DGNR Stellungnahme zum Beitrag im Dt. Ärzteblatt: "Wingspan-Stent erhöht Schlaganfall-Risiko"

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Transkript:

Marius Hartmann, Olav Jansen für die Deutsche Gesellschaft für Neuroradiologie DGNR: Stellungnahme zum Beitrag im Dt. Ärzteblatt "Wingspan-Stent erhöht von Donnerstag, 8. September 2011 Chimowitz M, et al. Stenting versus Aggressive Medical Therapy for Intracranial Arterial Stenosis. N Engl J Med 2011;365:993-1003. published online September 7, 2011 Die SAMMPRIS-Studie ist bislang die einzige prospektiv randomisierte, multizentrische Studie, die bei Patienten mit symptomatischen arteriosklerotischen intrakraniellen Stenosen die Wirkung der endovaskulären Stenttherapie mit der intensivierten medikamentösen Therapie verglichen hat (Chimowitz et al). Am 5. April 2011, nach Einschluss von 451 (59 %) von ursprünglich 764 geplanten Studienpatienten, wurde die Studienrekrutierung gestoppt. Zu diesem Zeitpunkt lag die kombinierte Schlaganfall- und Todesrate 30 Tage nach Studieneinschluss für die endovaskuläre Gruppe bei 14,7% und für die medikamentöse Gruppe bei 5,8 %. Die Morbiditäts-/Letalitätsrate im medikamentösen Therapiearm war dabei substanziell niedriger als die ursprünglich erwartete Rate von 10,7%, die sich nach den Vorausberechnungen anhand historischer Kontrolldaten bei medikamentöser Therapie mit Azetylsalicylsäure (ASS) oder Marcumar ergeben hätte (Kasner et al; Zaidat et al). Die 30 Tage Morbiditäts- und Letalitätsrate im endovaskulären Arm lag mit 14,7% hingegen deutlich über der nach bisherigen endovaskulären Registerdaten zu erwarteten Rate von 5,2 9,6 %. Das Ergebniss dieser Studie wurde bereits vielfach in verschiedenen Fachkreisen aber auch vereinzelt in den öffentlichen Medien diskutiert und bedarf daher einer Stellungnahme und Einschätzung durch die Berufsgruppe der Neuroradiologen, die neben anderen intrakraniellen Interventionen die intrakranielle Stentbehandlung durchführt. In die SAMMPRIS-Studie wurden Patienten eingeschlossen, die bei Vorliegen einer intrakraniellen Stenose von > 70% erstmalig symptomatisch wurden. Das Einschlusskriterium ging also deutlich über das Niveau hinaus, das bisher in der Klinik für die Indikationsstellung zur intrakraniellen Stentangioplastie angewandt wird. Üblicherweise werden intrakranielle Stenosen erst behandelt, wenn die Patienten trotz medikamentöser

