GYNÄKOLOGISCHE UND GEBURTSHILFLICHE NOTFÄLLE Dr. Martin Kaimbacher Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe LKH Judenburg/Knittelfeld Standort Judenburg NEF-Stützpunkt Zeltweg/Aichfeld
Der gynäkologisch - geburtshilfliche Notfall SELTEN Vielleicht macht er deshalb Angst
GYNÄKOLOGISCHE UND GEBURTSHILFLICHE NOTFÄLLE Anatomische Grundlagen Physiologische Grundlagen Gynäkologische Notfälle Die regelrechte Geburt Geburtshilfliche Notfälle Notfälle in der Schwangerschaft
ANATOMISCHE UND PHYSIOLOGISCHE GRUNDLAGEN Uterus (Gebärmutter) Adnexe (Anhangsgebilde) - Ovarien (Eierstöcke) Gebärmutter - Tuben (Eileiter)
ANATOMISCHE UND PHYSIOLOGISCHE GRUNDLAGEN
ANATOMISCHE UND PHYSIOLOGISCHE GRUNDLAGEN
ANATOMISCHE UND PHYSIOLOGISCHE GRUNDLAGEN
ANATOMISCHE UND PHYSIOLOGISCHE GRUNDLAGEN
PRINZIPIEN Notfallmedizin soll einfach und praktikabel sein Einfacher Zugang Einfache Algoritmen
Dies bedeutet für gynäkologisch geburtshilfliche Notfälle Orientierung an Leitsymptomen Notfalldiagnose stellen Notfallmaßnahmen ergreifen Endgültige Hauptdiagnose FACHABTEILUNG
Orientierung an Leitsymptomen massive vaginale Blutung Schmerz Schock SCHWANGERSCHAFT!!!
Orientierung an Leitsymptomen massive vaginale Blutung spezifisch gynäkologische Bedeutung!!!
Orientierung an Leitsymptomen unspezifisch!!! Schmerz Schock AKUTES ABDOMEN
Orientierung an Leitsymptomen Blutung sichtbar Harnröhre, Blase Vulva, Vagina, Uterus (Zervix, Corpus) Anus, Rectum schwach STARK = LEBENSBEDROHLICH
Orientierung an Leitsymptomen Schmerz Schmerzcharakter Schmerzlokalisation (Unterbauch?) Schmerzzeitpunkt (Zyklusverlauf?) Jedoch gibt es keinen typischen, spezifisch auf eine gynäkologische Ursache hinweisenden Schmerz!!!
Orientierung an Leitsymptomen Schock man beachte die allgemeinen Schockzeichen!!!
Orientierung an Leitsymptomen BLUTUNG SCHMERZ schwanger? SCHOCK L e b e n s b e d r o h l i c h?!?
Danach richtet sich mein Vorgehen MASSNAHMEN Schmerz Fentanyl, Schmerzbekämpfung Ketanest S Blutung Schock Blutstillung Tamponade / Eindämmung Druck / Kompression bzw. ev. Blutkonserven Verringerung der Blutung Schockbekämpfung Lagerung (Schock-/Linksseitenlage, bzw. Becken Schockprophylaxe hoch; FRITSCHE-Lagerung) Sauerstoff 2 großlumige i.v. Zugänge Volumengabe, ev. MAST / NI-AST LOAD einpack`n AND und GOOOOO fahr`n!!!!!!!!
