Hämoglobinopathien eine Langzeitstudie über vier Jahrzehnte Elisabeth Kohne, Enno Kleihauer

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Transkript:

ORIGINALARBEIT Hämoglobinopathien eine Langzeitstudie über vier Jahrzehnte Elisabeth Kohne, Enno Kleihauer ZUSAMMENFASSUNG Hintergrund: Hämoglobinopathien zählen zu den häufigsten Erbkrankheiten der Weltbevölkerung mit hoher Prävalenz im Mittelmeerraum, in Afrika und in Asien. Durch die Zuwanderung von Millionen Menschen aus den Endemiegebieten nach Mitteleuropa ist die medizinische Bedeutung dieser ursprünglich in Deutschland seltenen Krankheitsgruppe stark angestiegen. Methoden: In einer Langzeitstudie (97 7) wurden 6 Hämoglobinanalysen durchgeführt und retrospektiv ausgewertet. Klinische und hämatologische Details der Patienten wurden von den Einsendern mitgeteilt. Die Charakterisierung der Hämoglobindefekte erfolgte mit hämatologischen und proteinchemischen Methoden sowie seit Mitte der 98er-Jahre in ausgewählten Fällen auch mittels DNA-Analysen. 7 % der Untersuchungen betrafen Patienten mit Migrationshintergrund, 7 % deutsche Patienten. Ergebnisse: Bei 4 8 Personen (4 %) des Kollektivs wurde eine Hämoglobinopathie nachgewiesen. In den meisten Fällen (5 798 [5,6 %]) handelte es sich um Thalassämie-Syndrome, an zweiter Stelle standen die Hb-Anomalien (8 4 [8,%]). Mit den Ergebnissen wird erstmals ein größerer Überblick vermittelt über Vorkommen, Spektrum und geographische Verbreitung der Hämoglobinopathien in Deutschland. Schlussfolgerungen: Die vorliegenden Daten zeigen, dass Hämoglobindefekte ein relevantes Problem bei der heute in Deutschland lebenden darstellen. Es handelt sich nicht um eine epidemiologische Studie, so dass die Repräsentativität der Daten schwer einzuschätzen ist. Die bemerkenswerte genetische und klinische Variabilität erfordert spezialisierte analytische Labormethoden, um eine korrekte Diagnose zu gewährleisten, die als Grundlage für optimale therapeutische Entscheidungen dient. Zitierweise: Dtsch Arztebl Int ; 7(5): 65 7 DOI:.8/arztebl..65 Klinik für Kinder und Jugendmedizin, Hämoglobinlabor Universitätsklinikum Ulm: Prof. Dr. med. Kohne, em. Prof. Dr. med. Kleihauer Hämoglobinopathien zählen zu den häufigsten Erbkrankheiten der Weltbevölkerung. Etwa 4,5 % der Menschen sind Anlageträger einer Thalassämie oder Hb-Anomalie (, e6). Die ursprünglichen Hauptverbreitungsgebiete erstrecken sich von Afrika über den Mittelmeerraum, den Nahen und Mittleren Osten bis nach Südostasien und in den indischen Subkontinent. Von dort ausgehend hat die globale Völkerwanderung der Neuzeit eine kontinuierliche Verbreitung in alle Welt bewirkt, mit rasch steigender Tendenz auch in die industrialisierten Regionen Nord- und Mitteleuropas hinein (4, 5, 7, e6). Ein Merkmal der sich verändernden, multiethnisch geprägten in Deutschland ist der Anteil an 5 Millionen Einwohnern mit Migrationshintergrund (). Mehr als 9 Millionen der zugewanderten Einwohner stammen nach WHO-Kriterien aus Hämoglobinopathie-Risikoländern mit einer je nach Region 5- bis mehr als -prozentigen Prävalenz heterozygoter Anlageträger (, ). Rein rechnerisch dürften etwa 4 der heute in Deutschland lebenden Menschen Hämoglobinopathie-Genträger sein. Exakte Angaben zur Epidemiologie sind bislang nicht verfügbar, weil keine systematischen Untersuchungen zur Erfassung der Anlageträger, auch nicht der manifest erkrankten Patienten, durchgeführt wurden. Die Erkrankungen, die infolge einer gestörten Bildung von Hämoglobin (Hb) entstehen, lassen sich in zwei Gruppen einteilen: die Thalassämie-Syndrome die Hämoglobinopathien im engeren Sinne, das heißt, Hämoglobinstrukturvarianten; eine geläufige Bezeichnung ist Hb-Anomalien (4, 6, 7). In der Ärzteschaft wird die Krankheitsgruppe der Hb-Anomalien seit einigen Jahren mit zunehmender Aufmerksamkeit verfolgt und es wird erkannt, dass dieser Problematik ein fester Platz in der Patientenversorgung gebührt. Ein zahlenmäßig belegter Überblick bezüglich Vorkommen, Spektrum und geographischer Verbreitung der Hb-Defekte ist daher auch für praktisch tätige Mediziner nützlich. Methoden Grundlage der vorliegenden Analyse ist die retrospektive Auswertung von Labordiagnosen, die in den Jahren von 97 bis 7 (jeweils einschließlich) im Hämoglobinlabor der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendmedizin Ulm erstellt wurden. Mit EDTA ver- Deutsches Ärzteblatt Jg. 7 Heft 5 5. Februar 65

KASTEN Indikationen für Hämoglobinanalysen Anämien, erythrozytäre Hypochromien und/oder Mikrozytosen nach Ausschluss eines Eisenmangels chronisch-n durch Medikamente induzierte Anämien Gefäßverschlusskrisen ungeklärter Ätiologie bei Patienten aus HbS- und/oder HbC-Verbreitungsgebieten hämatologisch bedingte Zyanosen Polyglobulien/n ungeklärter Ätiologie fetale und neonatale Anämien präventive Fragestellungen Schwangerenscreening Partnerdiagnostik Pränataldiagnostik Familienuntersuchungen setzte Blutproben waren von Ärzten in Kliniken und Praxen aus der gesamten Bundesrepublik an das Labor eingesandt worden. Auftraggeber waren hauptsächlich Allgemeinärzte, Pädiater, Internisten, Laborärzte, Humangenetiker und Frauenärzte. Das Untersuchungsmaterial stammte von Patienten mit unterschiedlichen hämatologischen Befunden, die jeweils differenzialdiagnostisch Hämoglobinkrankheiten vermuten ließen. Die Erfassungskriterien zum Migrationshintergrund, dem Herkunftsland beziehungsweise dem ethnischen Ursprung sowie das Alter und Geschlecht der Patienten wurden aus den Begleitschreiben entnommen, ebenso die hämatologischen und klinischen Basisdaten. Wenn in einem Teil der Fälle die Angaben zum Herkunftsland fehlten, wurde die Zuordnung aufgrund der Patientennamen vorgenommen, soweit diese einen plausiblen Rückschluss erlaubten. Sämtliche