Kognitivverhaltenstherapeutisches Störungsmodell Seminar: Zwangsstörungen Dozent: M. Backenstraß Referentinnen: Sarah Malheur, Meike Neubauer Datum: 26.11.07 WS 07/08 1
Gliederung Zwei-Faktoren-Modell Kognitiv-behaviorales Modell Dysfunktionale Schemata Netzwerktheorie Kognitiv-verhaltenstherapeutisches Störungsmodell der Zwangsstörungen 2
Zwei-Faktoren-Modell (Mowrer) Das Modell beschreibt die Entstehung und Aufrechterhaltung von Zwängen in einem zweistufigen Lernprozess 1. Faktor: Neutraler Stimulus + Traumatisches Ereignis NS wird durch Koppelung angstauslösend Aktive Vermeidung des Stimulus Kognitiv-verhaltenstherapeutisches Störungsmodell der Zwangsstörungen 3
Zwei-Faktoren-Modell (Mowrer) 2. Faktor: Vermeidungsverhalten Angstreduktion negative Verstärkung Zwangshandlungen = Konditioniertes Vermeidungsverhalten Kognitiv-verhaltenstherapeutisches Störungsmodell der Zwangsstörungen 4
Zwei-Faktoren-Modell (Mowrer) US + NS NS = CS Vermeidung C - + ANGST (Trauma) Kognitiv-verhaltenstherapeutisches Störungsmodell der Zwangsstörungen 5
Zwei-Faktoren-Modell (Mowrer) Welche Stärken hat das Modell? Konzept des negativ verstärkten Vermeidungsverhaltens liefert gute Erklärung für die Aufrechterhaltung von Zwangshandlungen. Bietet Grundlage für verhaltenstherapeutische Interventionen (Exposition, Reaktionsverhinderung). Kognitiv-verhaltenstherapeutisches Störungsmodell der Zwangsstörungen 6
Zwei-Faktoren-Modell (Mowrer) Welche Schwächen hat das Modell? In den seltensten Fällen lassen sich traumatische Ereignisse in der Ätiologie der Zwänge finden. Das Modell kann die Entstehung von Zwangsgedanken nicht erklären, da diese nicht angstreduzierend, sondern angstinduzierend wirken. Informations- und Emotionsverarbeitungsprozesse werden nicht berücksichtigt. Kognitiv-verhaltenstherapeutisches Störungsmodell der Zwangsstörungen 7
Kognitiv-behaviorales Modell (Salkovskis) Das Modell unterscheidet zwei Komponenten mit unterschiedlicher Funktion: 1. Stimuluskomponente 2. Reaktionskomponente + Filterprozess Kognitiv-verhaltenstherapeutisches Störungsmodell der Zwangsstörungen 8
Kognitiv-behaviorales Modell (Salkovskis) Aufdringlicher Gedanke / Stimulus Filterprozess Affektive Störungen Dysfunktionale Annahmen Wahrnehmung von Verantwortung Automatischer Gedanke Emotionale Reaktion Erwartung Negative Verstärkung Neutralisierung = Zwang Angstreduktion Kognitiv-verhaltenstherapeutisches Störungsmodell der Zwangsstörungen 9
Kognitiv-behaviorales Modell (Salkovskis) 1. Aufdringlicher Gedanke Elemente der menschlichen Informationsverarbeitung (Situationsbeschreibung) Willkürlich auftretende Gedanken (Intrusionen) Bsp.: Ich könnte ein Kind verletzen Kognitiv-verhaltenstherapeutisches Störungsmodell der Zwangsstörungen 10
Kognitiv-behaviorales Modell (Salkovskis) 2. Filterprozess Durch Prozess der Selektion und Bewertung erlangen aufdringliche Gedanken eine Bedeutung Dysfunktionale Schemata greifen in diesen Prozess ein Katastrophisierende Fehlinterpretation Gedanken werden als höchst relevant, negativ und nicht zulässig erlebt Kognitiv-verhaltenstherapeutisches Störungsmodell der Zwangsstörungen 11
Kognitiv-behaviorales Modell (Salkovskis) Dysfunktionale Schemata Bei Zwangspatienten werden durch einen aufdringlichen Gedanken bestimmte Metakognitionen aktiviert: 1. Thought-action fusion: Wenn ich etwas denke, werde ich es auch tun. 2. Thought-event fusion: Wenn ich etwas denke, wird es Realität. 3. Thought-object fusion: Wenn ich etwas denke, wird es auf einen Gegenstand überspringen / er wird kontaminiert werden. Kognitiv-verhaltenstherapeutisches Störungsmodell der Zwangsstörungen 12
Kognitiv-behaviorales Modell (Salkovskis) 3. Emotionale Reaktion Durch die Bewertung des Gedankens wird Unruhe, Erregung oder Angst ausgelöst. 4. Neutralisierung Emotionale Reaktion impliziert einen Handlungsbedarf Ausführung des eigentlichen Zwanges Kann sowohl auf der Handlungs- als auch kognitiven Ebene stattfinden Funktion: Abwenden von der mit dem aufdringlichen Gedanken verbundenen Gefahr Kognitiv-verhaltenstherapeutisches Störungsmodell der Zwangsstörungen 13