Danach richtet sich mein Vorgehen MASSNAHMEN Schmerz Fentanyl, Schmerzbekämpfung Ketanest S Blutung Schock Blutstillung Tamponade / Eindämmung Druck / Kompression bzw. ev. Blutkonserven Verringerung der Blutung Schockbekämpfung Lagerung (Schock-/Linksseitenlage, bzw. Becken Schockprophylaxe hoch; FRITSCHE-Lagerung) Sauerstoff 2 großlumige i.v. Zugänge Volumengabe, ev. MAST / NI-AST = stabilisierende Basismaßnahmen
Leitsymptomdiagnostik. Patientin präsentiert sich zwar mit diesen LEITSYMPTOMEN.. für die richtige (gynäkologische Vermutungs-) Diagnose brauchen wir aber manchmal noch rasch einige anamnestische Daten. je weniger DRINGLICH die Situation, desto mehr Zeit für Anamnese und Therapie
DRINGLICH. starke Schmerz akute Abdomen ( brettharter Bauch ) Schock starke vaginale / genitale Blutung starke Progredienz
Anamnese Schmerzanamnese Zyklusanamnese Schwangerschaft? wann war die letzte gyn.-fachärztliche Untersuchung (Vor-)erkrankungen - Genitalpathologien - (Vor-) Operationen Fieber
Blutung Schmerz
DD: vaginale Blutung non gravid Vulva, Vagina: Verletzung (Unfall, Sexualdelikt, ), Vulvahämatom, Karzinom, Portioektopie, schwere Kolpitis / Portioentzündungen Cervix / Corpus uteri: Zervix-/Endometriumkarzinom, Uterus myomatosus, Endometriumpolyp, Myoma in statu nascendi (+Nekrose) Funktionelle Blutungen: azyklisch-irreguläre Uterusblutungen überperiodenstarke vag. Blutung
DD: vaginale Blutung gravid EUG Zervikalgravidität Abort Plazenta praevia Vorzeitige Wehen + Zervixreifung Vorzeitige Plazentalösung Insertio velamentosa Uterusruptur Blutungen im Rahmen der Geburt Postpartale Blutung
DD: Schmerz GYN-Abdomen Adnextumore mit Ruptur und/oder Einblutung und/oder Torsion stielgedrehter Ovarialtumor / -zyste stielgedrehte Adnexe rupturierte Ovarialzyste Myome (mit Ausstoßung / Nekrose / Torsion) Tubovarialabszeß (mit / ohne Ruptur) Akute Adnexitis / Endometritis Douglasabszeß Genitalmalignome (mit / ohne Zerfall / vaginale Blutung) Fieber Postoperative Wundprobleme (mit / ohne Blutungen / Infektionen) Unfälle, Traumata, Sexualdelikte, sexueller Mißbrauch, Vergewaltigung
DD: Schmerz GYN-Abdomen Ovulationsschmerz EUG Uterusruptur Abort Wehentätigkeit Geburt
MASSNAHMEN stabilisierende Basismaßnahmen LOAD einpack`n AND und GOOOOO fahr`n!!!! Entgültige Hauptdiagnose FACHABTEILUNG
ANATOMISCHE UND PHYSIOLOGISCHE GRUNDLAGEN
ANATOMISCHE UND PHYSIOLOGISCHE GRUNDLAGEN
ANATOMISCHE UND PHYSIOLOGISCHE GRUNDLAGEN Befruchtung im Eileiter EI-EINNISTUNG Durch Zellteilungen entsteht eine innen hohle Kugel, die Blastozyste Nach ca. 5 Tagen erreicht die Blastozyste den Uterus Embryoblast (innere Schicht) wird zum Embryo Trophoblast (äußere Schicht) wird zur Plazenta Einnistung erfolgt am 5.-6. Tag Entwicklung der Organe bis zum Ende der 8. Woche
ANATOMISCHE UND PHYSIOLOGISCHE GRUNDLAGEN
ANATOMISCHE UND PHYSIOLOGISCHE GRUNDLAGEN Fruchtblase Plazenta
ANATOMISCHE UND PHYSIOLOGISCHE GRUNDLAGEN Plazenta 1 Nabelvene: sauerstoffreiches Blut zum Kind 2 Nabelarterien: sauerstoffarmes Blut vom Kind
ANATOMISCHE UND PHYSIOLOGISCHE GRUNDLAGEN Geburtsterminbestimmung NAEGELE sche Regel 1.Tag der letzten Regelblutung minus 3 Monate plus 7 Tage = GEBURTSTERMIN
ANATOMISCHE UND PHYSIOLOGISCHE GRUNDLAGEN Eine Schwangerschaft dauert im Normalfall 40 Wochen gerechnet vom 1. Tag der letzten Regelblutung. - 9 ½ Monate ab der Befruchtung (Monat = 28 Tage) Sie wird in 3 Phasen (Trimenons) unterteilt, die jeweils 3 Monate dauern. In dieser Zeit paßt sich der Körper der Frau ständig an die Bedürfnisse des Fötus an und bereitet sich auf die Geburt vor. 1. Trimenon: 1-13. SSW 2. Trimenon: 14-26. SSW 3. Trimenon: 27-40. SSW
ANATOMISCHE UND PHYSIOLOGISCHE GRUNDLAGEN Höhenstand des Uterus - ab ca. 14 Woche tastbar - vor der 24. Woche unterhalb des Nabels - in der 24. Woche in Höhe des Nabels - ab der 25. Woche oberhalb des Nabels = LEBENSFÄHIGKEIT - Am Geburtstermin ca. 3-4 cm unter dem Schwertfortsatz
ANATOMISCHE UND PHYSIOLOGISCHE GRUNDLAGEN Entwicklung des Fetus Abortus: bis 500 g (= vor Erreichen der Lebensfähigkeit) (bis vollendete 24. SSW) Ab 25. SSW. Uterus oberhalb des Nabels tastbar Frühgeburt: 500 2500 g (Geburt vor Ende der 37. SSW) Reifes Neugeborenes: 2500 4500 g, ca. 50 cm lang
ANATOMISCHE UND PHYSIOLOGISCHE GRUNDLAGEN Längenregel in cm 1.Monat: 1 x 1 2. Monat: 2 x 2 3. Monat: 3 x 3 4. Monat: 4 x 4 5. Monat: 5 x 5 6. Monat: 6 x 5 7. Monat: 7 x 5 8. Monat: 8 x 5 9. Monat: 9 x 5 10. Monat: 10 x 5
REGELRECHTE GEBURT KINDSLAGE Ab der 30. SSW beginnt sich der Fötus auf den Kopf zu drehen. Nur ca. 3 % der voll ausgetragenen Geburten sind Steißgeburten 1 % Querlagen
REGELRECHTE GEBURT KINDSLAGE Vollkommene BEL Vollkommene Steiß-Fuß-Lage
REGELRECHTE GEBURT
REGELRECHTE GEBURT Beginn der Geburt: regelmäßige Wehen (alle 10 min) Blasensprung (mit od. ohne Wehen) vaginale Blutung in der Spätschwangerschaft Erstgebärende: Mehrgebärende: 8 18 Std. 4 12 Std.
