Tierärztliche Hochschule Hannover

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Transkript:

Tierärztliche Hochschule Hannover Untersuchung zum Vorkommen und zur Kolonisationsdynamik von Methicillinresistenten Staphylococcus aureus (MRSA) bei Schweinen in Mastbeständen in Nordwestdeutschland und Ostdeutschland INAUGURAL DISSERTATION zur Erlangung des Grades einer Doktorin der Veterinärmedizin - Doctor medicinae veterinariae - ( Dr. med. vet. ) vorgelegt von Birgit Brockers Mönchengladbach-Rheydt Hannover 2011

Wissenschaftliche Betreuung: Univ.-Prof. Dr. Thomas Blaha Außenstelle für Epidemiologie Bakum 1. Gutachter: Univ.-Prof. Dr. Thomas Blaha 2. Gutachter: Apl. Prof. Dr. Stefan Schwarz Tag der mündlichen Prüfung: 19.05.2011 Die Förderung des Vorhabens erfolgte aus Mitteln des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) über die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE).

I went to the woods because I wished to live deliberately, to front only the essential facts of life, and see if I could not learn what it had to teach, and not, when I came to die, discover that I had not lived. Henry David Thoreau meinen Eltern

Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS... 1 EINLEITUNG... 1 2 LITERATUR... 3 2.1 Staphylococcus aureus... 3 2.1.1 Taxonomie und Historie... 4 2.1.2 Morphologie und biochemische Eigenschaften... 5 2.1.3 Pathogenität und Virulenz... 6 2.1.4 Resistenzen... 8 2.1.4.1 Allgemein... 8 2.1.4.2 Mechanismen gegen β-lactam-antibiotika... 10 2.1.4.3 Mechanismen gegen Nicht-β-Lactam-Antibiotika... 10 2.2 Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus (MRSA)... 12 2.2.1 Nachweismethoden... 12 2.2.1.1 Kultureller Nachweis... 12 2.2.1.2 Molekularbiologischer Nachweis... 13 2.3 Epidemiologie von MRSA bei Mensch und Tier... 17 2.3.1 healthcare-associated MRSA (hamrsa)... 19 2.3.2 community-associated MRSA (camrsa)... 21 2.3.3 livestock-associated MRSA (lamrsa)... 22 2.3.3.1 Schwein... 23 2.3.3.2 Geflügel... 27 2.3.3.3 Wiederkäuer... 28 2.3.3.4 Bedeutung von lamrsa beim Menschen... 29 2.3.4 MRSA in Tierkliniken... 31 2.3.4.1 Pferde... 32 2.3.4.2 Kleintiere... 33 3 MATERIAL UND METHODEN... 35 3.1 Studienmodell... 35

Inhaltsverzeichnis 3.2 Auswahl der Bestände für die Querschnittsstudie... 35 3.3 Auswahl der Bestände für die Longitudinalstudie... 38 3.3.1 Niedersachsen... 38 3.3.2 Nordrhein-Westfalen... 39 3.3.3 Ostdeutschland... 40 3.4 Fragebogen... 41 3.5 Untersuchungsschema Longitudinalstudie... 42 3.6 Probenentnahme und Transport... 43 3.6.1 Nasentupferprobe... 43 3.6.2 Staubproben... 44 3.6.3 Sockentupfer... 44 3.6.4 Transport... 45 3.7 Kultureller Nachweis... 45 3.7.1 Selektives Anreicherungsverfahren... 46 3.7.1.1 Voranreicherung... 46 3.7.1.2 Selektivanreicherung... 47 3.7.1.3 Selektivagar... 48 3.7.2 Anzucht und Isolierung... 48 3.7.3 Biochemische Differenzierung... 49 3.7.3.1 Katalase-Test... 49 3.7.3.2 Oxidase-Test... 49 3.7.3.3 Koagulase-Test... 49 3.8 Kryokonservierung... 50 3.9 Molekularbiologischer Nachweis... 50 3.9.1 Bestätigung mittels PCR... 50 3.9.1.1 Manuelle Extraktion genomischer DNA aus Bakterienkultur... 50 3.9.1.2 Herstellung des Master-Mixes... 51 3.9.1.3 PCR... 52 3.9.1.4 Gelelektrophorese... 52 3.9.1.5 Beurteilung... 54 3.9.2 Typisierung... 54

Inhaltsverzeichnis 3.10 Statistische Auswertung und Formeln... 55 3.10.1 Intraherdenprävalenzberechnung... 55 3.10.2 Statistische Hilfsmittel und angewandte Tests... 55 4 ERGEBNISSE... 57 4.1 Ergebnisse der Querschnittsstudie... 57 4.1.1 Herdenprävalenz... 57 4.1.2 Intraherdenprävalenzen... 57 4.2 Auswahl der Bestände für die Longitudinalstudie... 59 4.3 Ergebnisse der Longitudinalstudie... 60 4.3.1 Fragebogen... 60 4.3.2 Niedersachsen... 62 4.3.2.1 Bestand 1... 62 4.3.2.2 Bestand 2... 63 4.3.2.3 Bestand 3... 65 4.3.2.4 Bestand 4... 67 4.3.3 Nordrhein-Westfalen... 68 4.3.3.1 Bestand 5... 68 4.3.3.2 Bestand 6... 70 4.3.3.3 Bestand 7... 72 4.3.3.4 Bestand 8... 73 4.3.4 Ostdeutschland... 74 4.3.4.1 Bestand 9... 74 4.3.4.2 Bestand 10... 76 4.3.4.3 Bestand 11... 77 4.3.4.4 Bestand 12... 78 4.4 MRSA-Nachweishäufigkeiten bei den Umgebungsproben... 80 4.4.1 Staubproben... 80 4.4.2 Sockentupfer... 80 4.5 MRSA-Nachweishäufigkeiten bei den Schweinen... 82 4.5.1 Nasentupfer... 82 4.5.2 Verlauf erster Mastdurchgang... 83

Inhaltsverzeichnis 4.5.3 Verlauf zweiter Mastdurchgang... 84 4.5.4 Verlauf beider Mastdurchgänge zusammengefasst... 86 4.6 Auswertung der Fragebögen auf mögliche Einflussfaktoren... 87 4.6.1 Einfluss der Herkunft der Tiere auf den Nachweis von MRSA... 87 4.6.2 Einfluss der Bestandsgröße auf den Nachweis von MRSA... 87 4.6.3 Einfluss des Kontaktes der Schweine zu anderen Tierarten... 88 4.6.4 Einfluss von anderen Nutztierarten auf dem Bestand... 89 4.7 MRSA Dynamiken innerhalb der Mastdurchgänge... 89 4.7.1 Einfluss der Umgebung auf das Tier... 89 4.7.2 MRSA-Dynamik während der Mastdurchgänge... 90 4.7.3 Einfluss einer antibiotischen Behandlung... 91 4.8 MRSA und bestandsspezifische Interventionsmaßnahmen... 93 4.8.1 Einfluss der bestandsspezifischen Maßnahmen insgesamt... 93 4.8.2 Einsatz von pflanzlichen und ätherischen Ölen... 93 4.8.3 Einsatz von Effektiven Mikroorganismen... 94 4.8.4 Verbesserte Reinigung und Desinfektion... 94 4.8.5 Neues Stallgebäude und neue Herkunft... 95 4.8.6 Keine Maßnahmen Kontrollbestände... 96 4.9 Ergebnisse der MRSA-Typisierung... 97 5 DISKUSSION... 99 5.1 Vorkommen von MRSA beim Mastschwein... 99 5.1.1 Herdenprävalenz... 99 5.1.2 Intraherdenprävalenz... 100 5.2 MRSA-Nachweis und mögliche Einflussfaktoren... 101 5.2.1 Einfluss der Herkunft der Tiere... 101 5.2.2 Einfluss der Bestandsgröße... 103 5.3 Zeitpunkt und Verlauf der Besiedlung von MRSA beim Mastschwein... 103 5.3.1 Einfluss der Umgebung auf den MRSA-Status der Tiere... 103 5.3.2 MRSA-Dynamiken während der Mastdurchgänge... 106 5.3.3 Einfluss einer antibiotischen Behandlung... 108 5.4 MRSA und bestandsspezifische Interventionsmaßnahmen... 109

Inhaltsverzeichnis 5.5 Einordnung der ermittelten MRSA spa-typen... 112 6 SCHLUSSFOLGERUNGEN... 113 7 ZUSAMMENFASSUNG... 115 8 SUMMARY... 117 LITERATURVERZEICHNIS... 119 TABELLENVERZEICHNIS... 142 ABBILDUNGSVERZEICHNIS... 144 ANHANG... 145 DANKSAGUNG... 153

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS % Prozent < kleiner als > größer als C Grad Celsius µg Mikrogramm µl Mikroliter µm Mikrometer A. bidest. Aqua bidestilata AB BfR BMELV bp BURP bzw. ca. camrsa CC cm cm² d.h. DNA Antibiotikum Bundesinstitut für Risikobewertung Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Basenpaare Based Upon Repeat Patterns beziehungsweise circa community-associated MRSA klonaler Komplex (engl. clonal complex) Zentimeter Quadratzentimeter das heißt Desoxyribonukleinsäure (engl. desoxyribonucleic acid) EARRS ggf. EG et al. etc. EU Fa. Fc g h H 2 O H 2 O 2 hamrsa HCl Hrsg. IgG kg KISS l lamrsa LM m 2 Max. European Antimicrobial Resistance Surveillance System gegebenenfalls Europäische Gemeinschaft et alii / und andere et cetera / und so weiter Europäische Union Firma Fragment crystallizable Schwerebeschleunigung oder Gramm Stunde Wasser Wasserstoffperoxid healthcare-associated MRSA Salzsäure Herausgeber Immunoglobulin G Kilogramm Krankenhausinfektions- Surveillance-System Liter livestock-associated MRSA Lebensmittel Quadratmeter Maximum

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS mg MHB ml MLST mm Min. min MRSA MSSA n NaCl Nds Nr. NRZ NT-MRSA PBP PBP 2a Milligramm Mueller-Hinton-Bouillon Milliliter Multi Locus Sequenz- Typisierung (engl. multilocus sequence typing) Millimeter Minimum Minute Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus Methicillin-sensibler Staphylococcus aureus Gesamtzahl Natriumchlorid Niedersachsen Nummer Nationales Referenzzentrum non-typeable MRSA Penicillin-bindendes Protein Penicillin-bindendes Protein 2a PCR PFGE pmol PVL RNA Polymerase Kettenreaktion (engl. polymerase chain reaction) Pulsfeld-Gelelektrophorese Pikromol Panton-Valentine- Leukozidin Ribonukleinsäure (engl. ribonucleic acid) S. aureus Staphylococcus aureus SCCmec spf spp. ST staphylococcal cassette chromosome mec spezifisch pathogen frei Spezies Sequenztyp t011 spa Typ 11 TSST-1 u.a. USA z.b. z.t. Toxischer Schock Syndrom Toxin 1 unter anderem Vereinigte Staaten von Amerika zum Beispiel zum Teil

EINLEITUNG 1 1 EINLEITUNG In den letzten Jahren hat die Bedeutung von Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA) nicht nur in den humanmedizinischen Bereichen wie in Krankenhäusern, Einrichtungen der Pflege sowie im Gesundheitswesen sondern auch im veterinärmedizinischen Bereich und in der Landwirtschaft zugenommen. Als Haut- und Schleimhautbesiedler gelten MRSA als fakultativ pathogene Kommensalen von Mensch und Tier. Allerdings können MRSA insbesondere bei immunsupprimierten Menschen aufgrund ihrer Resistenzen gegen antibiotische Substanzen und der damit verbundenen schlechten Therapiemöglichkeit nach Infektion zu schwerwiegenden Krankheitsbildern bis hin zum Tod führen. Als Hospitalismuskeime sind MRSA weltweit schon seit 50 Jahren in der Humanmedizin bekannt. Das gehäufte Vorkommen von MRSA-Infektionen in Krankenhäusern erklärt sich somit vor allem durch die hohe Dichte von kranken, immungeschwächten Personen gekoppelt mit dem Einsatz von Antibiotika sowie umfangreichen Desinfektionsmaßnahmen und der hohen Tenazität des Bakteriums. Der Nachweis von MRSA auch außerhalb des stationären Bereiches begründete die Einteilung in Stämme, die überwiegend in der Gesellschaft erworben werden, den community-associated (ca)mrsa, und in Stämme, die vorwiegend in Krankenhäusern erworben werden, den healthcare-associated (ha)mrsa. Seit den 1970er Jahren sind sporadische MRSA-Infektionen auch in der Veterinärmedizin sowohl in Tierkliniken als auch bei landwirtschaftlichen Nutztieren beschrieben worden. Erste systematische Studien seit 2005 zeigen nicht nur, dass MRSA bei Haus- und Nutztieren vorkommen, sondern auch, dass die Möglichkeit einer Übertragung auf exponierte Personen besteht.

2 EINLEITUNG Das gehäufte Vorkommen von MRSA als nasale Besiedler im Bereich der landwirtschaftlichen Nutztiere vor allem im Bereich der Schweineproduktion ist erst seit einigen Jahren bekannt und prägte den Namen livestock-associated (la)mrsa. Durch die planmäßige Untersuchung der Epidemiologie von lamrsa bietet sich die Gelegenheit einen zoonotischen Keim zu einem frühen Zeitpunkt, pro aktiv zu untersuchen und mögliche Interventionsmaßnahmen zu planen. Ziel dieser Arbeit ist die Erforschung des Verlaufs der Kolonisierung sowie der Besiedlungsdynamik von Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA) in Schweinemastbeständen in Nord-West-und Ostdeutschland. Vor allem Zeitpunkt und Verlauf der Besiedlung mit MRSA bei Mastschweinen, damit verbundene Einflussfaktoren sowie mögliche regionale Unterschiede sollen beleuchtet werden. Die Ergebnisse mögen ein Hilfsmittel zur wissenschaftlichen Risikobewertung der MRSA-Besiedlung von Mastschweinen darstellen und einen Beitrag zur Verhütung und Bekämpfung einer Zoonose leisten.

LITERATUR 3 2 LITERATUR 2.1 Staphylococcus aureus S. aureus sind fakultativ pathogene Kommensalen von Mensch und Tier. Sie gehören einerseits zu den asymptomatischen Besiedlern von Haut und Schleimhäuten andererseits können sie als Infektionserreger insbesondere bei Immunsupprimierten zu gravierenden Krankheitsbildern mit folgenschwerem Ausgang führen (ANON. 2009a). S. aureus zählen zu den weltweit häufigsten human- und tierpathogenen Erregern von bakteriellen Infektionen (HIRSH u. BIBERSTEIN 2004). In der Veterinärmedizin sind S. aureus vor allem als Verursacher von Mastitiden beim Rind und Entzündungen des Bewegungsapparates beim Geflügel von weitreichender Bedeutung (ANON. 2009a). Beim Schwein können sie zu Wundinfektion, multipler Abszessbildung, Nabelentzündung, neonataler Septikämie, Mastitis, Vaginitis und Metritis führen (TAYLOR 2006). S. aureus sind ebenso entlang der Lebensmittelkette nachweisbar. Aufgrund ihrer Fähigkeit Enterotoxine zu bilden, bergen sie das Potential vom Lebensmittel ausgehende Toxin-vermittelte Erkrankungen des Menschen auszulösen (TAYLOR 2006, ANON. 2007). Des Weiteren sind S. aureus in der Humanmedizin an einer Fülle unterschiedlicher eitriger Infektionen beteiligt (ANON. 2009a). Die Ausstattung von S. aureus mit Pathogenitätsfaktoren (Panton-Valentine- Leukozidin, Enterotoxine, etc. siehe Kapitel 2.1.3) ist vielfältig und variabel (TENHAGEN et al. 2008). Darüber hinaus haben einige S. aureus-stämme Resistenzen gegen verschiedene Antibiotika wie beispielsweise die Methicillin- Resistenz ausgebildet. Eine Besiedlung mit diesen Methicillin-resistenten Stämmen führt zu einer Erhöhung der Wahrscheinlichkeit des Auftretens einer Infektion (KLUYTMANS et al. 1997). Zudem verfügen S. aureus über eine hohe Tenazität in ihrer Umwelt und besitzen die Fähigkeit auf den unterschiedlichsten Flächen zu haften (ANON. 2000; FOSTER 2002).

