Kai A. Konrad. Max Planck Institute for Tax Law and Public Finance

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Transkript:

Max Planck Institute for Tax Law and Public Finance Klimapolitik zwischen Emissionsvermeidung und Anpassung, das Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium der Finanzen, eine Zusammenfassung von Kai A. Konrad München, Juli 2011

Ausgangsfragestellung Bali 2007: Beschluss, das Kyotoprotokoll in Kopenhagen 2010 zu ersetzen. Posen 2008: gilt als gescheitert. Kopenhagen 2010: Beschluss, die Kopenhagener Vereinbarung zur Kenntnis zu nehmen. Cancun 2011: Kyoto bis 2012 fortsetzen, Waldschutzprogramm, Hilfsprogramm für Entwicklungsländer EU-Parlament- Juli 2011: Ablehnung des Vorschlags, freiwillige Emissionsminderungen von 20 auf 30 Prozent zu beschließen. Ein deutsches Weiter so ist mehr als fragwürdig. Ein Umdenken ist erforderlich. Neubewertung der Rolle der Politik nationaler Alleingänge Neujustierung zwischen Vermeidung und Anpassung

Die Fragestellung des Gutachtens: Sollte die Klimapolitik in Deutschland im Spannungsfeld zwischen Emissionsvermeidung und Anpassung an Klimaveränderungen neu justiert werden?

Ergebnis 1: Nur wenige Länder beteiligen sich freiwillig an der Emissionsvermeidung. Dass ein Land zu dieser Gruppe dazugehört, ist um so wahrscheinlicher, je größer und bevölkerungsreicher das Land ist, je wohlhabender das Land ist, je niedriger die (technologisch und durch die Konsumpräferenzen des Landes bestimmten) Kosten der Emissionsvermeidung für dieses Land sind, je dramatischer die Veränderung des Klimas für das Land negativ zu Buche schlägt und je bedeutender und politisch einflussreicher die Ökologiebewegung in einem Land ist.

Warum sich nur wenige Länder maßgeblich beteiligen Grenzvorteilskurve Land A Grenzvermeidungskosten Land A Die von der Regierung in Land A gewählte Menge C02-Vermeidung

Warum sich nur wenige Länder maßgeblich beteiligen Grenzvorteilskurve von Land A Identische Grenzvermeidungskostenkurve beider Länder Grenzvorteilskurve von Land B Diese Menge würde in Abwesenheit von A von Land B gewählt. Die von der Regierung in Land A gewählte Menge C02-Vermeidung

Ergebnis 1: Nur wenige Länder beteiligen sich freiwillig an der Emissionsvermeidung. Dass ein Land zu dieser Gruppe dazugehört, ist um so wahrscheinlicher, je größer und bevölkerungsreicher das Land ist, je wohlhabender das Land ist, je niedriger die (technologisch und durch die Konsumpräferenzen des Landes bestimmten) Kosten der Emissionsvermeidung für dieses Land sind, je dramatischer die Veränderung des Klimas für das Land negativ zu Buche schlägt und je bedeutender und politisch einflussreicher die Ökologiebewegung in einem Land ist.

Quelle: Richard S.J. Tol, The Economic Effects of Climate Change, JEP, 2009, 23(2), p.35

Quelle: Max-Planck Institute of Meteorology (ECHAM4 2080): Country-level climate change impacts on rain-fed cereal production potential on currently cultivated land

Kooperation innerhalb einer Teilgruppe von Ländern Grenzvermeidungskosten Die von der Regierung in Land A gewählte Vermeidungsmenge C02-Vermeidung

Kooperation innerhalb einer Teilgruppe von Ländern Gemeinsame Grenzvorteilskurve von B und C Grenzvermeidungskosten Die von der Regierung in Land A allein gewählte Menge Die von B und C gemeinsam in Autarkie gewählte Menge C02-Vermeidung

Ergebnis 2: Eine Zusammenarbeit mehrerer kleiner Länder in der Klimapolitik verlagert mitunter die Kosten der Klimapolitik von den größten Ländern zu dieser Gruppe.

Einseitige Selbstverpflichtung Grenzvorteilskurve von A Grenzvorteilskurve von B Grenzvermeidungskosten Die von der Regierung in Land A gewählte Vermeidungsmenge C02-Vermeidung Mögliche Selbstverpflichtungen von B

Ergebnis 3: Wenn sich ein Land für andere erkennbar darauf festlegt, selbst höhere Vermeidungsanstrengungen zu unternehmen, nehmen andere Länder ihre Vermeidungsanstrengungen zurück (Crowding out). Je kleiner das einzelne Land im Vergleich zum Rest der Welt ist, desto geringer ist seine Wirkung auf die Vermeidung in der ganzen Welt.

Kooperative Verhandlungslösungen: Symmetrie Wohlfahrt von Land B Kooperative Verhandlungslösung Paretoeffizienzgrenze Symmetrisches nicht-kooperatives Nash-Gleichgewicht Wohlfahrt von Land A

Kooperative Verhandlungslösung: Einseitige Selbstbindung von #2 Wohlfahrt von Land B Wohlfahrt von Land A

Eigenschaft 4: Die Verteilungswirkungen der verschiedenen Ländercharakteristika und Maßnahmen im nicht-kooperativen Gleichgewicht übertragen sich auf das kooperative Gleichgewicht.

Anpassung in Isolation Bei einzelstaatlicher Anpassung auf eintretende Klimaveränderungen fallen Kostenträger und Nutznießer auch bei unkoordiniertem Verhalten weitgehend zusammen. Folge: Anpassungsentscheidungen werden im Unterschied zu Vermeidungsentscheidungen einzelstaatlich eher effizient getroffen.

Strategischer Vorteil der Anpassungsmaßnahmen in Land 1 im nicht-kooperativen Gleichgewicht Grenzvorteilskurve von A Grenzvorteilskurve von B Grenzkosten der Vermeidung für jedes einzelne Land Die von der Regierung in Land A allein gewählte Menge ohne Adaption

Strategischer Vorteil der Anpassungsmaßnahmen in Land 1 im nicht-kooperativen Gleichgewicht Grenzvorteilskurve von B Grenzkosten der Vermeidung für jedes einzelne Land Grenzvorteilskurve von A nach Investitionen in Anpassung Die von der Regierung in Land A allein gewählte Menge ohne Adaption

Anpassungsmaßnahmen verbessern die Rückfallposition eines Landes bei internationalen Klimaverhandlungen. Die Wirkung von Anpassungsmaßnahmen auf die Wahrscheinlichkeit des Zustandekommens einer effizienten Weltklimavereinbarung kann trotzdem positiv sein. Übertrieben hohe Erwartungen hinsichtlich der tatsächlichen Opferbereitschaft der Industrieländer in den weniger entwickelten Ländern lassen sich durch sichtbare und konsequent verfolgte Anpassungsstrategien abbauen. Dies trägt zur internationalen Konsensfindung bei.

Aufgaben des Staats bei der Anpassungsstrategie Bereitstellung der notwendigen Informationen für die einzelnen Bürger. Schaffung von stabilen Rahmenbedingungen, innerhalb derer die privaten Akteure Anpassungen an die Umweltveränderungen vornehmen können.