Kognitiv-behaviorales Modell (Salkovskis) 5. Rückkoppelungsprozess Neutralisierung 1. wirkt kurzfristig angstreduzierend Bestätigung für die Wirksamkeit des Verhaltens als präventive Maßnahme 2. verstärkt dysfunktionale Annahmen über Verantwortung für Nichteintreten der Katastrophe ( omission bias ) 3. erhöht Bedeutsamkeit und damit Auftretenshäufigkeit der aufdringlichen Gedanken Kognitiv-verhaltenstherapeutisches Störungsmodell der Zwangsstörungen 14
Kognitiv-behaviorales Modell (Salkovskis) Unterdrückung der Gedanken Der Versuch, die Gedanken zu unterdrücken, ist ein weiteres Signal für deren Bedeutsamkeit führt zu vermehrtem Auftreten der Gedanken (Aufschaukelungsprozess) Kognitiv-verhaltenstherapeutisches Störungsmodell der Zwangsstörungen 15
Kognitiv-behaviorales Modell (Salkovskis) Affektive Störungen haben insofern Einfluss, als Stimmungsbeeinträchtigungen die Zugänglichkeit und Akzeptanz der dysfunktionalen Schemata erhöhen ungünstige Beeinflussung der Relevanz und Frequenz der aufdringlichen Gedanken Kognitiv-verhaltenstherapeutisches Störungsmodell der Zwangsstörungen 16
Kognitiv-behaviorales Modell (Salkovskis) Entscheidend im Modell sind die inadäquaten Bewertungsprozesse: - Wahrnehmung einer Bedrohung - Überschätzung der persönlichen Verantwortung Beide Überzeugungen interagieren miteinander und potenzieren sich in ihrer negativen Wirkung Gefahr = Wahrscheinlichkeit x Konsequenzen Kognitiv-verhaltenstherapeutisches Störungsmodell der Zwangsstörungen 17
Kognitiv-behaviorales Modell (Salkovskis) Kritik am Modell (Hoffmann) Zwangsgedanken werden als Übertreibungen normaler kognitiver Prozesse dargestellt (Intrusionen) Modell impliziert, dass normale Menschen mit Intrusionen gut leben können Zwangsgedanken beziehen sich eher auf mögliche negative Auswirkungen eigener Handlungen oder Einstellungen Beispiel: Zwangsgedanke nach Salkovskis: Ich könnte mein Kind verletzen. Zwangsgedanke nach Hoffmann: Könnte es sein, dass ich mein Kind verletze, wenn ich nicht die Bremsen am Auto überprüfe. Kognitiv-verhaltenstherapeutisches Störungsmodell der Zwangsstörungen 18
Netzwerktheorie (Foa et al.) Ergänzung zu kognitiven Modellen Fokus auf Struktur der Emotions- und Informationsverarbeitungsprozessen Ausgangspunkt: Emotionen werden in Form einer Netzwerkstruktur im Gedächtnis abgebildet Drei Arten von Infos, die über assoziative Verknüpfungen miteinander verbunden sind: 1. Angstauslösende Stimulusbedingungen 2. Verbale, physiologische und behaviorale Reaktionsmöglichkeiten 3. Bedeutung dieser Reiz- und Reaktionselemente Kognitiv-verhaltenstherapeutisches Störungsmodell der Zwangsstörungen 19
Netzwerktheorie (Foa et al.) Angstnetzwerke sind im Vergleich zu normalen Gedächtnisstrukturen kohärent sehr verzweigte Netzwerke bereits minimale Info reicht aus, gesamte Struktur zu aktivieren und Angst auszulösen. stabil korrektive Infos können schlecht integriert werden. irrational Kognitiv-verhaltenstherapeutisches Störungsmodell der Zwangsstörungen 20
Netzwerktheorie (Foa et al.) Patienten weisen kognitive Beeinträchtigungen in vier Bereichen auf: 1. Einschätzung der Wahrscheinlichkeit eines Schadens/Unglücks Die Bedeutung eines Ereignisses ergibt sich aus den Verbindungen zwischen einzelnen Elementen Wahrscheinlichkeitsinfo ist abhängig von Vielzahl und Stärke der assoziativen Verknüpfung 2. Bewertung eines Schadens, d.h. Einschätzung der Konsequenzen negative Bedeutungszuschreibungen als Ergebnis der vielfältigen Verzweigungen und Dichte der Zwangsnetzwerke Kognitiv-verhaltenstherapeutisches Störungsmodell der Zwangsstörungen 21
Netzwerktheorie (Foa et al.) 3. Schlussfolgerndes Denken und Entscheiden Trotz fehlender objektiver Zeichen für eine Gefahr, werden Situationen als unsicher eingeschätzt. auch sehr periphere Netzwerkelemente können mit negativen Bedeutungselementen gekoppelt sein 4. Informationsverarbeitung selektive Informationsverarbeitung Differenzierung und Generalisierung entsprechend der bereits vorhandenen Bedeutungszuschreibungen Kognitiv-verhaltenstherapeutisches Störungsmodell der Zwangsstörungen 22
Vielen Dank für s Zuhören! 23