4 LITERATUR 2.1.1 Taxonomie und Historie Seit nunmehr 130 Jahren ist die Gattung Staphylococcus, vor allem aber die Spezies S. aureus bekannt. Staphylokokken gehören zu der Familie der Staphylococcaceae (ehemals Micrococcaceae). Einschließlich S. aureus sind augenblicklich insgesamt 45 Staphylokokken-Spezies und 24 Subspezies (EUZÉBY 2011) bekannt, deren Differenzierung anhand von physiologischen, biochemischen und molekularen Eigenschaften erfolgt (QUINN et al. 2002; SELBITZ 2007; BECKER u. PETERS 2009). Schon 1874 berichtete der deutsch-österreichische Chirurg Theodor Billroth in seinem Buch über Coccobacteria septica von kugelförmigen Mikroorganismen, die er in Eitermaterial gefunden hatte. Während er zunächst noch die Auffassung vertrat, dass diese Gebilde aus der Folge einer Wundinfektion entstanden waren, konnte 1878 Robert Koch die Erregernatur der Staphylokokken nachweisen (GRADMANN, 2005). Nur zwei Jahre später, 1880, gelang Louis Pasteur die Anzüchtung des Erregers aus klinischem Material. Noch im gleichen Jahr beschrieb der schottische Chirurg Alexander Ogston die klinische Bedeutung des Erregers und gab ihm den bis heute gültigen Namen Staphylococcus. Der Göttinger Chirurg Friedrich Julius Rosenbach unternahm 1884 die erste taxonomische Klassifizierung anhand der Koloniefarbe der Staphylokokken, in dem er Staphylococcus pyogenes aureus und Staphylococcus pyogenes albus unterschied. Erst 40 Jahre später, 1926, erkannte Johann von Darányi den Zusammenhang zwischen Koagulaseaktivität und pathogener Bedeutung (BECKERS u. PETERS 2009). CHAPMAN entwickelte 1934 den Plasmakoagulasetest und schuf so die erste Differenzierungsgrundlage von pathogenen und nicht-pathogenen Staphylokokken-Stämmen (CHAPMAN 1934). KURODA et al. publizierte 2001 die erste vollständige Gensequenz von S. aureus (KURODA et al. 2001). Gegenwärtig eröffnen molekularbiologische Verfahren wie die spa-typisierung, die SCCmec-Typisierung, die MLST-Typisierung und die Pulsfeld-Gelelektrophorese (PFGE) neue Differenzierungswege (ANON. 2009a).

LITERATUR 5 2.1.2 Morphologie und biochemische Eigenschaften Der Name Staphylococcus aureus besteht aus dem latinisierten Singular der zwei altgriechischen Wörter σταφυλή staphylé die Weintraube, und κόκκος kókkos der Kern oder das Korn, und dem lateinischen Wort aureus, golden, und umschreibt auf diese Weise einprägsam zwei phänotypische Charakteristika nämlich zum einen das Bild traubenförmig zusammengelagerter Kokken unter dem Mikroskop und zum anderen die Farbe der Gold -gelben Kolonien in der Kultur (SELBITZ 2007). S. aureus sind unbewegliche, kugelförmige, Gram-positive Bakterien mit einem Durchmesser von 0,5-1,5 µm, die sich traubenförmig, aber auch einzeln, paarweise oder unregelmäßig gelagert anordnen. Obwohl sie weder Sporen noch andere Dauerformen bilden, zeichnen sie sich durch eine hohe Tenazität aus. Sie sind ubiquitär vorkommende, fakultative Anaerobier und können noch bei Kochsalzgehalten von bis zu 10% wachsen (SELBITZ 2007). Auf Blutagar bilden S. aureus nach einer Inkubationszeit von 18 bis 24 Stunden bei 37 C weiß-gelbe, mittelgroße, feuchte Kolonien mit einer Hämolyse, die in unterschiedlicher Intensivität und mehrphasig auftreten kann (SELBITZ 2007; BECKER u. PETERS 2009). Staphylokokken besitzen im Gegensatz zu Streptokokken und Enterokokken die Fähigkeit das eisenhaltige Enzym Katalase zu bilden, welches sie vor Sauerstoffradikalen schützt. S. aureus bilden zudem das Enzym Koagulase. Dies ermöglicht eine Abgrenzung von den Koagulase-negativen Staphylokokken wie beispielsweise Staphylococcus epidermidis (BECKER u. PETERS 2009). Die Koagulase fungiert als Fibrinogenaktivator und führt zur Bildung von Fibrin, welches S. aureus zur Oberflächenanheftung nutzt (FOSTER 2002). In biochemischen Testverfahren wird die Anwesenheit beider Enzyme getestet und zur Spezies-Diagnose verwendet (KNIEHL 2006).

6 LITERATUR 2.1.3 Pathogenität und Virulenz Das pathogene Potential von S. aureus beruht auf der Produktion einer Vielzahl von Virulenz-assoziierten Toxinen und Enzymen, der Fähigkeit der Adhärenz an Epithelzellen, den antiphagozytären Eigenschaften und der Ausbildung von Resistenzen (HARTMANN 1978; FOSTER 2002; BECKERS u. PETERS 2009). Nahezu alle Stämme produzieren Hämolysine (α, β, γ und δ), Nukleasen, Proteasen, Lipasen, Hyaluronidase und Kollagenase. Die Hauptaufgabe dieser Proteine besteht aus dem Abbau von Wirtsgewebe und dessen Umwandlung in Nährstoffe für das bakterielle Wachstum. Einige Stämme produzieren zusätzlich Exoproteine, wie z.b. das Toxischer Schock Syndrom Toxin 1 (TSST-1), sowie Enterotoxine (SEA, SEB, SECn, SED, SEE, SEG, SEH, und SEI), exfoliative Toxine (ETA und ETB) und Leukozidine, welche alle hauptsächlich dazu dienen, die Immunantwort des Wirtes zu hemmen (DINGES et al. 2000). Beim Menschen können infolgedessen schlecht heilende Wundinfektionen, eitrige Prozesse, Pneumonie, Dermatitis, Osteomyelitis, Endokarditis bis hin zur Septikämie entstehen (ANON. 2000; GILLET et al. 2002; MONGKOLRATTANOTHAI et al. 2003; MORAN et al. 2006, BOUCHER et al. 2010) Beim Tier können gleichermaßen eine Fülle von pyogenen und invasiven Infektionen z.b. Mastitiden oder Arthritiden beobachtet werden (ANON. 2009a). Prädispositionierend für eine Infektion mit S. aureus wirken vor allem eine Immunsuppression jeglicher Art (z.b. durch vorherige Virusinfektion), das Vorhandensein von Fremdkörpern (z.b. Katheter oder metalllegierte Implantate), Verletzungen der Haut und Hygienemängel (ANON. 2000). Zudem kann die Aufnahme von Nahrungsmitteln, welche hochgradig mit Toxin bildenden S. aureus (Enterotoxine) kontaminiert sind, zu schweren Lebensmittelvergiftungen führen (ROSEC et al. 1997; ANON. 2000). Weitere Eigenschaften wie die hohe Tenazität gegen Trockenheit und Wärme (FOSTER 2002), die Fähigkeit Biofilme auszubilden (CRAMTON et al. 1999) und an verschiedensten Materialien insbesondere auch an hydrophoben Oberflächen wie z.b. Plastik und Edelstahl zu haften (NEELY u. MALEY 2000, EXNER u. GEBEL 2009), unterstreichen die Pathogenität des Keimes.

LITERATUR 7 Tabelle 1 dient als Überblick über die wichtigsten Virulenzfaktoren von S. aureus und deren Lokalisation, Angriffspunkt und Wirkung. Tabelle 1: Wichtige Virulenzmerkmale von S. aureus nach FOSTER 2002 Virulenzmerkmal Lokalisation Angriffspunkt Wirkung Protein A Zellwandassoziiertes Protein Fc-Stück von Immunglobulin G (IgG) Hemmung phagozytierender Zellen, Opsonierung behindert Fibronectin-bindendes Protein Zellwandassoziiertes Protein Multiadhäsionsproteine in der extrazellulären Matrix Ermöglicht die Anheftung und Kolonisierung an vielen Orten (z.b. an verletztem Gewebe, Koagula, Thromben) Kollagen-bindendes Protein Zellwandassoziiertes Protein Direkte Bindung an Kollagen Häufigste Ursache bakterieller Arthritis und Osteomyelitis Fibrinogen-bindendes Protein (Clumping Faktor A + B) Zellwandassoziiertes Protein Bindung und Aktivierung von Fibrinogen Aktivierung von Thrombozyten; Aktivierung der Gerinnungskaskade Koagulase Oberflächenassoziiertes Exotoxin Bindet an Prothrombin, bildet Staphylothrombin-Komplexe Fibrinogenaktivierung, unterstützt Oberflächenhaftung Elastin-bindendes Protein Oberflächennahes Exotoxin Bindet an Bestandteile der extrazellulären Matrix (Elastin) von elastischem Gewebe Beteiligt an Gewebshaftung Staphylokinase Extrazelluläres Protein Aktiviert eine Serin-Protease mit breitem Spektrum Fibrinolyse, erhöht das invasive Potential α-toxin β-toxin Sekretorisches Protein Sekretorisches Protein Porenbildung an der Membran von Körperzellen, Aktivierung von Zytokinen, Koagulation Sphingomyelinase, zerstört Erythrozyten, Monozyten Endothelzellschädigung, dermatonekrotische Wirkung, intravasale Koagulation Hämolyse, hämorrhagische Organveränderungen, sclerale Ödeme Leukozidin und γ-toxin (Panton-Valentine- Leukozidin) Sekretorisches Protein (2 Komponenten) Stimuliert und zerstört polymorphkernige Leukozyten, zytotoxisch Dermatonekrose Exfoliative Toxine Toxische Schock Syndrom Toxin 1 und Enterotoxine Sekretorisches Protein Sekretorisches Protein Bindung an keratohyaline Granula im Stratum granulosum Superantigene Wirkung, Bindung an MHC II, danach starke T-Zell-Aktivierung Exfoliative Dermatitis Immunosuppression, Fieber, endotoxischer Schock, Emesis, Lebensmittelvergiftung DNAse Sekretorisches Protein Nukleinsäuren Zerstörung des Erbguts Kapsel Oberflächengebundene Schleimkapsel Abwehrzellen, Gefäße Katalase Sekretorisches Protein Sauerstoffradikale Schutz der Zelle vor Abwehr, Beteiligung an Biofilmen Hemmung der Wirkung von Sauerstoffradikalen

8 LITERATUR 2.1.4 Resistenzen 2.1.4.1 Allgemein Mit der Entdeckung und Einführung des Penicillins 1928 wurde ein Meilenstein in der Bekämpfung bakterieller Infektionen (Pest, Cholera, Fleckfieber) gesetzt. Doch bereits kurz nach dessen Einsatz wurde bei verschiedenen Bakterien eine Unempfindlichkeit gegen dieses Antibiotikum beobachtet. Diese Bakterien bildeten das Penicillin-abbauende Enzym Penicillinase und waren so gegen Penicillin resistent geworden. Bei jeder Einführung eines neuen Antibiotikums ist auch immer das Phänomen der Bildung von bakteriellen Resistenzen zu finden (KAYSER 1998). Dabei versteht man unter Resistenz die Widerstandskraft eines Organismus gegen äußere meist lebensbedrohliche Umstände. Sie ist keine direkte Reaktion auf einen Einfluss, sondern entsteht durch Selektion derer, die dem äußeren Umstand zu widerstehen vermögen (KAYSER 1998). Bakterien wie S. aureus haben zudem eine sehr kurze Generationszeit und können daher einen einmal gewonnenen genetischen Vorteil sehr schnell nutzen. Die Resistenzen von Staphylokokken entstehen meist durch Mutationen oder den Erwerb von Resistenzgenen (ANON. 2000). Hospitalismuskeime, zu denen auch S. aureus gehören, unterliegen aufgrund des regelmäßigen Einsatzes von Antibiotika und Desinfektionsmitteln in Krankenhäusern, Altenheimen und anderen Pflegeeinrichtungen einem besonders hohen Selektionsdruck, der die Bildung von sogenannten Multi-resistenten Keimen fördert (ANON. 2000). Methicillin-resistente S. aureus (MRSA) gehören zu den wichtigsten Vertretern dieser nosokomialen Multi-resistenten Keime (LINDE und LEHN 2006). Seit den frühen 1960er Jahren werden MRSA beim Menschen beschrieben. Sie tragen neben der Resistenz gegen β-lactam-antibiotika eine große Anzahl weiterer Resistenzen. Das Resistenzspektrum ist dennoch nicht starr (ANON. 2009a). So konnte das Nationale Referenzzentrum für Staphylokokken anhand der untersuchten MRSA der letzten Jahre zeigen, dass Stämme die Resistenzen gegen Oxytetrazyklin, Gentamicin und Trimetoprim/Sulfonamid trugen, seit 1994 rückläufig waren. Der Anteil an Isolaten mit

LITERATUR 9 Resistenzen gegen Erythromycin, Clindamycin und Ciprofloxacin blieb hingegen gleich hoch (ANON. 2007). Die eingesendeten MRSA-Isolate reagierten gegenüber Vancomycin stets sensibel. Vancomycin wird aus diesem Grunde bei der Therapie von MRSA-Infektionen eingesetzt. Die Tatsache, dass indes sowohl Vancomycin-intermediäre MRSA (HIRAMATSU et al. 1997) als auch Vancomycin-resistente MRSA (HIRAMATSU 2001) isoliert werden, verdeutlicht wie anpassungsfähig dieser Keim ist. Nachfolgende leicht modifizierte Tabelle 2 des Robert-Koch-Institutes (2009) soll verdeutlichen welche Resistenzen gehäuft auftreten. Tabelle 2: Häufigkeiten der Resistenzen bei hamrsa nach ANON. 2009b Häufigkeit der Resistenz gegenüber weiteren Antibiotika bei hamrsa in Deutschland, basierend auf Einsendungen an das NRZ 2006 2008 Antibiotika 2006 2007 2008 % % % Oxacillin 100 100 100 Ciprofloxacin 93,8 95,8 91 Moxifloxacin - 94,4 89,6 Erythromycin 72,5 75 80,7 Clindamycin 65,4 72 73,4 Gentamicin 13,3 9,8 10,5 Oxytetrazyklin 7,4 6,8 7,3 Rifampicin 2,5 1,07 0,4 Cotrimoxazol 3,1 2 10,8 Fusidinsäure-Natrium 6,4 3,8 2 Fosfomycin 3,3 0,56 1,1 Linezolid 0,04 0,11 0,1 Tigezyklin - - 0 Daptomycin - - 0,65 Mupirocin 2,6 3,3 5,3 Vancomycin 0 0 0 Teicoplanin 0 0 0

10 LITERATUR 2.1.4.2 Mechanismen gegen β-lactam-antibiotika Zu den β-lactam-antibiotika zählen Penicilline, Cephalosporine und Carbapeneme. Ihre bakterizide Wirkung beruht auf der kovalenten Bindung von Penicillin-bindenden Proteinen (PBP) an der Zelloberfläche des Bakteriums, wodurch sowohl die Zellwandstabilität geschädigt wird als auch eine direkte Lysis der Bakterienzelle möglich ist (FREY u. LÖSCHER 2002). S. aureus stehen zwei verschiedene Resistenzmechanismen gegen β-lactam- Antibiotika zur Verfügung. Zum einen bilden sie β-lactamasen und können somit durch Spaltung des β-lactam-ringes Penicilline, Aminopenicilline und Ureidopenicilline inaktivieren. Zum anderen haben einige S. aureus-stämme die Eigenschaft der Methicillin- Resistenz durch die Aufnahme einer Kassette (Staphylococcal Cassette Chromosome mec, SCCmec) in ihre chromosomale DNA erworben. Diese Kassette enthält das meca Gen, welches für die Bildung des Penicillin-bindenden Proteins 2a (PBP2a) kodiert. Während andere PBPs an β-laktam-antibiotika binden, hat PBP2a eine viel geringere Bindungsaffinität und hebt somit die Wirkung der β-lactame einschließlich der Penicillinase-festen β-lactame wie Methicillin, Oxacillin, Cephalosporine und Carbapeneme auf (HARTMANN u. TOMASZ 1984; PINHO et al. 2001; ANON. 2009a). 2.1.4.3 Mechanismen gegen Nicht-β-Lactam-Antibiotika Zu den Nicht-β-Lactam-Antibiotika zählen Aminoglycoside, Tetracycline, Makrolide, Lincosamide, Chinolone, Glykopeptide, Sulfonamide und Trimethoprim. S. aureus verfügen über eine beachtliche Anzahl von Resistenzmechanismen gegen Nicht-β-Lactam-Antibiotika (LYON u. SKURRAY 1987). Dennoch ist das Auftreten dieser Resistenzen ständig im Wandel. So können Stämme mit einem breiten Resistenzspektrum aber auch Stämme mit nur wenigen Resistenzen gefunden werden (ANON. 2009a). Die nachfolgende Tabelle 3 soll einen Überblick über Wirkweisen einer Auswahl von Nicht-β-Lactam-Antibiotika und der dazugehörigen Resistenzmechanismen von S. aureus geben.

