Zivilrecht Sachenrecht Nr. 1 Seite 1 von 9 Übereignung beweglicher Sachen vom Berechtigten 929 ff BGB Der rechtsgeschäftliche Eigentumserwerb an beweglichen Sachen richtet sich nach den 929 ff. BGB. Für den Erwerb vom Berechtigten müssen insgesamt 5 Tatbestandsvoraussetzungen vorliegen. Diese sollten sie sinnvoller Weise in der Klausur in der hier dargestellten Reihenfolge prüfen. A. Prüfungsschema (grob) 1. Dingliche Einigung 2. Übergabe bzw. Übergabesurrogate 3. Einigsein im Zeitpunkt der Übergabe 4. Berechtigung 5. Verfügungsbefugnis B. Prüfungsschema (detailiiert) 1. Dingliche Einigung, 929 S. 1 BGB Erforderlich ist eine Einigung zwischen Veräußerer und Erwerber betreffend den Eigentumsübergang nach 929 S. 1 BGB, d.h. zwei übereinstimmende Willenserklärungen, dass nunmehr der Erwerber Eigentümer sein soll. Hierbei handelt es sich um einen (S) dinglichen Vertrag, auf denen sämtliche Regeln des Allgemeinen Teils ( 104-185 BGB) anwendbar sind. Folgende klausurtypische Konstellationen sollten Sie hierbei kennen: a) Übereignung an / durch Minderjährige (a) Übereignung an einen Minderjährigen Die Übereignung an einen Minderjährigen ist unproblematisch möglich, da der Minderjährige die auf Eigentumserwerb gerichtete Einigungserklärung wirksam abgeben kann. Er erlangt durch die Verfügung lediglich einen rechtlichen Vorteil, 107 BGB. (b) Übereignung durch einen Minderjährigen Ist hingegen die Willenserklärung auf die Übereignung eigener Sachen gerichtet, so ist der dingliche Vertrag gemäß 107, 108 BGB schwebend unwirksam, wenn er ohne die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters geschlossen wurde. (c) (P) Übereignung von fremden Sachen 1 Geht es um die Übereignung fremder Sachen, so wird dadurch das Vermögen des Minderjährigen nicht berührt (S) neutrales Geschäft. Dieses ist nach h.m. 2 wirksam. Hierfür spricht auch, dass der Minderjährige gemäß 165 BGB sogar Vertreter sein kann. b) Nichtigkeit, Anfechtbarkeit Die Einigung kann weiterhin anfechtbar oder nichtig sein, allerdings muss sich der Mangel wegen des Abstraktionsprinzips gerade auf den dinglichen Vertrag, der auf Übereignung gerichtet ist, beziehen. Bsp.: Das dingliche Rechtsgeschäft ist in der Regel sittlich neutral und daher nicht nach 138 I BGB nichtig. Ausn.: Kollision von verlängertem Eigentumsvorbehalt und Globalzession bzw. anfänglicher Übersicherung (vgl. hierzu unten). (P) Bei 119 I BGB muss der Irrtum daher unmittelbar gerade der Willenserklärung nach 929 S. 1 BGB anhaften, denn eine bloße mittelbare Kausalität wäre ein reiner Motivirrtum und daher hier irrelevant. 1 BGB-AT Fall 12. 2 Nach a.a. soll der Erwerber über die Vorschriften des gutgläubigen Erwerbs nur so stehen, wie er stehen würde, wenn seine Vorstellung zutreffen würde; dann aber könnte er wegen 107 BGB kein Eigentum vom Minderjährigen erwerben. Hiergegen wiederum spricht, dass ein gutgläubiger Erwerb aus Gründen des Verkehrsschutzes grundsätzlich zugelassen wird. Würde hiervon eine Ausnahme gemacht, so würde dies den wahren Eigentümer und nicht den Minderjährigen schützen.
