1 Kommunale Wohnungsmarktbeobachtung jetzt erst recht Werkstattbericht: Aufbau der Wohnungsmarktbeobachtung in Paderborn Meine Damen und Herren, Zunächst mal danke, dass Sie noch ausharren und mir zuhören wollen. Ich weiß, dass ich es nach den vielen Vorträgen und Diskussionen schwer habe, nochmals Ihre Aufmerksamkeit zu wecken. Dennoch versuche ich es und möchte Sie nicht nur auf die kommunale Wohnungsmarktbeobachtung, sondern auch auf Paderborn neugierig machen. Mein Name ist Hubert Robrecht. Ich arbeite im Amt für Liegenschaften und Wohnungswesen der Stadt Paderborn. Zu meinen Aufgaben gehören unter anderem die öffentliche Förderung von Mietwohnungen und Modernisierungsmaßnahmen und seit einiger Zeit die Wohnungsmarktbeobachtung. Ich möchte Ihnen zunächst Paderborn vorstellen. Anschließend berichte ich Ihnen, wie es mit der Wohnungsmarktbeobachtung in Paderborn anfing und wie unser erster Wohnungsmarktbericht zustande kam. Abschließend werde ich Ihnen erzählen, wie es mit der Wohnungsmarktbeobachtung in Paderborn weiter gehen soll und welche Erfahrungen ich bislang gemacht habe.
2 Paderborn liegt in Nordrhein-Westfalen und ist neben Bielefeld das Oberzentrum in Ostwestfalen. Wir haben verkehrstechnisch über die A 33 eine gute Anbindung zur A 2 Richtung Hannover Berlin und zur A 44 Richtung Kassel - Dortmund. Landschaftlich das Sie auf der Folie ist Paderborn vom Eggegebirge umgeben. Innerhalb des Stadtgebietes haben wir einen Höhenunterschied von mehr als 250 Metern. Paderborn ist seit der kommunalen Neugliederung im Jahre 1975 Großstadt, gliedert sich die Kernstadt und weitere 8 Stadtteile. In Paderborn leben zurzeit rd. 141.700 Einwohnerinnen und Einwohner mit Hauptwohnsitz auf einer Fläche von fast 180 km². Hinzu kommen etwa 10.500 Personen mit Nebenwohnsitz und ca. 5.500 Stationierungsstreitkräfte und ihre Angehörigen, die außerhalb von Kasernen wohnen. Seit der Volkszählung 1987 ist die Bevölkerung in Paderborn um fast 30 % gestiegen. Paderborn kann auf eine über 1200jährige Geschichte zurück blicken. Ich möchte hierzu nur die historische Begegnung zwischen Karl dem Großen und Papst Leo III. in Paderborn im Jahre 799 erwähnen, bei der die Kaiserkrönung Karls im Jahre 800 vereinbart wurde. Seit dem ist Paderborn auch Bistum und Bischofsstadt. Nicht von ungefähr kommt daher auch vor dem Hintergrund der politischen Ausrichtung die Redewendung schwarz schwärzer Paderborn. Trotz aller Tradition Paderborn ist auch eine moderne Stadt. Wir haben eine Universität etwa 14.000 Studenten und einen Ruf als Sportstadt. Im Squash und Baseball haben die Paderborner Mannschaften mehrfach die deutsche Meisterschaft errungen. Auch im Basketball und im Fußball sind die Paderborner Mannschaft über die Region hinaus bekannt. Ferner haben wir mit dem Heinz-Nixdorf-Forum das größte Computermuseum der Welt. Der Paderborner Wohnungsbestand umfasst zurzeit etwa 67.500 Wohnungen in ca. 28.500 Wohngebäuden. Die Stadt ist geprägt durch einen hohen Anteil von Ein- und Zweifamilienhäusern. Die folgenden zwei Luftaufnahmen sollen Ihnen ein wenig den Charakter von Paderborn nahe bringen. Zunächst sehen Sie hier den Innenstadtbereich mit dem Paderborner Dom im Mittelpunkt.