LITERATUR 11 Tabelle 3: Resistenzmechanismen von S.aureus Nicht-β-Lactam-Antibiotika Antibiotikum Wirkung Wirkweise Resistenzmechanismus S. aureus Literatur Aminoglycoside Gentamicin Streptomycin Kanamycin Neomycin bakterizid Bindung an 30-S Untereinheit bakterieller Ribosome Fehlerhafte Proteinsynthese Bildung von "Nonsense"- Proteinen 1. Mutation Strukturveränderung der Ribosomen verhindert die Bindung an Aminoglycosid 2. Enzymatische Veränderung des Aminoglykosids im periplasmatischen Raum Verhinderung des Transports in die Bakterienzelle 3. Punktmutation Veränderung der Porine der Zellwand Inhibition der Aufnahme des Antibiotikums LYON u. SKURRAY 1987 FREY u. LÖSCHER 2002 Tetracycline Doxycyclin Oxytetracyclin u.a. bakteriostatisch Bindung an 30-S-Untereinheit bakterieller Ribosomen Hemmung der Aminoacyl-t-RNA Bindung an die ribosomale Akzeptorstelle Hemmung der bakteriellen Proteinsynthese Plasmidübertragen 1. tet(k), tet(l) und tet(m) kodieren für ein Efflux-Pumpen-System Beförderung des AB's aus der Bakterienzelle oder: 2. für eine Strukturänderung der ribosomalen Bindungsstelle deutlich geringerer Tetrazyklinaffinität LYON u. SKURRAY 1987 FREY u. LÖSCHER 2002 KADLEC u. SCHWARZ 2010 Makrolide Erythromycin Tylosin Tilmicosin u.a. & Lincosamide Lincomycin Clindamycin Glykopeptide Vancomycin (Reserve-AB) (Einsatz bei MRSA-Infektionen) bakteriostatisch bakterizid Bindung an 50s-Untereinheit bakterieller Ribosome am Peptidyltransferase-zentrum Behinderung der Proteinsynthese Gestörte Translokation der Peptidyl-t-RNA Arretierung der Proteinsynthese hochaffine Bindung an die Acetyl- D-Alanin-D-Alanin-Endungen der Quervernetzung der Peptidoglycanmatrix der bakteriellen Zellwand Störung des Aufbau der Zellwand 1. Methylierung einer einzigen Base (meist A2058) der 23S rrna Bindungsintensität des ABs stark abgeschwächt bzw. aufgehoben 2. Efflux-Pumpen-System Beförderung des AB's aus der Bakterienzelle 3. Enzymatische Inaktivierung des Antibiotikums MRSA: Resistenz durch Gene: erm(a), erm(b), erm(c), erm(f), erm(g), erm(q), erm(y), erm(33) und erm(b) kodiert & durch Transposons übertragen, Resistenz erm(t) plasmidassoziiert MSSA: Resistenz durch Gene der erm(c)-klasse dominierend & plasmidassoziiert Vermutung: Übertragung der vana-determinante von Vancomycin-resistenten-Enterokokken (VRE) auf S. aureus Folge: Veränderung der Quervernetzung, statt Acetyl-D-Alanin-D-Alanin-Pentapeptids wird D-Alanin-D-Lactat-Depsipeptid gebildet Zellwandverdickung und Reduzierung der Affinität zu Vancomycin um den Faktor 1000 FREY u. LÖSCHER 2002 BERISIO et al. 2003 GEISS et al. 2003 KADLEC u. SCHWARZ 2010 HIRAMATSU et al. 2001 SIEVERT et al. 2008 Gyrasehemmer (Fluorchinolone) Enrofloxacin Marbofloxacin Ciprofloxacin bakterizid Hemmung des Enzyms DNA- Gyrase (Toposisomerase II) und der Topoisomerase IV Hemmung der bakteriellen Transkription und Replikation 1. Chromosomale Resistenzgene gyra, gyrb und parc Veränderung der Aminosäurenstruktur der Topoisomerasen Komplexbildung mit dem AB verhindert 2. Effluxpumpensystem Beförderung des ABs aus der Bakterienzelle (S. aureus Gen nora) NG et al. 1994 HOOPER 2002 Sulfonamide & Trimethoprim bakterizid Sulfonamide Kompetitive Verdrängung der p- Aminobenzoesöure führt zu Substratmangel für die Dihydropteroinsäure-Synthetase Trimethoprim Hemmung der Dihydrofolsäurereduktase (Affinität 1000fach höher als beim Substrat) beide Bildung von Folsäure verhindert Hemmung der bakteriellen Folsäuresynthese Sulfonamid-Resistenz: Mutation des chromosomalen dhps(folp)-gens p-aminobenzoesäure Überproduktion Trimethoprim-Resistenz: Mutation des dfra-gen auf Transposon Tn4003 kodiert, dfrk-gen: plasmidassozierte Resistenz Reduktion der Affinität von Trimetoprim GILBERT et al. 2001 KADLEC u. SCHWARZ 2010

12 LITERATUR 2.2 Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus (MRSA) MRSA gehören zu den S. aureus-stämmen, die eine Resistenz gegen alle β-lactam- Antibiotika erworben haben. Durch die Aufnahme einer mobilen Kassette (SCCmec) in ihr Genom, besitzen MRSA das meca Gen, welches für ein besonderes Penicillinbindendes Protein (PBP2a) kodiert. Die β-lactame können an dieses Protein und somit an die bakterielle Zellwand nicht mehr binden. Die bakterizide Wirkung ist dadurch aufgehoben (BERGER-BÄCHI 1999; BERGER-BÄCHI u. ROHRER 2002). MRSA unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Virulenz nicht wesentlich von Methicillinsensiblen S. aureus Stämmen (KLUYTMANS et al.1997). Vielmehr ist es die große Anzahl an Resistenzen kombiniert mit den Vertretern der aggressiveren S. aureus- Stämme, die das Gefahrenpotential steigern. Der Nachweis von MRSA erfolgt kulturell und molekularbiologisch und soll im Folgenden näher beschrieben werden. 2.2.1 Nachweismethoden 2.2.1.1 Kultureller Nachweis Für den direkten kulturellen Nachweis von Methicillin-resistenten S. aureus stehen verschiedene kulturelle Systeme zur Verfügung. Sie beruhen auf dem Einsatz von Selektivmedien, die Substanzen zur Unterdrückung der Begleitflora und zur gezielten Selektion Methicillin-resistenter Keime enthalten sowie mit einem Indikatorsystem ausgestattet sind. Untersuchungsmaterial kann dabei direkt auf ein Selektivmedium überführt werden oder aber zunächst zur Voranreicherung in eine selektive Flüssigbouillon gegeben werden und dann auf einem Selektivmedium subkultiviert werden (KNIEHL 2006). Zur weiteren phänotypischen und biochemischen Differenzierung werden MRSAverdächtige Kolonien traditionell auf Schafblutagar kultiviert. Nach einer 18 bis 24 stündigen Inkubationszeit bei 36 C ist die Kulturmorphologie von S. aureus auf Schafblutagar durch weiß bis gelb pigmentierte, mittelgroße, feuchte Kolonien mit einer Hämolyse, die in unterschiedlicher Intensivität und mehreren Phasen auftreten kann, gekennzeichnet. Eine Unterscheidung zwischen MRSA- und den übrigen

LITERATUR 13 S. aureus-kolonien ist hierbei nur über eine biochemische Testung möglich (BECKER und PETERS, 2009). 2.2.1.2 Molekularbiologischer Nachweis Der molekularbiologische Nachweis dient nicht nur der schnellen Identifizierung von MRSA sondern ermöglicht zudem Untersuchungen zu epidemiologischen Zusammenhängen wie z.b. Populationsdynamiken und Ausbreitungsmuster mittels Typisierung (FETSCH 2009). PCR-Methoden nach POULSEN et al. (2003) und nach HULETSKY et al. (2004) stehen für den schnellen molekularbiologischen Nachweis von MRSA (bzw. den Nachweis des meca Gens) zur Verfügung. Um wirksame Strategien zur Kontrolle von MRSA entwickeln zu können, sind Kenntnisse über die Epidemiologie und die molekulare Evolution erforderlich. Daher sind in den letzten Jahrzehnten einige molekularbiologische Typisierungsmethoden entwickelt worden (DEURENBERG u. STOBBERINGH 2008). Als die bedeutendsten molekularen Typisierungsmethoden sind die Multi Locus Sequenztypisierung (MLST), die spa-typisierung, die SCCmec- Typisierung sowie die Pulsfeld-Gelelektrophorese (PFGE) zu nennen (TENHAGEN et al. 2008). 2.2.1.2.1. Genotypische Identifizierung - Nachweis des meca Gens Zur genotypischen Identifizierung von MRSA steht eine Multiplex-PCR Methode zur Verfügung. Sie beruht auf der Detektion des 16S rdna Gens der Staphylokokken, des für die Methicillin-Resistenz codierenden meca Gens und des S. aureus spezifischen Nukleasegens nuc. Je nach positiv detektiertem Gen kann eine Bestätigung von MRSA (16 S, nuc, und meca positiv), MSSA (16S und nuc positiv) und Staphylococcus spp. (nur 16S positiv) erfolgen (POULSEN et al. 2003). Eine weitere Möglichkeit der genotypischen MRSA Identifizierung bietet eine real-time PCR. Hierbei wird der Nachweis des meca Gens direkt mit dem Nachweis des für S. aureus spezifischen orfx Gens verknüpft. Ein positives PCR Ergebnis bestätigt die Anwesenheit des meca Gens (Methicillin-Resistenz) und die der Spezies S. aureus (HULETZKY et al. 2004).

14 LITERATUR 2.2.1.2.2. Multi Locus Sequenztypisierung (MLST) Die MLST ist ein Verfahren zur genomischen Typisierung und basiert auf der Sequenzanalyse von sieben Gensequenzen. Dabei werden die sieben polymorphen Housekeeping Gene arcc, aroe, glpf, gmk, pta, tpi und yqil eines S. aureus-isolates jeweils einzeln in getrennten Ansätzen mittels PCR amplifiziert und sequenziert (ENRIGHT et al. 2000). Die Sequenzierung beruht auf der Aufschlüsselung der verschiedenen Allele der sieben Genloci. Jedes Isolat kann mittels seines Allelmusters einem bestimmten Sequenztyp (ST) zu geordnet werden. Beispielsweise hat der epidemische MRSA-16 Klon das MLST-Profil 2-2-2-2-3-3-2 und wird somit als ST36 definiert. Eine Internetplattform ermöglicht heutzutage einen internationalen Vergleich der Typen (www.mlst.net). Des Weiteren werden Isolate verwandten Sequenztyps mittels eines Algorithmus in klonale Gruppen (Clonal Complexes, CCs) eingeordnet (www.eburst.mlst.net). Sie gewähren einen Einblick in die Verbreitung und die molekularen Veränderungen von MRSA. Die MLST eignet sich daher vor allem bei phylogenetischen Fragestellungen. Sie ist gut reproduzierbar und besitzt ein hohes Maß an Vergleichbarkeit. Allerdings ist sie kosten-, zeit- und personalaufwändig (DEURENBERG u. STOBBERINGH 2008). 2.2.1.2.3. spa-typisierung Die spa-typisierung ist ein von FRENAY et al. (1996) entwickeltes Verfahren zur molekularbiologischen Typisierung von MRSA mittels nur einer Gensequenz, demgemäß eine Single Locus Sequenztypisierung. Das spa Gen, welches für das zellwandständige S. aureus Protein A kodiert, enthält an seinem 3 Ende die polymorphe Region X. Diese wird auch Repeat-Region genannt, da sie eine sich wiederholende Abfolge von 24 bp beinhaltet. Die Region X wird mittels PCR amplifiziert, anschließend anhand ihrer Basenabfolge sequenziert und zu einem spa- Typ zu geordnet. Die Variationsbreite des spa Gens ist auf Veränderungen der Repeat-Region durch Punktmutation, Deletion, und Duplikation zurückzuführen (SHOPSIN et al. 1999; KAHL et al. 2005; DEURENBERG u. STOBBERINGH 2008). Aktuell besteht die Möglichkeit die Software StaphType (Ridom GmbH, Würzburg, Germany) zur Analyse der Sequenzierungsergebnisse zu nutzen und in den spa-

LITERATUR 15 Server (www.spaserver.ridom.de), der gegenwärtig als Internetplattform einen internationalen Vergleich der spa-typen erlaubt, einzupflegen. Ebenso wie bei der MLST steht ein Algorithmus zur Verfügung, mit dem verwandtschaftliche Beziehungen errechnet werden können. Der Vergleich von publizierten spa-typen war in der Vergangenheit nur bedingt möglich. Der Grund dafür lag in einer uneinheitlichen Nomenklatur. Zur Einordnung der Sequenzierungsergebnisse wurden sowohl das von KOREEN et al. (2004) als auch das von HARMSEN et al. (2003) beschriebene Nomenklatur-System genutzt. Um dieser Diskrepanz entgegen zu wirken, bildete sich die SeqNet.org Initiative (www.seqnet.org). Sie verwaltet und synchronisiert die Daten des spa-servers (FRIEDRICH et al. 2006; DEURENBERG u. STOBBERINGH 2008). Die spa-typisierung hat im Vergleich zur MLST einen höheren Differenzierungsgrad. Beispielsweise lassen sich die spa-typen t011, t034, und t108 dem MLST 398 zuordnen. Zudem ist sie kostengünstiger und weniger personen- und zeitaufwändig als die MLST (DEURENBERG u. STOBBERINGH 2008). MELLMANN et al. (2008) zeigten, dass über den Algorithmus BURP (based upon repeat pattern) gebildete spa-typ-gruppen mit denen der MLST (96,5%) und denen der Pulsfeld-Gelelektrophorese (94,9%) hoch übereinstimmend waren (MELLMANN et al. 2008). 2.2.1.2.4. SCCmec-Typisierung Die SCCmec-Typisierung stellt eine weitere Typisierungsmethode von MRSA dar. Dabei wird die Struktur der mobilen SCCmec (Staphylococcal Cassette Chromosom mec) Kassette, die Träger des Methicillin-Resistenz vermittelnden meca Gens ist, mittels einiger PCR-Methoden aufgeschlüsselt und einem der verschiedenen SCCmec-Typen zugeordnet. ITO et al. (2001), OLIVEIRA u. LENCASTRE (2002), MILHEIRICO et al. (2007) sowie ZANG et al. (2005) und BOYE et al. (2007) beschreiben jeweils alle mehr oder minder verschiedene Methoden zur SCCmec- Typisierung. Ein Nachteil dieser großen Anzahl an unterschiedlichen Methoden ist die nur bedingte Vergleichbarkeit der Ergebnisse, da es zu unterschiedlichen Einordnungen in die SCCmec-Typen kommt (DEURENBERG u. STOBBERINGH

16 LITERATUR 2008; JANSEN et al. 2009; HUIJSDENS et al. 2009). Dennoch ist erkennbar, dass einige der unterschiedlichen SCCmec-Typen bestimmten MRSA-Gruppen zu geordnet werden können: SCCmec I bis III Healthcare-associated MRSA (COHN et al. 2010) SCCmec IV und V Community-associated MRSA (COHN et al. 2010) SCCmec III, IVa und V Livestock-associated MRSA (DE NEELING et al. 2007) 2.2.1.2.5. PFGE Pulsfeld-Gelelektrophorese Die Pulsfeld-Gelelektrophorese ist ein Verfahren zur Typisierung von MRSA, bei der die bakterielle, chromosomale DNA durch einen Verdauungsvorgang mittels des Restriktionsenzyms SmaI zunächst in Segmente geschnitten wird und anschließend gelelektrophoretisch aufgetrennt wird. Im Folgenden entsteht für jedes MRSA-Isolat ein spezifisches Bandenmuster. Aufgrund der hohen Diskriminationsfähigkeit und des damit verbundenen hohen Aufklärungswertes in Bezug auf epidemiologische Zusammenhänge wird die PFGE mit SmaI als Goldstandard der S. aureus- Typisierung angesehen. Leider ist sie jedoch personal-, zeit- und kostenaufwändig (FETSCH et al. 2009). Die chromosomale DNA des nutztierassoziierten MRSA ST398 lässt sich hingegen nicht mit dem Restriktionsenzym SmaI fragmentieren. Der ST398 besitzt ein Restriktionsmodifikationsenzym, welches die Zielsequenz des Enzyms SmaI methyliert. SmaI kann somit die Zielsequenz nicht mehr erkennen und infolge dessen die DNA nicht schneiden. Eine Typisierung des ST398 mittels PFGE mit SmaI ist deshalb nicht möglich. MRSA ST398 werden daher auch als NT-(non-typeable) MRSA bezeichnet (BENS et al. 2006). Inzwischen ist diese Bezeichnung nur noch bedingt gültig, da eine Typisierung des MRSA ST398 mittels PFGE unter Verwendung anderer Enzyme z.b. ApaI und Cfr9I realisierbar ist (KADLEC et al. 2009; RASSCHAERT et al. 2009). Das Enzym Cfr9I beispielsweise ist ein Neoschizomer von SmaI. Cfr9I nutzt die gleiche Zielsequenz wie SmaI, aber schneidet sie an einer anderen Position (ARGUDÍN et al. 2010a). Studien von ARGUDÍN et al. (2010) und BOSCH et al. (2010) zeigen, dass die Typisierung von MRSA ST398 mittels einer PFGE mit dem Enzym Cfr9I erfolgreich

