Prof. Gabi Herland-Bauer Lesen Kinder heute weniger? Möglichkeiten der Lesemotivation in einer mediendominierten (Frei)zeit Lesen Kinder heute wirklich weniger? Keine seriöse Untersuchung, die ein generelles Sinken der Lesekompetenz bei Jugendlichen feststellt Kein Abnehmen der Lesezeit Ein Verschieben der Leseinteressen Prof. Gabi Herland-Bauer Die sog. Knowledge-Gap die Kluft zwischen kompetenten Leser/innen und Nichtleser/innen (nach Gerhard Falschlehner) 1
Lesen in der neuen Medienlandschaft An der Spitze der Freizeitbeschäftigungen liegt das Fernsehen 39 % der 8 14-Jährigen lesen gern, lange und dicke Bücher 28% dieser Altersgruppe lesen in einem sog. Wochenrhythmus 17 % haben geringe Leseintensität 16 % haben keine Freude am Buchlesen (Untersuchung: Dr. Margit Böck u. a. 2000: Fragestellung: Wo stehen Buch und Lesemedien im Freizeitverhalten von Kindern und Jugendlichen) Die Eltern als Lesevorbild 2
Es waren einmal ein Vater und eine Mutter die lasen ihrem Kind jeden Abend vor dem Einschlafen eine Geschichte vor. Und sie schufen immer wieder natürliche Lesesituationen, indem sie mit dem Kind in Werbekatalogen, Tageszeitungen usw. blätterten und so auch das Interesse für alles Geschriebene weckten; achteten auf eine sich immer weiter entfaltende Lesebereitschaft und spielten mit dem Kind Memory oder Schau genau! und suchten gemeinsam nach acht Unterschieden auf zwei Bildern; sprachen viel und ausdauernd mit dem Kind, ließen es ausreden und gingen auf seine Fragen ein; entlehnten Bücher, die dem Leseinteresse ihres Kindes entsprachen und lasen sie sogar selbst; konnten mit dem Kind über diese Bücher sprechen, weil sie sie ja sogar selbst gelesen hatten; lasen manchmal ein Buch und wollten dabei nicht gestört werden und wurden so zu einem Lesevorbild; wiederholten die manchmal verdrehten oder unrichtigen Wörter ihres Kindes, stellten sie richtig oder verwendeten sie in stimmigem Zusammenhang ohne das Kind bloßzustellen; sind noch nicht völlig ausgestorben, manche von ihnen leben auch heute noch. 3
Buchbestand und Freizeit Persönlicher Medienbesitz der 8 14-Jährigen Mehr als 50 Bücher Bis zu 10 Bücher Videorecorder Fernseher Computer Videospiele Buben 29 % 21 % 25 % 45 % 53 % 75 % Mädchen 40 % 9 % 15 % 33 % 33 % 60 % 4
Freizeitgestaltung und Buch 25% sind vielseitig aktiv und lesen auch gerne 29% sind musisch kreativ entsprechen den eher zurückgezogenen BuchleserInnen. (Malen, Zeichnen, Schreiben eines Tagebuches) 21% Gruppe der Inaktiven (keine besonderen Vorlieben für die Freizeitgestaltung), lesen schon deutlich seltener Bücher. 25% sind aktiv und unterhaltungsorientiert und finden in ihrer von audiovisuellen und interaktiven Medien dominierten Freizeit keinen Platz für das Buchlesen. (2000: Böck u.a.) Lesen und Schulerfolg 5
Lesekreislauf Der Vorteil des Lesens gegenüber der Nutzung anderer Medien Die äußerst effektive Unterstützung der sprachlichen Entwicklung; der Aufbau und die Aktivierung kognitiver Strukturen; die emotionale und soziale Entwicklung. (nach Bettina Hurrelmann) 6
Wo gehen Leserinnen und Leser verloren? 7
Macht der Deutschunterricht Spaß? Der Deutschunterricht macht sehr viel Spaß Richter Plath 2003 Mädchen Buben 2. Klasse 65,5% 51,7% 3. Klasse 50,8% 43,4% 4. Klasse 40,5% 28,6% 8
Bubenlesen - Mädchenbuch Bubenlesen - Mädchenbuch Alle empirischen Untersuchungen der letzten Jahrzehnte zum Leseverhalten, die der Variable Geschlecht Aufmerksamkeit gewidmet haben, kommen zu dem Ergebnis, dass die Geschlechtsunterschiede beim Lesen in drei Dimensionen beträchtlich sind. Lesequantität oder intensität Lesestoffe und Leseweisen Lesefreude und Leseneigung 9
Was wollen Buben lesen? Lieblingslesestoffe von 6- bis 9- jährigen Buben: 1. Harry Potter 2. Disney-Bücher (Bambi, Mulan, Pinocchio, Pocahontas, Tarzan) 3. Pettersson und Findus Lieblingslesestoffe von 10- bis 13- jährigen Buben: 1. Rowling: Harry Potter-Serie Mit deutlichem Abstand folgen: 2. R. L. Stine: Gänsehaut-Serie 3. Thomas Brezina: Tiger-Team, und: Knickerbocker-Bande 4. Enid Blyton: Fünf Freunde- und Abenteuer-Serien 5. Ursel Scheffler: Kommissar Kugelblitz Warum lesen Buben? Hauptmotivation ist der Wunsch nach (ent) spannender Unterhaltung Eigene Fantasie und Kreativität werden besser angeregt Bücher werden zunehmend nicht mehr fertig gelesen Ausschlaggebend sind die ersten 5 bis 10 Seiten 10
Woher kommt der Unterschied zwischen Buben und Mädchen? In Kindergarten und Schule treffen Kinder überwiegend auf Frauen. Die Auswahl des Lesestoffes kommt dem Geschmack der Mädchen mehr entgegen, als dem der Buben. Feminisierung des Lernens Sich für Leseinteressen interessieren Mehr Fachlich, Sachliches zu Technik, Sport etc. Geschichten über Macht, Rivalität und Kampf Beteiligung der Buben an der Auswahl der Lesestoffe 11
Leseplätze und ohne pädagogische Ausbildung Sich dafür interessieren, was ein Kind liest, oder gelesen hat Kinder über die audiovisuellen Medien an das Buch heranführen (etwas nachlesen, vergleichen, wie Film und Buch eine Sequenz darstellen, sich nach dem Lesen eines Buches gemeinsam den Film ansehen und vergleichen etc.) 12