Eröffnungsperiode: REGELRECHTE GEBURT von Wehenbeginn bis zum Verstreichen des Muttermundes Austreibungsperiode: verstrichener Muttermund Geburt des Kindes ca. alle 3 min. 1 Wehe (ca. 1 min Dauer) Letzten 3-7 Austreibungswehen = Presswehen Nachgeburtsperiode: Geburt des Kindes Ausstoßung der Plazenta (+ Nabelschnur & Eihäute)
ANATOMISCHE UND PHYSIOLOGISCHE GRUNDLAGEN
REGELRECHTE GEBURT
REGELRECHTE GEBURT
Geburtshilfliche Notfälle Unter Notfallbedingungen, speziell im außerklinischen Bereich, gilt die vitalen Interessen der Mutter werden immer über die des Ungeborenen gestellt Der Mutter eine notwendige Behandlung in falscher Rücksicht auf das Kind zu verweigern kann das Kind mehr gefährden als die geplante Therapie
Geburtshilfliche Notfälle Pathologie der Geburt: Placenta praevia Blutungen unter der Geburt Uterusruptur (vorzeitige) Plazentalösung Plazentarandsinusblutung Insertio velamentosa Blutung Nabelschnurvorfall Armvorfall Schulterdystokie
Geburtshilfliche Notfälle Leitsymptomorientiert Blutung Schmerz Schock Vaginale Blutung und Schmerzen (egal wo im Bauchraum), ev. kombiniert mit Schockzeichen, sind in der Schwangerschaft unbedingt als Notsituation einzustufen Fachabteilung
Notfälle unter der Geburt Akute Blutung Vorzeitige Plazentalösung HÖCHST DRAMATISCH!!! Für Mutter und Kind oft tödlich, Prognostisch am wichtigsten ist der Verlauf des Kreislaufzustandes der Mutter
Vorzeitige Plazentalösung Plazenta- Randlösung Vorzeitige Lösung der richtig sitzenden Plazenta + stabilisierende Basismaßnahmen + Klinikeinweisung Plazenta Praevia - Blutung Load and gooo!!!
andere subpartale Blutungsursachen seltener weniger dramatisch geplatzte Vulva- od. Scheidenvarizen aberrierende Plazentagefäße (Blasensprung!) Zervixrisse, Scheidenrisse, Dammrisse + + stabilisierende Basismaßnahmen + + Klinikeinweisung
andere präpartale partale Blutungsursachen seltener weniger dramatisch vorzeitige Wehentätigkeit vorzeitige Zervixreifung blutende Portio-Ektopien + stabilisierende Basismaßnahmen + Klinikeinweisung
Notfälle unter der Geburt Abnorme Schmerzen S C H W I E R I G subjektiv zu stark empfundene Wehen UTERUSRUPTUR Z. n. Uterusoperationen Bei sehr großen Kindern Pathologische Kindslagen Protrahierte Geburtsverläufe
Notfälle unter der Geburt Abnorme Schmerzen Es ist aber nicht wichtig die URSACHE zu kennen Notfallbehandlung bei abnormen Schmerzen Schmerzen = TOKOLYSE Load and gooo!!!
TOKOLYSE GYNIPRAL 1 Amp. a 10 µg auf 10 ml über 5 min AKUTTOKOLYSE 1 Amp. a 10 µg auf 50 ml 30 ml/h DAUERTOKOLYSE ev. Paspertin vorspritzen Beta-mimetika-hältige Asthmasprays Tractocile
Notfälle unter der Geburt Blasensprung Wehentätigkeit vaginaler Tastbefund durch den Notarzt (sterile Handschuhe) Abnormer Vaginalinhalt?!??