Zivilrecht Sachenrecht Nr. 1 Seite 2 von 9 Bsp.: Der Irrtum über die Person des Vertragspartners betrifft die dingliche Einigung ebenso unmittelbar wie den Kauf- oder Schenkungsvertrag. Daher 119 I BGB für beide Verträge (+). Gegenbeispiel: Ein Irrtum über den Kaufpreis betrifft unmittelbar nur die Willenserklärung des Verpflichtungsgeschäfts, weil der Kaufpreis nicht zu den essentialia negotii der dinglichen Einigung gehört. Dies ist also nur beim Kaufvertrag ein Irrtum im Sinne des 119 I BGB, dagegen beim dinglichen Vertrag nur Motivirrtum, so dass die Übereignung nicht anfechtbar (sondern nur kondizierbar) ist. (P) Fehleridentität Bei 119 II BGB und 123 BGB stellt sich die Frage dagegen so nicht, weil bei diesen Tatbeständen auch Motivirrtümer reichen. Insoweit kommt es daher alleine auf die Kausalität an, so dass nach h.m. In diesen Fällen auch die Übereignung anfechtbar ist. c) Vertretung / Botenschaft Bei der dinglichen Einigung kann ein direkter Stellvertreter für den Veräußerer oder für den Erwerber gemäß 164 ff. BGB handeln. Auch Botenschaft ist möglich. Der Vorteil einer Stellvertretung, insbesondere auf Erwerberseite, liegt dann darin, dass ein (S) Direkterwerb des Hintermannes (Vertretener) möglich ist, also ein Eigentumserwerb, ohne dass der Handelnde selbst Eigentümer wird. Daher besteht dann auch keine Gefahr, dass das Eigentum beim Vertreter mit Pfandrechten (etwa 562 BGB oder 1120 ff. BGB) belastet wird. Grundsätzlich muss dabei auf die Beachtung des Offenkundigkeitsprinzips, gemäß 164 I S. 1 BGB geachtet werden. Allerdings ist nach den allgemeinen Vertretungsgrundsätzen auch eine Übereignung an den, den es angeht, möglich. (P) Übergabe an den Vertretenen (s.u.) d) Bestimmtheit Gegenstand der dinglichen Einigung muss wegen des im Sachenrecht geltenden Spezialitätsprinzips eine bestimmte Sache sein. Bloße Bestimmbarkeit genügt im Gegensatz zum Schuldrecht nicht. Bsp.: Sicherungsübereignung von Sachgesamtheiten, z.b. eines Warenlagers e) Bedingung, 158 BGB (v.a. Eigentumsvorbehalt) Die dingliche Einigung kann auch unter einer Bedingung im Sinne von 158 BGB stehen. Wichtig ist in der Klausur vor allem der Eigentumsvorbehalt. Bei diesem steht die dingliche Einigung gemäß 929 S. 1 BGB unter der aufschiebenden Bedingung ( 158 I BGB) der vollständigen Kaufpreiszahlung. Für den Käufer entsteht in diesem Fall ein (S) Anwartschaftsrecht. Vor benachteiligenden Handlungen des Verkäufers wird der Käufer dann über 161, 162 BGB geschützt. Unterscheiden Sie folgende Arten des Eigentumsvorbehalts: (a) Einfacher Eigentumsvorbehalt (P) Abwehrklauseln in AGB 3 (P) einseitiger/vertragswidriger EVB (P) nachträglicher EVB (dogmatische Konstruktion str.) 4 3 BGB-AT Fall 15.
Zivilrecht Sachenrecht Nr. 1 Seite 3 von 9 BGH: Rückübereignung nach 929, 930 BGB und erneute Übereignung an den Käufer unter EVB nach 929 S. 2 Lit.: Rückübereignung unter der auflösenden Bedingung der vollständigen Kaufpreiszahlung, 929, 930, 158 II BGB (b) Verlängerter Eigentumsvorbehalt Verfügungsermächtigung des Vorbehaltskäufers 185 I Vorausabtretung der Kaufpreisansprüche, 433 II, 398 Einziehungsermächtigung des Vorbehaltskäufers (P) Unwirksamkeit der Vorausabtretung (c) Erweiterter Eigentumsvorbehalt EvB sichert mehrere Forderungen des Vorbehaltsverkäufers Beachte: 449 III BGB! 2. Übergabe und Übergabesurrogate a) Übergabe gemäß 929 S. 1 BGB Die Übergabe nach 929 S. 1 BGB ist grundsätzlich durch folgende Merkmale gekennzeichnet: Veräußerer gibt jeglichen Besitzrest auf Erwerber erwirbt irgendeiner Art von Besitz [(un)mittelbar] auf Veranlassung des Veräußerers nicht bloße Abtretung i.s.d. 931 BGB Die Übergabe ist (S) Realakt 5 und nur ausnahmsweise Rechtsgeschäft ( 854 II BGB. Folgende klausurtypische Einzelfälle sollten Sie kennen: (a) Übergang des unmittelbaren Besitzes Übergabe liegt immer vor, wenn der Eigentümer dem Erwerber selbst den unmittelbaren Besitz überträgt, 854 I BGB (b) Übertragung/Erwerb eines Besitzdieners Überträgt oder erwirbt ein Besitzdiener die tatsächliche Gewalt entsprechend einer Weisung seines Besitzherrn, so wird ebenfalls der unmittelbare Besitz vom Besitzherrn übertragen oder erworben, 855 BGB. 4 Palandt 929 Rn. 30. 5 Daher ist eine Vertretung gem. 164 I BGB bei der Übergabe nicht möglich!!!