Therapie weiter symptomatisch sind (sog.medikamentöse Therapieversager) oder eine deutliche Zirkulationsstörung durch eine höchstgradige intrakranielle Stenose vorliegt. Die Wahrscheinlichkeit eines Rezidivereignisses ist insbesondere bei einer schlechten Kollateralsituation auf das Vierfache erhöht (Liebeskind 2011). Dieses bisherige Vorgehen spiegelt sich im Übrigen auch in den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) wider. Abweichend von diesen Kriterien wurde in der SAMMPRIS-Studie versucht, eine deutliche Indikationsausweitung für die Stentangioplastie zu erreichen und sie als Therapie der ersten Wahl zu etablieren. Die Fallzahlberechnungen und Erwartungswerte für die SAMMPRIS-Studie basierten im Wesentlichen auf den Daten der HDE (Humanitarian Use Device) -Studie [Bose et al.], einer technische Sicherheits- und Machbarkeitstudie mit überwiegend unkomplizierten Stenosen und folglich hoher technischer und prozeduraler Erfolgsrate. Der Vergleich mit dieser Studie in Hinblick auf die periinterventionellen Komplikationen ist sicher problematisch. Die bisherigen Kommentare und Stellungnahmen diskutieren daher auch v.a. die deutlich höher als erwartet ausgefallenen 30 Tages Schlaganfalls- und Todesraten im endovaskulären Therapiearm. Erste Ergebnisse von multizentrischen Registerstudien [NIH-Trial, US Multicenter Registry], spiegeln dagegen mehr das real world scenario wieder, kommen dem klinischen Alltag näher und zeigen ebenfalls im Vergleich zur HDE-Studie höhere technische und prozedurale Komplikationsraten. Verglichen mit den historischen Kontrolldaten der medikamentösen WASID-Studie, die eine Morbidity/Mortality (M/M) -Rate von 10,7% ermittelte bei Patienten mit symptomatischer intrakranieller Stenose, ist die MM-Rate im endovaskulären Arm der SAMMPRIS-Studie mit 14,7% nur mäßig erhöht. Eine weitere mögliche Erklärung für die höhere Komplikationsrate im endovaskulären Arm der SAMMPRIS-Studie im Vergleich zu anderen Studien (Kasner et al; Zaidat et al) und auch der HDE-Studie (Bose et al) ist in den Einschlusskriterien zu sehen. In die SAMMPRIS-Studie wurden Patienten mit einem Stenosegrad von > 70% eingeschlossen, die innerhalb der letzten 30 Tage eine TIA oder einen Schlaganfall im Versorgungsgebiet der stenotischen Arterie erlitten hatten. In die HDE-Studie und überwiegend auch in die Registerstudien wurden dagegen Patienten eingeschlossen, mit einem Stenosegrad von > 50% und einem Schlaganfall bzw. einer TIA im Versorgungsgebiet der stenotischen Arterie, die länger als 30 Tage zurückliegen konnten. Neu aufgetretene und kurze Zeit zurückliegende Schlaganfallsymptome sind aber ein Indiz für eine instabile bzw. verletzliche Plaque, die ein erhöhtes Interventionsrisko, d. h. Schlaganfallsrisiko bergen (Gray et al; Topakian et al) Die antithrombotische Medikation führt zu einer Stabilisierung der Plaque und kann damit möglicherweise das endovaskuläre Behandlungsrisiko senken. In die HDE-Studie wurden nur Patienten eingeschlossen, die trotz antithrombotischer Medikation erneut symptomatisch wurden.

