Psychologische Stress-Modelle für Bearbeitung des Stromausfalls

Ähnliche Dokumente
Netzwerk Betriebe am 2. Juni 2014 Stress lass nach Umgang mit Stress?!

Meet The Expert - Bewältigungsstrategien. DGBS Jahrestagung Sep. 2017

Studie zu psycho-sozialen Aspekte eines lang anhaltenden Stromausfalls

1 Stresstheorien. Reaktionsbezogene Stresskonzeption. Situationsbezogene Stresskonzeption

Möglichkeiten und Grenzen der Stressbewältigung. Prof. Dr. Matthias Jerusalem Humboldt-Universität zu Berlin

»Wieso hat der jetzt kein Trauma?«

Umgang mit Stress und Angst im beruflichen Kontext. Definitionen Modelle - Bewältigung

Stressmodelle Informationsmaterial

Inhaltsverzeichnis. Überlegungen 117

Facebook als Copingstrategie - die Rolle des sozialen Netzwerkes bei der Stressbewältigung. 1. Einleitung Theoretischer Rahmen...

Ein wissenschaftlicher Blick auf Stress und Burn-out

Gewinner und Verlierer an der Hochschule. Zur Entwicklung gesundheitlicher Ressourcen im Studium

Lehrerkooperation unter Innovationsstress

Was kann man Kinder stärken? Beispiel

Rehazentrum Bad Dürrheim Klinik Hüttenbühl der Deutschen Rentenversicherung Bund. Vortrag zum Thema: Stress

Gewinner und Verlierer an der Hochschule. Zur Entwicklung gesundheitlicher Ressourcen im Studium

Unterrichtsmaterialien in digitaler und in gedruckter Form. Auszug aus: Emotionales Erleben und Emotionsregulation bei Jugendlichen

Einordnung in das Thema Lebenskompetenzen

Soziale Unterstützung

Stressbewältigung und Social Support in Facebook

1. Teil: Handeln & Zusammenarbeit zwischen ICH und WIR

kultur- und sozialwissenschaften

Krisen meistern Krisen meistern: Gefahr des Scheiterns und Chance des Neuanfangs

Motivation, Stress und Unfallrisiko

Lehrer-Schüler-Interaktion

Womit beschäftigt sich Resilienz?

Förderung psychosozialer Ressourcen durch sportliche Aktivität und ihre Bedeutung im Verlauf der Krankheitsbewältigung bei Krebs

Stressmanagement in der Krisenintervention: Definition, Aufgaben und Rollen

Stress als Herausforderung

5 Wirkungen und Folgen von Arbeit und psychischer Arbeitsbeanspruchung

Christel Salewski & Manja Vollmann Gesundheitspsychologische Modelle zu Stress, Stressbewältigung und Prävention/Gesundheitsförderung

Psychische Widerstandskraft (Resilienz) - Was hilft Menschen, Krisen zu bewältigen?

Gelassenheit in Balance bleiben. Silke Woit, Dipl. Psychologin

Erfolgreicher Widerstand. Alarmreaktion Widerstandsphase Erschöpfungsphase

Anne-Kathrin Bühl & Judith Volmer

Resilienz. Ein anderer Blick auf Verlustreaktionen. Aeternitas - Service - Reihe: Trauer. Aeternitas - Service - Reihe: Trauer

Stress Ein allgegenwärtiges Problem

1. Fachtagung Lehrkräftegesundheit; Martin Titzck / Cor Coaching GmbH

Medienstress durch Smartphones?