Untersuchungsergebnisse wurden Jahr für Jahr durch retrospektives Auswerten der archivierten Patientenakten sowie der sorgfältig geführten Laborbücher dokumentiert, gezählt und tabelliert. Unvollständige Daten wurden über telefonisches Nachfragen und Einholen von Arztbriefen nachgetragen. Grundangaben zu Alter und Geschlecht wurden innerhalb dieser Arbeit nicht ausgewertet. Zur Abgrenzung der Immigranten von den deutschstämmigen Patienten wurden diejenigen als Einwanderer klassifiziert, deren Herkunft einem der Länder entsprach, die in den Tabellen des Statistischen Bundesamtes unter dem Begriff Migrationsstatus aufgelistet waren (). Die hauptsächlichen Fragestellungen zur Blutfarbstoffuntersuchung betrafen hypochrome, mikrozytäre Anämien nach Ausschluss eines Eisenmangels und ursächlich unklare Hämolysen. Eine vollständige Indikationsliste befindet sich in Kasten. Die analytischen Methoden des Labors umfassten ein großes, im Laufe der Zeit regelmäßig erneuertes Repertoire an speziellen hämatologischen, Proteinchemischen (Elektrophoresen, Chromatographien), funktionsanalytischen (zum Beispiel O -Affinität) und molekulargenetischen Untersuchungsverfahren. Ausführliche methodische Einzelheiten wurden mehrfach veröffentlicht (4 6) und werden im Internet (esupplement) zur Verfügung gestellt. Bereits ab den 98er-Jahren waren die methodischen Entwicklungen des Labors abgeschlossen. Modifikationen ergaben sich durch apparative Modernisierungen und Vereinfachungen. Wesentliche Änderungen im Bezug auf Sensitivität und Spezifität konnten vermieden werden. Die Qualitätssicherung basierte auf der langjährigen Mitarbeit in amerikanischen und englischen Hämoglobinopathie-Zentren (. ICSH-Expert Panel Ab Hemoglobins, University of Texas, Medical Branch Gulveston, Texas and Center for Disease Control, Atlanta Georgia USA [975].. Studiengruppe Basic Laboratory Methods of Hemoglobinopathie Detection, Dept. of Cell and Mol Biology, Augusta, Georgia USA [99].. ICSH-Projekt Estimations of fetal haemoglobin, Royal Postgraduate Medical School London [99]) sowie auf der Teilnahme an den deutschen Ringversuchen von Instand e.v. Im Rahmen wissenschaftlicher Projekte wurden viele der zuvor im eigenen Labor diagnostizierten Thalassämie-Syndrome und Hb-Anomalien durch den Nachweis der jeweiligen Gendefekte zusätzlich gesichert (, ). Ergebnisse Die wichtigsten Ergebnisse der Langzeitstudie sind in Tabelle zusammengestellt. Insgesamt wurden 6 Blutproben untersucht. Etwa drei Viertel stammten von Erwachsenen, ein Viertel von Kindern aller Altersstufen. Bei 4 8 Patienten (4, %) ergab die Hb-Analyse pathologische Befunde. Erwartungsgemäß entfiel der Hauptanteil von 9,6 % auf Patienten mit Migrationshintergrund. Die Thalassämie-Syndrome waren mit 5,6 % die größte Gruppe, wohingegen die anomalen Hb-Varianten, allen voran die Sichelzellsyndrome, bei 8,4 % der Patienten gefunden wurden. Der Anteil positiver Diagnosen bei den Deutschen lag bei immerhin 4,4 % des vorselektierten Kollektivs. Eine Klarstellung und Abschätzung der Abdeckung kann mit den vorliegenden Daten nicht geleistet werden. Nicht auszuschließen ist die Möglichkeit, dass sich unter den angeblich deutschstämmigen Patienten vereinzelt Individuen mit Migrationshintergrund befanden, zum Beispiel aus Familien mit lange zurückliegender Einwanderung. Die Ursprungsländer der Patienten und deren geographische Verbreitung in Deutschland werden in den egrafiken und im Internet veranschaulicht. 66 Deutsches Ärzteblatt Jg. 7 Heft 5 5. Februar

Thalassämie-Syndrome β-thalassämien: Zugewanderte Von den verschiedenen Thalassämieformen werden in mitteleuropäischen Breiten vorwiegend die β-thalassämien beobachtet (Tabelle ). Diese waren bei 9 67 (6,7 %) aller Fälle mit Migrationshintergrund bei der Anämiediagnostik nachweisbar. Die Mehrzahl der Patienten stammte aus den südeuropäischen Mittelmeerländern und der Türkei. An erster Stelle steht die klassische heterozygote β-thalassämie (= β-thalassaemia minor) mit 8 Fällen (9, %). Auffällig war im übrigen die Heterogenität der diagnostizierten β-thalassämien mit einem breiten Spektrum an differenten β-thalassämischen Formen. An zweiter Stelle der Häufigkeit steht mit 858 Fällen die β-thalassaemia major, die bekanntlich zu den schwersten Manifestationsformen der Hämoglobinopathien überhaupt gehört (4, 6, ). β-thalassämien: Einheimische Bei deutschstämmigen Patienten nimmt die β-thalassaemia minor zahlenmäßig den ersten Platz ein (Tabelle ). Sie war bei 69 (,7 %) aller ein - heimischen untersuchten Patienten nachweisbar. Zusätzlich wurden bei zwei deutschstämmigen Pa - tienten β-thalassaemia-intermedia-varianten gesehen. Bei 7 deutschen Personen mit hämatologischen Merkmalen einer Thalassaemia minor wurde ein anomales Hämoglobin vom Hb-Lepore-Typ nachgewiesen. Bei Patienten fand sich eine δβ-thalassämie, die zunächst durch Familienuntersuchungen, in den letzten Jahren durch Genanalysen bewiesen wurde. α-thalassämien: Zugewanderte Veröffentlichungen über das Vorkommen von α-thalassämien in Deutschland beschränkten sich bislang auf Berichte über Einzelpersonen und/oder Familien. Bis Mitte der 99er-Jahre waren im eigenen Labor 5 Patienten mit gesicherten α-thalassämien gefunden worden (, 6). In den letzten Jahren bis Ende 7 ist die Zahl der diagnostizierten Fälle sprunghaft auf 468 angestiegen, bedingt durch den vermehrten Zustrom von Menschen aus asiatischen Ländern, vor allem aus Südostasien. Die meisten α-thalassämie-träger hatten eine heterozygote α-thalassämie. In 48 Fällen fanden die Autoren eine HbH-Krankheit, bei 9 Patienten ein Hb-Constant- Spring und bei Neugeborenen die schwerste, letal verlaufende homozygote α o -Thalassämie, die unter der klinischen Bezeichnung des Hb Bart s hydrops fetalis syndrome bekannt ist. α-thalassämien: