Stochastik Lehr-und Aufgabenbuch. Skriptum zum Vorbereitungskurs

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Transkript:

Stochastik Lehr-und Aufgabenbuch Skriptum zum Vorbereitungskurs 1

WICHTIGER HINWEIS: Ich bitte den Eigentümer dieses Skriptes, weder das gesamte Skript noch Teilauszüge daraus zu kopieren, einzuscannen oder auf andere Art und Weise zu vervielfältigen, um es an andere weiterzugeben. Ich bitte um Fairness und danke dafür Alexander Schwarz 2

Vorwort Dieses Lehrbuch dient sowohl zur Vorbereitung auf die Abiturprüfung als auch auf Klausuren in der Oberstufe. In jedem Kapitel werden die wesentlichen Inhalte zu jedem Thema ausführlich wiederholt. Die vielen Beispielrechnungen und Schaubilder dienen dazu, die Beschreibungen noch konkreter zu erläutern. Dabei werden auch die wichtigsten Themen und Formeln, die bereits in der Mittelstufe behandelt wurden und die man für die Abiturprüfung noch kennen sollte, wiederholt. Wichtige Regeln werden durch graue Unterlegungen gekennzeichnet. Dieses Zeichen taucht auf, wenn gerne Fehler gemacht werden! Es werden in dem Lehrbuch auch typische Irrtümer dargestellt. Wer die Fettnäpfchen kennt, kann ihnen besser ausweichen. Hinweis zum GTR: Die GTR-Befehlsangaben im Skript orientieren sich am GTR von Texas Instruments (TI -84 Plus). Da die Bedienung des GTR von Sharp ähnlich ist wie bei Texas Instruments, können auch die Nutzer eines Sharp-Rechners die Befehlsangaben zum größten Teil nutzen. Dieses Zeichen im Skript deutet darauf hin, dass dargestellt wird, wie die Lösung einer Aufgabenstellung mit Hilfe des GTR durchgeführt wird. Viel Erfolg bei der Bearbeitung dieses Skriptes und alles Gute für eure Abiturprüfung! Alexander Schwarz www.mathe-aufgaben.com Taschenrechner: Texas Instruments und Sharp 3

Inhaltsverzeichnis 1. Zufallsexperimente 1.1 Einführung 1.2 Zufallsexperimente und Ergebnismengen 1.3 Baumdiagramme 1.4 Ereignisse 1.5 Verknüpfung von Mengen 1.6 Übungsaufgaben zu Kapitel 1 2. Relative Häufigkeiten und Wahrscheinlichkeiten 2.1 Relative und absolute Häufigkeiten 2.2 Das Gesetz der großen Zahlen 2.3 Formeln zur Wahrscheinlichkeit 2.4 Laplace-Experimente und Laplace-Wahrscheinlichkeiten 2.5 Vierfeldertafeln 2.6 Übungsaufgaben zu Kapitel 2 3. Wahrscheinlichkeiten von mehrstufigen Zufallsexperimenten 3.1 Pfadregeln 3.2 Dreimal mindestens - Aufgaben 3.3 Übungsaufgaben zu Kapitel 3 4. Kombinatorik Bestimmen von Anzahlen - Urnenmodelle 4.1 Allgemeines Zählprinzip und Permutationen 4.2 Formeln der Kombinatorik - Urnenmodelle 4.3 Spezielle Urnenmodelle 4.3.1 Ziehen mit einem Griff (ohne Zurücklegen, ohne Reihenfolge) 4.3.2 Ziehen mit Zurücklegen (die Bernoulli Formel) 4.4 Übungsaufgaben zu Kapitel 4 5. Bedingte Wahrscheinlichkeiten - Unabhängigkeit 5.1 Bedingte Wahrscheinlichkeiten 5.2 Stochastische Unabhängigkeit / Abhängigkeit von Ereignissen 5.4 Übungsaufgaben zu Kapitel 5 6. Zufallsvariablen und Erwartungswert 6.1 Zufallsvariablen und Wahrscheinlichkeitsverteilung 6.2 Erwartungswert einer Zufallsvariablen 6.3 Varianz und Standardabweichung einer Zufallsvariablen 6.4 Übungsaufgaben zu Kapitel 6 7. Binomialverteilung 7.1 Binomialverteilte Zufallsvariable 7.2 Anwendung der Binomialverteilung als Auslastungsmodell 7.3 Übungsaufgaben zu Kapitel 7 8. Hypothesentests 8.1 Allgemeines zu Hypothesentests 8.2 Einseitige Signifikanztests 8.3 Übungsaufgaben zu Kapitel 8 9. Vermischte Aufgaben für den Wahlteil 10. Musterlösungen 10.1 Musterlösungen zu Kapitel 1 10.2 Musterlösungen zu Kapitel 2 10.3 Musterlösungen zu Kapitel 3 10.4 Musterlösungen zu Kapitel 4 10.5 Musterlösungen zu Kapitel 5 10.6 Musterlösungen zu Kapitel 6 10.7 Musterlösungen zu Kapitel 7 10.8 Musterlösungen zu Kapitel 8 10.9 Musterlösungen zu Kapitel 9 4