Die Art der Komplikationen im interventionellen Arm der SAMMPRIS-Studie ist bislang unzureichend analysiert worden. Insbesondere ist unklar, ob es sich bei den 10 Fällen mit aufgetretenen Blutungskomplikationen um Gefäßverletzungen während der Prozedur oder Einblutungen in das Hirnparenchym als Folge der Reperfusion gehandelt hat. Die fehlende Angabe der wahrscheinlichen Ursache der übrigen periinterventionellen Schlaganfälle erschwert ebenfalls die Bewertung der Komplikationsrate. Ein ganz wesentlicher Punkt ist jedoch, dass im Vergleich zu allen anderen bisherigen Studien in der SAMMPRIS-Studie der Anteil an Patienten, die eine Stenose der Arteria cerebri media (ACM) aufwiesen, mit 41% in beiden Therapiearmen ausgesprochen hoch ist. Die ACM hat einen sehr kleinen Gefäßdurchmesser, ist für eine Stentangioplastie relativ distal gelegen und kann als rein intradural gelegenes Gefäß darüber hinaus ein höheres Therapierisiko aufweisen. Zudem treten an der ACM nicht selten auch Bifurkationsstenosen auf, die endovaskulär relativ schwer zu behandeln sind. Es gibt an der ACM auch häufiger nicht-atherosklerotische Pathologien, die eine Stenose verursachen können und ebenfalls mit der Stentangioplastie schwierig zu behandeln sind und gehäuft Rezidivstenosen aufweisen. Auch mit optimierten Stentsystemen ist es oft schwierig, manchmal unmöglich, diese Läsionen zu erreichen. Das WINGSPAN-Stent System ist zwar aufgrund seines Designs ein sehr flexibles System, das für die Anforderungen der komplexen Anatomie der Hals- und Hirnarterien entwickelt wurde. Erfahrene Neurointerventionalisten führen aber dennoch gerade an der ACM auch häufig nur Angioplastien ohne Stentimplantation durch (Marks et al). Im klinischen Alltag hat sich in vielen Interventionszentren bei der Indikationsstellung zur Stentangioplastie auch etabliert, zwischen den intra- und extradural gelegenen Stenosen und auch zwischen dem vorderen und hinterem Hirnkreislauf zu differenzieren.eine derartige Unterscheidung der Stenosen wurde in der SAMMPRIS- Studie nicht berücksichtigt. Die Tatsache, dass von den 244 Patienten des endovaskulären Therapiearms 15 (6,7%) keinen Stent erhielten, lässt darauf schließen, dass es sich häufiger um komplexe Stenosen und /oder eine schwierige Gefäßantomieverhältnisse gehandelt haben muss. Die erfahrenen Neurointerventionalisten hat das negative Ergebnis der SAMMPRIS-Studie nicht sonderlich überrascht. Die bisher geltenden, konservativ geprägten Indikationsstellungen zur intrakraniellen Stenangioplastie (medikamentöse Therapieversager; hochgradige hämodynamische Relevanz; insuffizenter Circulus Willisii) werden durch dieses Studienergebnis nicht beeinflußt. Allerdings gibt es auch keine Rechtfertigung zu einer generellen Indikationsausweitung der Therapie auf erstmalig symptomatische Stenosen, wie es von den Studieninitiatoren erhofft wurde. In der SAMMPRIS-Studie wurden übrigens 9 Patienten (4%) aus dem medikamentösen

Therapiearm wegen rezidivierender TIA trotz intensivierter medikamentöser Therapie mit PTA und Stent behandelt. Für diese Patienten ist die endovaskuläre Therapie mit Angioplastie und Stent daher weiterhin eine echte, meist die einzige alternative Therapieoption, da die Fortführung einer nachweislich unwirksamen Therapie auch dann nicht sinnvoll ist, wenn diese selbst vergleichsweise geringe Komplikationsraten aufweist. Ein schlechter Kollateralfluss erhöht das Risiko für einen erneuten Schlaganfall unter medikamentöser Therapie auf das mehr als Vierfache (Liebeskind 2011). Zum Zeitpunkt der Publikation der SAMMPRIS-Studie, waren noch nicht einmal die Hälfte der Patienten länger als ein Jahr nachkontrolliert worden. Die Rezidivschlaganfallsrate nach 30 Tagen im Versorgungsgebiet der stenotischen symptomatischen Arterie war in beiden Behandlungsarmen mit 13 Patienten gleich hoch. Der prozentuale Unterschied zwischen beiden Therapiearmen beruht auf der periprozedural erhöhten Komplikationsrate im endovaskulären Therapiearm. Ob die medikamentöse Therapie im Langzeitverlauf wirklich überlegen ist, bleibt noch abzuwarten. Eine nach SAMMPRIS teilweise diskutierte generelle Ablehnung des Stent-Eingriffs aufgrund eines zu hohen Risikos wird der Komplexität der Erkrankungen nicht gerecht. Die durch Katheterwechsel relativ komplexe WINGSPAN-Prozedur darf auch nicht als Abschluss der technischen Entwicklung endovaskulärer Stent- und Angioplastiesysteme angesehen werden. Neben der korrekten Indikationsstellung sind für die Zukunft bessere intrakranielle Stent-Systeme und Techniken erforderlich, um eine risikoärmere Behandlung zu gewährleisten. In jedem Fall ist nach Vorliegen der SAMMPRIS-Studie festzustellen, daß die Behandlung von Patienten mit intrakraniellen Stenosen sehr komplex ist und bleibt. Das gilt sowohl für die Indikationsstellung als auch für die eigentliche neurointerventionelle Therapie. Die Ergebnisse der SAMMPRIS-Studie zeigen einmal mehr, daß Patienten mit intrakraniellen Gefäßstenosen nur in spezialisierten neurovaskulären Zentren mit etablierten interdisziplinären Strukturen und erfahrenen endovaskulären Neuroradiologen behandelt werden dürfen.