Deutsche Das Vorkommen der α-thalassämie bei Deutschen ist selten, aber nicht unbekannt (6). Die bisher bei den Autoren beobachtete Anzahl Patienten summiert sich auf 4 Fälle (Tabelle ), davon 4 mit einer Hb-Krankheit. TABELLE Hämoglobinopathien in der Ulmer Langzeitstudie: Überblick Untersuchungen Untersuchungen insgesamt Hämoglobinopathien insgesamt Manifestationsformen der Hämoglobinopathien Thalassämie-Syndrome β-thalassämien α-thalassämien Hämoglobin-Strukturanomalien (Hb-Anomalien) Weltweit häufige Anomalien (HbS-Anomalien) HbE, HbC, HbD weltweit seltene Anomalien Gesamtzahl (Anteil %) 6 () 4 8 (4,) 5 798 (5,6) (,) 468 (,4) 8 4 (8,4) 6 5 (6,) 465 (,5) 74 (,7) Zugewanderte 7 65 (7,) 9 784 (9,6) 89 (9,7) 9 67 (6,7) 54 (,) 7 89 (,7) 6 5 (8,5) (,8) 7 (,5) Anomale Hämoglobine Weltweit häufige Hb-Anomalien: Zugewanderte Am häufigsten, und zwar bei insgesamt 6 5 (6, %) aller untersuchten Patienten fanden die Autoren in dieser Kategorie das Sichelzell-Hämoglobin. Mit dem Anstieg der Einwanderung nach Deutschland in den letzten Jahrzehnten, besonders durch die Immigranten aus der Türkei, aus Afrika, Arabien und Asien, haben die Sichelzellsyndrome erheblich zugenommen. Nahezu die Hälfte, das heißt 85 der HbS-Patienten (Tabelle ), war an der schwergradigen Form der Sichelzellkrankheit in ihren unterschiedlichen genetischen beziehungsweise klinischen Ausprägungen mit Gefäßverschlusskrisen und Hämolyse erkrankt. Die andere Hälfte entsprechend 4 Patienten formierten asymptomatische heterozygote HbS- Träger. An zweiter Stelle der Häufigkeitsskala anomaler Hämoglobine bei den Migranten stehen mit 6 Beobachtungen die HbE-Syndrome (Tabelle ). Von den betroffenen Patienten hatten annähernd ein Drittel eine HbE-Homozygotie. Hierbei handelt es sich um eine klinisch leichte, hypochrom-mikrozytäre Anämie, die sich nach Einnahme von Medikamenten oder bei Virusinfekten hämolytisch verstärken kann. Die heterozygote HbE-Anomalie machte sich als geringe Anämie und variable Hypochromie bemerkbar. Ein ebenso hoher Anteil betraf HbE-Kom - binationsformen insbesondere mit α- und β-thalas- Deutsche 7 6 (6,8) 4 444 (4,4) 97 (4,5) 69 (,7) 4 (,8) 57 (,) () 4 (,5) 4 (,5) Hb, Hämoglobin; HbS, Sichelzellhämoglobin Deutsches Ärzteblatt Jg. 7 Heft 5 5. Februar 67

TABELLE Hämoglobinopathien in der Ulmer Langzeitstudie: Thalassämie-Syndrome Häufigkeit und Formen der Thalassämie-Syndrome β-thalassämien β-thalassaemia minor β-thalassaemia major β-thalassaemia intermedia δβ-thalassämien Hb-Lepore-Syndrome Hereditäre HbF-Persistenz α-thalassämien α-thalassaemia minor HbH-Krankheit Hb Constant-Spring Hb Bart s Hydrops-fetalis-Syndrom Gesamtzahl (Anteil %) () 555 (9,4) 86 (,7) 96 (,4) 55 (,) 58 (,) 45 (,) Gesamtzahl (Anteil %) 468 () 94 (84,8) 6 (4,7) 9 (,4) (,) Zugewanderte 9 67 (84,) 8 (9,) 858 (4,4) 94 (,5) (,) (,6) 4 (,) Zugewanderte 54 (9,) 894 (84,) 48 (5,4) 9 (,4) (,) Deutsche 69 (5,8) 454 (9,5) (,8) (,5) (,6) 7 (5,6) 5 (,) Deutsche 4 (8,7) (9,5) 4 (6,5) (,) (,) Hb, Hämoglobin; HbF, fetales Hämoglobin sämien. Die Patienten stammen vor allem aus Indonesien, Indien, Thailand, Burma und Malaysia, aber auch aus den früheren UDSSR-Ländern wie Tadjikistan oder Turkmenistan. An dritter Stelle der Häufigkeit anomaler Hämoglobine steht das HbC (55 Patienten), das mit besonders hohen Heterozygoten-Frequenzen in Westafrika vorkommt. Von Westafrika aus begann die Verbreitung von HbC in alle Welt. Die homozygote HbC-Krankheit geht mit einer leichten bis mittelschweren hämolytischen Anämie einher; bei der HbC-Heterozygotie findet man keine hämatologischen Veränderungen. In Tabelle werden besonders im Zusammenhang mit den HbS- und HbE-Anomalien die Kombinationsformen verschiedener Hämoglobinopathien, zum Beispiel HbSC, beziehungsweise mit Thalassämien, zum Beispiel HbE/α-Thalassämie, angegeben. Diese manifestieren sich als primäre, genetisch determinierte Mehrfacherkrankungen mit vielfältigen Erscheinungsbildern und sind relativ häufig, weil viele der Hb-Defekte in den gleichen Populationen vorkommen und oft gemeinsam vererbt werden. Weltweit häufige Hb-Anomalien: Deutsche Von den weltweit häufigen Hb-Anomalien sind bislang in der deutschen weder das HbS noch das HbC beobachtet worden, auch nicht in der Nachkommenschaft aus partnerschaftlichen Verbindungen von Deutschen und Migranten. Demgegenüber fanden die Autoren 84 heterozygote HbE-Träger deutscher Abstammung (Tabelle ). Schon ab den 97er-Jahren fielen den Autoren die ersten HbD-Anomalien bei deutschen Personen auf (). Es handelt sich hauptsächlich um die Varianten HbD Punjab und HbD Ibadan. Weltweit seltene Hb-Anomalien Vollständige Listen der im eigenen Labor gefundenen seltenen Hb-Anomalien in der deutschen und in der zugewanderten sind in den etabellen e und e im Internet aufgeführt. Bei den pathologischen (krankmachenden) Hb- Defekten handelte es sich in vielen Fällen um schwere hämatologische Erkrankungen, jeweils mit ausgeprägten, nicht selten transfusions- oder anderweitig therapiebedürftigen Anämien. Auf einige Ergebnisse soll besonders hingewiesen werden: Die größte einheitliche Gruppe der seltenen Hämoglobinopathien bilden in der vorliegenden Untersuchungsserie die instabilen Hämoglobine, allen voran das Hämoglobin Köln beziehungsweise die Hb-Köln-Krankheit (hämolytische Heinz-Körper- Anämie). Hiervon waren deutsche beziehungsweise 5 ausländische Patienten betroffen. An zweiter Stelle der Häufigkeit klinisch relevanter, seltener Hb-Anomalien stehen die Formen mit Störungen der Sauerstofftransportfunktion des Blutes, die sich mit n meist mittleren Schweregrades bemerkbar machen. Nach wie vor an dritter Stelle stehen die patho - logischen Methämoglobine (HbM-Anomalien). Der Prototyp, das Hb Hörlein-Weber, benannt nach den Entdeckern, wurde als weltweit erste