1. Zufallsexperimente 1.1 Einführung Unter Zufallsexperimenten versteht man Experimente, bei denen vor der Durchführung des Experimentes zwar bekannt ist, welche Ergebnisse prinzipiell möglich sind, aber der Ausgang des Experimentes nicht vorhersagbar ist und vom Zufall abhängt. Im Gegensatz dazu gibt es auch sichere Experimente (auch deterministische Experimente genannt), bei denen von vornherein feststeht, wie das Experiment ausgeht. Zufallsexperimente treten im täglichen Leben auf, da fast alle Geschehnisse mit einer gewissen Unsicherheit behaftet sind. Zufallsexperimente treten nicht nur bei Glücksspielen wie Lotto, Würfeln oder Roulette auf, sondern auch in der Medizin (Beurteilung von der Wirksamkeit von Medikamenten), in der Wirtschaft (Verlauf von Börsenkursen) oder bei Versicherungen (Wahrscheinlichkeit für den Eintritt eines Schadens). Die Stochastik (auch Wahrscheinlichkeitstheorie genannt) ist die Mathematik des Zufalls. Nach eingehender Beschäftigung mit diesem Themengebiet erkennt man, dass auch der Zufall mathematischen Gesetzmäßigkeiten unterliegt. Als Experte auf diesem Gebiet wird man zwar künftig auch nicht mit höherer Sicherheit einen Sechser im Lotto erreichen, man kann aber dann berechnen, wie viel Euro eines Lotto- Spieleinsatzes als Verlust im Mittel einkalkuliert werden muss. 1.2 Zufallsexperimente und Ergebnismengen Um den Zufall mathematisch erfassen zu können, müssen bestimmte Begriffe im Vorfeld definiert werden. Als Beispiel soll das einmalige Werfen eines üblichen Würfels dienen Zunächst muss man herausfinden, welche möglichen Ergebnisse bei dem Zufallsexperiment auftreten können. Bei dem Würfelwurf wären dies die Augenzahlen 1, 2, 3, 4, 5, 6. Schreibt man alle möglichen Ergebnisse als Menge also S = {1, 2, 3, 4, 5, 6} dann nennt man dies eine Ergebnismenge des Zufallsexperiments und die einzelnen Ergebnisse sind die Elemente der Ergebnismenge. Die Anzahl der Elemente, die sich in der Ergebnismenge S befinden, nennt man deren Mächtigkeit und wird mit S bezeichnet. Für den Würfelwurf gilt S = 6. Ergebnis, Ergebnismenge, Mächtigkeit Jeder mögliche Ausgang eines Zufallsexperiments wird als Ergebnis bezeichnet. Die möglichen Ergebnisse können mit e1,e2,..., en durchnummeriert werden. Die Menge S aller Ergebnisse heißt Ergebnismenge. Es ist S= {e,e,...,e }, wobei jedes mögliche Ergebnis genau einmal in S auftritt. 1 2 n 1,e2,..., en Die Werte e heißen jeweils Elemente der Menge S, wobei die Reihenfolge der Elemente in der Menge S keine Rolle spielt. Um darzustellen, dass e 1 in S liegt, kann man das kurz schreiben e 1 S. Die Anzahl n der Elemente in S wird als Mächtigkeit S der Ergebnismenge bezeichnet. 5