Literatur: 1. Chimowitz M, et al. Stenting versus Aggressive Medical Therapy for Intracranial Arterial Stenosis. N Engl J Med 2011;365:993-1003. published online September 7, 2011 2. Kasner SE, Chimowitz MI, Lynn MJ, et al. Predictors of ischemic stroke in the territory of a symptomatic intracranial arterial stenosis. Circulation 2006;113:555-63. 3. Zaidat OO, Klucznik R, Alexander MJ, et al. The NIH registry on use of the Wingspan stent for symptomatic 70-99% intracranial arterial stenosis. Neurology 2008;70:1518-24. 4. Fiorella D, Levy EI, Turk AS, et al. USmulticenter experience with the Wingspan stent system for the treatment of intracranial atheromatous disease: periprocedural results. Stroke 2007;38:881-7. 5. Bose A, Hartmann M, Henkes H, et al. A novel, self-expanding, nitinol stent in medically refractory intracranial atherosclerotic stenoses: the Wingspan study. Stroke 2007;38:1531-7. 6. Gray WA, Yadav JS, Verta P, et al. The CAPTURE registry: predictors of outcomes in carotid artery stenting with embolic protection for high surgical risk patients in the early post-approval setting. Catheter Cardiovasc Interv 2007;70:1025-33. 7. Topakian R, Strasak AM, Sonnberger M, et al. Timing of stenting of symptomatic carotid stenosis is predictive of 30- day outcome. Eur J Neurol 2007;14:672-8 8. Mori T, Fukuoka M, Kazita K, Mori K. Follow-up study after intracranial percutaneous transluminal cerebral balloon angioplasty. AJNR Am J Neuroradiol 1998;19:1525-1533 9. Mori T, Kazitaa K, Chokyua K, Mimaa T and Moria K: Short-Term Arteriographic and Clinical Outcome after Cerebral Angioplasty and Stenting for Intracranial Vertebrobasilar and Carotid AtheroscleroticOcclusive DiseaseAm J Neuroradiol 2000; 21:249-254 10. Kurre W, Berkefeld J, Brassel F, Brüning R, Eckert B, Kamek S, Klein GE, Knauth M, Liebig T, Maskova J, Mucha D, Neumann-Haefelin T, Pilgram-Pastor S, Sitzer M, Sonnberger M, Tietke M, Trenkler J, Turowski B; INTRASTENT Study Group. In-hospital complication rates after stent treatment of 388 symptomatic intracranial stenoses: results

Powered by TCPDF (www.tcpdf.org) DGNR Stellungnahme zum Beitrag im Dt. Ärzteblatt: "Wingspan-Stent erhöht from the INTRASTENT multicentric registry. Stroke. 2010 Mar;41(3):494-8. 11. Marks MP, Wojak JC, Al-Ali F, Jayaraman M, Marcellus ML, Connors JJ, Do HM. Angioplasty for symptomatic intracranial stenosis: clinical outcome. Stroke. 2006 Apr;37(4):1016-20. 12. Liebeskind DS, Cotsonis GA, Saver JL, Lynn MJ, Turan TN, Cloft HJ, Chimowitz MI; Warfarin-Aspirin Symptomatic Intracranial Disease (WASID) Investigators. Collaterals dramatically alter stroke risk in intracranial atherosclerosis. Ann Neurol. 2011 Jun;69(6):963-74. Gröschel K, Schnaudigel S, Pilgram SM, Wasser K, Kastrup A. A systematic review on outcome after stenting for intracranial atherosclerosis. Stroke 2009, 40:e340 e347 Autoren: Prof. Dr. Marius Hartmann Institut für Neuroradiologie Helios Klinikum Berlin-Buch Prof. Dr. Olav Jansen Institut für Neuroradiologie Christian-Albrecht-Universität Kiel