LITERATUR 17 und hinsichtlich des epidemiologischen Wertes sehr vielversprechend ist (ARGUDÍN et al. 2010b; BOSCH et al. 2010). Ebenso konnte in Studien von KADLEC et al. (2009) und FEßLER et al. (2010) veranschaulicht werden, dass MRSA ST398 auch mittels einer PFGE mit dem Enzym ApaI typisierbar sind. 2.3 Epidemiologie von MRSA bei Mensch und Tier Methicillin-resistente S. aureus konnten erstmals 1961 in Großbritannien nachgewiesen werden (JEVONS 1961; BARBER 1964). Bereits in den 70er Jahren wurden MRSA auf den verschiedenen Kontinenten z.b. in Australien, Japan, USA und Europa nachgewiesen (DEURENBERG u. STOBBERINGH 2008). Inzwischen gehören MRSA zu den weltweit meist gefürchteten Erregern nosokomialer Infektionen (GRUNDMANN et al. 2006). Bis Anfang der 90er Jahre wurden MRSA ausschließlich mit Krankenhäusern assoziiert. Im Jahr 1993 jedoch wurde erstmals aus Westaustralien von MRSA-Isolaten berichtet, die von Patienten, die keinen Kontakt zu einem Krankenhaus hatten, isoliert wurden. Zudem unterschieden sich diese Isolate von denen, die gewöhnlich im Krankenhaus gefunden wurden. Des Weiteren konnte eine Ausbreitung dieser Isolate beobachtet werden (UDO et al. 1993). MRSA wurden daraufhin in die Gruppen healthcare-associated MRSA (hamrsa) und community-associated MRSA (camrsa) eingeordnet. Innerhalb der letzten zehn Jahre haben sich camrsa nicht nur in der Gesellschaft sondern auch im Gesundheitswesen weltweit verbreitet. Aufgrund ihrer Virulenzfaktoren sind sie im Vergleich zu hamrsa meist virulenter (CHAMBERS 2001; ETIENNE 2005; DEURENBERG u. STOBBERINGH 2008). Ebenso konnten MRSA in den letzten Jahren bei vielen Tierarten wie z.b. Pferden (WEESE et al. 2005, 2006; CUNY et al. 2006), Hunden und Katzen (BAPTISTE et al. 2005), und verschiedenen Heimtieren (WALTER et al 2008) nachgewiesen werden. In den meisten Fällen waren es jedoch Isolate, die vom Menschen auf das Tier übertragen worden waren (SMITH u. PEARSON 2010).

18 LITERATUR Eine weitere Gruppe stellen die livestock-associated MRSA (lamrsa) dar (WULF u. VOSS 2008). Diese Gruppe umfasst MRSA, die bei landwirtschaftlichen Nutztieren gefunden werden. Überwiegend findet man hier MRSA ST398, der gehäuft als nasaler Besiedler bei Schweinen vorkommt (LINDE u. LEHN 2006; DE NEELING et al. 2007; MEEMKEN et al. 2008). S. aureus sind bekannt als Verursacher von Mastitiden beim Rind, die mit hohen wirtschaftlichen Verlusten einhergehen (NICKERSON 2009). Der erste Fall von lamrsa beim Rind wurde Mitte der 70er Jahre beschrieben (DEVRIESE u. HOMMEZ 1975). NEMATI et al. und DULLWEBER berichten zudem über das Vorkommen von MRSA beim Geflügel (NEMATI et al 2008; DULLWEBER 2010). Healthcare-associated MRSA, community-associated MRSA und livestockassociated MRSA lassen sich anhand ihrer Epidemiologie, im Speziellen mittels ihres genetischen und klinischen Bildes, unterscheiden (DAUM et al. 2002; DE NEELING 2007). In Bezug auf die Gefährdung des Menschen stellt jede Gruppe für sich einen eigenen Problemkreis dar (ANON. 2009a). Die folgende Abbildung 1 zeigt die MRSA-Komplexe, deren Größe eine Schätzung des Anteils am Gesamtvorkommen ist (MEEMKEN et al. 2009). Hierbei kann allerdings kein Zusammenhang zwischen Anteilsgröße am Gesamtvorkommen und der Gefährdung des Menschen gezogen werden. Der Schluss je größer der Anteil desto problematischer ist nicht zu lässig. Abbildung 1: MRSA-Komplexe und deren geschätzte Anteilsgröße am Gesamtvolumen nach MEEMKEN et al. (2009)

LITERATUR 19 2.3.1 healthcare-associated MRSA (hamrsa) MRSA-Infektionen beim Menschen werden nun schon seit 50 Jahren beschrieben (JEVONS 1961). Dennoch hat die Bedeutung nicht etwa abgenommen, sondern zugenommen. Gerade in den letzten Jahrzehnten ist die Zahl der nosokomialen Infektionen verursacht durch MRSA in den Krankenhäusern gestiegen (KIPP et al. 2004; KLEIN et al. 2007). Datenanalysen des deutschen Krankenhausinfektions- Surveillance-System (KISS), speziell des MRSA-KISS, zeigen ebenfalls eine starke Zunahme der Gesamtinzidenz der MRSA-Fälle in den teilnehmenden Krankenhäusern über die Jahre 2004 bis 2009 (ANON. 2011). Healthcare-associated MRSA bilden die Gruppe der MRSA, die in Krankenhäusern und in den letzten Jahren hinzukommend im Bereich anderer Pflegeeinrichtungen durch Patienten erworben werden. Basierend auf folgenden Faktoren wie beispielsweise Venen- oder Harnröhrenverweilkatheter, Wunden, Antibiotikatherapie, lange Liegezeiten, mehrmalige Hospitalisierung, hohes Alter, Diabetes oder andere chronische Krankheiten, unterliegen diese Patienten einem erhöhten Risiko von MRSA besiedelt und infiziert zu werden (BAUER 2007; FRIEDRICH 2009). Zudem erhöht eine vorherige Besiedlung mit MRSA das Infektionsrisiko um den Faktor fünf bis zwanzig (KLUYTMANS et al. 1997). Patienten auf Intensivstationen gelten als besonders gefährdet an MRSA infiziert zu werden (COELLO et al. 1997). Nasenvorhof, Rachen, Achselhöhle, Perineum und Stirn-Haar-Grenze sind beliebte Kolonisationsorte von hamrsa (ANON. 2000). Dabei stammen die häufigsten Isolate vom Nasen-Rachen-Raum und von Wunden (LOWY 1998; KENNER et al. 2003). Das klinische Bild von hamrsa-infektionen wird angeführt von den Wundinfektionen gefolgt von Pneumonien, Bakteriämie/Sepsis und Harnwegsinfektionen (ANON. 2009b). Dabei wird bei Patienten mit einer MRSA-Bakteriämie eine Mortalität von bis zu 35% angenommen (WYLLIE et al. 2006; GUILARDE et al. 2006; SHURLAND et al. 2007). Das Hauptreservoir für hamrsa sind meist besiedelte oder gar infizierte Patienten (HADDADIN et al. 2000). Aber auch Pflegepersonal, Ärzte und Besucher können als Reservoir und als Überträger fungieren. Hierbei spielen häufig die Hände eine

20 LITERATUR herausragende Rolle bei der Übertragung. Inkonsequenzen im Hygienemanagement führen ebenfalls zur Verbreitung der Keime beispielsweise über nicht gründlich gereinigte und nicht desinfizierte unbelebte Gegenstände (ANON. 2000). In den letzten Jahren wurden einige klonale Linien der hamrsa sehr häufig und verbreitet nachgewiesen. Man bezeichnet sie auch als Epidemiestämme. In den Jahren 2005 bis 2008 waren dies am häufigsten Isolate des ST22 ( Barnim - Epidemiestamm), des ST225 ( Rhein-Hessen -Epidemiestamm) und des ST45 ( Berliner -Epidemiestamm) (ANON. 2009b). Zudem gehören healthcare-acquired MRSA meist zu den SCCmec Typen I bis III (COHN et al.2010). Diese sind mit einer Vielzahl von unterschiedlichen Resistenzgenen ausgestattet und lassen hamrsa zu Multi-resistenten Keimen werden (MORGAN 2008). TIEMERSMA et al. konnten mithilfe des European Antimicrobial Resistance Surveillance Systems (EARRS) zeigen, dass die MRSA-Prävalenzen von Krankenhaus zu Krankenhaus und von Land zu Land verschieden sein können. So gibt es ein deutliches Nord-Süd-Gefälle. Während die skandinavischen Länder MRSA-Anteile von < 1% aller S. aureus Isolate aufwiesen, konnten im Westen und Süden Europas Werte von >40% ermittelt werden (TIEMERSMA et al. 2004). Deutschland liegt mit einem mehr oder weniger konstanten MRSA-Anteil von 20% (+/-5) aller gefundenen S. aureus Isolate in den letzten Jahren in einem mittleren Bereich. Im Gegensatz dazu waren es 1999 nur 8% in Deutschland (http://www.rivm.nl/earss/database/). Mit einem adäquaten, systematischen Hygienemanagement, prophylaktischen Screening- und Monitoring-Methoden, konsequenter Isolation MRSA-kolonisierter bzw. -infizierter Patienten sowie umfassender Information und Schulung des Personals ist eine Reduzierung der MRSA-Belastung in den Krankenhäusern möglich (ANON. 2000).

LITERATUR 21 2.3.2 community-associated MRSA (camrsa) Eine weitere Gruppe stellen die community-associated MRSA dar. Im Gegensatz zu hamrsa erwerben Menschen camrsa in ihrer normalen Umgebung. Zudem unterliegen diese Personen keinen besonderen nosokomialen Risikofaktoren (VANDENESCH et al. 2003). Dennoch begünstigen eine eher geringe Körperhygiene, die gemeinsame Nutzung von persönlichen Dingen sowie sportliche Aktivitäten mit Körperkontakt eine Besiedlung bzw. Infektion mit camrsa (KÖCK 2010). Community-associated MRSA wurden in den letzten 10 Jahren mit steter Zunahme nachgewiesen und sind weltweit verbreitet (SPRINGER et al. 2009). Während hamrsa-infektionen eher bei älteren Menschen anzutreffen sind, werden camrsa vermehrt bei Kindern und jungen gesunden Erwachsenen isoliert (CRUM 2005). Das klinische Bild einer camrsa-infektion wird dominiert von Haut- und Weichteilinfektionen wie Furunkel bis hin zu nekrotisierender Fasciitis. Weniger häufig werden schwerwiegende nekrotisierende Pneumonien mit einer Mortalität von bis zu 75% beobachtet (GILLET et al.2002; LINDE u. LEHN 2008). Dabei spielt Panton-Valentin-Leukozidin als Mitverursacher dieser pathologischen Veränderungen eine große Rolle. Community-acquired MRSA besitzen meist den Genlocus luks-lukf, der für das Exotoxin Panton-Valentin-Leukozidin (PVL) kodiert (DUFOUR et al. 2002; WITTE et al. 2007). Durch das PVL sind camrsa potentiell virulenter als hamrsa (CHAMBERS 2001; ETIENNE 2005). NAIMI et al. gehen von 77% PVL-bildenden camrsa aus (NAIMI et al. 2003). Bei camrsa findet man vor allem die SCCmec Typen IV und V. Beide SCCmec Elemente IV und V sind kleiner als SCCmec I, II und III der hamrsa. Es wird vermutet, dass das kürzere SCCmec Element ein Grund für das schnellere Wachstum von camrsa im Vergleich zu hamrsa ist. Die SCCmec Elemente IV und V beinhalten ebenso das meca Gen, welches für die Methicillin-Resistenz kodiert, aber sie besitzen deutlich weniger Resistenzgene. Neben der Resistenz gegen alle β-laktame und Erythromycin besitzen camrsa deutlich weniger Resistenzen gegenüber Antibiotika. Infektionen sind daher leichter therapierbar (ANON. 2009b; SPRINGER et al. 2009).

22 LITERATUR In den letzten Jahren konnten in den USA camrsa mit dem PFGE-Profil USA300 (MLST8, SCCmec IV, PVL+) vermehrt bei Infektionen nachgewiesen werden. Dabei konnte eine sehr erfolgreiche Ausbreitung dieser klonalen Linie nachvollzogen werden (TENOVER u. GOERING 2009). Auch in Europa konnten Infektionen mit dem USA300 bzw. ST8 nachgewiesen werden. Allerdings überwiegen in Europa camrsa ST80 (SCCmec IV, PVL+). Ein weiteres Phänomen stellt das gehäufte Auftreten von camrsa in den skandinavischen Ländern und den Niederlanden dar, deren im Gegensatz dazu stehenden hamrsa Prävalenzen äußerst niedrig sind (WITTE et al. 2007; BARTELS et al. 2007; LARSEN et al.2007). In Deutschland wird zurzeit davon ausgegangen, dass von allen in den Laboren isolierten MRSA etwa 10% camrsa sind. Dominierend sind hierbei ST8 und ST80 (OTTER u. FRENCH 2010). 2.3.3 livestock-associated MRSA (lamrsa) Livestock-associated MRSA bilden die Gruppe der MRSA die vorrangig bei Nutztieren vorkommen. Der erste Nachweis gelang 1972 bei der Mastitis einer Kuh (DEVRIESE et al. 1972). Rinder, Schweine und Wirtschaftsgeflügel gelten mittlerweile als Reservoir für lamrsa. Eine klonale Linie, der MRSA MLST398 (kurz: ST398), konnte in den letzten Jahren weltweit bei Nutztieren nachgewiesen werden (DE NEELING et al. 2007; MEEMKEN et al. 2008; VAN DUIJKEREN et al. 2008; WAGENAAR et al. 2009; KHANNA et al. 2008; PERSOONS et al. 2009; DULLWEBER 2010). Der ST398 kann mittels PFGE mit SmaI nicht typisiert werden. Er wurde daher in der Vergangenheit auch als non-typeable MRSA bezeichnet (BENS et al. 2006). Die spa- Typen t011, t034, t108, t567, t899 und t989 u.a. sind mit dem ST398 assoziiert. Meist werden die SCCmec Elemente III, IV, IVa oder V gefunden. Während beispielsweise beim spa-typ t011 die SCCmec Elemente IV und IVa gehäuft auftreten, wird beim t108 eher SCCmec V nachgewiesen (MORGAN 2008). ST398 tritt häufig als nasaler Besiedler von Schweinen auf. Auch eine Transmission auf den Menschen gelingt (VAN LOO et al. 2007; MEEMKEN et al. 2008). Beim Menschen findet ebenfalls

LITERATUR 23 meist nur eine Besiedlung statt. Infektionen wurden bislang nur in Einzelfällen beschrieben (HUIYSDENS et al. 2006; EKKELENKAMP et al 2006, WITTE et al. 2007; ANON. 2009a). Die Erkenntnis, dass auch MRSA ST398 Isolate mit der Fähigkeit das Exotoxin Panton-Valentin-Leukozidin zu bilden, gefunden wurden, zeigt, dass dieser Stamm das Potential hat virulenter, zu werden (VAN LOO et al. 2007). Während die Mehrzahl der Wissenschaftler ST398 bei Nutztieren isolierten, konnten WAGENAAR et al. (2009) den spa-typ t899, der mit dem MRSA MLST9 (kurz: ST9) assoziiert wird, in Umgebungsstaubproben chinesischer Schweinebestände nachweisen. Sie implizierten daher, dass lamrsa nicht nur auf die klonale Linie des ST398 und dessen verschiedenen spa-typen beschränkt sind (WAGENAAR et al. 2009). Im Folgenden wird auf die drei Nutztierarten Schwein, Geflügel und Wiederkäuer sowie auf die Bedeutung von lamrsa beim Menschen näher eingegangen. 2.3.3.1 Schwein VOSS et al. beschrieben 2005, dass der Kontakt zu Schweinen ein Risikofaktor für eine Besiedlung mit MRSA darstellt. Vorangegangen war der MRSA-Nachweis bei einem sechs Monate alten Mädchen während eines präoperativen Routine- Screenings. Es konnte ein direkter Bezug zu den Eltern und zu den Schweinen des elterlichen Schweinebetriebs hergestellt werden. Die isolierten MRSA waren alle vom spa-typ t108, also ST398 (VOSS et al. 2005). Weitere Nachforschungen hinsichtlich des MRSA-Vorkommen bei Schweinen wurden begonnen und seitdem weltweit weitergeführt und publiziert (VOSS et al. 2005; HUIJSDENS et al. 2006; DE NEELING et al. 2007; DENIS et al. 2007; SERGIO et al. 2007; KHANNA et al 2007; GUARDABASSI et al. 2007; LEWIS et al. 2008; EFSA 2008; VAN DUIKEREN et al. 2008; MEEMKEN et al. 2008; SMITH et al. 2009; BATTISTI et al. 2009; WAGENAAR et al. 2009; KÖCK et al. 2009; TENHAGEN et al. 2009; NATHAUS et al. 2010; FRICK 2010; u.a.). MRSA wurden inzwischen bei Schweinen aller Produktionsstufen nachgewiesen (DENIS et al. 2007). Folgende