Zivilrecht Sachenrecht Nr. 1 Seite 4 von 9 (c) Anweisung eines Besitzdieners Gleiches gilt, wenn der Eigentümer seinen Besitzdiener anweist, nunmehr die tatsächliche Gewalt für den Erwerber als neuen Besitzherrn auszuüben und mit dessen Einverständnis so verfahren wird. (d) Besitzmittler Auf beiden Seiten können auch Besitzmittler eingeschaltet werden. Eine Übergabe liegt vor, wenn entweder die Sache auf Weisung des veräußernden Eigentümers durch dessen Besitzmittler an den Erwerber oder auf Weisung des Erwerbers dessen Besitzmittler übergeben wird. Gleiches gilt, wenn der Besitzmittler des Eigentümers, auf dessen Weisung mit dem Erwerber ein neues Besitzmittlungsverhältnis vereinbart und damit das bisher zum Eigentümer bestehende Verhältnis endet. WICHTIG: Dies ist kein Fall von 931 BGB, sondern von 929 S. 1 BGB. Diese Unterscheidung ist vor allem beim gutgläubigen Erwerb relevant, da ein solcher bei einer Übereignung gemäß 931 nur unter den weiteren Voraussetzungen des 934 BGB stattfinden kann (s.u.). Bsp.: V veräußerte einen Schrank an K, den K Tage zuvor im Geschäft des V besichtigt hatte. Mittlerweile hatte V den Schrank bei L untergestellt, der ihm den Besitz mittelte. Deswegen wies er gleich den L an, künftig nicht mehr ihm, sondern dem K den Besitz zu mitteln. L willigte ein und teilte dies dem K auch mit. K holte den Schrank 2 Wochen später bei L ab, nachdem er kurz vor Abholung davon Kenntnis erhalten hatte, das nicht V, sondern der E Eigentümer des Schrankes war. Lsg.: Es handelt sich um einen Fall des 929 S. 1 BGB. Hierfür genügt die Verschaffung des mittelbaren Besitzes, wenn dies nicht durch Abtretung des Herausgabeanspruchs erfolgt, sondern durch Abschluss eines neuen BMV. Einschlägig ist daher nicht 934, sondern 932 BGB. Erwerb hier daher vor Bösgläubigkeit vollendet. (e) Geheißerwerb 6 Gleich gestellt wird diesen Fällen auch der so genannte Geheißerwerb. Geheißpersonen können dabei auf beiden Seiten auftreten. Demnach kann man zwischen folgenden Konstellationen unterscheiden: Geheiß des Veräußerers War der Veräußerer weder unmittelbarer noch mittelbarer Besitzer, so genügt es, wenn der besitzende Dritte auf Geheiß des Veräußerers dem Erwerber Besitz verschafft. Geheiß des Erwerbers Übergabe liegt auch vor, wenn nicht der Erwerber selbst Besitz erlangt, sondern wenn die Sache auf Geheiß des Erwerbers an eine von ihm benannte Geheißperson ausgehändigt wird. 6 Sehr instruktiv L&L 2012, 522.