Nachbarschaften & nachbarschaftliche Beziehungen architekturpsychologische Betrachtung

Sehbeeinträchtigung und Bewältigung im Alter Im Alter eine Sehbehinderung erfahren Ergebnisse einer Vorstudie in Zusammenarbeit mit dem SZB

Stabilität und Veränderung psychologischer Aspekte im höheren Erwachsenenalter. Dr. Stefanie Becker

ignorieren, was ein IP meint: Hier können Sie ganz gezielt ansetzen! Wenn Sie Ihre Karriere so richtig in den Sand setzen wollen, dann sollten Sie

DIAGNOSTIK VON BEWÄLTIGUNGSVERHALTEN. Almuth Wendt

Stressbewältigung, Empathie und Zufriedenheit in der Partnerschaft

Distanz. Respekt. » Tod und Suizid in der Schule«Grundsätzliche Haltungen & Hintergründe. Das Kindchenschema

KRISE ALS CHANCE. Christine Calabrese Oberärztliche Leitung/ Akutambulanz (ZDK)

FOSUMOS Persönlichkeitsstörungen: Ein alternativer Blick. Felix Altorfer 1

Umgang mit herausforderndem Verhalten. Stuttgart, den Stefan Teich

Fatigue - die ständige Müdigkeit

Macht Supervision gesund? Untersuchung von Supervisoren und der Entwicklung von deren Ressourcen in ihrer Arbeitswelt.

Symposium Unabhängige Beratung für Menschen mit Behinderung Anspruch und Erwartungen. Peer Counseling

ERGOTHERAPIE BEI CHOREA HUNTINGTON

Mitarbeiter und Führungskräfte im Spannungsfeld zwischen Gesundheit und betrieblichen Anforderungen

Wie gehen (ältere) Menschen mit Veränderungen um?

Lebensqualität und Lebenszufriedenheit von Berufstätigen in der Bundesrepublik Deutschland: Ergebnisse einer repräsentativen Studie

Die therapeutische Beziehung

Tutorium zur Vorlesung Differentielle Psychologie

Also, ich habe Dauerstress!

Resiliente Organisationen - resiliente Mitarbeiter: Herausforderungen und Krisen als Entwicklungschancen nutzen

Stressbewältigung im Spitzensport: auf den Spuren der inneren Strategien

Stress als Risiko und Chance

Gesund von Anfang an

Probiers mal mit Gemütlichkeit

22 2 Stress. 2.2 Stresstheoretische Definitionskonzepte

Krankheitsbewältigung und Partnerschaft bei chronischen neurologischen Erkrankungen

Heldin/Held der eigenen Geschichte sein!

Leitfaden zur Risikoeinschätzung im Kontext von Kindeswohlgefährdung. ( 8a SGB VIII)

Ressourcen Merkmale, Theorien und Konzeptionen im Überblick

1.1 Gründe für Migrationsbewegungen

Fachtagung Gesunde Arbeitsförderung ressourcenorientiert!

Diese Untersuchung beschäftigt sich mit dem unterschiedlichen Krankheitsbewältigungsverhalten von arbeitslosen und berufstätigen Patienten und mit

KINDER BRAUCHEN (FRÜHE) BINDUNG

KINDER BRAUCHEN (FRÜHE) BINDUNG

Herzlich Willkommen : zum Impulsforum: Mit der Referentin: Constanze Blenig, Karlsruhe

Psychologische Aspekte der Trainings- und Wettkampfbelastung

Psychologie des Gesundheitsverhaltens

Zu viel Druck? Prävention bei Kindern und Jugendlichen. Dr. Kristina Wulf, Dipl.-Psych. Praxis Adrian Wulf, Köln

Formen, Risiken und Chancen der Partizipation von Kindern in Gutachten bei Gewalt in Familien Was ist notwendig, was sinnvoll, was zumutbar?

Aber ich hab doch Angst vor ihm! Kontakt nach Gewalt und das innere Erleben von Kindern

Emotionsarbeit und Positive Psychologie. Ein Stipendienantrag von Nikolai Wystrychowski & Stephanie Sievers

Therapiebedürftige Kinder und Jugendliche im Schulalter. Erfahrungen aus psychotherapeutischer Sicht und präventive Ansätze

Lebensqualität, Bedürfnisse und Capabilities

Lehrersein mit Leichtigkeit

Unterrichtsmaterialien in digitaler und in gedruckter Form. Auszug aus: Emotionales Erleben und Emotionsregulation bei Jugendlichen