Damit ein Zufallsexperiment vorliegt, müssen mindestens zwei Elemente in S enthalten. Warum? Falls nur ein Element in S enthalten wäre, würde dieses immer eintreten und es läge ein sicheres Experiment vor. Das Experiment Loslassen eines Balles aus 1 Meter Höhe ist beispielsweise kein Zufallsexperiment, weil das einzig mögliche (und sichere) Ergebnis ist, dass der Ball auf den Boden fällt. Beispiel 1.1: a) Bei der Ziehung eines Loses in einer Tombola kann eine Niete oder ein Gewinn gezogen werden. Eine mögliche Ergebnismenge lautet S = {Gewinn, Niete} mit S = 2 b) Beim Werfen einer Münze kann Zahl oder Wappen fallen. Eine mögliche Ergebnismenge lautet S = {Zahl, Wappen} mit S = 2 c) Eine Urne enthalte rote, blaue und schwarze Kugeln. Aus der Urne wird eine Kugel gezogen. Eine mögliche Ergebnismenge lautet S = {blau, rot, schwarz} mit S = 3 Bei der Festlegung einer Ergebnismenge muss darauf geachtet werden, dass alle möglichen Ergebnisse eines Zufallsexperiments auch in der Ergebnismenge berücksichtigt werden. Es wäre also z.b. falsch, in Beispiel 1.1c) als Ergebnismenge S = {blau, rot} zu wählen. Jeder mögliche Ausgang des Experiments muss aber auch eindeutig einem Element aus der Ergebnismenge S zugeordnet werden können. In Beispiel 1.1 c) wäre die Ergebnismenge S = {blau, rot, schwarz, nicht rot} falsch, da man beim Ziehen der schwarzen Kugel sowohl schwarz als auch nicht rot zuordnen könnte. Beachte: In Beispiel 1.1 wird immer von einer möglichen Ergebnismenge gesprochen. Dies liegt daran, weil die Angabe einer Ergebnismenge nicht eindeutig ist. Die konkrete Festlegung für eine bestimmte Ergebnismenge hängt von der Fragestellung ab. Darauf wird später noch näher eingegangen. Für den zu Beginn beschriebenen Würfelwurf könnten auch folgende alternative Ergebnismengen angegeben werden: S = { gerade Zahl, ungerade Zahl} S = {Primzahl, keine Primzahl} 1 S = { Augenzahl kleiner 4, Augenzahl größer gleich 4} 3 Die Ergebnismengen S 1, S 2, S 3 nennt man jeweils eine Vergröberung der Ergebnismenge S = {1, 2, 3, 4, 5, 6}. 2 Bis jetzt wurden nur so genannte einstufige Zufallsexperimente betrachtet, das heißt, das Experiment (Ziehen aus einer Urne, Werfen eines Würfels, ) wird genau einmal durchgeführt. Häufig werden Zufallsexperimente jedoch mehrmals hintereinander durchgeführt (mehrmaliges Würfeln, mehrmaliges Drehen eines Glücksrades, ). Dann spricht man von einem mehrstufigen Zufallsexperiment. Als Beispiel soll nun das zweimalige Werfen eines üblichen Würfels dienen. 6

Wird beispielsweise zuerst eine 6 und dann eine 2 gewürfelt, so wird dies in der Schreibweise (6,2) (ein so genanntes 2-Tupel) dargestellt. Die runden Klammern bedeuten, dass es sich hier um eine geordnete Menge handelt (das heißt erst kommt die 6 und dann kommt die 2). Würde hingegen zunächst eine 2 und dann eine 6 gewürfelt, wäre das Ergebnis (2,6). Die Menge aller möglichen Ergebnisse beim zweimaligen Würfeln schreibt man dann so auf (der Übersichtlichkeit wegen hier untereinander) S = { (1,1); (1,2); (1,3); ; (1,6); (2,1); (2,2); (2,3); ; (2,6);. (6,1); (6,2); (6,3); ; (6,6) } Die Menge S enthält insgesamt 36 Elemente. Mehrstufiges Zufallsexperiment Werden Zufallsexperimente mehrmals hintereinander ausgeführt und diese als Gesamtexperiment betrachtet, liegt ein mehrstufiges Zufallsexperiment vor. Bei einem so genannten n-stufigen Zufallsexperiment wird ein Einzelexperiment n-mal wiederholt (n ). Das Ergebnis eines n-stufigen Zufallsexperiments wird als n-tupel ( a1,a2,...,an ) dargestellt. Hierbei handelt es sich um eine geordnete Menge, das heißt die Reihenfolge spielt eine Rolle. Beispiel 1.2: a) zweimaliges Werfen einer Münze (Z=Zahl, W = Wappen) Ergebnismenge S = { (W,W), (W,Z), (Z,W), (Z,Z) } Die Ergebnismenge enthält 4 mögliche Ergebnisse, wobei ein einzelnes Ergebnis ein 2-Tupel darstellt. Es wird unterschieden, ob (W,Z) also zunächst Wappen und dann Zahl oder (Z,W) also zunächst Zahl und dann Wappen geworfen wird. b) dreimaliges Werfen einer Münze S = {(W,W,W), (W,W,Z), (W,Z,W),(W,Z,Z),(Z,W,W),(Z,W,Z), (Z,Z,W), (Z,Z,Z)} Die Ergebnismenge enthält 8 mögliche Ergebnisse, wobei ein einzelnes Ergebnis ein 3-Tupel darstellt. Damit die Übersichtlichkeit erhalten bleibt, wird häufig bei der Darstellung der Ergebnismenge auf die runden Klammern verzichtet: S = {WWW, WWZ, WZW, WZZ, ZWW, ZWZ, ZZW, ZZZ} c) dreimaliges Ziehen aus einer Urne mit blauen, weißen und schwarzen Kugeln: Ergebnismenge S = {(w,w,w) ; (w,w,b) ; (w,w,s) ; ; (s,s,b) ; (s,s,s)} bestehend aus lauter 3-Tupel. Es gilt S = 27. Es wäre als Vergröberung z.b. auch folgende Ergebnismenge möglich: S = {keine blaue Kugel ; mindestens eine blaue Kugel} mit Mächtigkeit 2. Häufig werden bei Zufallsexperimenten zwei Würfel oder zwei Münzen nicht nacheinander, sondern gleichzeitig geworfen. Aber auch das gleichzeitige Werfen kann so interpretiert werden, als ob der Würfel oder die Münze zweimal nacheinander geworfen werden. 7