3 Sie sehen hier ein Neubaugebiet am Rande der Kernstadt. Die Aufnahme stammt aus 2003. Mittlerweile ist die Bebauung erheblich fortgeschritten. Aufgrund zahlreicher Zerstörungen im 2. Weltkrieg hat Paderborn nur einen sehr geringen Altbaubestand. Ein Viertel des Wohnungsbestandes wurde erst nach 1987 errichtet. Jeweils fast ein Drittel des Bestandes stammt aus den 50er und 60er Jahren bzw. 70er und 80er Jahren. Gerade der Bestand aus den 50er und 60er Jahren gilt aber hinsichtlich seiner Wohnqualität schon als problematisch. Wohnungen nach Baualter 26,8% 12,4% 30,4% 30,4% bis 1948 1949-1968 1969-1987 seit 1988 Die Stadt Paderborn muss seit 2002 Wanderungsverluste an das übrige Kreisgebiet hinnehmen. Die Paderborner Bevölkerung ist im Vergleich zum Landesdurchschnitt jünger. Aber auch bei uns wird in den nächsten Jahren die Zahl der jüngeren Einwohnerinnen und Einwohner stark abnehmen und der Anteil der älteren Menschen deutlich steigen.
4 Paderborn überzeugt Dieser Slogan ist vielfältig ein Begriff. Die folgenden beiden Folien zeigen Ihnen zwei Beispiele dafür, dass Paderborn auch im Wohnungsbau überzeugt, durch qualitativ und architektonisch hochwertige Neubauten und qualitativ hochwertige Modernisierungen. Beide Objekte wurden mit öffentlichen Mitteln gefördert. Auch im öffentlich geförderten Wohnungsbau lässt sich also Wohnqualität herstellen. Nach diesem Exkurs will ich nun von der Paderborner Wohnungsmarktbeobachtung berichten.
Die Stadt Paderborn erhielt im Juni 2002 ein Angebot der Wohnungsbauförderungsanstalt Nordrhein- Westfalen für eine Einsteigerberatung zum Thema Kommunale Wohnungsmarktbeobachtung. Ausschlaggebend dafür, dieses Angebot wahrzunehmen, waren insbesondere die folgenden drei Gründe: 5 1. Der Bestand an öffentlich geförderten Mietwohnungen nimmt auch in Paderborn in den nächsten Jahren drastisch ab. 2. Die demographische Entwicklung wird auch vor Paderborn nicht halt machen. Der Trend wird das erwarten wir schwächer ausfallen als im Landesdurchschnitt aber dennoch mit Auswirkungen für die Region. 3. Die sog. Haushalte mit Zugangsproblemen am Wohnungsmarkt, deren Zahl steigt, müssen mit angemessenem Wohnraum versorgt werden. Dies ist allein durch das Besetzungsrecht, das der Stadt bei öffentlich geförderten Neubauwohnungen zusteht, nicht zu regeln. Hier muss nach geeigneten Lösungen auch unter Einbeziehung des freifinanzierten Wohnungsmarktes gesucht werden. In der Zeit von Juli 2002 bis Juni 2003 hat die Stadt Paderborn an der Einsteigerberatung der Wfa teilgenommen. Die Beratung umfasste zahlreiche Arbeitssitzungen, in denen den Teilnehmerinnen und Teilnehmern die Bedeutung und der Inhalt der kommunalen Wohnungsmarktbeobachtung vermittelt wurden. Im November 2002 hat der Verwaltungsvorstand das Amt für Liegenschaften und Wohnungswesen beauftragt, ein Wohnraumversorgungskonzept zu erstellen. Dieser Auftrag wurde im Mai und Juni 2003 durch Beschlüsse städtischer Ausschüsse und des Rates bestätigt. Im Januar 2003 haben wir eine verwaltungsinterne Arbeitsgruppe einberufen, in der u. a. das Stadtplanungsamt, die Statistikdienststelle, das Einwohner-amt, das Sozialamt, das Jugendamt und der Gutacherausschuss vertreten sind. In dieser Arbeitsgruppe werden Themen zum Bereich Wohnen behandelt, z. B. der Wohnungsmarktbericht. Seit Herbst 2002 nehmen wir regelmäßig an den Sitzungen des Initiativkreises KomWoB der Wfa und der Arbeitsgruppen Methoden und Strategie teil. 2004 haben wir eine Wanderungsmotivumfrage durchgeführt. Erste Ergebnisse sind in unserem Wohnungsmarktbericht veröffentlicht. Eine umfassende Auswertung liegt derzeit im Entwurf vor und wird verwaltungsintern beraten. Wir haben unseren ersten Wohnungsmarktbericht im Juni 2005 herausgegeben. Kurz zum Lebenslauf unseres ersten Berichtes: Bereits während der Einsteigerberatung der Wfa habe ich die wohnungsmarktrelevanten Daten in Zusammenarbeit mit anderen städtischen Dienststellen und der Wfa zusammen getragen. Einen erster Entwurf habe ich im Herbst 2003 erarbeitet. Dieser wurde im Frühjahr 2004 der verwaltungsinternen Arbeitsgruppe vorgestellt. Die Wfa hat uns hierzu einige Verbesserungsvorschläge unterbreitet. Durch einen Wechsel in der Amtsleitung im August 2004 geriet der Wohnungsmarktbericht zunächst ins Hintertreffen. Nach einer Aktualisierung wurde der Berichtsentwurf im Frühjahr 2005 mit dem Verwaltungsvorstand abgestimmt. Im Juni 2005 wurde der Bericht im Ausschuss für Soziales, Senioren- und Behindertenangelegenheiten vorgestellt. Danach wurde er veröffentlicht.