Blutfarbstoff - anomalie überhaupt bereits 948 in Deutschland identifiziert (4). Diskussion In Deutschland wurden die ersten Hb-Analysen zur Entdeckung und Identifizierung anomaler Blutfarbstoffvarianten und Thalassämie-Syndrome von dem pädiatrischen Hämatologen K. Betke und seinem Mitarbeiter E. Kleihauer bereits 959 in Freiburg durch - geführt. Damit wurde der Aufbau eines neuen hämatologischen Spezialgebietes initiiert (5, 6). Über viele Jahre wurden die entsprechenden Erkrankungen als exotische Besonderheiten betrachtet (7,, ). Durch die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit wird erstmals ein zahlenmäßig größerer Überblick über Vorkommen und Spektrum der Hämoglobinopathien bei der heute in der Bundesrepublik lebenden vermittelt. Es muss aber betont werden, dass diese Untersuchungen nicht die Kriterien einer epidemiologischen Studie erfüllen und insofern nicht repräsentativ 68 Deutsches Ärzteblatt Jg. 7 Heft 5 5. Februar

sind, sondern dass sie allein auf Labordiagnosen eines größeren Patientenkollektivs mit hämatologischen Erkrankungen basieren. Es ist nicht auszuschließen, dass angeblich deutschstämmige Patienten doch einen Migrationshintergrund aufweisen und andersherum. Mit dem Nachweis von mehr als betroffenen Personen, entsprechend 4 % von rund Probanden, kann hinreichend belegt werden, dass Hämoglobinkrankheiten in der stark durch Zuwanderung geprägten deutschen, ein relevantes Thema der Medizin darstellen. Zur Frage der Häufigkeit könnte man rechnerisch zu folgenden Schätzwerten gelangen: In Deutschland leben heute etwa 9 Millionen Menschen, die ursprünglich aus den Hauptverbreitungsgebieten der Hämoglobinopathien stammen, mit einer mittleren Prävalenz von 4,5 % Genträgern (,, e6). Daraus ergäbe sich in der hiesigen Wohnbevölkerung ein Anteil von circa 4 Personen als potenzielle Hämoglobinopathie- Genträger. Konsequenzen für die Migranten Die Häufigkeit, Verbreitung und Vielfalt der Hämoglobinopathien haben sich im Laufe der Zeit verändert. Neue Entwicklungen ergaben sich in den letzten Jahren daraus, dass zusätzlich zu den frühen Migranten aus dem Mittelmeerraum viele Menschen aus afrikanischen, arabischen und asiatischen Ländern zuwanderten. Infolgedessen ist nicht nur die Zahl sondern auch die genetische und klinisch-hämatologische Heterogenität der Hämoglobindefekte enorm angestiegen. Ein bemerkenswertes Beispiel ist die starke Zunahme der HbE-Anomalien und der α-thalassämie, beides Hb- Defekte mit großer Häufung in Südostasien und China. Als praktische Konsequenz ergibt sich die Notwendigkeit, zuvor unbekannte diagnostische, therapeutische und präventivmedizinische Aufgaben zu bewältigen. In jedem Fall ist eine differenzierte Aufschlüsselung der Thalassämie-Typen beziehungsweise der Hb-Varianten im Speziallabor als Grundlage für die Erstellung der Therapiekonzepte erforderlich. Die Betreuung betroffener Patienten erfordert eine enge Kooperation vom Hausarzt mit einer Reihe von Spezialdisziplinen (Internist, Kinder- und Jugendarzt, diagnostisch und klinisch spezialisierter Hämatologe, Molekular- und Humangenetiker, Gynäkologe, Arbeitsmediziner, psychosoziale Dienste). Leitlinien stehen sowohl für die Patienten als auch für die Erwachsenenmedizin zur Verfügung (www. uni-duesseldorf.de/awmf/ll/5 6.htm/-7.htm). Eine approximative Kalkulation ergibt folgende Größenordnung dauerhaft therapiebedürftiger Hämoglobinkranker: Addiert man allein die in der vorliegenden Langzeitstudie in den letzten beiden Jahrzehnten diagnostizierten Fälle von β-thalassaemia major, dominanten thalassämischen Hämoglobinopathien, schwer verlaufenden α-thalassämieformen, Sichelzellsyndromen sowie HbC- und HbE-Krankheiten, ergibt sich die Zahl von mehr als dokumentierten Patienten mit dem Bedarf einer lebenslangen, intensiven ärztlichen Betreuung. TABELLE Hämoglobinopathien der Ulmer Langzeitstudie: Hb-Anomalien Häufigkeit und Formen der Hb-Anomalien weltweit häufige Hb-Anomalien HbS insgesamt HbAS Sichelzellkrankheit HbSS, HbSC, HbSO, HbSE, HbS-Lepore, HbS/β-Thal., HbS/α-Thal., HbS/HbH HbE HbEE, HbAE, HbE/β-Thal., HbE/α-Thal., HbE/HbH HbC HbCC, HbAC, HbC/β-Thal., HbC/α-Thal. HbD Punjab, Iran, Ibadan, Ouled Rabah, Los Angeles, Camperdown, Neath weltweit seltene Hb-Anomalien instabile Hämoglobine HbM-Varianten Hb Varianten mit n ( O -Affinität) Hb-Varianten mit falsch hohem HbA c (Hb Okayama etc.) sonstige Varianten KASTEN Gesamtzahl (Anteil %) 6 5 (7,8) 4 (7,) 85 (6,6) 697 (8,) 55 (6,) 4 (,9) Gesamtzahl (Anteil %) 94 (,) 54 (,6) 47 (,5) 5 (,4) 4 (4,9) Hämoglobinopathie-Vorsorge in der Frauenheilkunde Zugewanderte 6 5 (78,9) 4 (9,8) 85 (9,) 6 (7,8) 55 (6,7) 9 (,4) Zugewanderte 5 (,6) (,) 5 (,6) (,) 69 (,7) Deutsche () () () 84 (5,6) () 5 (9,) Deutsche 4 (6,6) 4 (8,) 4 (7,8) 4 (6,) 4 (6,) HbS, Sichelzellhämoglobin, Thal., Thalassämien; Hb, Hämoglobin Probanden alle Schwangeren aus Risikopopulationen, im positiven Fall auch der Partner alle Partner mit genetisch belasteter Familienanamnese Maßnahmen Blutbild mit Eisenstatus Hämoglobinanalyse, im positiven Fall: DNA-Analyse beider Partner genetische Beratung Pränataldiagnostik mittels fetaler DNA-Analyse aus Chorionzotten Deutsches Ärzteblatt Jg. 7 Heft 5 5. Februar 69