Abnormer Vaginalinhalt bedeutet, daß bei der vaginalen Tastuntersuchung kein Kopf nicht nur der Kopf zu tasten ist Man tastet Beckenendlage ( Steiß, Beinchen) Querlage (Ärmchen) Nabelschnurvorfall anderes TOKOLYSE BECKEN HOCH
Beckenendlagengeburt cool bleiben!!! Solange der Steiß des Kindes noch nicht bis zum Introitus vaginae Transport unter Tokolyse versucht werden vaginae gelangt, kann noch der gesicherte Ist der Unterleib des Kindes jedoch vollständig geboren, MUSS DAS KIND ENTWICKELT WERDEN Andernfalls gerät die Nabelschnur durch den Eintritt des Kopfes in das kleine Becken unter Druck, und es droht der Tod des Kindes durch Blutunterversorgung, sowie die Uterusruptur bei der Mutter
Beckenendlagengeburt Manualhilfe nach BRACHT
Beckenendlagengeburt Armlösung nach LÖVSET
Beckenendlagengeburt Kopflösung nach VEIT- SMELLIE
Nabelschnurvorfall Armvorfall
Geburtshilfliche Notfälle Pathologie der Nachgeburt: postpartale Blutung atonische Nachblutung Plazentaretention mit / ohne Blutung Blutungen aus Geburtsverletzungen Fruchtwasserembolie
Geburtshilfliche Notfälle Atonische Nachblutung Jede massive schwallartige Blutung mit großem weichen Uterus und verfallender Mutter kann eine Atonie bedeuten Sofortige manuelle Uterusentleerung Uterus massieren und halten Ev. Eisblase, ev. Syntocinon 20-40 I.E. i.v
Geburtshilfliche Notfälle Ist der Uterus hart, es blutet aber weiter sofort auf Rißverletzungen hin untersuchen Diese dann klemmen oder zur Transportsicherung straff tamponieren Die beste Verhütung postpartal bedrohlicher Blutungen ist aber die zügige Leitung der Nachgeburtsperiode d. h. Anmassieren einer Wehe unter gefühlvollem beständigen Zug an der Nabelschnur ( cord traction )
Geburtshilfliche Notfälle
Notfälle um den Geburtstermin Abnorme OBERBAUCH - Schmerzen Hypertonie neurologische Symptomatik Präeklampsie EPH-Gestose Eklampsie HELLP-Syndrom
SCHWANGERSCHAFTSKOMPLIKATIONEN PRÄEKLAMPSIE / EPH - GESTOSE Erkennen: -Ödeme - Proteinurie (positiver Eiweißnachweis im Harn) - Hypertonie (> 135 / 85 mmhg) - CAVE: Gefahr des Übergangs in die EKLAMPSIE
SCHWANGERSCHAFTSKOMPLIKATIONEN EKLAMPSIE Erkennen: - Kopfschmerzen, Übelkeit - Augenflimmern - ev. Oberbauchschmerz - Muskelkrämpfe, meist im Mundwinkel beginnend - generalisierter Krampfanfall - Laryngospasmus - Lungenödem, Nierenversagen
SCHWANGERSCHAFTSKOMPLIKATIONEN EKLAMPSIE Maßnahmen: - keine äußeren Reize - Eigenverletzungen vermeiden - Sedierung - Blutdrucksenkung - Notfall-Sectio
+ stabilisierende Basismaßnahmen + Klinikeinweisung Zur Transportsicherung gehört fallweise die Anfallsprophylaxe / -therapie Blutdrucksenkung Tokolyse Gewacalm, Dormicum Ebrantil Gynipral
SCHWANGERSCHAFTSKOMPLIKATIONEN EUG Ursachen: - Schwangerschaft außerhalb des Uterus - meist Eileiterschwangerschaft
SCHWANGERSCHAFTSKOMPLIKATIONEN EUG Erkennen: - einseitiger Schmerz im Unterbauch - meist leichte vaginale Blutung 5 7 Wochen nach der letzten Regelblutung - Kollaps durch Spannung des Bauchfells - Abwehrspannung der Bauchdecken - Schockanzeichen bei Ruptur
SCHWANGERSCHAFTSKOMPLIKATIONEN EUG Maßnahmen: - sterile Vorlage - Lagerung nach FRITSCH - Schockbekämpfung
SCHWANGERSCHAFTSKOMPLIKATIONEN VENA CAVA - KOMPRESSIONSSYNDROM Erkennen: - Schwindel - Kollaps - Übelkeit - Frau in Rückenlage
SCHWANGERSCHAFTSKOMPLIKATIONEN VENA CAVA - KOMPRESSIONSSYNDROM Maßnahmen: - LINKSSEITENLAGERUNG