Zivilrecht Sachenrecht Nr. 1 Seite 5 von 9 Doppelter Geheißerwerb Auch der Einsatz von Geheißpersonen seitens des Veräußerers und des Erwerbers wird akzeptiert 7. (P) Strecken- bzw. Kettengeschäft Das besondere am Strecken- bzw. Kettengeschäft ist, dass die Weisung nicht unmittelbar, sondern durch weitere aus Veräußerungen entstehende und ebenfalls nicht durch Besitz ausgewiesene Weisungen, vermittelt wird. Dabei führt im Ergebnis eine Auslieferung vom ersten zum letzten Erwerber zum Zwischen- und Durchgangserwerb bei allen Beteiligten. Klausurtipp: Ob dies tatsächlich so gewollt ist, müssen Sie in der Klausur durch Auslegung gem. 133, 157 BGB ermitteln. Es ist beispielsweise auch möglich, dass der Erstkäufer seinen Erfüllungsanspruch aus 433 I BGB an seinen Abnehmer abtritt und daher nur eine einzige Übereignung vom ersten Veräußerer an den letzten in der Kette gewollt war. (P) Scheingeheißerwerb Grundsätzlich ist es ausreichend, dass sich der Dritte aus Sicht des Erwerbers als Geheißperson darstellt. Umstritten ist nur, ob ein solcher Scheingeheißerwerb auch ausreichend ist, für einen gutgläubigen Erwerb. h.m. (+), da (S) Besitzverschaffungsmacht a.a. nur dann (+), wenn Geheißperson sich dem Willen des Veräußerers tatsächlich unterworfen hat b) Keine Übergabe im Fall des 929 S. 2 BGB Keiner Übergabe bedarf es im Fall des 929 S. 2 BGB. In diesem Fall besitzt der Erwerber die Sache schon vor der Einigung. c) Übergabesurrogat gemäß 929 S. 1, 930 BGB 930 BGB ermöglicht die Ersetzung der Übergabe durch Vereinbarung eines konkreten Besitzmittlungsverhältnisses ( 868 BGB, Rechtsgeschäft). Neben der dinglichen Einigung muss dann eine weitere ausdrückliche oder konkludente Einigung über ein konkretes BMV erfolgen. Erforderlich ist ein bestimmtes BMV, d.h. es muss auf einen ganz bestimmten Gegenstand bezogen sein (S) Bestimmtheitsgrundsatz. (a) Voraussetzungen des BMV Vertrag i.s.v. 868 BGB Besitzmittlungswille des unmittelbaren Besitzers Besitzberechtigung d. unmittelbaren Besitzers auf Zeit Herausgabeanspruch des mittelbaren Besitzers 7 L&L 1999, 201; Palandt 929 Rn. 19 ff.
Zivilrecht Sachenrecht Nr. 1 Seite 6 von 9 (b) klausurtypische Probleme (P) Übereignung von Sachgesamtheiten 8 (P) vermeintliches BMV 9 (P) gestufter mittelbarer Besitz Auch ein mittelbar besitzender Veräußerer kann nach 929, 930 BGB übereignen. Er bleibt mittelbarer Besitzer, doch wandelt sich sein Eigenbesitz in Fremdbesitz, weil er seinerseits dem Erwerber den Besitz vermittelt, 871 BGB. Dieser erwirbt, wegen mittelbaren Eigenbesitz. (c) Antizipiertes Besitzkonstitut Einigung und Vereinbarung des Besitzkonstituts können schon erfolgen, bevor der Veräußerer Besitz erlangt, sog. (S) antizipiertes Besitzkonstitut. Bsp.: Übereignung einer noch herzustellenden Sache. Der Erwerber wird automatisch eine logische Sekunde nach Besitzerlangung Eigentümer, wenn bei Besitzerlangung des Veräußerers alle Voraussetzungen des Eigentumserwerbs vorliegen. Insbesondere muss auch hier dem Bestimmtheitsgrundsatz genüge getan werden. Es genügt aber, dass die Sache in der Weise beschrieben wird, dass sie im Augenblick des Eigentumsübergangs identifiziert werden kann. Das antizipierte Besitzkonstitut kann mit der (S) antizipierten Einigung kombiniert werden. Bsp.: Sicherungsübereignung von Warenlagern (P) Abgrenzung zum gestatteten Insichgeschäft i.s.d. 181 10 Bei 181 BGB hängt die Durchführung noch von einer weiteren Willensentschließung des Veräußerers ab. Dieser muss das Insichgeschäft noch vornehmen, und dies muss nach außen erkennbar in Erscheinung treten. Beim antizipierten Besitzmittlungsverhältnis geschieht dies später alles automatisch in den Zeitpunkt in dem der Veräußerer Besitz erlangt. WICHTIG: Beide Fälle sind (S) Durchgangserwerb. Direkterwerb lässt sich einzig mit Hilfe der Wirkung des 164 I BGB (Vertretung des Hintermannes durch den Handelnden bei Eigentumserwerb) herbeiführen! (d) Sicherungsübereignung nach 930 BGB Praktisch wichtigster Fall des 930 BGB ist die Sicherungsübereignung 11. Nach herrschender Meinung wird die bloße Vereinbarung einer Übereignung zur Sicherheit dahingehend ausgelegt, dass ein konkretes Besitzmittlungsverhältnis besteht. 8 BGH NJW 2008, 3142. 9 SachR Fall 5. 10 SachR Fall 7. 11 Wirtschaftlich betrachtet ist die SiÜ ein besitzloses Pfandrecht.