Konsequenzen für die deutschstämmige Mit dem Beleg einiger tausend Thalassämien und einiger hundert anomaler Hämoglobine konnte bestätigt werden, dass Blutfarbstoffdefekte wie in allen nicht endemisch betroffenen Populationen regelmäßig nachgewiesen werden. Es gilt jedoch weiterhin, dass sie in diesen Populationen selten vorkommen. Für Einwanderer und Deutsche sollte die Diagnostik generell und hinsichtlich des Prozedere in jedem Fall auf klaren Indikationen und Fragestellungen aufgebaut sein. Nicht sinnvoll und wirtschaftlich bedenklich ist die zunehmend praktizierte ungezielte Blutfarbstoffanalyse oder sogar DNA-Analyse bei jedem Patienten zur Anämieabklärung, gleichsam als Schrotschuss-Automatismus. Die Bewertung von Blutbild und Eisenhaushalt bei den hypochromen Anämien und die Basis-Hämolyse-Diagnostik bei hämolytischen Anämien stehen vor einer Hb-Analyse. Als einfache Regel für deutsche Patienten ist festzuhalten, dass nur bei jeder anderweitig nicht klärbaren hämolytischen Anämie an ein instabiles Hb, zum Beispiel Hb Köln gedacht werden sollte. Bei jeder eindeutig hämatologisch bedingten nach Ausschluss der Polycythaemia vera sollte ein pathologisches Hämoglobin mit erhöhter Sauerstoffaffinität in Betracht gezogen werden und bei nicht durch einen Eisenmangel bedingten hypochromen Anämien ein Thalassämie-Syndrom. Resümee Zweifelsohne haben die wissenschaftlichen und vor allem auch die praktisch-medizinischen Kenntnisse über die Hämoglobinopathien auch in Deutschland zugenommen. Wünschenswerte Verbesserungen gibt es jedoch auf vielen Gebieten. Im Bereich der Diagnostik wären das etwa eine stärkere Orientierung an den empfohlenen Richtlinien zur hämatologischen und molekulargenetischen Untersuchung (4, 5, 7 9) der Erkrankten und der heterozygoten Anomalieträger. Auch wären Optimierungen in der genetischen Beratung der Betroffenen erstrebenswert. Besonders in der Geburtshilfe ist die große Zahl der asymptomatischen Trägerinnen eine besondere Herausforderung (Richtlinien siehe Kasten ). Für therapeutische Entscheidungen wird auf die oben angegebenen Leitlinien und einige neuere Publikationen verwiesen (,, 5). Ziel dieser Arbeit ist eine Steigerung der Kenntnisse vor allem für die praktische Medizin. Sie ist auch ein Angebot zur Orientierung hinsichtlich der zahlreichen und verschiedenartigen im deutschen Vielvölkerstaat eingebürgerten Hämoglobindefekte und zur Bewältigung der Probleme mit den dadurch bedingten Erkrankungen. Die Autoren widmen diese Arbeit Herrn Prof. Dr. med. Dr. hc. K. Betke zum 95. Geburtstag. KERNAUSSAGEN Die Häufigkeit von Hämoglobinopathien hat in Deutschland stark zugenommen und steigt tendenziell weiter an. Etwa 4,8 % aller heute in Deutschland lebenden Menschen sind Hämoglobinopathie-Genträger. Am weitesten verbreitet sind Thalassämie-Syndrome, allen voran die β-thalassämien. Durch vermehrte Zuwanderung aus asiatischen Ländern ist in den letzten Jahren auch die Zahl an α-thalassämien erheblich angestiegen. Im Rahmen der Diagnostik angeborener Anämien kann bei bis zu 9,7 % der Immigranten mit einer Thalassämie gerechnet werden. Zahlenmäßig an zweiter Stelle der Häufigkeit stehen die Hämoglobin-Strukturanomalien (Kurzbezeichnung Hb- Anomalien), unter denen vor allem die Sichelzellkrankheiten und die HbC- und HbE- Anomalien bedeutsam sind. Der Anteil der schwer an einer Hämoglobinopathie erkrankten, dauerhaft behandlungsbedürftigen Immigranten dürfte inzwischen mehr als betragen. Auch bei deutschstämmigen Patienten werden regelmäßig Hämoglobindefekte nachgewiesen. Es gilt aber unverändert, dass dieser Befund sehr selten ist. Typisches Merkmal der multiethnisch zusammengesetzten deutschen ist eine außerordentlich große Vielfalt der Hämoglobinopathien, mit einem breiten Spektrum variabler Krankheiten und Gendefekte. Als Basis für optimale therapeutische Entscheidungen ist eine besonders qualifizierte Diagnostik erforderlich. Interessenkonflikt Die Autoren erklären, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors besteht. Manuskriptdaten eingereicht: 8.. 8, revidierte Fassung angenommen: 4. 8. 9 LITERATUR. Angastiniotis M, Modell B: Global epidemiology of hemoglobin disorders. Ann NY Acad Sci 998; 85: 5 9.. Weatherall DJ, Clegg JB: Inherited haemoglobin disorders: an increasing global health problem. Bulletin of the World Health Organization ; 79: 74.. Loukopoulos D, Kollia P: Worldwide distribution of beta-thalassemia. In: Steinberg MH, Forget BG, et al. (eds.): Disorders of hemoglobin: genetics, pathophysiology and clinical management. 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8. Marti HR, Fischer S, Killer D: Hämoglobinopathien und Erythrozyten Enzymopathien in der Schweiz: Laboratoriumsdiagnosen der letzten Jahre. Schweiz med Wschr 987; 7: 98. 9. Giordano PC, Harteveld CL, Heister AJGM, Batelaan D, van Delft P, Plug R, Losekoot M, Bernini LF: The molecular spectrum of beta-thalassemia and ab hemoglobins in the allochthonous and autochthonous dutch population. Community Genet 998; : 4 5.. Hickman M, Modell B, Greengross P, Chapman C, Layton M, Falconer S, Davies SC: Mapping the prevalence of sickle cell and beta thalassaemia in England: estimating and validating ethnicspecific rates. Br J Haematol 999; 4: 86 7.. Kohne E, Kleihauer E: Häufigkeit und Formen von anomalen Hämoglobinen und Thalassämie-Syndromen in der deutschen. Klin Wschr 974; 5:.. Dickerhoff R, von Rücker A, Kohne E: Sichelzellerkrankungen in Deutschland. Dtsch Arztebl 998; 95: A 675 9.. Statistisches Bundesamt: Fachserie, Reihe,6: nach detailliertem Migrationsstatus. Ausgaben 5, 6, 7. 4. Kohne E: Hämoglobinopathien. In: Thomas L (eds.): Labor und Diagnose. 7. Auflage. Frankfurt: TH-Books Verlagsgesellschaft 8; 7 9. 5. Kohne E: Diagnostik von Hämoglobinopathien. J Lab Med 4; 8: 4 9. 6. Kleihauer E, Kohne E, Kulozik AE: Anomale Hämoglobine und Thalassämie-Syndrome. Grundlagen und Klinik. Landsberg: Ecomed Verlagsgesellschaft 996. 7. Herklotz R, Risch L, Huber AR: Hämoglobinopathien Klinik und Diagnostik von Thalassämien und anomalen Hämoglobinen. Therapeutische Umschau 6; : 5 46. 8. Wajcman H, Prèhu C, Bardakdjian-Michau J, Promé D, Riou J, Godart C, Mathis M, Hurtrel D, Galactéros F: Ab hemoglobins: laboratory methods. Hemoglobin ; 5: 69 8. 