Prof. Frank Westermann, Ph.D. Dr. Andreas Steiner Fachgebiet Internationale Wirtschaftspolitik Rolandstraße 8, 49069 Osnabrück Klausur zur Vorlesung Europäische Wirtschaftspolitik Wintersemester 2010/11 Gesamtpunktzahl: Bearbeitungszeit: 60 Punkte 60 Minuten Aufgabe 1: Präferentielle Handelsliberalisierung (16 Punkte) Analysieren Sie die Auswirkungen einer präferentiellen Handelsliberalisierung auf dem S Markt für Schokolade in der Schweiz (= Inland). Die Angebotsfunktion Q und die D Nachfragefunktion Q für Schokolade haben in der Schweiz (CH) folgenden Verlauf: Q Q S CH D CH = 20 + 20 p = 160 10 p Der Preis für Schokolade betrage in der EU 4 (pro Kilogramm) und im Rest der Welt (ROW) 3 (pro Kilogramm). Die Schweiz ist im ökonomischen Sinne ein kleines Land und kann die Preise weder in der EU noch im Rest der Welt beeinflussen. In der Ausgangssituation erhebe die Schweiz einen Zollsatz in Höhe von 50% auf Schokoladenimporte aus dem Ausland. a) Bestimmen Sie den Preis für Schokolade, der sich im Marktgleichgewicht in der Schweiz ergibt. Berechnen Sie die Produktions- und Konsummenge in der Schweiz, die Menge importierter Schokolade (in Kilogramm) sowie die Steuereinnahmen durch die Zollerhebung. 1
b) Die Schweiz gründe mit der EU eine Zollunion. Der Zoll auf Schokoladenimporte aus der EU entfalle. Berechnen Sie das neue Gleichgewicht auf dem schweizerischen Schokoladenmarkt; geben Sie hierzu den Preis, Produktions-, Konsum- und Importmenge sowie die Zolleinnahmen des Staates an. 2
c) Führt die Zollunion mit der EU für die Schweiz zu Handelsschaffung und/oder Handelsumlenkung? d) Berechnen Sie den Effekt der Zollunion auf die Wohlfahrt der Schweiz. 3
Aufgabe 2: Gemeinsame Agrarpolitik (12 Punkte) Ab 1993 wurde die Garantie von Mindestpreisen im Agrarsektor sukzessive durch Produktprämien an die betroffenen Betriebe ersetzt. a) Stellen sie in einem geeigneten Schaubild dar, wie sich die Abschaffung von Mindestpreisen und die Einführung von Produktprämien auf Preis, Konsum- und Produktionsmengen in der EU auswirken. b) Wie ändern sich die staatlichen Kosten der Gemeinsamen Agrarpolitik? Kennzeichnen Sie hierzu die Wohlfahrtseffekte im Schaubild aus Aufgabenteil a) und erläutern Sie diese. 4
c) Welche ökonomischen Vorteile weisen Betriebsprämien im Vergleich zu Produktprämien auf? Aufgabe 3: Steuerwettbewerb (20 Punkte) a) Was versteht man unter Steuerwettbewerb und welche negativen Folgen kann er haben? Im Folgenden betrachten wir eine kleine Volkswirtschaft, deren Produktionsfunktion mit Y = F( L, K) = L f ( k) mit f ( k) = 1+ β ln( α k) gegeben sei, wobei k = K L das Kapital- Arbeits-Verhältnis bezeichnet. Die Volkswirtschaft erhebt eine Steuer auf Kapitaleinkommen und finanziert damit die Bereitstellung eines regionalen öffentlichen Gutes g. Die Präferenzen der Bürger lassen sich durch einen repräsentativen Haushalt mit der Nutzenfunktion u( c, g) = c + δ ln( g) darstellen. Kapital werde zu seinem Grenzprodukt entlohnt. Die Entlohnung des Faktors Arbeit entspreche dem Output abzüglich der Kapitalkosten. Sowohl Staat als auch Haushalte müssen ihre Budgetrestriktion einhalten. Die kleine Volkswirtschaft sieht sich einem exogenen Nettozins von r gegenüber. Der Staat kann Kapitalerträge mit dem Steuersatz t besteuern. Die Faktorausstattung sei K = L = 1. 5
b) Stellen Sie die Budgetrestriktionen des repräsentativen Haushaltes und des Staates formal auf. c) Leiten Sie die Elastizität der Kapitalnachfrage in Bezug auf den Faktorpreis R = r + t her. 6
Die Volkswirtschaft öffne sich nun. Kapital sei perfekt mobil. Die Kapitalausstattung K kann folglich auch im Ausland investiert werden. d) Berechnen Sie die optimale Menge des öffentlichen Gutes für allgemeine Parameterwerte (g in Abhängigkeit von r, t und δ). Hinweis: Setzen Sie hierzu die Optimalitätsbedingung in die Gleichung für g ein. r und t müssen nicht ersetzt werden. 7
Aufgabe 4: Optimale Währungsräume (12 Punkte) a) Anhand welcher Kriterien kann überprüft werden, ob es für ein Land optimal ist, einer Währungsunion beizutreten? Nennen und erläutern Sie drei dieser Kriterien. b) Was versteht man unter dem Begriff der Endogenität der Kriterien bezüglich der Optimalität von Währungsräumen? 8
c) Beurteilen Sie anhand folgender Schaubilder, ob die Einführung des Euro einen Einfluß auf die Optimalität der EU als Währungsraum hatte. Schaubild Vergleich der Korrelation makroökonomischer Variablen vor und nach Euroeinführung (national mit gesamtem Eurogebiet) Quelle: Enders, Zeno, Philip Jung und Gernot Müller (2010), Has the Euro changed the business cycle?, Working Paper 162, Österreichische Nationalbank. Schwarze Punkte: Euroländer Kreise: EU-Länder ohne Euro 9