Zivilrecht Sachenrecht Nr. 1 Seite 7 von 9 Sämtliche o.g. Voraussetzungen des BMV ergeben sich unmittelbar aus der (gegebenenfalls konkludent) vereinbarten (S) Sicherungsabrede. (P) Rückübertragung des Eigentums Die rechtliche Konstruktion der Rückübertragung ist umstritten h.m.: Schuldrechtlicher Rückübertragungsanspruch aus Sicherungsabrede (S) fiduziarisches Sicherungsrecht a.a.: Automatischer Rückfall des Eigentums gemäß 158 II (P) Kollision mit Pfandrechten Typisches Klausurproblem der SiÜ an eine Bank mit antizipiertem BMV ist die Kollision mit Pfandrechten, v.a. dem Vermieterpfandrecht gemäß 562 BGB 12. Bsp.: Besonders kritisch dabei der (typische) Fall, in dem der Sicherungsgeber Sachen unter Eigentumsvorbehalt erwirbt. Hier ist zu differenzieren: 1. Rechtslage vor Kaufpreiszahlung (Bedingung): Keine Rechte von Vermieter (vgl. 562 BGB: Sache des Mieters ) oder der Bank (wegen 933 BGB) am Eigentum. Nur das Anwartschaftsrecht (AR) konnte belastet oder übertragen werden. 2. Rechtslage bei Erstarken zum Vollrecht: Ein VPR am AR war nur entstanden, wenn dieses bei Einbringung noch dem Mieter zustand. Folge: Wenn die Bank bereits vor der Einbringung durch antizipierten Erwerb das AR erworben hatte, tritt diese Wirkung nicht ein. Dann erstarkte das unbelastete Anwartschaftsrecht der Bank zum unbelasteten Eigentum. Eine Einbringung i.s.d. 562 BGB vor Eigentumserwerb aber nach Erwerb des AR seitens der Bank kann daran nichts mehr ändern. 3. (P) Konkurrenz von SiÜ und VPR Problem aber bei der sog. Raumsicherungsübereignung (künftig zu erwerbenden Sachen): Die Wirkung der antizipierten Übertragung des AR ist wegen des sachenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatzes erst mit der Einbringung gegeben. Es liegt daher Zeitgleichheit mit dem Eintritt der Voraussetzungen des 562 BGB vor. BGH: Vorrang des VPR 13 (P) Übersicherung bei revolvierenden Globalsicherheiten Bsp.: Sicherungsübereignung von Warenlagern oder Globalzession von Kundenforderungen Anfängliche Übersicherung (ab 200-300 %) à Nichtigkeit nach 138 I BGB Nachträgliche Übersicherung 14 (ab 110 % des Realwertes bzw. 150 % des Nennwertes) à keine Nichtigkeit nach 138 BGB; vielmehr (S) ermessensunabhängiger schuldrechtlicher Freigabeanspruch 12 Palandt 562 Rn. 10. 13 Palandt 562 Rn. 10. 14 L&L 1998, 138.