24 LITERATUR Tabelle 4 soll einen kurzen Überblick über einige Studien mit den jeweiligen sich ergebenen Prävalenzen geben. Es wurden jeweils Schweine mittels Nasentupfer beprobt. Auffällig ist, dass die Spanne der Angaben sehr groß ist. Sie reicht von 1% bis 80% bei den Prävalenzen auf Einzeltierbasis und von 18% bis 81% auf Herdenbasis. Dennoch zeigen alle Studien zusammen, dass das Vorkommen von MRSA beim Schwein kein Einzelfall ist, sondern ein weltweites Phänomen darstellt. Tabelle 4: Untersuchungen einiger Autoren zum MRSA-Vorkommen beim Schwein mit den daraus resultierenden Prävalenzen Autor Land Prävalenz (Einzeltier) Prävalenz (Herde) HUIJSDENS et al. 2006 Niederlande 80% / DE NEELING et al. 2007 Niederlande 39% 81% DENIS et al. 2007 Belgien 44% 68% GUARDABASSI et al. 2007 Dänemark 1% / VAN DUIJKEREN et al. 2008 Niederlande 11% 23% MEEMKEN et al. 2008 Deutschland 13% 18% LEWIS et al. 2008 Dänemark 46% 80% SMITH et al. 2009 USA 70% / BATTISTI et al. 2009 Italien / 38% KÖCK et al. 2009 Deutschland / 70% TENHAGEN et al. 2009 Deutschland 60% / Ein Vergleich der Prävalenzen ist aufgrund der unterschiedlichen Probenanzahlen und der verschiedenen Designs der Studien jedoch nur bedingt möglich. So nahmen HUIJSDENS et al. 2006 in den Niederlanden von zehn Mastschweinen Nasentupfer aber auch Rachen- und Perianaltupfer. Bei acht von zehn Schweinen konnte MRSA isoliert werden. Die Studie wurde initiiert, da die Tochter und die Ehefrau des Landwirts zuvor MRSA-positiv getestet worden waren. Die Isolate waren vom spa- Typ t108 und somit ST398 (HUIJSDENS et al. 2006). DE NEELING et al. (2007) hingegen führten eine größere Studie auf neun niederländischen Schlachthöfen durch. Sie untersuchten jeweils zehn Mastschweine von 54 Betrieben. Von den 540 Mastschweinen waren 209 MRSA-positiv. Auf Herdenebene betrachtet, hatten 44 von 54 Betrieben MRSA-positiv getestete Schweine. Dementsprechend ermittelten die Autoren eine Prävalenz auf Einzeltierbasis von 39% und auf Herdenbasis von 81% (DE NEELING et al. 2007). Im direkten Vergleich dazu konnten GUARDABASSI et al. (2007) in Dänemark bei

LITERATUR 25 100 Schlachtschweinen von drei Betrieben nur ein einziges MRSA-positives Schwein identifizieren. Die Prävalenz lag somit bei 1% (GUARDABASSI et al. 2007). VAN DUIJKEREN et al. (2008) wiederum beprobten jeweils zehn Schweine in 31 Betrieben mit unterschiedlichen Produktionsstufen. Auf Einzeltierebene berechneten sie eine Prävalenz von 11% (35/310 MRSA-positiv) und auf Herdenebene von 23% (7/31 MRSA-positiv). Die sieben MRSA-positiven Betriebe setzten sich aus drei Mastbeständen, drei Zuchtbeständen und einem geschlossenen System zusammen. Daraufhin wurden ebenfalls sechs Zuliefererbetriebe der positiven Mastbestände beprobt. Fünf von ihnen hatten ebenfalls MRSA-positive Schweine. Anhand der spa- Typen konnte ein Zusammenhang vermutet werden. VAN DUIJKEREN et al. schlossen daraus, dass MRSA auch innerhalb der Produktionskette übertragen werden können (VAN DUIJKEREN et al. 2008). Eine große Studie in Belgien von DENIS et al. (2007) zeigte, dass es Unterschiede in den Prävalenzen der Schweine verschiedenen Alters und ebenfalls hinsichtlich der verschiedenen Betriebstypen gibt. Insgesamt untersuchten sie 1500 Schweine, darunter Sauen, Absetzferkel und Mastschweine, in 50 Betrieben. Davon waren 663 (44%) Schweine und 34 (68%) Betriebe MRSA-positiv. Sauen (26%) waren weniger MRSA-positiv als Absetzferkel (41%) und Mastschweine in geschlossenen Systemen (26%) waren seltener betroffen als in reinen Mastbetrieben (71%) (DENIS et al. 2007). In Kanada (Ontario) untersuchten KHANNA et al. (2007) 285 Schweine in 20 Betrieben. Die Prävalenz der Einzeltiere lag bei 25% und die der Herden bei 45%. Die Autoren konnten im Gegenteil zu DENIS et al. keine eindeutigen Prävalenzunterschiede bei den verschiedenen Altersklassen feststellen. In einer weiteren Studie von SMITH et al. (2009) aus den USA konnte wiederum ein Zusammenhang zwischen Alter und Besiedlung der Tiere erkannt werden. Allerdings waren es hier die Absetzferkel die MRSA-positiver waren als die Endmastschweine eines Betriebes (SMITH et al. 2009). Zwei neuere Studien von NATHAUS et al. (2010) und MOODLEY et al. (2010) veranschaulichen, dass von MRSA-positiven Sauen eine direkte vertikale Übertragung auf das Ferkel möglich und wahrscheinlich ist. Während NATHAUS et al. in ihrer Intraherdenprävalenzstudie in zwei

26 LITERATUR Zuchtbetrieben den Einfluss der MRSA-positiven Sau auf das Ferkel kurz nach Geburt untersuchten, führten MOODLEY et al. hingegen eine experimentelle vaginale Kolonisation mit ST398 und ST9 bei hochtragenden Sauen durch und konnten die Ergebnisse von NATHAUS et al. bestätigen (MOODLEY et al. 2010; NATHAUS et al. 2010). Des Weiteren wurden auch retrospektive Studien anhand von porcinen, klinischen MRSA-Isolaten angefertigt. In Bayern konnten beispielsweise 20 % von 100 isolierten S. aureus Isolaten aus klinischem Untersuchungsmaterial vom Schwein als MRSA identifiziert werden (ANON. 2009a). In Niedersachsen konnten MEEMKEN et al. (2010) von 138 S.aureus Isolaten, die in den Jahren 2004 bis 2007 von veränderten Geweben bei Schweinen aus pathologisch-anatomischen Untersuchungen isoliert worden waren, je nach Jahr 30% bis 55% als MRSA identifizieren. Es konnte gezeigt werden, dass auch schon im Jahre 2004 Isolate des ST398 beim Schwein vorkamen (MEEMKEN et al. 2010). Nur wenige Studien berichten von einer Infektion mit MRSA beim Schwein. In einem Fall wurden MRSA bei einer exsudativen Dermatitis bei Ferkeln (Ferkelruß) isoliert. Da der typische Erreger Staphylococcus hyicus fehlte, schlussfolgerten die Autoren, dass eine Infektion mit MRSA ursächlich war (VAN DUIJKEREN et al. 2007). Zudem wurden Infektionen des Urogenitaltraktes, des Uterus und des Gesäuges mit dem Nachweis von MRSA in Verbindung gebracht (SCHWARZ et al. 2008). KADLEC et al. (2009) untersuchten 54 MRSA-Isolate, die von akut kranken Schweinen isoliert wurden. Die Autoren vermuten bei 17 der 54 MRSA-Isolate einen direkten kausalen Zusammenhang zwischen MRSA-Nachweis und der akuten Erkrankung der Schweine. Diese 17 MRSA-Isolate wurden bei folgenden klinischen Bildern isoliert: Hautinfektionen (n=8), Urogenitaltraktinfektionen (n=5), Septikämien (n=2), Polyserositis (n=1) und Nekrotisierende Enteritis (n=1). Die restlichen 37 MRSA- Isolate stammten von Schweinen mit respiratorischen Erkrankungen, die die Autoren als nasale Besiedler der Tiere und nicht als Krankheitsgrund ansahen. Alle untersuchten Isolate unterschieden sich nicht wesentlich hinsichtlich ihrer Genetik und ihrer Virulenz- und Resistenzmuster (KADLEC et al. 2009).

LITERATUR 27 2.3.3.2 Geflügel Bisher wurden nur wenige Studien zum Vorkommen von MRSA beim Geflügel publiziert. Das meiste Wissen über MRSA beim Geflügel stammt von Untersuchungen von Geflügelfleisch beispielsweise von DE BROER et al. (2009) und FETSCH et al. (2009) beschrieben. LEE et al. (2003) konnten in Korea MRSA aus Gelenksflüssigkeit von Geflügel mit Gelenksentzündungen isolieren. NEMATI et al. (2008) zeigten erstmals in Belgien anhand von klinischen S. aureus-isolaten, dass lamrsa ST398 auch beim Geflügel vorkommen. Es wurden klinische S. aureus-isolate, die 1971 und 1972 sowie 2006 von pathologischen Veränderungen und bei klinisch gesunden Masthähnchen aus der Kloake und der Nasenhöhle isoliert wurden, retrospektiv auf ihre Resistenzen gegen Antibiotika untersucht. Dabei fanden sie vor allem die spa-typen t011 und t567 (NEMATI et al 2008). In einer weiteren Studie aus Belgien konnten in zwei von vierzehn Betrieben MRSA identifiziert werden, welche dem spa-typ t1456 und ebenso dem MLST398 angehörten (PERSOONS et al. 2009). MULDERS et al. (2010) untersuchten in den Niederlanden 405 Hähnchen aus 40 Betrieben bei Ankunft in Schlachthöfen. Von allen Tieren konnten ca. 7% als MRSA-positiv identifiziert werden. Die Herdenprävalenz betrug 35%. Überraschend war die Tatsache, dass zwei verschiedene Multi Locus Sequenztypen ermittelt werden konnten. Dies war zum einen ST398 und zum anderen mit rund 30 % ST9 mit dem spa-typ t1430. Die Autoren schlussfolgerten daraus, dass eine generelle Assoziation zwischen MRSA vom spa-typ t1430 und Geflügel besteht (MULDERS et al. 2010). Eine neuere Studie von DULLWEBER (2010) bei Mastgeflügel zeigte in der Voruntersuchung von 20 Mastgeflügel-Betrieben mittels einer Umgebungspoolprobe, dass bei 8 von 20 Betrieben MRSA isoliert werden konnten. Die weitere Untersuchung der acht MRSA-positiv-getesteten Betriebe anhand von verschiedenen Proben der Umgebung und der Tiere (Trachealtupfer) veranschaulichte, dass die MRSA-Nachweishäufigkeit von Betrieb zu Betrieb stark schwanken kann (DULLWEBER 2010).

28 LITERATUR 2.3.3.3 Wiederkäuer Der erste MRSA Nachweis beim Nutztier gelang 1972 bei einer Milchkuh mit Mastitis (DEVRIESE et al. 1972). Nachweise dieser Art blieben bis in die letzten Jahre sporadisch. S. aureus sind bekannt als Erreger von Mastitiden beim Rind. Daher werden in Deutschland Milchproben von Rindern routinemäßige auf diese Bakterien untersucht. Bei den meisten dieser Untersuchungen waren jedoch mittels phänotypischer Resistenztestung keine Oxacillin-resistenten Staphylococcus aureus zu finden (TENHAGEN et al. 2006; WALLMANN 2006; ANON. 2009a). Auch in England konnten bei der Untersuchung von 1043 Milch- und Euterproben aus Rinderbetrieben kein MRSA Nachweis erbracht werden (MORGAN 2008). In Korea wiesen LEE et al. (2003) hingegen bei neun von zwölf Proben aus Mastitisgemelk MRSA nach. Im Jahr 2007 konnten in Ungarn ebenso MRSA (28/595 positiv) aus Milchproben subklinischer Mastitiden aus einem großen Milchviehbetrieb nachgewiesen werden. Auch ein Mitarbeiter wurde MRSA-positiv getestet. Da alle MRSA Isolate dem spa-typ t127, der mit dem ST1 assoziiert ist, angehörten, schlossen die Autoren auf die Möglichkeit einer direkten Übertragung zwischen Rindern und Menschen (JUHÁSZ-KASZANYITZKY et al. 2007). In einer belgischen Studie von VICCA et al. wurden 2008 einige Betriebe untersucht, deren Tankmilchproben zuvor einen MRSA Nachweis erbrachten. Dabei waren bis zu 15% der untersuchten Tiere in den Betrieben MRSA-positiv (VICCA et al. 2008). Ebenfalls in Belgien konnten VANDERHAEGEN et al. (2010) anhand von Milchproben aus 118 Kuhherden, die regelmäßig Probleme mit Mastitiden hatten, von allen isolierten S. aureus 9,3% MRSA nachweisen. Die Intraherdenprävalenzen hingegen betrugen bis zu 7,4%. Alle Isolate konnten dem ST398 zu geordnet werden (VANDERHAEGEN et al. 2010). In einer Studie von FEßLER et al. (2010) wurden 25 MRSA-Isolate von Rindern mit Mastitiden und zwei MRSA-Isolate von Farmarbeitern untersucht. Die Isolate konnten alle dem MLST 398 zugeordnet werden. Es wurden überwiegend die spa-typ t011 und t034 gefunden. Die Autoren stellten eine Vergleichbarkeit zu den bei Schweinen isolierten MRSA hinsichtlich ihrer Virulenz fest (FEßLER et al. 2010).