9. British Committee for Standards in Haematology: Guideline. The laboratory diagnosis of hemoglobinopathies. Brit J Haematol 998; : 78 9.. Vetter B, Schwarz C, Kohne E, Kulozik AE: Beta-thalassaemia in the immigrant and non-immigrant German populations. Brit J Haematol 997; 97, : 66 7.. Horst J, Schäfer R, Kleihauer E, Kohne E: Analysis of the HbM Milwaukee mutation at the DNA level. Br J Haematol 98; 54: 64 8.. Dickerhoff R: Sichelzellkrankheit in Deutschland: eine exotische Krankheit, die heute zum medizinischen Alltag gehört. Monatsschrift Kinderheilkunde 6; 54: 8 9.. Cario H, Stahnke K, Sander S, Kohne E: Epidemiological situa - tion and treatment of patients with thalassemia major in Germany: results of the German multicenter beta-thalassemia study. Ann Hematol ; 79: 7. 4. Hörlein H, Weber G: Über chronische familäre Methämoglobinämie und eine neue Modifikation des Methämoglobins. Dtsch med Wschr 948; 7: 476. 5. Kohne E: Hämoglobinopathien. Therapie-Handbuch. 5. Auflage. München: Urban & Fischer München 8. Anschrift für die Verfasser Prof. Dr. med. Elisabeth Kohne Hämoglobinlabor Universitätsklinikum Ulm Klinik für Kinder und Jugendmedizin Eythstraße 4 8975 Ulm E-Mail: elisabeth.kohne@uniklinik-ulm.de SUMMARY Hemoglobinopathies in Germany A Longitudinal Study Over Four Decades Background: Hemoglobinopathies are among the more common hereditary diseases worldwide, with high prevalence in the Mediterranean basin, Africa, and Asia. Although they are rare in the indigenous central European population, they have become much more common in Germany recently through the immigration of millions of people from endemic regions. Methods: In a long-term study (97 7), 6 hemoglobin analyses were performed and retrospectively evaluated. Basic clinical and hematological information were provided by the participat - ing physicians. The hemoglobin defects were characterized with hematological and biochemical methods, as well as by DNA analysis in selected cases (from the mid-98 s onward). 7% of the analyses were performed in patients with an immigration background, 7% in patients of German ethnic origin. Results: 4 8 persons, or 4% of those studied, were found to have a hemoglobinopathy. Most cases involved thalassemia syn - dromes (5 798 cases, 5.6%); the second most common type was a structural abity of hemoglobin (8 4 cases, 8.4%). This study provides the first broad overview of the occurrence, spectrum, and geographical distribution of hemoglobinopathies in Germany. Conclusions: These data show that hemoglobinopathies are a relevant health problem in the population of Germany today. This is not an epidemiological study, and thus it is unknown to what extent these data are representative. Because hemoglobin defects are of widely diverse genetic and clinical types, specialized laboratory analysis is needed to diagnose them correctly and provide a basis for proper therapeutic decisions. Zitierweise: Dtsch Arztebl Int ; 7(5): 65 7 DOI:.8/arztebl..65 @ Mit e gekennzeichnete Literatur: www.aerzteblatt.de/lit5 The English version of this article is available online: www.aerzteblatt-international.de esupplement, etabellen und egrafiken unter: www.aerzteblatt.de/artikelm65 Deutsches Ärzteblatt Jg. 7 Heft 5 5. Februar 7

ORIGINALARBEIT Hämoglobinopathien eine Langzeitstudie über vier Jahrzehnte Analytische Methoden Elisabeth Kohne, Enno Kleihauer Die zum Teil historischen Methoden (4 7, 9, e7, e) beziehen sich auf die gesamte Langzeitstudie (97 7). Sie entsprechen teilweise nicht den aktuellen Untersuchungsverfahren des Labors der Autoren (siehe auch diesbezügliche Angaben im Beitrag).. Hämatologische Basisuntersuchung In jedem Fall waren die Daten des vollständigen Blutbildes von den Einsendern mitgeteilt worden oder wurden im Labor der Autoren mittels automatischer Hämatologie-Analyser gemessen. Blutausstrichuntersuchungen und die Retikulozytenzählung wurden bei vielen Patienten als ergänzende Maßnahme durchgeführt und später zur Beurteilung einer Erkrankung mit herangezogen. Zur hämatologischen Basisdiagnostik gehörten weiterhin die Parameter des Eisenstatus (Eisen, Transferrin, Ferritin) und die Hämolyseparameter (Bilirubin, LDH, Haptoglobin). Entsprechende Angaben wurden im Begleitschreiben zur Verfügung gestellt.. Elektrophorese Mittels der Hämoglobinelektrophorese werden e Hämoglobinfraktionen nachgewiesen und quantifiziert sowie anomale Hämoglobine detektiert. Folgende Elektrophorese-Techniken (jeweils bei ph 8,6 und 6,) wurden in der vorliegenden Studie eingesetzt: Stärkeblockelektrophorese (e) Mikrozonenelektrophorese auf Cellulose-Acetat- Folien, auf Agarosefolien oder auf Citratagar (e, e) Bei einem Teil der Untersuchungen wurde die isoelektrische Fokussierung in Polyacrylamidgelen verwendet, um Varianten zu trennen, die mit üblichen Elektrophorese-Techniken nicht gut nachweisbar sind (e4).. Chromatografie Die chromatografischen Methoden der Anfangsjahre der Studie basierten auf DEAE-Sephadex-Säulen (e5). Sie wurden abgelöst durch die heute verbreitet angewendeten HPLC-Techniken, die sowohl zur Quantifizierung er und pathologischer Hämoglobine als auch zum Nachweis beziehungsweise zur Unterscheidung anomaler Hämoglobinvarianten eingesetzt wurden (e6, e7). Methodischer Hinweis zu der Identifizierung von Hb-Anomalien mittels Elektrophorese- und HPLC- Methoden: Ein nachgewiesenes anomales Hämoglobin wird in jedem Fall durch Kombination verschiedener Trennverfahren auf seine Identität hin geprüft. Die Untersuchungen werden darüber hinaus durch weitere Testverfahren (siehe chemische Methoden, zytologische Tests) ergänzt. 4. Chemische Methoden Um HbS von anderen Varianten mit gleicher elektrophoretischer Wanderung zu unterscheiden, wurde der sogenannte Löslichkeitstest eingesetzt (e8). Die Quantitative HbF-Bestimmung erfolgte mittels klassischer Alkalidenaturierung (e9). Spezielle Denaturierungstests für die einfache Erkennung von instabilen Hämoglobinen waren die Hitzedenaturierung bei 69,5 o C und der Isopropanol-Test (e). 