6 Im Ausschuss für Bauen, Planen und Umwelt konnten wir den Bericht wegen Terminschwierigkeiten erst im Oktober 2005 vorstellen. Sie werden sich sicher fragen, warum es so lange gedauert hat, bis unser erster Bericht fertig war. Deshalb möchte ich kurz über Hindernisse sprechen: Die Wohnungsmarktbeobachtung wird von mir neben der normalen Arbeit betrieben. Zusätzliches Personal steht nicht zur Verfügung. Ebenfalls sind keine finanziellen Mittel hierfür bereitgestellt worden. Der Kontakt zu den übrigen städtischen Dienststellen gestaltete sich teilweise schwierig, da diese zunächst wenig Verständnis für meine Anliegen aufbrachten und teilweise eine Einmischung in ihren Aufgabenbereich vermuteten. Ein Wechsel in der Amtsleitung führte zu einer erheblichen Zeitverzögerung. Zudem ist es aufgrund der Arbeitsbelastung der Amtsleitung schwierig, die grundsätzliche weitere Vorgehensweise bei der Wohnungsmarktbeobachtung zu klären. Trotz einiger positiven Feedbacks findet das Thema Wohnen in der Politik wenig Beachtung. Im Folgenden schildere ich Ihnen kurz den Aufbau unseres ersten Wohnungsmarktberichtes: Nach einer Einführung in das Thema Kommunale Wohnungsmarktbeobachtung enthält der Bericht im 2. Kapitel eine Übersicht über die wichtigen Trends in Paderborn. Das 3. Kapitel beschäftigt sich mit dem Grundstücksmarkt. Hier werden u. a. die Entwicklungen der Kauffälle und der Baulandpreise dargestellt. Baulandpreisentwicklung (Richtwerte) der Stadt Paderborn 350 300 250 EUR/m² 200 150 100 50 0 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 Jahr Innenstadtrand Kernstadtrand Dorflage
7 Das Wohnungsangebot im 4. Kapitel beinhaltet die Aussagen zum Wohnungsbestand, zur Bautätigkeit und zum öffentlich geförderten Wohnungsbau. Baufertigstellungen in Paderborn nur Wohnungen 600 550 500 450 400 350 300 250 200 150 100 50 0 Wohngebäude mit 1 und 2 Wohnungen Wohngebäude mit 3 und mehr Wohnungen 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 Über Wohnungsbedarf und nachfrage wird im 5. Kapitel des Berichtes informiert. Im Einzelnen werden u. a. die Bevölkerungs- und Haushaltsentwicklung, Wanderungsbewegungen, die Altersstruktur, der Wohnflächenkonsum und die Zahl der wohnungssuchenden Haushalte dargestellt. Das letzte Kapital setzt sich mit der Marktlage auseinander und gibt Informationen zur Mietpreisentwicklung und zur Zeitungsanalyse. Wir haben uns in unserem ersten Bericht weitgehend darauf beschränkt, marktrelevante Daten und Informationen zu sammeln sowie Entwicklungen im Zeitverlauf darzustellen. Wir haben weniger die Daten im Einzelnen kommentiert. Dies soll zukünftig stärker geschehen. Unseren Bericht können Sie im Internet abgerufen unter http://www.paderborn.de/microsite/bauen_wohnen/allgemeines/wohnungsmarktbericht.php oder auch unter der Homepage der Wohnungsbauförderungsanstalt Nordrhein-Westfalen. Zum Schluss möchte ich Ihnen einen Ausblick darüber geben, wie es bei um mit der Wohnungsmarktbeobachtung weiter gehen soll. Wir werden als nächstes unsere durchgeführte Wanderungsmotivumfrage umfassend auswerten. Ein erster Entwurf wird derzeit verwaltungsintern beraten. Zurzeit befragen wir die Experten auf dem Wohnungsmarkt bezüglich ihrer Einschätzungen. Ich hoffe, dass wir daraus bis zum Sommer ein Wohnungsmarktbarometer erstellen können. Seit dem Frühjahr 2003 werte ich halbjährlich die Mietangebote und Mietgesuche der Tageszeitungen aus. Diese Auswertung wollen wir fortführen und noch verfeinern.