Entwicklungspsychologie im Kindes- und Jugendalter

Basiskompetenzen eines Kindes bis zur Einschulung

Fakultät Erziehungswissenschaften, Forschungsgruppe Schulevaluation

Belasteter Geist - Gefährdeter Körper

13. Interventionen zur Vermeidung und Verringerung von Stress für Kinder und Jugendliche

Themenabend am : Aggression was tun? Referentin: A. Sewing. Definition Ursachen/ Auslöser Vorbeugung Deeskalation

Ressourcenförderung durch Sport und Bewegung in der Krebsnachsorge

Herzlich willkommen. Kinder und Jugendliche im Umgang mit Stress stärken. 14. März 2017 Cornelia Meierhans und Susanne Anliker

Inhaltsverzeichnis. Vorwort Inhaltsverzeichnis Abbildungsverzeichnis Tabellen... 21

Artgerecht eigenständig Ideen für starke Kinder und starke Nerven. Wien, , Nicola Schmidt

Wie gehe ich mit Suizidalität um? Dr. med. Barbara Hochstrasser, M.P.H. Chefärztin Privatklinik Meiringen

Heidi Eppel. Stress als. Risiko und Chance. Grundlagen von Belastung, Bewältigung und Ressourcen. Verlag W. Kohlhammer

AKADEMIE GESPRÄCHE 2010 Was motiviert uns gute Ärztinnen und Ärzte zu sein? Persönliche Motivationsfaktoren Berufserfahrungen Arzt Patienten Beziehung

Bewertung und Bewältigung von Zeitdruck

RESPEKTVOLLER UMGANG MIT KINDERN. Copyright: K. Larondelle

Transkript:

Psychologische Stress-Modelle für Bearbeitung des Stromausfalls Lazarus und Hobfoll

Richard Lazarus (1922-2002) Transaktionale Stressmodell

Ereignis Wahrnehmung Nein Erste Einschätzung: Ja Ist das, was gerade passiert, für mich in irgendeiner Hinsicht bedrohlich? Ja Zweite Einschätzung: Nein Bewältigungsverhalten Reichen meine persönlichen und die mir in der Umwelt zur Verfügung stehenden Möglichkeiten (Ressourcen) zur Bewältigung aus? Erfolg Misserf.

Zwei unterschiedliche Bewältigungsreaktionen problemlösende Anstrengung: das Verhalten zielt auf die Lösung des Problems hin emotionsregulierende Anstrengung: die palliative (schmerzlindernde) Funktion steht im Vordergrund: das Lindern der Belastungssymptome

Die Theorie der Ressourcenerhaltung und das multiaxiale Copingmodell COR-Theory = Conservation of Ressources Theory von Hobfoll

Paradigmenwechsel in der Stresstheorie Stressdefinition von Lazarus: Psychologischer Stress ist eine bestimmte Beziehung zwischen Individuum und Umwelt, die von der Person als entweder beanspruchend oder die eigenen Bewältigungsmöglichkeiten übersteigend bewertet wird. Das Individuum sieht das eigene Wohlbefinden durch diese Beziehung als gefährdet an. (Lazarus 1984: Stress, Appraisal, and Coping, S.19, Stressdefinition von Hobfoll: Stress tritt ein, wenn der Verlust der Ressourcen droht oder auftritt, die zur Aufrechterhaltung des Individuums selbst, dessen Familie oder des umfassenden Kontextes gedacht sind (Hobfoll, 2004,13)

Die Bedeutung der subjektiven Wahrnehmung wird nicht ignoriert, aber die Ressourcen werden als Schlüsselfaktoren für die Wahrnehmung und Bewertung hervorgehoben! Stress entsteht aus dem sozialen Kontext und ist stark an die spezifischen Bindungen von Menschen an ihre Familie, ihre Kultur und ihr Volk gekoppelt (s. individualistische oder kollektive Kulturen). Die Abhängigkeit von anderen bei der Stressbewältigung steht im Zentrum. Individuen wollen ihre sozialen Bindungen bewahren und schützen. Neben individuellen Ressourcen und Ressourcenmanagement muss auch den gemeinsamen Ressourcen und Ressourcenmanagement Rechnung getragen werden.