5. Zytologische Tests Die Darstellung von HbF-Zellen auf dem Objektträger erfolgte mit der Säureelutionsmethode (e). Intraerythrozytäre Innenkörper (Heinz-Körper) wurden durch Inkubation von, ml Blut mit Brillantkresylblaulösung und anschließender Anfertigung von Ausstrichen wie bei der Retikulozytenzählung nachgewiesen (e). Für den Sicheltest wurden Erythrozyten nach Sauerstoffentzug mikroskopisch untersucht (e). 6. Funktionelle Untersuchung Die Funktion er und pathologischer Hämoglobine wurde folgendermaßen untersucht: Methämoglobinbestimmung und MetHb-Spektral - analysen (e4) Bestimmung der Sauerstoffaffinität des Blutes mittels automatischer Aufzeichnung von Sauerstoffbindungskurven (6) 7. Identifizierung seltener Varianten Die Strukturdefekte der seltenen Hb-Anomalien wurden in den ersten Jahrzehnten der Laborarbeiten mit Methoden der Protein-Chemie untersucht. Seit Mitte der 98er-Jahre werden bei Bedarf zusätzlich oder ausschließlich molekularbiologische Analysen durchgeführt. 8 Deutsches Ärzteblatt Jg. 7 Heft 5 5. Februar

Protein-chemische Strukturanalysen (e7) Diese Untersuchungen umfassten für die jeweiligen Anomalien folgende Einzelverfahren (e7): Trennung und Quantifizierung der en und anomalen Fraktionen wenn notwendig (bei mangelhafter Trennung der anomalen von den en Polypeptidketten) präparative Isolierung anomaler Hämoglobine mittels verschiedener Chromatographie-Techniken (e7) Trennung der Polypeptidketten (e5) Peptid-Mapping tryptischer, aminoäthylierter Peptide mittels Fingerprint-Technik (e6) Aminosäuren-Sequenzierung mit der automatischen Edman-Degradations-Methode (e7). Molekulagenetische Untersuchungen Diese Analysen wurden auf der Basis bestimmter Kriterien durchgeführt: Kriterien im Rahmen der Thalassämie-Dia - gnostik: genetische Typisierung der β-thalassämia major, molekulare Diagnose der β-thalassämia intermedia; im Rahmen genetischer Fragestellungen: Familienangehörige, Partner bei genetischem Risiko, Pränataldiagnostik, Kombinationsformen von verschiedenen Thalassämien untereinander und von Thalassämien mit Hämoglobinopathien Kriterien im Rahmen der Diagnostik von Hb- Anomalien: Identitätsbestimmung bei Neuentdeckungen abnormer Hämoglobine und bei seltenen Anomalien; zur Klärung von Hb-Varianten bei fehlender elektrophoretischer oder chromatografischer Trennung (zum Beispiel bei einer mit erhöhter Sauerstoffaffinität des Blutes oder bei Heinz-Körper-Anämien); Kombinationsformen verschiedener Hämoglobinopathien untereinander oder von anomalen Hämoglobinen mit Thalassämie-Syndromen; im Rahmen genetischer Fragestellungen: Familien - angehörige, Partner bei genetischem Risiko, Pränataldiagnostik. Für die DNA-Analysen wurden Polymeraseketten - reaktion(pcr)-amplifizierte vollständige Sequenzierungen durchgeführt, jeweils der β-ketten-gene bei β-anomalien beziehungsweise der α-ketten-gene bei α-anomalien. Die PCR-Produkte wurden im Vergleich zu en Kontrollproben als Einzelstrang-DNA untersucht und die Anomalie wurde durch den Vergleich der Nukleinsäure-Sequenz der veränderten DNA mit derjenigen der en DNA ermittelt (e5). 8. Labordiagnostik der α-thalassämien Folgende Methoden wurden zur labordiagnostischen Untersuchung der α-thalassämien angewendet: Nachweis von HbH-Zellen durch Inkubation von, ml EDTA-Blut bei 7 o C mit Brillantkresylblau-Lösung und Anfertigung von Ausstrichpräparaten Nachweis von HbH mittels Elektrophorese- und/ oder HPLC-Techniken DNA-Analysen: Screening-Test zum Nachweis der 6 häufigsten α-thalassämischen Deletionen mit dem PCRbasierten sogenannten Singletube multiplex Screen (e) Nachweis sämtlicher α-thalassämischer Deletionen mit der MLPA- und MAPH-Technik (e4) Nachweis der nicht deletional bedingten α-thalassämischen Mutationen der α- und α-gene nach spezifizierter PCR-Amplifizierung und Sequenzierung der Einzelstrang-amplifizierten DNA-Produkte mittels Einzelstrangsequenzierung (e). Deutsches Ärzteblatt Jg. 7 Heft 5 5. Februar 9

etabelle Seltene anomalehämoglobine: deutsche Fortsetzung etabelle Bezeichnung der Hb-Anomalie Erscheinungsbild Anzahl Patienten Bezeichnung der Hb-Anomalie Erscheinungsbild Anzahl Patienten Hb Köln chronisch- Hb Saitama HbE HbD Ibadan, Iran, Los Angeles, Neath HbM Milwaukee, Iwate, Saskatoon, Boston milde hypochrome Anämie; Hämolyse durch Medikamente, Virusinfekte, oxidative Schäden Zyanose, Methämoglobinämie, 84 5 45 Hb Limassol Hb Share-Zedeck Hb Yokohama Hb Syracuse Hb Strasborg Hb Atlanta schwere milde Hb Okayama falsch hohes HbA c, hämat. und klinisch gesund 9 Hb Utrecht milde hypochrom-hämolytische Anämie HbJ Meerut, Iran, Chicago, Camagüey, Baltimore, Auckland, Paris, Cambridge, Amiens, Wenchang Wuming, Bangkok Hb Hammersmith HbA Anomalien Hb Andrew Minneapolis Hb York Hb Cheverly Hb Camperdown Hb Little Rock Hb Presbyterian Hb Vanderbilt Hb Johnstown HbI Interlaken, Philadelphia Hb Freiburg Hb Ohio HbN Baltimore, Seattle, Timone Hb Nottingham Hb Saint Mandé Hb Shepherds Bush Hb Zürich Hb San Diego Hb Hasharon Hb Malmö Hb Tübingen Hb Athens GA Hb Nagoya schwere chronisch- schwere milde Zyanose, schwere Zyanose episodische Medikamenteninduzierte unter Schadstoffeinfluss hämolytische Anämie episodische, Zyanose, Methämoglobinämie bis leichte chronisch- 7 7 9 8 7 7 6 6 5 5 5 4 4 Hb Osu-Christiansborg Hb Seattle Hb Buenos Aires HbE Saskatoon HbF Catalonia HbK Woolwich Hb Agenogi Hb Alesa Hb Camden Hb Lufkin Hb Mainz Hb Radcliffe Hb Regina Hb Riverdale Bronx Hb Titusville Hb Rothschild Hb Mozhaisk Hb Higaschitochigi Hb Beth Israel Hb Vila Real Hb Hanamaki Hb Leiden Hb South Florida Hb Villaverde Hb Cagliari Hb Louisville Hb Mito Hb Hoshida chronisch- Zufallsbefund hämatologisch milde Anämie schwere milde milde Anämie Zyanose, Methämoglobinämie Zyanose, hämatologisch milde milde, Schübe durch Medikamente oder Virus - infektion, siehe oben HbE schwere hämolytische hypochrome Anämie milde milde 6 Hb Palmerstone North Hb, Hämoglobin; fetales Hämoglobin Hb Savannah Hb Pyrgos milde Eryhrozytose Hb Olympia Deutsches Ärzteblatt Jg. 7 Heft 5 5. Februar