8 Unseren Wohnungsmarktbericht werden wir fortschreiben. Während die Daten jährlich aktualisiert werden, ist vorgesehen, den Bericht wegen der hohen Aufwandes nur alle 2 Jahre herauszugeben. Wichtig ist auch, die Entwicklungen in Stadtteile oder Quartiere zu beobachten. Hier wollen wir kleinräumige Analysen durchführen. Weiterhin wollen wir in den nächsten Jahren auch über den Tellerrand schauen und die Entwicklungen in der Region betrachten. Stichwort ist hier die regionale Wohnungsmarktbeobachtung. Die vorgenannten Maßnahmen sollen die Grundlage dafür sein, Wohnraumversorgungskonzepte zu entwickeln und zu erstellen. Die Konzepte können sich mit der Versorgung bestimmter Personengruppen oder mit der Wohnraumversorgung in bestimmten Gebieten beschäftigen. Wir können diese Arbeit nicht allein machen. Neben meiner Dienststelle, dem Amt für Liegenschaften und Wohnungswesen, müssen nicht nur die städtischen Dienststellen wie z. B. das Stadtplanungsamt oder das Sozialamt, sondern auch die Akteure am Wohnungsmarkt in die Prozesse eingebunden werden. Zum Schluss möchte ich Ihnen meine bisherigen Erfahrungen schildern. Die Wohnungsmarktbeobachtung wird auch in Zukunft weitgehend auf meinen Schultern ruhen. Ich denke da positiv trotz der steigenden Arbeitsbelastung. Ich hoffe jedoch, dass ich für einzelne Projekte noch andere Kolleginnen oder Kollegen in Anspruch nehmen kann. Ferner schwebt mir eine enge Zusammenarbeit mit den Akteuren am Wohnungsmarkt, aber auch mit der Universität und vielleicht mit Paderborner Schulen vor. Insgesamt ist die Zusammenarbeit mit den anderen städtischen Dienststellen inzwischen zufrieden stellend. Es muss jedoch noch ein Netzwerk aufgebaut werden, und zwar insbesondere beim Datenaustausch. Als Erfolge verbuche ich die positiven Stellungnahmen innerhalb und außerhalb der Verwaltung zu unserem Wohnungsmarktbericht. Ferner hat ein Workshop, den wir vor zwei Wochen mit dem Thema Wohnen in Paderborn heute und morgen durchgeführt haben, bei den Teilnehmerinnen und Teilnehmern ein positives Echo hervorgerufen. Problematisch ist für mich derzeit, dass sich auch andere städtische Dienststellen im Rahmen von Projekten mit dem Thema Wohnen beschäftigen und ich dort Konflikte aufgrund fehlender Kooperation und Koordination befürchte. Mein Fazit: Wohnungsmarktbeobachtung ist für mich die Grundlage für die weitere Stadtentwicklung und für Strategien in der kommunalen Wohnungspolitik. In der Vergangenheit sind die Wohnungsmärkte auch schon beobachten worden, aber oftmals nur in Teilsegmenten und zu einem bestimmten Zeitpunkt. Wohnungsmarktbeobachtung, so verstehe ich sie, ist ein dynamischer Prozess, also eine laufende Aufgabe. Zudem wird der Wohnungsmarkt anhand zahlreicher Indikatoren umfassender betrachtet als früher. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. Für Ihre Fragen stehe ich jetzt gern zur Verfügung.