Die Mengen (2,6) und {2,6} haben unterschiedliche Bedeutung! (2,6) ist zum Beispiel ein mögliches Ergebnis beim zweimaligen Würfen (erst 2, dann 6 ) Die Menge {2,6} stellt zwei mögliche Ergebnisse eines einstufigen Zufallsexperiments dar (zum Beispiel das einmalige Drehen eines Glücksrades, dessen Felder mit 2 und 6 beschriftet sind). 1.3 Baumdiagramme Um mehrstufige Zufallsexperimente anschaulich zu erfassen, sind Baumdiagramme eine nützliche Hilfe. In einem Baumdiagramm können sämtliche mögliche Ergebnisse eines mehrstufigen Zufallsexperiments dargestellt werden. Jedes mögliche Ergebnis wird durch einen Weg (=Pfad) in dem Baumdiagramm symbolisiert. Die Anzahl der Stufen sollte allerdings auch nicht zu groß sein, da sonst das Baumdiagramm unübersichtlich wird. Die folgenden Baumdiagramme werden von oben nach unten gezeichnet. Es besteht auch die Möglichkeit, das Baumdiagramm von links nach rechts zu zeichnen. Beispiel 1.3: a) Eine Münze mit den Seiten Z(ahl) und W(appen) wird dreimal hintereinander geworfen. Die Ergebnisse können durch folgendes Baumdiagramm veranschaulicht werden: Oben ist der Startpunkt des Baumdiagramms. Es gibt 4 verschiedene Pfade, die man von oben nach unten durchlaufen kann. Diese 4 Pfade sind WW bzw. WZ bzw. ZW bzw. ZZ Dies sind gleichzeitig die Elemente der Ergebnismenge S = {WW, WZ, ZW, ZZ} bzw. ausführlich geschrieben S = {(W,W), (W,Z), (Z,W), (Z,Z) } b) Eine Urne enthält gelbe, schwarze und weiße Kugeln. Es werden zwei Kugeln gezogen. 8