LITERATUR 29 In den Niederlanden untersuchten GRAVELAND et al. (2010) das MRSA Vorkommen bei Mastkälbern. Dabei wurden insgesamt 2151 Kälber aus 102 Betrieben untersucht. Es wurden 458 Kälber und 90 Betriebe als MRSA-positiv (ST398, t011 und t034) identifiziert. Dementsprechend konnte eine Prävalenz auf Einzeltierebene von 28% und auf Herdenebene von 88% ermittelt werden. Des Weiteren wurde ein Anstieg der Prävalenzen nach antibiotischer Behandlung der Tiere beobachtet. Ein gutes Hygienemanagement wurde mit niedrigeren Prävalenzen assoziiert. Aufgrund der ermittelten, hohen MRSA Häufigkeiten wird vermutet, dass Kälbermastbestände generell ein hohes MRSA Vorkommen aufweisen. Die Autoren untersuchten ebenso die Landwirte und Familienmitglieder der Betriebe und konnten 33% der Landwirte und 8% der Familienmitglieder MRSA-positiv testen. Die Isolate von Mensch und Tier waren genetisch identisch (GRAVELAND et al. 2010). 2.3.3.4 Bedeutung von lamrsa beim Menschen Seit dem ersten Nachweis eines MRSA ST398 bei einem Menschen in einem niederländischen Krankenhaus im Jahre 2003 wurden zahlreiche Belege für eine Übertragung zwischen Mensch und Nutztier erbracht (VOSS et al. 2005; ARMAND- LEVFEVRE et al 2005; VAN DUIJKEREN et al. 2008; VAN LOO et al. 2007). VAN LOO et al. (2007) zeigten, dass die Prävalenz des ST398 in der niederländischen Bevölkerung ab 2002 bis 2006 von 0% auf >20% anstieg und die geographische Verteilung sowie Häufung der Nachweise des ST398 beim Menschen mit denen der schweinedichteren Regionen korrespondierten. Die Autoren vermuteten, dass entsprechende Ergebnisse auch in anderen Ländern erzielt werden könnten (VAN LOO et al. 2007). KÖCK et al. konnten ebenfalls einen Anstieg der Nachweise von lamrsa von 13% in 2005 auf 22,4% in 2008 an einem deutschen Krankenhaus feststellen (KÖCK et al. 2009). Basierend auf dem Nachweis eines ST398 bei einem Kind konnten VOSS et al. 2005 den direkten Bezug zu MRSA-positiven Schweinen des elterlichen Betriebes aufzeigen und stuften den Kontakt zu Schweinen erstmals als einen Risikofaktor für

30 LITERATUR eine Besiedlung mit MRSA ein. Einige Zeit später konnten die Autoren bei dem Sohn eines Schweinetierarztes und seiner betreuenden Krankenschwester sowie anschließend bei dem Tierarzt selbst ebenfalls MRSA ST398 (t108) nachweisen. Den Autoren gelang damit die Übertragungskette und einen direkten Eintrag von lamrsa in den Krankenhausbereich zu veranschaulichen (VOSS et al. 2005). ARMAND-LEVFEVRE et al. (2005) können in Frankreich bei 57% der untersuchten Landwirte MRSA Stämme finden, die ebenfalls bei Schweinen nachgewiesen wurden. VAN DUIJKEREN et al. (2008) berichten in den Niederlanden ebenfalls über das gehäufte Vorkommen von MRSA ST398 bei Schweine haltenden Landwirten und deren Familien sowie den Schweinen. Die Autoren HUIJSDENS et al. (2006), SCHWARZ et al. (2008) sowie SMITH et al. (2008) konnten ähnliche Erkenntnisse gewinnen. WULF et al. (2007) führten eine Studie bei Tierärzten im Rahmen eines internationalen veterinärmedizinischen Kongresses durch und konnten bei 39 Personen, die aus neun Ländern stammten, lamrsa nachweisen. MEEMKEN et al. (2008) untersuchten in wie weit eine berufliche Exposition mit MRSA ST398 durch den Kontakt zu Schweinen gegeben ist. Die Autoren konnten insgesamt eine mittlere bis hohe berufliche Exposition bei Schweinetierärzten und Personen der amtlichen Fleischkontrolle feststellen (MEEMKEN et al. 2008). VAN CLEEF et al. (2010) wiesen in einer Studie, die in niederländischen Gemeinden mit hoher Schweinedichte durchgeführt wurde, bei 534 Personen ohne Kontakt zu Nutztieren eine lamrsa Prävalenz von 0,2 % und bei 49 Personen mit Kontakt zu Nutztieren eine von 26,5% nach. GRAVELAND et al. konnten ebenso bei Landwirten und deren Familienmitgliedern von Kälber haltenden Betrieben eine erhöhte lamrsa Prävalenz ermitteln (GRAVELAND et al. 2010). Insgesamt kann also von einem erhöhten Vorkommen von lamrsa bei beruflich exponierten Personen wie Landwirten, Tierärzten und anderen Personen, die im direkten Kontakt zu Nutztieren im Besonderen zu Schweinen stehen, ausgegangen werden. In der Vergangenheit wurden lamrsa beim Menschen meist als nasale Besiedler gefunden. Dennoch gibt es eine Reihe von Berichten, bei denen sie bei

LITERATUR 31 Infektionen nachgewiesen werden konnten. So berichteten WULF et al. (2007) von einem diabetischen Ulcus am Fuß eines Patienten, bei dem lamrsa isoliert wurden. SCHLIJFFELEN et al. (2010) konnten lamrsa bei einer Endokarditis nachweisen. Ebenso wie LEWIS et al. (2008) sie bei einer Sinusitis mit Bakteriämie und Multi- Organ-Versagen finden konnten. WULF et al. (2008) berichteten von einem ersten nosokomialen Ausbruch von lamrsa in einem niederländischen Krankenhaus. Livestock-associated MRSA gelten bisher als wenig virulent. Doch der vereinzelte Nachweis des Virulenzfaktors Panton-Valentine Leukozidin bei MRSA ST398 Isolaten, zeigt dass auch dieser Stamm sich hinsichtlich seiner Virulenz zum Nachteil des Menschen verändern kann (VAN LOO et al. 2007). Daher ist eine weitere Erforschung und Beobachtung dieses MRSA-Komplexes auch in Zukunft wichtig. 2.3.4 MRSA in Tierkliniken Der erste Nachweis von MRSA bei Haustieren erfolgte 1972 von OJO bei zwei von 109 gesunden Hunden in Nigeria (OJO 1972). Es handelte sich um humanassoziierte MRSA Isolate. Im Gegensatz zu den Nutztieren, bei denen hauptsächlich MRSA ST398 als Besiedler der Schleimhäute vorkommen, werden in den Tierkliniken und Tierarztpraxen meist humane MRSA (in Deutschland meist ST22, aber auch ST1, ST8, ST80, ST254, ST239) überwiegend im Zusammenhang mit Infektionsgeschehen von Haustieren aber auch als Besiedler nachgewiesen (LOEFFLER u. LLOYD 2010). Während in den 80ger Jahren bereits sporadische Berichte von MRSA Nachweisen beim Haustier hauptsächlich in humanmedizinischen Zeitschriften publiziert wurden, wurde die Veterinärmedizin erst gegen Ende der 90ger Jahre nach einer Reihe von MRSA Infektionen bei Hunden und Pferden in Großbritannien, USA und Asien aufmerksam (ANZAI et al. 1997; HARTMANN et al. 1997; TOMLIN et al. 1999; LOEFFLER u. LLOYD 2010). Seitdem konnten bei einer Vielzahl von Tierarten

32 LITERATUR MRSA nachgewiesen werden (LOEFFLER u. LLOYD 2010). Im Folgenden soll das MRSA Vorkommen von Pferden und Kleintieren näher beleuchtet werden. 2.3.4.1 Pferde Die ersten Nachweise von Methicillin-resistenten S. aureus bei Pferden wurden Ende der 1990er Jahre erbracht. Neben einer symptomlosen, nasalen Besiedlung werden MRSA beim Pferd immer wieder in Zusammenhang mit postoperativen Wundinfektionen, aber auch mit MRSA-assoziierten Erkrankungen wie Pleuropneumonien, chronischer septischer Arthritis und Dermatitis nachgewiesen (ANZAI et al. 1996; HARTMANN et al. 1997; SEGUIN et al. 1999, O MAHONY et al. 2005; CUNY et al. 2006; VAN DUIJKEREN et al. 2010). Der Großteil der isolierten MRSA sind dabei human-assoziierten Stämmen (z.b. ST254) zu zuordnen. Ebenso wurden bei Stallpersonal, Personal in Pferdekliniken und Pferdebesitzern und den jeweiligen Pferden MRSA der gleichen klonalen Linien gefunden, so dass man von einer Übertragung zwischen Pferd und Mensch ausgehen kann (SEGUIN et al. 1999; WEESE et al. 2005; O MAHONY et al. 2005). WEESE et al. (2005) untersuchten in ihrer Studie 922 Pferde und 194 Personen aus verschiedenen Tierkliniken und Zuchtbetrieben. Bei 79 Pferden und 27 Menschen konnten sie MRSA aus der Nase isolieren. Des Weiteren konnten sie bei 16% der MRSA-positiven Pferde und bei 4% der positiv getesteten Menschen klinische Symptome beobachten. Dabei wurden hauptsächlich MRSA mit dem spa-typ 7 isoliert (WEESE et al. 2005). In der Pferdeklinik der Universität Wien wurden in den Jahren 2003 bis 2005 aus Wundmaterial und Gelenkpunktaten 24 MRSA isoliert. Eine nasale Untersuchung der 43 Mitarbeiter und der 24 zum Zeitpunkt eingestallten Pferde ergab eine Besiedlung mit MRSA von zwei Tierärzten und einem Pferd. Die drei Isolate wurden als human-assoziierter MRSA ST254 identifiziert. Da die Autoren jedoch andere SCCmec Elemente fanden, als die von ST254 üblichen, schlossen sie auf eine Ausbreitung in der Pferdepopulation ohne Einfluss des Menschen (CUNY et al. 2006).

LITERATUR 33 VAN DUIJKEREN et al. (2010) untersuchten an der Pferdeklinik der Universität Utrecht in einer großangelegten Studie 259 Pferde vor Einweisung in die Klinik und während des Klinikaufenthaltes. Sie konnten zeigen, dass die Prävalenz vor Einweisung bei 9% und die der zweiten Beprobung bei 42% lag. Dies spricht für eine Übertragung von MRSA innerhalb der Klinik. Des Weiteren wurden bei 52% der zusätzlich untersuchten Umgebungsproben von Behandlungsräumen und Stallungen ebenfalls MRSA nachgewiesen. Die Isolate gehörten zunehmend dem spa-typ t011 und somit dem ST398 an. Die Haltung von Pferden mit Schweinen und Kälbern auf einem Hof könnte ein Grund für die erhöhte Prävalenz des Nutztier-assoziierten MRSA ST398 sein (VAN DUIJKEREN et al. 2010). LOEFFLER et al. (2010) untersuchten 448 Pferde davon 296 Gesunde in natürlicher Umgebung und 152 Kranke bei Vorstellung zur Behandlung. Es konnten lediglich bei den Kranken drei (2%) Pferde MRSA-positiv getestet werden. In der gleichen Studie wurde ebenfalls eine höhere Prävalenz von MRSA bei kranken Hunden und kranken Katzen festgestellt. Kranke Tiere, die im Zusammenhang mit einer veterinärmedizinischen Behandlung standen, erwiesen sich demnach öfter positiv zu sein als Gesunde (LOEFFLER et al. 2010). 2.3.4.2 Kleintiere Eine Reihe von Untersuchungen belegt das weltweite Vorkommen von MRSA beim Kleintier. Eine Auswahl dieser soll verdeutlichen, bei welchen Tierarten und welche MRSA Typen vorkommen. O MAHONY et al. (2005) konnten bei Hund, Katze, Kaninchen und Seehund MRSA nachweisen. Des Weiteren schlossen die Autoren, dass eine direkte Übertragung zwischen tierbetreuenden Personen und ihren Tieren möglich ist, da bei beiden der gleiche MRSA Typ (ST22) gefunden wurde (O MAHONY et al. 2005). WALTER et al. (2008) untersuchten in einer Studie in der Kleintierklinik der Freien Universität Berlin 869 Proben, die größtenteils von Wunden von verschiedenen Tierarten stammten. Dabei konnten sie bei Hunden (8%), Katzen (10%), Ziervögel

34 LITERATUR (2%), Kaninchen, Meerschweinchen, einem Papagei, einer Schildkröte und einer Fledermaus MRSA isolieren. Es wurden vorrangig MRSA ST22 nachgewiesen (WALTER et al. 2008). LOEFFLER et al. (2010) sehen Haustiere eher als kontaminierte Vektoren und nicht als ein wirkliches Reservoir für MRSA. Sie untersuchten insgesamt 704 Hunde und 540 Katzen. Davon waren 15 Hunde und acht Katzen MRSA-positiv (überwiegend ST22). Die Risikofaktoren Chronische Erkrankungen, Antibiotikatherapie, mehrmalige Hospitalisierung und das Vorhandensein von anderen Koagulase-positiven Staphylokokken konnten mit einem positiven MRSA-Status signifikant assoziiert werden, doch die Autoren gaben zu bedenken, dass aufgrund der geringen Anzahl MRSA-positiver Tiere die statistische Auswertung nur eine geringe Aussagekraft besitzt. Sie schlussfolgern, dass Tiere keinen besonderen nosokomialen Risikofaktoren unterliegen. Dennoch können sie bestätigen, dass Tiere, die in den veterinärmedizinischen Einrichtungen vorstellig wurden, tendenziell eine höhere MRSA Nachweisrate haben als gesunde Tiere in gewohnter Umgebung (LOEFFLER et al. 2010). Zahlreiche Studien belegen, dass eine Übertragung zwischen Haustier und seinem Menschen gelingt. Ein weiterer Hinweis dafür ist die Tatsache, dass der MRSA ST22, der zu den healthcare-acquired MRSA gehört, ebenso bei Haustieren, die meist in engem Kontakt zu ihren Menschen stehen, gefunden werden (O MAHONY et al. 2005; BOOST et al. 2007; SING et al. 2008; LOEFFLER et al. 2010).

MATERIAL UND METHODEN 35 3 MATERIAL UND METHODEN 3.1 Studienmodell Das Verbundprojekt MRSA-Problematik bei Nutztieren ist ein vom Bundesministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Verbraucherschutz gefördertes Projekt. Eingebettet in dieses Projekt beschäftigen sich zwei Teilprojekte mit dem Vorkommen von MRSA in Schweinebeständen. Diese Arbeit wurde auf der Grundlage des Teilprojektes MRSA Vorkommen bei Mastschweinen angefertigt. Projekt-übergreifend wurde ein zweistufiges Studienmodell gewählt, das aus einer Querschnittsstudie und der sich anschließenden Longitudinalstudie besteht. Diese sind ebenfalls in zwei Unterstufen unterteilt. Nachfolgende Abbildung 2 zeigt das zweistufige Studienmodell dieser Arbeit. Gesamtstudie 1. Querschnittsstudie 1.1. Umgebungsstaubprobenentnahme 1.2. Nasentupferprobenentnahme 2. Longitudinalstudie 2.1. Beprobungen Mastdurchgang I 2.2. Beprobungen Mastdurchgang II Abbildung 2: Studienmodell des Teilprojektes MRSA bei Mastschweinen 3.2 Auswahl der Bestände für die Querschnittsstudie Zur Ermittlung der Herdenprävalenz und einer groben Schätzung der Intraherdenprävalenz von MRSA in Schweinemastbeständen wurde eine Querschnittsstudie durchgeführt.

36 MATERIAL UND METHODEN Es wurden Mastbestände in den Regionen Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Ostdeutschland gesucht. Die regionale Einteilung erfolgte aufgrund von landwirtschaftlich strukturellen Unterschieden. So unterscheidet sich Niedersachsen als schweinedichte Region im Raum Weser-Ems beispielsweise von den östlichen Bundesländern. Die östlichen Bundesländer hingegen wurden als ostdeutsche Region zusammengefasst, da die dortige Schweineproduktion eher durch einzeln und weit voneinander entfernt liegende Bestände mit größeren Tierzahlen gekennzeichnet ist. Der Norden Nordrhein-Westfalens weist ebenfalls schweinedichte Bezirke auf. Aber auch die schweinedichten Regionen Niedersachsens und Nordrhein-Westfalens unterscheiden sich in ihrer Struktur. So weisen die niedersächsischen schweinedichten Bezirke tendenziell eher Mastbestände auf, während in Nordrhein-Westfalen eher Zuchtbestände zu finden sind. Die folgenden Abbildungen (Abbildung 3 und Abbildung 4) zeigen jeweils eine Deutschlandkarte: die linke Abbildung (nach H. Bäurle 2006) stellt die deutschlandweite Schweinedichte dar. Demgegenüber soll die rechte Abbildung (modifiziert, www.landkarte - direkt.de), die geographische Lage von zwölf Studienbeständen, die für eine Intraherdenprävalenzschätzung in den Regionen ausgewählt wurden veranschaulichen. Abbildung 3: Schweinedichte Deutschlands nach Bäurle (2006) Abbildung 4: Ausgewählte Mastbestände

MATERIAL UND METHODEN 37 Untersuchungsschritte der Querschnittsstudie: Im ersten Schritt wurden Mastbestände innerhalb der Regionen mit Hilfe der Außenstelle für Epidemiologie Bakum der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover ausfindig gemacht und jeweils mittels einer Umgebungsstaubprobe beprobt, welche im selektiven Anreicherungsverfahren auf MRSA untersucht wurde. Dies erlaubte eine erste Einteilung der Bestände in die Gruppen MRSA-positiv und MRSA-negativ definiert bezogen auf die Staubprobe. Im zweiten Schritt wurden aus diesem geschaffenen Bestandspool vier Bestände pro Region mit möglichst unterschiedlichen Organisationsformen ausgewählt und mittels Nasentupferproben von 60 Schweinen beprobt. Des Weiteren wurde angestrebt pro Region ein Bestand mit Ferkeln aus eigener Aufzucht, ein Bestand mit Ferkeln aus nur einer Herkunft, ein Bestand mit Ferkeln mehrerer Herkünfte aber getrennter Haltung und ein Bestand mit völliger Durchmischung von Ferkeln aus vielen Herkünften in einem Abteil auszuwählen. Die 60 Nasenabstriche wurden nach dem Zufallsprinzip von eingestallten Tieren eines unbestimmten, laufenden Mastdurchganges entnommen und auf MRSA in einem zweistufigen Verfahren wie folgt untersucht: 1. Untersuchung von zwölf Nasenabstrichen auf MRSA im Einzelansatz im Anreicherungsverfahren 2. Untersuchungen der restlichen 48 Nasenabstriche in insgesamt zwölf Pools à vier Tupfer auf MRSA im Anreicherungsverfahren Dieses zweistufige Verfahren wurde ausgewählt, da es zum einen die Schätzung der Intraherdenprävalenz eines Bestandes durch die im Einzelansatz untersuchten zwölf Nasenabstriche zulässt und zum anderen die Einordnung eines Bestandes in einen MRSA-negativ definierten Status durch das Untersuchen der übrigen 48 Tupfer in zwölf Poolproben ermöglicht.

