen Schicht, auch beim Fehlen der äußeren Voraussetzungen, oder bei mangelnden Bildungsniveau ist Gesundheitskompetenz erzielbar. Die Freiheit des Menschen verbietet Zwang zu Gesundheitsmaßnahmen wie Gewichtsabnahme, Sport und Konsumverzicht z.b. auf Zigaretten Die Krankenkassen, die Gesellschaft und der Staat sind für Gesundheit verantwortlich. Der Einzelne hat keine ausreichende Kompetenz und Entscheidungsfreiheit

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit Thomas Weber, HSK, Wiesbaden