Oben ist der Startpunkt des Baumdiagramms. Es gibt 9 verschiedene Pfade, die man von oben nach unten durchlaufen kann. Diese 9 Pfade sind die Elemente der Ergebnismenge S = {gg, gs, gw, sg, ss, sw, wg, ws, ww} c) Aus einer Lostrommel mit Gewinnen (G) und Nieten (N) werden drei Lose gezogen. Ergebnismenge: S = {GGG, GGN, GNG, GNN, NGG, NGN, NNG, NNN} 1.4 Ereignisse Wenn ein Zufallsexperiment durchgeführt wird, interessiert man sich häufig für eine zusammengefasste Menge von einzelnen Ergebnissen. Diese zusammengefasste Menge nennt man Ereignis. Mathematisch bedeutet ein Ereignis eine Teilmenge der Ergebnismenge S. Als Eingangsbeispiel dient das dreimalige Werfen einer Münze. Die Ergebnismenge lautet S = { WWW, WWZ, WZW, ZWW, ZZW, ZWZ; WZZ, ZZZ}. Mögliche Ereignisse wären zum Beispiel: Ereignis A: genau zweimal Wappen mit A = {WWZ, WZW, ZWW} Ereignis B: kein Wappen mit B = {ZZZ} Ereignis C: mindestens zweimal Zahl mit C = {ZZW, ZWZ, WZZ, ZZZ} Ereignis, Elementarereignis Eine Menge A ist eine Teilmenge der Ergebnismenge S, wenn jedes Element der Menge A auch in der Menge S enthalten ist. Dies drückt man durch die Schreibweise A S aus. Jede Teilmenge A der Ergebnismenge S wird als Ereignis bezeichnet. Enthält die Teilmenge A nur ein Ergebnis, wird sie als Elementarereignis bezeichnet. Ist beispielsweise S = {1,2,3} eine Ergebnismenge, so gibt es folgende mögliche Ereignisse (= Teilmengen): A = {1}, B = {2}, C = {3}, D = {1,2}, E = {1,3}, F = {2,3}, G = {1,2,3} = S, H = { } (die leere Menge). Die Mengen A, B und C sind die Elementarereignisse, da sie nur ein Element enthalten. 9

Man sieht, dass auch die Menge S selbst eine Teilmenge von S ist. Das liegt daran, dass jedes Element von S auch in S enthalten ist. Etwas seltsamer ist da die leere Menge. Die leere Menge ist immer eine Teilmenge einer gegebenen Ergebnismenge S. Da die mathematische Erklärung hierzu relativ abstrakt ist, sollte man sich dies einfach auswendig merken. Die leere Menge A = { } darf nicht verwechselt werden mit der Menge B = { 0 }. Die leere Menge A enthält tatsächlich überhaupt kein Element während die Menge B ein Element enthält, nämlich die Zahl 0. Beispiel 1.4: a) Ein Würfel wird einmal geworfen mit der Ergebnismenge S = {1, 2, 3, 4, 5, 6} Die folgenden Ereignisse können sowohl in beschreibender Form als auch als Menge dargestellt werden: A = Augenzahl nicht 6 = {1, 2, 3, 4, 5} B = Augenzahl ist eine Primzahl = {2, 3, 5} Hinweis: Eine Primzahl ist eine ganze Zahl 2, die genau 2 Teiler besitzt (also nur durch 1 und sich selbst teilbar ist) C = Augenzahl ist kleiner als 10 = {1, 2, 3, 4, 5, 6} = S D = Augenzahl ist größer als 7 = { } b) Ein Würfel wird zweimal geworfen mit der Ergebnismenge S = {(1,1), (1,2),,(5,6), (6,6)}. Die folgenden Ereignisse können sowohl in beschreibender Form als auch als Menge dargestellt werden: A = Augensumme ist 7 = {(1,6), (2,5), (3,4), (4,3), (5,2), (6,1)} B= Beide Würfel zeigen gleiche Augenzahl = {(1,1), (2,2), (3,3), (4,4), (5,5), (6,6)} C = Beide Augenzahlen sind größer als 4 = {(5, 5), (5, 6), (6,5), (6,6)} Man sagt, dass ein Ereignis A eingetreten ist, wenn das Ergebnis des Zufallsexperiments in der Menge A enthalten ist. In Beispiel 1.4 a) ist Ereignis B eingetreten, wenn eine 2 oder eine 3 oder eine 5 gewürfelt wird. Das Ereignis S nennt man sicheres Ereignis, da hier jedes Element der Ergebnismenge S enthalten ist und daher immer eintritt. Das Ereignis { } nennt man unmögliches Ereignis, da dieses Ereignis keine Elemente enthält und daher das Ereignis nie eintreten kann (irgendein Ergebnis aus der Ergebnismenge entsteht bei einem Zufallsexperiment ja immer). Beispiel 1.5: Eine Münze wird zweimal hintereinander geworfen. Die Ergebnismenge lautet S = {ww, zw, wz, zz}. Es gibt folgende Ereignisse (=Teilmengen): {ww}, {zw}, {wz}, {zz}, {ww,zw}, {ww,wz}, {ww,zz}, {zw,wz},{zw,zz}, {wz,zz}, {ww,zw,wz}, {ww,zw,zz}, {ww, wz, zz}, {zw,wz,zz}, {ww,zw,wz,zz} = S, { } Die Teilmengen {ww}, {zw}, {wz} und {zz} sind die Elementarereignisse. 10