etabelle Seltene anomale Hämoglobine: zugewanderte Fortsetzung etabelle Bezeichnung der Hb-Anomalie HbD Punjab, Iran, Ibadan, Quled Rabah, Los Angeles, Camperdown, Neath HbA Anomalien HbO Arab, Padova, Indonesia HbG Copenhagen, Coushatta, Ferrara, Honolulu, San José, Szuhu, Taipei, Philadelphia/ HbC, Philadelphia, Accra, Hb Köln HbJ Auckland, Baltimore, Calabria, Camagüey, Habana, Iran, Paris, Sardegna HbI Interlaken, Philadelphia HbM Iwate, Milwaukee, Saskatoon Hb Setif HbQ Iran Hb Hasharon Hb Moabit Hb Quin Hai HbN Baltimore Hb Sallanches Hb Freiburg Hb Stanleyville II Hb Hamadan HbK Woolwich HbP Nilotic Hb Alberta Hb Agenogi Hb Bethesda Hb Hofu Hb Korfu Hb Ohio Hb Okayama Hb Providence Hb Pyrgos Hb St. Louis HbO Padova Hb Andrew Minneapolis Hb Mizushi Hb Hope Hb Stanleyville I Hb Osu Christiansborg Hb Beckman Hb La Lamentin Erscheinungsbild milde Anämie kongenitale Methämoglobinämie leichte Hämolyse durch Medikamente, oxidative Schäden nicht bekannt Hämolyse, Zyanose falsch hohes HbA c Anämie Eythrozytose leichte Anämie falsch hohes HbA c Hämolyse, Zyanose bis leichte Anämie chronisch- Mikrozytose Anzahl Patienten 8 67 69 4 5 8 6 7 4 Bezeichnung der Hb-Anomalie Hb Westmead Hb Bunbury Hb Fontainebleau Hb Bicêtre Hb Camden Hb Chesapeake Deutsches Ärzteblatt Jg. 7 Heft 5 5. Februar Hb Ernz Hb Handsworth Hb Paksé Hb Agrinio Hb Saint Etienne Hb Siriaj Hb Evanstone Hb Pitie-Salpietre Hb Bronovo Hb West One Hb Khartoum Hb Knossos Hb Buenos Aires Hb Waimonolo Erscheinungsbild leichte Anämie leichte Anämie leichte Anämie, Mikrozytose milde Anämie, Mikrozytose milde mikrozytäre Anämie milde Anämie, Mikrozytose Anzahl Patienten Hb, Hämoglobin

ORIGINALARBEIT Hämoglobinopathien eine Langzeitstudie über vier Jahrzehnte Elisabeth Kohne, Enno Kleihauer egrafik Ursprungsländer und prozentuale Häufigkeitsverteilung der im Hämoglobinlabor in Ulm untersuchten Patienten mit Hämoglobinopathien egrafik Geografische Verteilung der Wohnorte von Patienten mit Hämoglobinopathien in Deutschland im Rahmen der Ulmer Langzeitstudie Deutsches Ärzteblatt Jg. 7 Heft 5 5. Februar

ORIGINALARBEIT Hämoglobinopathien eine Langzeitstudie über vier Jahrzehnte Elisabeth Kohne, Enno Kleihauer eliteratur e. Betke K, Schlaich P, Huidobro-Tech G: Blutfarbstoffuntersuchungen mit der Stärkeblockelektrophorese. Zur Frage Ihrer Anwendung in Deutschland. Klin Wschr 959; 7: 794 6. e. Kohne K, Alebouyeh M, Kleihauer E: Elektrophoretischer Nachweis er und anomaler Hämoglobine. Screening Programm mit Zellulose-Acetat-Folien. Fortscher Med 97; 9: 5. e. Schneider RG, Barwick RC: Hemoglobin mobility in citrate agar electrophoresis: its relationship to anion binding. Hemoglobin 98; 6: 99. e4. Basset P, Beuzard Y, Carel MC, Rosa J: Isoelectric focusing of human hemoglobins; its application to screening, to the characterization of 7 variants, and to the study of modified fractions of hemoglobins. Blood 978; 5: 97. e5. Schroeder WA, Huisman THJ: The chromatography of hemoglobin. Clinical and biochemical analysis. New York: Marcel Dekker, Inc.98; Vol 9. e6. Huisman THJ: Erits Chromatography of Hemoglobin Variants. Critical Review in Clinical Laboratory Science 974; 5: 7 6. e7. Dozy AM, Kleihauer E, Huisman THJ: Studies on the heterogeneity of hemoglobin. XIII. Chromatography of various human and animal hemoglobin types on DEAE-Sephadex. J Chromatog 968; : 7. e8. Itano HA: Solubilities of naturally occuring mixtures of human hemoglobin. Arch Biochem 95; 47: 48 9. e9. Betke K, Marti HR, Schlicht J: Estimation of small percentages of fetal haemoglobin. Nature 959; 84: 877 9. e. Carrell RW, Kay R: A simple method for the detection of unstable haemoglobins. Br J Haemat 97; : 65. e. Kleihauer E, Braun H, Betke K: Demonstration von fetalem Hämoglobin in den Erythrozyten eines Blutausstrichs. Klin Wschr 957; 5: 65. e. Dacie JW, Grimes AJ, Meisler A, Steingold L, Hemstedt EH, Beaven GH, White JC: Hereditary Heinz-body anemia. A report of studies on 5 patients with mild anemia. Br J Haemat 964; : 88. e. Schneider RG, Alperin JB, Lehmann H: Sickling tests: pitfalls in performance and interpretation. J Am Med Assoc 967; : 49. e4. Bodansky O: Methemoglobinemia and methemoglobin-producing compounds. Pharmacol Rev 95; : 44. e5. Jones RT: Column chromatography of haemoglobin peptides. Critical review in Clinical Laboratory Sciences 974; 5: 99 4. e6. Winter WP: Peptide mapping of hemoglobin. Critical review in Clin ical Laboratory Sciences 974; 5: 79 99. e7. Huber AR, Ottiger C, Risch L, Regenass St, Hergersberg M, Herklotz R: Thalassämie-Syndrome: Klinik und Diagnose. Schweiz Med Forum 4; 4: 947 5. e8. Cario H, Kohne E: β-thalassämie. In: Leitlinien Kinderheilkunde und Jugendmedizin. I a 6;. e9. Cario H, Kohne E: α-thalassämie. In: Leitlinien Kinderheilkunde und Jugendmedizin. I b 6;. e. Steinberg MH, Forget BG, Higgs DR, Nagel RL, (eds.): Disorders of hemoglobin: genetics, pathophysiology and clinical management.. Auflage. New York, Cambridge: University Press. e. Beutler E, Lichtman M, Coller B, Kipps T Seligsohn U (eds.): Williams hematology. 6 th ed. New York: Mc Graw-Hill. e. Dickerhoff R: Sichelzellkrankheit. In: Leitlinien Kinderheilkunde und Jugendmedizin. I 6; 7. e. Huber AR, Ottiger C, Risch L, Regenass S, Hergersberg M, Herklotz R: Anomale Hämoglobine: Erscheinungsbilder und Abklärung. Schweiz Med Forum 4; 4: 9 6. Deutsches Ärzteblatt Jg. 7 Heft 5 5. Februar