Zivilrecht Sachenrecht Nr. 1 Seite 8 von 9 d) Übergabesurrogat gem. 929 S.1, 931 Befindet sich die Sache im unmittelbaren oder mittelbaren Besitz eines Dritten, so tritt gemäß 931 BGB anstelle des Realakts Übergabe, die Abtretung des Herausgabeanspruchs gemäß 398 BGB. Der Veräußerer darf i.r.d. 931 BGB nicht unmittelbarer aber doch mittelbarer Besitzer sein. Hinweis: Nach alldem hat der mittelbare Besitzer also drei verschiedene Möglichkeiten, eine Übereignung vorzunehmen. Er hat die Wahl zwischen einer Übereignung nach 929 S. 1 BGB; 929, 930 BGB oder 929, 931 BGB. (a) Regelfall: Abtretung eines Herausgabeanspruches Der Herausgabeanspruch kann sich dabei zum einen aus dem schuldrechtlichen Anspruch aus dem Besitzmittlungsverhältnis ergeben. Ist der Veräußerer nicht mittelbarer Besitzer, können ihm auch schuldrechtliche Ansprüche aus 812 BGB oder 823 BGB zustehen, die i.r.d. 931 BGB abtretbar sind. Kein abtretbarer Anspruch im Sinne von 931 BGB ist der Herausgabeanspruch nach 985 BGB. Dieser folgt dem Eigentum, nicht umgekehrt. (b) Ausnahme: Bloße Einigung ausreichend (selten) Nach h.m. Ist bei 931 BGB sogar die Besonderheit eines Eigentumsübergangs ohne Übertragungstatbestand durch bloße Einigung möglich. Dies liegt dann vor, wenn gar kein abtretbarer Herausgabeanspruch besteht und die Übereignung anders nicht möglich wäre. Bsp.: Übereignung besitzloser Sachen, wie Ring auf Meeresgrund. 3. Einigsein im Zeitpunkt der Übergabe Der Veräußerer muss den Eigentumsübergang auch noch im Zeitpunkt der Übergabe wollen (vgl. Wortlaut des 929 S. 1 BGB). Eine vorher abgegebene Einigungserklärung ist bis zur Übergabe nicht bindend (Umkehrschluss aus 873 II BGB und 956 I S. 2 BGB. Sie kann daher bis zu diesem Zeitpunkt einseitig frei widerrufen werden. Nach h.m. Besteht jedoch eine Vermutungswirkung für das Fortbestehen eines einmal erklärten Einigungswillens. Am Einigsein fehlt es damit nicht schon, wenn der Veräußerer bei der Übergabe nicht mehr den Willen zu Übereignung besitzt, sondern nur dann, wenn sein Abgehen von der früheren Erklärung dem anderen erkennbar ist. (P) einseitiger Eigentumsvorbehalt 15 4. Berechtigung des Veräußerers 16 Die 929-931 BGB setzen weiterhin voraus, dass der Veräußerer Berechtigter war. Berechtigter ist: Eigentümer 15 Palandt 929 Rn. 29. 16 Berechtigung und Verfügungsbefugnis können auch gemeinsam geprüft werden.
Zivilrecht Sachenrecht Nr. 1 Seite 9 von 9 Ermächtigter i.s.v. 185 I BGB Bsp.: verlängerter Eigentumsvorbehalt Die Verfügung eines Nichtberechtigten ist gleichsam wirksam i.s.v. 929 S. 1 BGB, wenn die Voraussetzungen des 185 II BGB vorliegen: 185 II Var. 1 BGB Genehmigung à ex-tunc-wirkung 185 II Var. 2 BGB Erwerb des Gegenstandes durch den Nichtberechtigten à ex-nunc-wirkung 185 II Var. 3 BGB Berechtigter wird Erbe des Nichtberechtigten à ex-nunc-wirkung 5. Verfügungsbefugnis des Veräußerers Grundsätzlich ist jeder Eigentümer auch verfügungsbefugt. In einigen gesetzlich geregelten Sonderfällen kann jedoch die Verfügungsbefugnis fehlen. Liegt ein solcher Fall vor, scheitert grundsätzlich der Eigentumserwerb gemäß 929 S. 1 BGB. Solche Vorschriften sind bspw: 135 I, II, 136 BGB i.v.m. 829, 857 ZPO 161 I BGB 1365 BGB 1369 BGB 2113 I BGB 2211 BGB 81 InsO Auch ein gutgläubiger Erwerb vom Nichtberechtigten (s.u.) kommt in diesen Fällen nur dann in Betracht, wenn dies im Gesetz vorgesehen ist. Solche Vorschriften sind beispielsweise 135 II, 136, 161 III, 2113 III, 2211 II BGB und 81 I S. 2 InsO i.v.m. 892 BGB. Ein gutgläubiger Erwerb vom Nichtverfügungsbefugten ist gänzlich ausgeschlossen in den Fällen der (S) absoluten Verfügungsbeschränkungen, wie beispielsweise 1365 I S. 2, 1369 BGB 17.