38 MATERIAL UND METHODEN Ein Bestand wurde als MRSA-negativ definiert, wenn die Staubprobe und die insgesamt 60 untersuchten Nasenabstriche ein MRSA-negatives Ergebnis aufwiesen. Alle zwölf im zweiten Schritt der Querschnittsstudie untersuchten Bestände wurden für eine weitere Untersuchung in der sich anschließenden Longitudinalstudie ausgewählt. 3.3 Auswahl der Bestände für die Longitudinalstudie Für die Longitudinalstudie wurden zwölf Mastbestände (Abbildung 4), je vier Bestände pro Region, ausgewählt, die im Folgenden näher beschrieben werden. 3.3.1 Niedersachsen Bestand 1: Der Mastbestand 1 liegt im süd-westlichen Niedersachsen im Landkreis Emsland. Der Landwirt bezieht seine Mastläufer aus einer Herkunft. Auf dem Hof sind zwei Mastställe vorhanden. Der größere Maststall stand für die Longitudinalstudie zur Verfügung. Die Gesamtkapazität liegt bei 856 Mastplätzen. Des Weiteren betreibt der Landwirt in etwa 500 m Luftlinie zu den Schweineställen entfernt drei Masthähnchenställe. Bestand 2: Der Mastbestand 2 liegt im oldenburgischen Münsterland im Landkreis Vechta. Es handelt sich hierbei um ein geschlossenes System. Die Mastläufer stammen aus der eigenen Sauenanlage, die jedoch außerhalb der Hofanlage liegt. Der Bestand ist im Laufe der Jahre gewachsen und weist daher unterschiedliche Stallungen auf. Die Gesamtkapazität aller Mastställe auf der Hofanlage liegt bei 680 Mastplätzen.

MATERIAL UND METHODEN 39 Bestand 3: Der Mastbestand 3 liegt im süd-westlichen Niedersachsen im Landkreis Emsland an der Grenze zur Grafschaft Bentheim. Der Landwirt bezieht seine Mastläufer aus zwei Herkünften. Die Läufer werden durchmischt eingestallt. Die Gesamtkapazität liegt bei 650 Mastplätzen. Zudem werden auf der Hofanlage Mastbullen gehalten. Ebenfalls zum Hof gehörig sind die zwei in ca. 600 m Luftlinie liegenden Masthähnchenställe. Bestand 4: Der Mastbestand 4 liegt im nord-westlichen Niedersachsen in der Gemeinde Saterland. Der Mäster bezieht seine Mastläufer von verschiedenen Herkünften. Die Läufer werden getrennt eingestallt. Die Gesamtkapazität des Stalles liegt bei 1033 Mastplätzen. Auf dem Hof werden auch Rinder gehalten. 3.3.2 Nordrhein-Westfalen Bestand 5: Der Mastbestand 5 liegt im mittleren-östlichen Nordrhein-Westfalen im Kreis Soest in der Gemeinde Anröchte. Der Landwirt bezieht seine Mastläufer aus drei Herkünften. Die Gesamtkapazität liegt bei 1900 Mastplätzen. Die Hofanlage befindet sich in Alleinlage und ist von Feldern umringt. Das Trinkwassersystem der Mastschweine beinhaltet ein Bioresonanzsystem, welches nach dem Prinzip der Vertreibung von Bakterien mittels Schwingungserzeugung arbeitet. Bestand 6: Der Mastbestand 6 liegt im östlichen Teil von Nordrhein-Westfalen im Kreis Höxter. Der Landwirt bezieht seine Mastläufer aus einer Herkunft mit spf-system und nimmt am Westfalen-Pass einem Gesundheitszertifikatssystem teil. Der freistehende (r= 500 m) alte Gutshof umfasst ältere Schweineställe sowie einen 2010 neugebauten Stall. Insgesamt umfasst der Hof eine Gesamtkapazität von 840 Mastplätzen. Die Erstbelegung des neuen Stalles wurde in die Longitudinalstudie miteinbezogen.

40 MATERIAL UND METHODEN Bestand 7: Der Mastbestand 7 liegt im westlichen Teil von Nordrhein-Westfalen am Rande des Ruhrgebiets im Kreis Wesel. Der Landwirt bezieht die Mastläufer aus eigener Herkunft. Der Abferkelstall liegt auf dem ursprünglichen Hofgelände. Maststall, Wartestall, Deckzentrum und Ferkelaufzucht des geschlossenen Systems liegen zusammen auf einem anderen Areal. Die Gesamtkapazität umfasst 450 Mastplätze. Bestand 8: Der Mastbestand 8 liegt im mittleren-östlichen Nordrhein-Westfalen im Kreis Soest nahe der Stadt Werl. Der Landwirt bezieht seine Mastläufer aus einem Ferkelaufzuchtstall, der von drei verschiedenen Landwirten zeitgleich beliefert wird. Eine Besonderheit stellt die Vormast der Läufer für vier Wochen in einem 20 bis 30 Jahre alten Stall mit Holzbalkendecke dar. Anschließend erfolgt die Umstallung der Tiere in den eigentlichen Maststall. Während der gesamten Mastphase werden nur Einzeltierbehandlungen vorgenommen. Ein Medikamenteneinsatz, der die gesamte Tiergruppe umfasst, findet in der Regel nicht statt. Insgesamt umfasst die Hofanlage 1300 Schweinemastplätze. Des Weiteren wird auf dem Familienbetrieb eine Bullenmast betrieben. 3.3.3 Ostdeutschland Bestand 9: Der Mastbestand 9 liegt im nördlichen Mecklenburg-Vorpommern im Landkreis Güstrow. Der Landwirt bezieht seine Mastläufer aus einer Herkunft. Die Gesamtkapazität liegt bei 4000 Mastplätzen. Neben den zwei Schweineställen, die 2007 und 2010 neugebaut wurden sind, umfasst die Hofanlage ebenso eine Biogasanlage, die in direkter Nachbarschaft zu den Schweineställen liegt, sowie zwei Hähnchenmastställe und zwei Putenmastställe. Im Umkreis von 10 km befinden sich keine weiteren Stallanlagen, so dass man von einer Alleinlage sprechen kann.

MATERIAL UND METHODEN 41 Bestand 10: Der Mastbestand 10 liegt im nördlichen Brandenburg im Kreis Ost-Prignitz-Ruppin. Der Landwirt bezieht seine Mastläufer aus eigener Herkunft. Die Sauenanlage liegt jedoch an einem anderen Standort. Die Gesamtkapazität liegt bei 4300 Mastplätzen. Der Hof liegt in Alleinlage von Feldern umringt. Im Umkreis von ca. 1 km gibt es eine Kläranlage. Bestand 11: Der Mastbestand 11 liegt im südlichen Mecklenburg-Vorpommern im Landkreis Müritz. Die Landwirtin bezieht ihre Mastläufer aus der eigenen Sauenanlage, die jedoch an einem anderen Standort 3 km entfernt gelegen ist. Die Gesamtkapazität liegt bei 1800 Mastplätzen. Im Umkreis von 1 km werden Rinder, Schweine und Pferde gehalten. Bestand 12: Der Mastbestand 12 liegt im nördlichen Brandenburg im Landkreis Prignitz. Der Landwirt bezieht seine Mastläufer aus eigener Herkunft. Es handelt sich um ein geschlossenes System, in dem Zuchteber und Jungsauen vermehrt und aufgezogen werden. Schweine, die für die Aufzucht nicht geeignet sind, werden in den hofeigenen Mastställen gemästet. Die Gesamtkapazität liegt bei 2500 Mastplätzen. Auf dem Hofgelände wird ebenfalls eine Biogasanlage betrieben. Der Hof befindet sich in Ortsrandlage und ist von Wald umgeben. 3.4 Fragebogen Es wurde ein umfangreicher Fragebogen (modifiziert nach Vonnahme 2005) erstellt, der alle wichtigen bestandspezifischen Charakteristika wie z.b. Stalleinrichtungen, Reinigung, Fütterung sowie die sich wiederholenden, routinemäßig durchgeführten Behandlungen wie z.b. Impfungen abfragt. Ein Musterfragebogen ist im Anhang zu finden. Dieser wurde Projekt-übergreifend genutzt und enthält daher auch die Fragenoptionen für Zuchtbetriebe.

42 MATERIAL UND METHODEN 3.5 Untersuchungsschema Longitudinalstudie Das Untersuchungsschema der Longitudinalstudie ist zweistufig aufgebaut. Erster Mastdurchgang Maßnahmen Zweiter Mastdurchgang Abbildung 5: Untersuchungsmodell Innerhalb eines Mastdurchganges wurden zwölf Schweine an vier Beprobungsterminen (Tabelle 5) nasal beprobt. Dazu wurden in den ausgewählten Beständen bei der Anlieferung der Mastläufer eines neuen Mastdurchganges zwölf Läufer nach dem Zufallsprinzip ausgewählt und mit fortlaufend nummerierten Ohrmarken (Primaflex Ohrmarken (Größe 0), 006-002, Caisley International GmbH, Bocholt) markiert. Im Anschluss daran wurden die Tiere jeweils mittels eines Nasentupfer (Transporttupfer in Amies Agar Gel, Nr. TS 0001 A, steril, Fa. Oxoid, Wesel) beprobt. Diese nasale Beprobung wurde nach zwei Wochen, nach sechs Wochen und am Ende der Mast wiederholt. Des Weiteren wurden ein Sockentupfer an allen vier Beprobungsterminen und eine Umgebungsstaubprobe vor der Einstallung im gereinigten und desinfizierten Stall und am Ende der Mast im belegten Stall entnommen und auf MRSA untersucht. Gegen Ende des ersten beprobten Mastdurchganges wurde in Anlehnung an die Bestands- und Managementspezifika und der zuvor gewonnen Ergebnisse im ersten Mastdurchgang ein bestandsspezifischer Maßnahmenkatalog erarbeitet. Dieser für jeden Bestand individuelle Maßnahmenkatalog wurde mit den Landwirten und dem tierbetreuenden Personal besprochen und die tatsächliche Erfüllung der Maßnahmen soweit möglich kontrolliert. Es folgte die Untersuchung des zweiten Mastdurchganges nach gleichem Beprobungsprinzip (Tabelle 5). Tabelle 5: Beprobungstermine innerhalb beider Mastdurchgänge Nasentupfer Umgebungsstaub Sockentupfer Bei der Einstallung X X X Nach 2 Wochen X - X Nach 6 Wochen X - X Ende der Mast X X X

MATERIAL UND METHODEN 43 3.6 Probenentnahme und Transport Die Probenentnahme von Nasentupfer-, Staub- und Sockentupferproben und deren Verbleib bis zur Untersuchung im Labor sollen im Folgenden beschrieben werden. 3.6.1 Nasentupferprobe Je nach Verhalten der zu beprobenden Schweine, sehr neugierig bis sehr ängstlich, war zunächst eine Fixation der Tiere notwendig. Diese erfolgte entweder durch Festhalten der Tiere oder durch Raumbegrenzung mittels eines bestandseigenen Treibbrettes. Bei sehr zutraulichen Tieren wurde keine Fixation angewandt. Bei der Tupferprobenentnahme wurden Einmalhandschuhe (NOBA Verbandsmittel Danz GmbH & Co KG, Wetter) getragen. Die Beprobung der Schweine wurde mit trockenen Tupfern (Transporttupfer in Amies Agar Gel, Nr. TS 0001 A, steril, Oxoid, Wesel) durchgeführt. Dazu wurde der Tupfer ca. 2 cm tief in ein Nasenloch eingeführt und eine komplette Runde abgestrichen. Bei anderweitigem Kontakt des Tupfers zu z.b. Rüsselscheibe, Haut, Maul etc. wurde der Tupfer verworfen und eine neue Beprobung angeschlossen. Nach Entnahme eines Nasenabstriches wurde der Tupfer in das Transportmedium verbracht. Die Tupfer, die im Zuge der Longitudinalstudie entnommen wurden, wurden mit der jeweiligen Ohrmarkennummer des Tieres beschriftet. Die nachfolgenden Abbildungen (Abbildung 6 und Abbildung 7) zeigen jeweils eine Nasentupferprobenentnahme ohne Fixation des Tieres. Abbildung 6: Nasentupferprobenentnahme ohne Fixation des Tieres Abbildung 7: Nasentupferprobenentnahme seitlich ohne Fixation des Tieres

44 MATERIAL UND METHODEN 3.6.2 Staubproben Die Staubprobenentnahme erfolgte in Anlehnung an die Entscheidung der Europäischen Kommission 2008/55/EG. Bei der Entnahme wurden Einmalhandschuhe (NOBA Verbandsmittel Danz GmbH & Co KG, Wetter) getragen. Es wurde auf einer Fläche von 500 cm² mit Hilfe eines autoklavierten Pinsels (GO/ON Lasurpinsel, 9682205, Handelsgesellschaft für Baustoffe GmbH & co. KG, Lohne) an fünf verschiedenen Lokalisationen im Stall Staub in ein steriles Kotröhrchen (Universalprobengefäß mit Löffel, PP 12ml, braun, steril, Nr. 080026004, nerbe plus GmbH, Winsen-Luhe) gesammelt. Zudem wurde darauf geachtet, mindestens die Hälfte des Röhrchens mit Staub zu füllen. Dabei galt es Staub aus der tiernahen Umgebung beispielsweise von den Buchtenwänden zu gewinnen. Wenn nicht genug Staub vorhanden war, welches vor allem vor der Einstallung der Tiere im gereinigten und desinfizierten Stall die Regel war, wurde auch Staub von Lüftungen, Leitungen und sonstigen Flächen gewonnen. Bei diesen Ausnahmen konnte nicht immer die Anforderung an die zu sammelnde Staubmenge eingehalten werden. Abbildung 8: Staubprobenentnahme 3.6.3 Sockentupfer Für die Sockentupferprobenentnahme wurden trockene Sockentupfer (PP - 16 - Schuhschutz, weiß, aus PP Fließstoff, finnimport GmbH, Hamburg) benutzt, die zuvor im Labor einzeln in Plastiktüten verbracht und im Anschluss sterilisiert wurden. Während des gesamten Vorganges wurden Einmalhandschuhe (NOBA Verbandsmittel Danz GmbH & Co KG, Wetter) getragen. Die trockenen Sockentupfer wurden im Eingangsbereich des zu beprobenden Stallabteils über einen Abbildung 9: Sockentupferprobenentnahme zuvor angelegten Einwegstiefelüberzieher (PE Stiefelüberzug, HELE GmbH, Heilbronn) gezogen. So präpariert (Abbildung 9) wurde der gesamte Stallgang

MATERIAL UND METHODEN 45 vollständig hin und zurück bis zum Ausgangspunkt abgeschritten. Am Endpunkt wurde der Sockentupfer über links ausgezogen und in einen Stomacherbeutel (Stomacher lab system, BA 6041/CLR closure bags, Seward Ltd., West Sussex) überführt. Dieser wurde mit dem Probenschlüssel (Bestandsnummer, Kürzel M für Mast, Beprobungsnummer und dem Kürzel ST für Sockentupfer) und dem Probenahmedatum beschriftet. 3.6.4 Transport Die Aufbewahrung der Proben während des Transportes zum Labor erfolgte bei trockenen Proben wie Staubproben und Sockentupfer ungekühlt und bei feuchten Proben wie den Nasentupfern gekühlt. Die Aufbewahrungsdauer bis zur Untersuchung der Proben wurde wie folgt festgelegt: trockene Proben (Staub- und Sockentupferproben) maximal 10 Tage feuchte Proben (Nasentupferproben) maximal 72 Stunden bei +4 C In Praxi wurde auch mit der Untersuchung der Staubproben innerhalb von 72 Stunden begonnen. Die Sockentupfer wurden ohne Verzug ungekühlt nach den Vorschriften für Gefahrgutversand UN 3373 zur Untersuchung zum Chemischen und Veterinäruntersuchungsamt Ostwestfalen-Lippe CVUA nach Detmold versendet. 3.7 Kultureller Nachweis In Abstimmung mit dem Bundesinstitut für Risikobewertung in Berlin und präziser dem Nationalen Referenzlabor für Koagulase-positive Staphylokokken inklusive S. aureus wurden die folgenden Nachweismethoden in Anlehnung an die EU- Grundlagenstudie (Entscheidung 2008/55/EG Anhang 1, Teil C Nr. 2.3) zur Untersuchung der Proben auf MRSA ausgewählt. Hierbei galt es ein Verfahren auszuwählen, dass die meist hochgradig vorhandene, vielfältige Keimflora in Staub und Nase berücksichtigt und gleichzeitig einen adäquaten Nachweis von MRSA ermöglicht. Dieses wurde mit einem selektiven Anreicherungsverfahren mit Anzucht, Isolierung und biochemischer Differenzierung von MRSA erzielt.