Klassifikation der Ressourcen Objektressourcen: physischer Natur, z.b. Kleidung, eigene Auto und Haus (materielle Dinge) Bewertung: äusserliche Beschaffenheit und/ oder sekundärer Status Bedingungsressourcen: beschreiben die Lage des Individuums in Bezug auf Familienstand, Alter, Gesundheit oder berufliche Position. Sie ermöglichen häufig den Zugang zu anderen Ressourcen. Persönliche Ressourcen: Fähigkeiten der Person (fachliche oder soziale Fähigkeiten) Persönlichkeitseigenschaften (z.b. Selbstwirksamkeit, Stressresistenz) Energieressourcen : z.b. Zeit, Geld und Wissen; sind beim Erwerb weiterer Ressourcen hilfreich.

Ressourcenverluste - Verlustspirale Ressourcenverluste werden als bedeutsamer erlebt als Ressourcengewinne Individuen mit wenigen Ressourcen sind vulnerabler für Ressourcenverluste und haben weniger Möglichkeiten, neue Ressourcen zu gewinnen. Verlustspiralen entwickeln sich schneller als Gewinnspiralen

Multiaxiale Copingmodell direkt passiv aktiv indirekt Prosozial Antisozial

Aktives und passives Coping: Aktiv: bezogen auf die Bewältigung der Probleme und den Aufbau von Ressourcen Passiv: kann sich durch Vermeidung und vorsichtiges Handeln (stets genau über die einzelnen Zusammenhänge und Konsequenzen informieren) zeigen Prosoziales und antisoziales Coping (in der Mitte der Skala steht die isolierte Handlung): Prosozial: meint das Ausmaß, in dem mit anderen interagiert wird; man bemüht sich um andere, bildet Teams und sucht ihre Hilfe Antisozial: es besteht die Intention, andere zu verletzen oder entstandene Verletzungen zu ignorieren; man setzt sich selbst auch auf Kosten anderer in eine bessere Position. Je nach kulturellem Kontext handelt es sich um eine erfolgsversprechende und durchaus akzeptierte Anpassungsstrategie. Versehentlich antisozial (instinktiv): man fügt anderen Schaden zu, ohne dies absichtlich zu wollen. Individuen können je nach Grad der Ausprägung ihrer Aktivität und Soziabilität eingeschätzt werden.

Direktes und indirektes Coping: Hier wird der soziokulturelle Kontext berücksichtigt. Indirekt: gemeint ist ein geschicktes, strategisch, diplomatisches Verhalten, das den Interaktionspartner nicht direkt zu etwas auffordert, ihm aber ermöglicht, ohne Gesichtsverlust Fehler zu korrigieren (z.b. werden Umweltbedingungen manipuliert); wird z.b. vom Statusniedrigen in asymmetrischen Beziehungen eingesetzt. Direkt: man kommt offen und ohne Umschweife zur Problembewältigung Im Rahmen des multiaxialen Copingmodells werden die Konsequenzen bestimmter Strategien thematisiert. Speziell aktive und prosoziale Bewältigungsstrategien führen zur Erhaltung von Ressourcen, andere Copingformen können hingegen bestehende Probleme verschlimmern oder neue hervorrufen (Hobfoll, 2004, 23)

Konzept der Stressübertragung Transfer von Belastungen und Ressourcen zwischen Individuen oder in größeren sozialen Einheiten Gemeinsamer Stress: alle Mitglieder der Dyade oder Gruppe sind vom Stress betroffen Fordern von Unterstützung: Schwächere Mitglieder beuten stärkere aus, bis diese am Ende ganz erschöpft sind; die Möglichkeit zur emotionalen Distanzierung fehlt. Stressansteckung: hier gilt: Empathie als Infektionsweg für Stress, d.h., je größer die Empathie, desto größer auch die Ansteckung. Ressourcenabzug: Ressourcen, die eigentlich für eine Gruppe (z.b. Familie) bestimmt waren, werden von dieser abgezogen und in einen anderen Bereich (z.b. Arbeit) investiert. Selbstabsorption: die Person setzt Ressourcen ein, um sich selbst zu schützen und damit stehen diese nicht mehr für andere zur Verfügung.