46 MATERIAL UND METHODEN 3.7.1 Selektives Anreicherungsverfahren Das selektive Anreicherungsverfahren umfasst zwei Flüssiganreicherungskulturen und eine Nährbodenkultur. Flüssiganreicherungskulturen: Müller-Hinton-Bouillon (Oxoid, Wesel) mit einer Kochsalzkonzentration von 6,5% NaCl (Merck, Darmstadt) Trypton-Soja-Bouillon (CASO-Bouillon, Merck, Darmstadt) mit Zusatz von 3,5 mg/l Cefoxitin (Sigma, Taufkirchen) und 75 mg/l Aztreonam (Sigma, Taufkirchen) Nährbodenkultur: Selektivagarplatte mit Indikatorsystem, die CHROMagar TM MRSA Fertigplatte (Mast Diagnostika, Reinfeld) 3.7.1.1 Voranreicherung In der ersten Stufe des selektiven Anreicherungsverfahrens wurden die Proben in eine Müller-Hinton-Bouillon mit einer Kochsalzkonzentration von 6,5% NaCl verbracht und über 24 Stunden bei 37 C aerob inkubiert. Die jeweiligen Probengefäße wurden mit der entsprechenden Probennummer versehen. Abbildung 10: Probenansatz Müller-Hinton-Bouillon Nasentupfer Dazu wurden die Nasentupfer jeweils in ein Reagenzröhrchen mit 10 ml Müller- Hinton-Bouillon (+ 6,5% NaCl) überführt. Der Tupfergriff wurde über die Kante des Reagenzglases gebogen und abgetrennt. Anschließend wurde das Reagenzglas mit einer Verschlusskappe versehen (Abbildung 10) Staubproben Staubproben wurden zunächst mittels einer Pufferlösung aufbereitet. Hierzu wurden 0,1 g Staub abgewogen, in ein Röhrchen (Universalprobengefäß, nerbe plus GmbH,

MATERIAL UND METHODEN 47 Winsen-Luhe) mit 10 ml PBS-TWEEN 20 (eigene Herstellung, siehe Anhang) überführt. Das geschlossene Röhrchen wurde nun 30 Minuten bei Zimmertemperatur auf den Rollenmischer gelegt und anschließend 4 Minuten kräftig vorgetextet (Vortexter, VWR International, Darmstadt). Von einer so präparierten Probe wurde nun 1 ml in ein Reagenzglas mit 9 ml Müller-Hinton-Bouillon (+ 6,5% NaCl) mit einer Einkanalpipette (Eppendorf Research variabel, Hamburg) pipettiert. Das Reagenzglas wurde daraufhin mit einer Verschlusskappe verschlossen. Das Pipettieren erfolgte unter einer Lamina Flow Werkbank. Sockentupfer Die Untersuchung der Sockentupfer auf MRSA erfolgte im CVUA Detmold. Für den ersten Schritt der Anreicherung der Sockentupferprobe wurden 25 ml Müller- Hinton-Bouillon (+ 6,5% NaCl) in den Stomacherbeutel, in dem sich der Sockentupfer seit Entnahme befand, gegossen und im Anschluss bei hoher Geschwindigkeit für zwei Minuten gestomachert. 3.7.1.2 Selektivanreicherung In der zweiten Stufe des selektiven Anreicherungsverfahrens wird ein Teil der Voranreicherung in eine Trypton-Soja-Bouillon, die mit 75mg/l Aztreonam und 3,5mg/l Cefoxitin supplementiert wurde, überführt und daraufhin 17 Stunden bei 37 C aerob inkubiert (Abbildung 11). Abbildung 11: Probenansatz Trypton-Soja-Bouillon Staub- und Nasentupferproben Von der Voranreicherung der Staub- und Nasentupferproben wurden je 1 ml des Probenansatzes zu 9 ml Trypton-Soja-Bouillon (+ Aztreonam, Cefoxitin) pipettiert. Sockentupfer Von der Voranreicherung der Sockentupfer wurden 2,5 ml des Probenansatzes zu 22,5 ml Trypton-Soja-Bouillon (+Aztreonam, Cefoxitin) pipettiert.

48 MATERIAL UND METHODEN 3.7.1.3 Selektivagar In der dritten Stufe des selektiven Anreicherungsverfahrens wurde jeweils eine Öse der Selektivanreicherung auf einem Selektivnährboden, einer CHROMagar TM MRSA Fertigplatte (Mast Diagnostika, Reinfeld), im Drei-Ösen-Ausstrich ausgestrichen. Dies erfolgte bei Staub-, Nasen- und Sockentupferprobe gleichermaßen. Die Inkubation erfolgte unter aeroben Bedingungen für 24 Stunden bei 37 C. 3.7.2 Anzucht und Isolierung Nach einer Inkubationszeit von 24 Stunden wurde der Selektivchromagar abgelesen. MRSA-verdächtige Kolonien zeigen sich, wie in der nachfolgenden Abbildung 12 zu sehen, als malvenfarbene Kolonien. Es wurden fünf MRSA-verdächtige, malvenfarbene Kolonien pro Selektivchromagar ausgewählt und jeweils auf einer Blutagarplatte (Heipha, Eppelheim) im Drei- Ösen-Ausstrich isoliert. Die Inkubation der Blutagarplatte erfolgte aerob im Brutschrank für 24 Stunden bei 37 C. Abbildung 12: Malvenfarbene MRSA Kolonien auf Selektivchromagar Die Kulturmorphologie von S. aureus auf Blutagar ist durch weiß-gelbe, mittelgroße, feuchte Kolonien (Abbildung 13) mit einer Hämolyse, die in unterschiedlicher Intensivität auftreten kann, gekennzeichnet. Wurden bei der Auswertung einer Blutagarplatte dementsprechende verdächtige Kolonien identifiziert, so schloss sich eine weitere biochemische Differenzierung an. Abbildung 13: Weiß-gelbe MRSA Kolonien auf Blutagar

MATERIAL UND METHODEN 49 3.7.3 Biochemische Differenzierung Zur weiteren Bestätigung der verdächtigen Kolonien wurde jedes Isolat mittels Katalase-, Oxidase- und Koagulase-Test biochemisch differenziert. 3.7.3.1 Katalase-Test Der Katalase-Test ermöglicht eine Differenzierung zwischen Katalase-positiven Staphylokokken und Katalase-negativen Streptokokken. Eine MRSA-verdächtige Kolonie wurde hierzu mittels einer Öse in einen Tropfen 3%iger Wasserstoffperoxidlösung (Merck, Darmstadt), der zuvor auf einen Objektträger gegeben wurde, kurz eingetaucht. Bei positiver Reaktion waren direktes Sprudeln und Blasenbildung zu beobachten. Setzte kein Sprudeln ein, war die Reaktion als negativ zu bewerten. 3.7.3.2 Oxidase-Test Der Oxidase-Test ist ein schnelles biochemisches Verfahren zum Nachweis des Enzyms Cytochrom C Oxidase. S. aureus sind Oxidase-negativ. Eine MRSA-verdächtige Kolonie wurde mittels Öse auf ein Oxidase-Reagenz (eigene Herstellung, siehe Anhang) getränktes Filterpapier, welches zuvor auf einen Objektträger gelegt wurde, gerieben. Bei positiver Reaktion färbte sich das zuvor farblose Reagenz im Filterpapier intensiv blau. Als negativ wurde die Reaktion angesehen, wenn kein Farbumschlag zu beobachten war. 3.7.3.3 Koagulase-Test Die Koagulase-Reaktion erlaubt eine Differenzierung zwischen den Koagulasepositiven S. aureus und Koagulase-negativen Staphylokokken wie beispielsweise Staphylococcus epidermidis. Zwei bis drei MRSA-verdächtige Kolonien wurden in ein mit 300 µl Kaninchenplasma (BBL Coagulase Plasma, Becton Dickinson GmbH, Heidelberg) gefülltes Reaktionsgefäß (1,5 ml Eppendorf, Hamburg) mittels einer Öse überführt und vermischt. Anschließend folgte eine Inkubation im Brutschrank bei 37 C für vier Stunden. Bei positiver Reaktion koagulierte das Kaninchenplasma. Konnte nach

50 MATERIAL UND METHODEN einer weiteren Inkubation von vier Stunden bei 37 C keine Koagulierung des Kaninchenplasmas festgestellt werden, galt die Probe als Koagulase-negativ zu bewerten. Bei zweifelhaften Fällen wurde der Test wiederholt. 3.8 Kryokonservierung Alle ermittelten MRSA-Stämme wurden kryokonserviert. Hierzu wurden die Reinkulturen mittels Öse in die Cryobank-Röhrchen (Mast Diagnostika, Reinfeld) überführt und bei -70 C aufbewahrt. 3.9 Molekularbiologischer Nachweis Der genotypische Nachweis von Stämmen bietet nicht nur eine weitere Möglichkeit zur Identifizierung und Bestätigung von Bakterienspezies, sondern fungiert speziell auch im Falle von MRSA als ein weiteres Werkzeug der epidemiologischen Forschung. 3.9.1 Bestätigung mittels PCR Die molekularbiologische Bestätigung der isolierten MRSA-Stämme erfolgte in der Außenstelle für Epidemiologie Bakum der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover mittels Multiplex-PCR. Die Methode nach POULSEN et al. (2003) diente als Grundlage der MRSA- Bestätigungs-PCR. Zielgene sind das nuc Gen (spezifisch für S. aureus) sowie das meca Gen (spezifisch für Methicillin-Resistenz). 3.9.1.1 Manuelle Extraktion genomischer DNA aus Bakterienkultur Drei Kolonien eines zu bestätigenden MRSA-Isolates wurden zunächst in ein Reaktionsgefäß (1,5 ml; Eppendorf, Hamburg) mit 1 ml Tris-EDTA-Puffer (eigene Herstellung, siehe Anhang) überführt, kurz gevortext und für 10 Minuten bei 20.000 g zentrifugiert. Der Überstand wurde verworfen. Die Resuspendierung des Pellets erfolgte durch Zugabe von 500 µl Lysispuffer Tris-HCL ph 8,5 (eigene Herstellung,

MATERIAL UND METHODEN 51 siehe Anhang). Die jeweils so vorbereiteten Proben wurden mit dem Vortexter (VWR International, Darmstadt) geschüttelt und anschließend auf dem Thermomixer (Eppendorf, Hamburg) eine Stunde bei 60 C und 15 min bei 95 C inkubiert. Der auf diese Weise gewonnene DNA-Extrakt (Template-DNA) wurde sofort weiterverarbeitet. Eine Positiv- und eine Negativkontrolle wurden ebenfalls mitgeführt 3.9.1.2 Herstellung des Master-Mixes Zur Amplifikation der spezifischen DNA Teilstücke wurden folgende Primer (metabion International AG, Planneg-Martinsried) ausgewählt: Primer meca Zielgen (Amplikongröße 527 bp) mec up1 5`-GGG ATC ATA GCG TCA TTA TTC-3` mec up2 5`-AAC GAT TGT GAC ACG ATA GCC-3` Primer nuc Zielgen (Amplikongröße 255 bp) nuc PCR1 5`-TCA GCA AAT GCA TCA CAA ACA G-3` nuc PCR2 5`-CGT AAA TGC ACT TGC TTC AGG-3` Die Primer wurden laut Synthesereport auf je 100 pmol/µl Stammlösung gelöst und auf folgende Arbeitslösungskonzentrationen verdünnt: mec up 1 und mec up 2 je 25 pmol/µl nuc PCR 1 und nuc PCR 2 je 20 pmol/µl. Der Primer-Mix wurde zu gleichen Teilen der Arbeitslösungen eines jeden Primers und zwei Teilen LiChrosolv-Wasser (Merck, Darmstadt) hergestellt. Nach folgendem Pipettierschema (Abbildung 14) wurde der Mastermix errechnet und zusammenpipettiert: Pipettierschema der Lösungsmengen pro Probe 12,50 µl Ready Mix TM Taq PCR (Sigma,Taufkirchen) 7,50 µl Primer-Mix 2,50 µl H 2 O 22,50 µl Master-Mix 2,50 µl Template DNA 25,00 µl Reaktionsvolumen Abbildung 14: Pipettierschema des Reaktionsvolumens

52 MATERIAL UND METHODEN Dabei wurde die Anzahl der zu untersuchenden Proben (inklusive der Positiv- und Negativkontrolle) n + 1 als Grundlage zur Berechnung gewählt. Der Mastermix wurde jeweils mit einer Menge von 22,5 µl in Eppendorf Cups, Safelock 0,2 ml pipettiert. Im nächsten Schritt wurden 2,5 µl Template-DNA in die entsprechend beschrifteten Cups mit Master-Mix hinzupipettiert und der somit fertiggestellte Reaktionsansatz für 15 Sekunden bei 5000 g zentrifugiert. 3.9.1.3 PCR Die Proben wurden nun in den Thermocycler (Mastercycler ep Gradient S, Eppendorf AG, Hamburg) eingesetzt und die PCR wurde unter folgendem Amplifikationsprotokoll (Tabelle 6) gestartet. Tabelle 6: Amplifikationsprotokoll Temperatur ( C) Zeit (Minuten) First denaturation 94 05:00 denaturation 94 00:30 annealing 55 00:30 extension 72 00:45 Final extension 72 05:00 30 Zyklen 3.9.1.4 Gelelektrophorese Nach Ablauf der Amplifikation erfolgte die gelelektrophoretische Auftrennung der PCR-Produkte. Eine Elektrophoresekammer (Sub Cell Modell 96, Bio-Rad Laboratories GmbH, München) wurde mit 500 ml Laufpuffer befüllt und mit einem vorbereiteten 1,5% Agarosegel (eigene Herstellung, siehe Anhang) bestückt. Als Laufpuffer wurde 1:10 verdünnter TAE-Puffer (Merck, Darmstadt) benutzt. In einer Mikrotiterplatte (Immulon 1b; VWR International, Darmstadt) wurden nun die Amplifikate und der DNA-Ladder vorbereitet. Pro Probe wurden 10 µl Amplifikat und 4 µl Gel loading Puffer (eigene Herstellung) in ein well pipettiert und durch mehrmaliges vorsichtiges Aufziehen in die Pipettenspitze vermischt. Als DNA-Marker wurde ein 100-bp DNA-Ladder (Roche Diagnostika, Mannheim) verwandt. Die

MATERIAL UND METHODEN 53 Menge von 1,5 µl des DNA-Ladder und 8,5 µl LiChrosolv (Merck, Darmstadt) wurden in ein well pipettiert und ebenso vermischt. Anschließend wurden aus jedem well 10 µl nach Schema (Abbildung 15) in eine Geltasche pipettiert. Proben 1-20 Geltaschen NC2 PC2 20 19 18 17 16 15 14 13 12 11 M2 NC1 PC1 10 9 8 7 6 5 4 3 2 1 links M1 rechts M1 und M2 = DNA-Ladder PC1 und PC2 = Positivkontrollen NC1 und NC2 = Negativkontrollen Abbildung 15: Pipettierschema des Agarose-Gel An die Elektrophoresekammer wurde für eine Stunde eine Spannung von 170 V gelegt. Nach Ablauf der Elektrophorese wurde das Gel zur Färbung der DNA in eine Aluminiumschale mit einer Lösung aus 50 ml TAE-Puffer, 450 ml destilliertem Wasser und 100 µl Ethidiumbromid 1%ige Lösung in Wasser (Merck, Darmstadt) überführt. Zum Schutz vor UV-Strahlen wurde die Aluminiumschale mit einem Aluminiumdeckel abgedeckt. Nach einer Färbezeit von 30 Minuten schloss sich ein fünfminütiges Bad des Gels in destilliertem Wasser in einer weiteren Schale an. Das gewaschene Gel wurde auf einer Kunststofffolie liegend in der Mitte der Fotokammer (Biotec-Fischer GmbH, Reiskirchen) platziert und nach Verschluss der Kammer mit UV-Licht bestrahlt und digital fotografiert (Software: Alpha-Imager, Biotec-Fischer GmbH, Reiskirchen) (Abbildung 16). DNA-Ladder mec-a nuc Proben Positivkontrolle Negativkontrolle Abbildung 16: Digitale Darstellung des Agarose-Gels